BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/4331 21. Wahlperiode 10.05.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Karl-Heinz Warnholz (CDU) vom 03.05.16 und Antwort des Senats Betr.: Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auf St. Pauli, dem Schanzenviertel und weiteren angrenzenden Stadtteilen rund um den 1. Mai 2016 Wie jedes Jahr berichten die Medien zu den Demonstrationen und Kundgebungen rund um den 1. Mai auch 2016 über Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auf St. Pauli, der Sternschanze und in den angrenzenden Stadtteilen. Selbst in Barmbek sollen etwa 100 Randalierer die Polizei attackiert haben. Bereits am Samstagabend (30. April 2016) soll es zu ersten gewaltsamen Ausschreitungen am Bahnhof Sternschanze gekommen sein. Beschämend ist, dass eine Abgeordnete der Partei DIE LINKE in diesem Zusammenhang auf Twitter titelte „Weiteres Vorrücken, Gegner im Rücken“, während im Hintergrund Polizisten zu sehen sind. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Beantwortung der Fragestellungen bezieht sich grundsätzlich auf die Einsätze zu den Demonstrationen und anschließenden Einsatzlagen am 30. April und am 1. Mai 2016 rund um das Schanzenviertel. Bei der Polizei ist die Auswertung des Einsatzgeschehens noch nicht abgeschlossen und wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Die Gesamteinsatzlage erstreckte sich bis in den Morgen des 2. Mai 2016. Die nachstehenden Daten geben den Sachstand vom 4. Mai 2016 wieder. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele Vollzugspolizisten aus welchen Bundesländern oder der Bundespolizei waren im Zusammenhang mit den Demonstrationen und Kundgebungen zum 1. Mai (inklusive der Nächte davor und danach) zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vor Ort insgesamt im Einsatz? Die Polizei setzte a) am 30. April 2016 1.650 Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte (PVB), davon 115 von der Bundespolizei, 171 aus Schleswig-Holstein und sechs aus Bremen sowie b) am 1. Mai 2016 1.873 PVB, davon 132 von der Bundespolizei, 171 aus Schleswig -Holstein und fünf aus Bremen ein. 2. Wie viele Staatsanwälte waren im Zusammenhang mit den Demonstrationen und Kundgebungen auf der Sternschanze, im Stadtteil St. Pauli und in weiteren angrenzenden Stadtteilen zum 1. Mai (inklusive der Nächte davor und danach) im Einsatz? Drucksache 21/4331 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 In der Zuführungsabteilung des Amtsgerichts ist an Sonn- und Feiertagen zwischen 9 Uhr und 11 Uhr beziehungsweise jeweils solange, wie für eine anstehende Zuführung erforderlich, ein Präsenzdienst eingerichtet. Außerhalb der durch den Bereitschaftsdienst abgedeckten Zeiten hat ein (Ober-)Staatsanwalt an Feiertagen telefonische Rufbereitschaft. 3. In welchen Stadtteilen ist es neben der Sternschanze und St. Pauli zu weiteren Polizeieinsätzen gekommen? Am 1. Mai 2016 ist es auch in den Stadtteilen Altona-Altstadt, Altona-Nord und Eimsbüttel zu Polizeieinsätzen im Sinne der Fragestellung gekommen. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 4. Wie viele und welche Demonstrationen und Kundgebungen welcher Größe mussten aus welchen Gründen mit welchen Mitteln aufgelöst werden? Die Polizei löste am 1. Mai 2016 den Aufzug „Klasse gegen Klasse – Heraus zum revolutionären 1. Mai!“ mit rund 1.960 Teilnehmern aufgrund seines unfriedlichen Verlaufs unter Einsatz von Hilfsmitteln der körperlichen Gewalt und von Zwangsmitteln auf. 5. Wie viele Personen nahmen nach Einschätzung des Senats beziehungsweise der zuständigen Behörde sowie nach Angaben der Veranstalter an den Störungen teil? Aufgrund des dynamischen Einsatzgeschehens können für beide Einsatztage keine verlässlichen Zahlen bezüglich der Anzahl der an Störungen beteiligten Personen genannt werden. 6. Wie viele Störer sind in Gewahrsam und wie viele Personen sind nach der Strafprozessordnung festgenommen worden? Bitte nach Geschlechtern aufschlüsseln. Die Polizei hat am 30. April 2016 vier männliche Personen in Gewahrsam genommen und eine männliche Person vorläufig festgenommen. Am 1. Mai 2016 hat die Polizei 28 männliche Personen in Gewahrsam genommen und insgesamt 20 Personen, davon eine weibliche und 19 männliche Personen, vorläufig festgenommen. 7. Gegen wie viele Personen mit welchem Wohnsitz hat die Polizei welche Strafanzeigen und Anzeigen zu begangenen Ordnungswidrigkeiten gefertigt (aufgeschlüsselt nach Bundesländern, Staaten der EU oder auch dritten Staaten)? Bitte nach Geschlechtern aufschlüsseln. Siehe dazu nachfolgende Tabelle nach vorläufiger Ersterfassung (Stand: 4. Mai 2016). Die Einstufung und Anzahl der Delikte kann sich im Laufe der Ermittlungen noch verändern. Land: Straftat: Anzahl der Tatverdächtigen: weiblich männlich Hamburg Brandstiftung - 1 Gefährliche Körperverletzung 1 8 Körperverletzung - 2 Landfriedensbruch - 1 Sachbeschädigung - 1 Verstoß gegen SprengG i.V.m. VersG - 4 Schleswig-Holstein Gefährliche Körperverlet-zung - 1 Niedersachsen Gefährliche Körperverlet-zung - 1 Sachsen-Anhalt Gefährliche Körperverlet-zung - 1 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/4331 3 Land: Straftat: Anzahl der Tatverdächtigen: weiblich männlich Hessen Besonders schwerer Fall des Landfriedensbruches - 1 ohne festen Wohnsitz Gefährliche Körperverletzung - 2 Sachbeschädigung - 1 Ordnungswidrigkeiten wurden bisher nicht erfasst. 8. Welche Gegenstände sind aufseiten etwaiger Störer von der Polizei sichergestellt oder beschlagnahmt worden? Siehe dazu nachfolgende Tabelle: Gegenstand: Anzahl: Kapuzenjacke 1 Jacke 1 Schuhe 1 Paar Handschuhe 4 Paare Sturmhauben/Halstücher, Vermummungsmaterial 7 Baseballkappe 1 Sonnenbrille 1 Turnbeutel mit Antifa-Symbolen 1 Glasflaschen 2 Steine 2 Feuerzeug 3 Reizstoffsprühgerät 1 Teleskopschlagstock 1 Böller 8 Bengalische Feuer 3 Getränkeflaschen mit Farbe und je einem Knallkörper 4 Farbbeutel mit Knallkörper 1 Sprühdose Chromlack mit Knallkörper 1 Sprühdose Deo mit Knallkörper 2 Knallkörper, unverbaut 81 Farbsprühdose ohne Anbauten 1 9. Wie viele Vollzugskräfte der Polizei der Freien und Hansestadt Hamburg , des Bundes und anderer Bundesländer sind im Rahmen des Einsatzes verletzt worden und wie viele dieser mussten in einem Krankenhaus zumindest ambulant versorgt werden? Im Rahmen der in Rede stehenden Einsätze wurden 25 PVB verletzt; davon mussten fünf PVB ambulant in Krankenhäusern behandelt werden. 10. Wie viele Mitarbeiter der Hamburger Feuerwehr und Rettungsdienste waren jeweils vor Ort im Einsatz und wurden gegebenenfalls selber verletzt ? Zwischen dem 30. April und dem 2. Mai 2016 waren insgesamt 144 Einsatzkräfte der Hamburger Feuerwehr im Einsatz; davon am 1. Mai 2016: 94. An den drei Tagen kamen 106 Einsatzkräfte bei zwölf Brandeinsätzen und 38 Einsatzkräfte bei 13 Einsätzen im Rettungsdienst zum Einsatz. Dabei wurden keine Einsatzkräfte der Feuerwehr verletzt. 11. Wie viele Störer oder auch unbeteiligte Dritte sind im Rahmen der Störungen verletzt worden und wie viele dieser mussten in einem Krankenhaus zumindest ambulant versorgt werden? Bitte nach Geschlechtern aufschlüsseln. Valide Daten im Sinne der Fragestellung liegen nicht vor. Bei der Feuerwehr wird zudem keine Differenzierung bei den Patienten hinsichtlich Störern oder unbeteiligten Dritten vorgenommen. Insgesamt gab es 13 Rettungsdiensteinsätze. Dabei wurden Drucksache 21/4331 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 acht Patienten in ein Krankenhaus befördert; davon vier weibliche und zwei männliche Patienten. Von zwei weiteren Patienten wurde das Geschlecht nicht dokumentiert. Darüber hinaus wurde in zwei Fällen eine Behandlung durch die betroffenen Personen abgelehnt. 12. Welche Sachgüter von nicht nur unerheblichem Wert sind aufseiten der Freien und Hansestadt Hamburg, des Bundes oder anderer Bundesländer und aufseiten Privater beschädigt worden? Schaden Anzahl Bund/Bundespolizei Wasserwerfer – Lackschäden durch Bewurf 1 VW-Bus beschmiert 1 Einsatzhelm durch Bewurf beschädigt 4 Bremen Wasserwerfer – Lackschäden durch Bewurf 1 Bund/Bundeswehr Geparkter Pkw in Brand gesetzt 1 Freie und Hansestadt Hamburg Einsatzkleidung (Helme, Einsatzanzüge, Schutzausrüstung) nach Bewurf mit roter Farbe beschädigt – nicht abwaschbar 26 Kamera inkl. Stativ nach Bewurf mit roter Farbe beschädigt – nicht abwaschbar 1 Einsatzkleidung beim Aufrichten einer Mobil-Toilette mit Fäkalien/Chemikalien verunreinigt 7 Wasserwerfer-Lackschäden, Schäden an der Verglasung durch Bewurf 3 Gruppenfahrzeug-Lackschäden, Schäden an der Verglasung durch Bewurf 2 Scheibe an einem Funkstreifenwagen eingeschlagen 2 Delle im Blech eines Funkstreifenwagens nach Sprung auf die Motorhaube 1 Defekter Reifen durch Gegenstände auf der Fahrbahn 2 Private Sachbeschädigung an einem Kfz 2 Mobil-Toiletten, Feuer diverse Müllcontainer, Feuer diverse 13. Wie hoch schätzt der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde die Kosten für den Einsatz von Vollzugspolizisten des Bundes oder anderer Bundesländer in Hamburg? Eine Kostenabrechnung der beteiligten Länder sowie der Bundespolizei liegt noch nicht vor. Aufgrund der Erfahrungswerte ist mit Kosten in Höhe von insgesamt circa 200.000 Euro zu rechnen.