BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/4341 21. Wahlperiode 10.05.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Mehmet Yildiz und Martin Dolzer (DIE LINKE) vom 04.05.16 und Antwort des Senats Betr.: Beamtenverhältnisse von Drittstaatsangehörigen in Hamburg In der EU regelt die Richtlinie 2003/109/EG die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen in der EU. Der Artikel 11 beschäftigt sich mit der Gleichbehandlung von Drittstaatsangehörigen und besonders deren uneingeschränkten Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt, inklusive Beamtenpositionen: „Artikel 11 Gleichbehandlung (1) Langfristig Aufenthaltsberechtigte werden auf folgenden Gebieten wie eigene Staatsangehörige behandelt: a) Zugang zu einer unselbstständigen oder selbstständigen Erwerbstätigkeit, wenn diese nicht, auch nicht zeitweise, mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden ist, sowie Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich Entlassungsbedingungen und Arbeitsentgelt. (...)“ Staatsrechtler und sogar EU-Institutionen beziehungsweise EU-Beratungsagenturen gehen davon aus, dass langfristig aufenthaltsberechtigte Drittstaatsangehörige somit auch in Beamtenverhältnisse aufgenommen werden können und Einschränkungen für Beamtenpositionen nur bei hoheitlichen Diensten wie der Polizei oder anderen gelten. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Wie bewertet der Senat den oben genannten Artikel 11 insgesamt und besonders hinsichtlich des Zugangs von Drittstaatsangehörigen zum öffentlichen Dienst oder in ein Beamtenverhältnis in der Freien und Hansestadt Hamburg? 2. Stimmt der Senat darin überein, dass langfristig aufenthaltsberechtigte EU-Drittstaatsangehörige ohne Einschränkungen in ein Beamtenverhältnis (gegebenenfalls mit Ausnahme hoheitlicher Dienste) in der Freien und Hansestadt Hamburg übernommen werden können? Falls nein: weshalb nicht? Nach dem Wortlaut von Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe a) RL 2003/109/EG haben Personen mit der Rechtsstellung langfristig Aufenthaltsberechtigter im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 RL 2003/109/EG, wenn sie nicht gleichzeitig zu dem von § 7 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe c) Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) erfassten Personenkreis gehören , aus Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe a) RL 2003/109/EG keinen Anspruch, hinsichtlich der Berufung in ein Beamtenverhältnis wie deutsche Staatsangehörige behandelt zu werden. Das ergibt sich aus der Bestimmung, dass der Gleichbehandlungsan- Drucksache 21/4341 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 spruch nicht besteht, wenn die Tätigkeit auch nur zeitweise mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden ist, und dem Umstand, dass nach § 3 Absatz 2 Nummer 1 BeamtStG das Beamtenverhältnis insbesondere für hoheitsrechtliche Aufgaben, für die die Ausübung öffentlicher Gewalt signifikant ist, vorgesehen ist. Im Übrigen hat sich der Senat mit der Bewertung von Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe a) RL 2003/ 109/EG mangels eines konkreten Anlasses nicht befasst. 3. Wie viele EU-Drittstaatsangehörige wurden in den letzten fünf Jahren in ein Beamtenverhältnis in der Freien und Hansestadt Hamburg übernommen beziehungsweise abgelehnt und wie hoch ist die Gesamtzahl? Bitte für Jahr und Berufs- beziehungsweise Dienstgruppe angeben. Die folgenden Angaben beruhen auf einer aus Anlass der Beantwortung dieser Schriftlichen Kleinen Anfrage vom Zentrum für Personaldienste durchgeführten Auswertung aus dem Abrechnungsgereich Beamtinnen/Beamte. Eine abschließende Qualitätssicherung der ermittelten Daten war in der für die Beantwortung der Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Zu den Ablehnungen siehe Antwort zu 4. Jahr 2011 Jahr 2012 Jahr 2013 Jahr 2014 Jahr 2015 bis 30.04.2016 Zugänge in den Berufskategorien Hochschullehrkräfte, Dozentinnen/ Dozenten 1 2 1 0 0 1 Lehrkräfte incl. Referendarinnen/ Referendare 18 21 15 23 18 10 Steuerfachpersonal 3 0 0 3 2 0 Polizeivollzugsbedienstete 2 2 2 0 0 0 Berufsfeuerwehrleute 1 0 0 0 0 0 Vollstreckungs- und Vollzugspersonal 0 0 0 3 0 0 Keine Angabe der Berufskategorie 0 2 1 1 2 0 Zugänge gesamt 25 27 19 30 22 11 Anzahl am Ende des Jahres in den Berufskategorien 2011 2012 2013 2014 2015 am 30.04.2016 Hochschullehrkräfte, Dozentinnen/ Dozenten 24 35 35 32 28 26 Geistes- und naturwissenschaftliche Berufe 8 0 0 0 0 0 Lehrkräfte incl. Referendarinnen/ Referendare 46 54 47 50 54 44 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/4341 3 Anzahl am Ende des Jahres in den Berufskategorien 2011 2012 2013 2014 2015 am 30.04.2016 Allgemeine Dienste 0 1 4 2 2 5 Steuerfachpersonal 6 5 3 7 8 7 Polizeivollzugsbedienstete 16 18 17 17 18 16 Berufsfeuerwehrleute 4 4 4 4 4 4 Vollstreckungs- und Vollzugspersonal 0 0 0 4 4 4 Keine Angabe der Berufskategorie 5 3 3 1 3 2 Anzahl am Ende des Jahres insgesamt 109 120 113 117 121 108 4. Wurde EU-Drittstaatsangehörigen aufgrund aufenthalts- beziehungsweise staatsangehörigkeitsrechtlicher oder anderer juristischer Gründe das Beamtenverhältnis verweigert? Falls ja: weshalb? Die Ablehnungen von Anträgen auf Berufung in ein Beamtenverhältnis werden nicht systematisch erfasst und archiviert. Daher hat der Senat keine Erkenntnisse über Ablehnungsgründe im Einzelnen. Allgemeine Ablehnungsgründe ergeben sich aus der Drs. 21/2630. 5. Welche Maßnahmen hat der Senat ergriffen, um Personalverantwortliche der Freien und Hansestadt Hamburg darauf aufmerksam zu machen, dass EU-Drittstaatsangehörigen grundsätzlich Zugang zum Beamtenverhältnis haben? 6. Welche Maßnahmen hat der Senat ergriffen, um dafür zu werben, dass mehr EU-Drittstaatsangehörige sich für Beamtenverhältnisse bewerben? Bei der Berufung in ein Beamtenverhältnis von den Personen, die nicht unter § 7 Absatz 1 Nummer 1 BeamtStG fallen, machen die zuständigen Behörden in ständiger Praxis von der Ausnahmeregelung des § 7 Absatz 3 BeamtStG Gebrauch. Dies ist auch für das vom Senat verfolgte Ziel, den Anteil von Bürgerinnen und Bürgern mit Migrationshintergrund in der öffentlichen Verwaltung zu erhöhen, immer wieder erforderlich . Den Personalverantwortlichen in der Freien und Hansestadt Hamburg ist das bekannt. Über die Maßnahmen hat der Senat in der Drs. 21/2630 berichtet. In der dort erwähnten Broschüre „Wir sind Hamburg! Bist du dabei?“ heißt es ausdrücklich: „Dabei ist die deutsche Staatsangehörigkeit keine zwingende Voraussetzung, um Beamtin bzw. Beamter der hamburgischen Verwaltung zu werden“.