BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/4345 21. Wahlperiode 10.05.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Richard Seelmaecker (CDU) vom 04.05.16 und Antwort des Senats Betr.: Pulverfass JVA Hahnöfersand – Folgenschwere Übergriffe durch Gefangene Nachdem es am vergangenen 1.-Mai-Wochenende in der JVA Billwerder zu heftigen Übergriffen von Gefangenen auf Bedienstete gekommen ist, scheint dies nun bedauerlicherweise auch in der JVA Hahnöfersand der Fall gewesen zu sein. Dort soll ein 20-jähriger Gefangener einen Bediensteten zu Boden gestoßen und ihn geschlagen haben. Darüber hinaus habe es einen Brand gegeben, der durch Insassen verursacht worden sein soll, die brennende Sachen aus dem Fenster schmissen. Immer wieder sehen sich Bedienstete des Allgemeinen Vollzugsdienstes körperlichen Angriffen von Insassen ausgesetzt; dabei nehmen Häufigkeit und Schwere der Gewalttaten immer weiter zu. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Eine generelle Zunahme der Gewalt von Gefangenen gegenüber Bediensteten ist nicht zu verzeichnen. Im laufenden Jahr (Stand 6. Mai 2016) gab es in der JVA Glasmoor und der Sozialtherapeutischen Anstalt wie in den Vorjahren keine derartigen Vorfälle. In der JVA Billwerder und der JVA Fuhlsbüttel ist es in 2016 bisher zu jeweils einer Gewaltanwendung gegen Bedienstete gekommen (ab August 2015 JVA Billwerder : eine; JVA Fuhlsbüttel: keine). Die JVA Hahnöfersand verzeichnete im laufenden Jahr drei (ab August 2015: keine) und die Untersuchungshaftanstalt fünf (ab August 2015: einen) derartige Vorfälle. Die weitere Entwicklung wird genau beobachtet und Anlass konkreter Maßnahmen, sofern diese erforderlich sind. 1. Stimmt es, dass ein in der JVA Hahnöfersand eingesetzter Bediensteter in den letzten Tagen Opfer eines körperlichen Angriffs eines oder mehrerer Insassen wurde? Falls ja: a. Wie stellt sich der Sachverhalt im Einzelnen dar? Am 2. Mai 2016 wurde der Untersuchungsgefangene nach Unterrichtsende gegen 14.15 Uhr in seinen Haftraum zurückgebracht. Dort forderte er die Rückgabe eines Leihradios, welches ihm am Vormittag abgenommen worden war. Der Untersuchungsgefangene war darüber aufgebracht, dass ihm das Leihradio durch einen Bediensteten des Allgemeinen Vollzugsdienstes unter Hinweis auf die anstaltsinternen Regularien nicht wieder ausgehändigt wurde. Leihradios werden den Gefangenen für die Zeit des Zuganges von der Anstalt kostenfrei zur Verfügung gestellt. Aufgrund der begrenzten Anzahl an vorhandenen Leihradios sind diese von den Gefangenen bei Verlassen der Zugangsstation zurückzuge- Drucksache 21/4345 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 ben. Zum Zeitpunkt des Vorfalls war der Untersuchungsgefangene nicht mehr auf der Zugangsstation. Der Gefangene war uneinsichtig und begann aus Verärgerung, die auf seinem Tisch liegenden Gegenstände zu Boden zu werfen und den Bediensteten zu beleidigen. Als der Bedienstete daraufhin Alarm auslöste und den erregten Gefangenen in seinem Haftraum unter Verschluss nehmen wollte, schlug dieser mit geballter Faust nach dem Bediensteten und griff nach dessen Hemdkragen. Der Bedienstete konnte dem Faustschlag durch Wegdrehen des Kopfes ausweichen, wurde aber am Hals unterhalb des Kinns getroffen. Bei dem Versuch, den Gefangenen zu Boden zu bringen, leistete dieser Gegenwehr und zerrte an den Beinen des Bediensteten, wodurch beide zu Boden fielen. Dort schlug der Gefangene weiterhin nach dem Bediensteten. Gemeinsam mit drei weiteren Bediensteten gelang es, dem Gefangenen Handfesseln anzulegen und ihn auf die Sicherungs- und Beobachtungsstation zu bringen. b. Welche Verletzungen hat der Bedienstete erlitten? Der Bedienstete hat Prellungen erlitten. Der Senat sieht im Hinblick auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen von der Mitteilung weiterer Einzelheiten zu den erlittenen Verletzungen ab, da diese sensible Gesundheitsdaten betreffen, die den unantastbaren Bereich privater Lebensgestaltung berühren. c. Welche Erkenntnisse liegen über den Hintergrund des Vorfalls vor? Siehe Antwort zu 1. a. d. Welche Erkenntnisse liegen über den oder die Gefangenen vor, der beziehungsweise die den Bediensteten verletzte(n)? Der Untersuchungsgefangene ist 20 Jahre alt. Er hat die guineische Staatsangehörigkeit . Er ist ledig und hat keinen Beruf erlernt. Die Festnahme erfolgte am 31. März 2016. Seit dem 4. April 2016 befindet er sich in der JVA Hahnöfersand. e. Welche Maßnahmen wurden daraufhin jeweils von wem ergriffen? Der im Haftraum des Untersuchungsgefangenen anwesende Bedienstete hat Alarm ausgelöst, als der Gefangene Gegenstände zu Boden warf. Im Hafthaus anwesende Bedienstete eilten hinzu. Insgesamt vier Bedienstete fixierten den Gefangenen am Boden, wobei dieser heftigen Widerstand leistete. Da er sich auch weiterhin heftig zur Wehr setzte, wurde ihm eine Handfessel angelegt. Auf Anordnung des Schichtleiters der JVA Hahnöfersand wurde er auf die Sicherungs- und Beobachtungsstation verbracht (Stand 9. Mai 2016). Dort befindet er sich nach wie vor. Der Psychiater der Anstalt suchte den Gefangenen auf. Verletzungen wurden bei dem Gefangenen nicht festgestellt. Die Anstaltsleitung hat den Personalrat über die Verletzung des Bediensteten informiert . f. Wegen welcher Delikte waren die Delinquenten verurteilt worden beziehungsweise aufgrund welcher Delikte befanden sie sich in Haft und wie lange waren sie bereits inhaftiert? Der Untersuchungsgefangene befindet sich wegen des Vorwurfs des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz in Untersuchungshaft. Im Übrigen siehe auch Antwort zu 1. d. 2. Stimmt es, dass es in der JVA Hahnöfersand zu einem Brand kam? Falls ja: a. Wie stellt sich der Sachverhalt im Einzelnen dar? Am 3. Mai 2016 wurde gegen 18.40 Uhr zunächst Brandgeruch auf der Wohngruppe 4/2 wahrgenommen. Es wurde sodann eine Qualmentwicklung aus den Lichtschächten außerhalb des Gebäudes festgestellt. Gegen 18.45 Uhr wurde die Feuerwehr Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/4345 3 verständigt und traf gemeinsam mit Polizei- und Rettungswagen gegen 19.00 Uhr in der Anstalt ein. Die Feuerwehr untersuchte den Kriechkeller des Hauses IV. Dort konnte kein Brandherd festgestellt werden. Es wurde dann ein Brandherd in einem Lichtschacht der Wohngruppe 4/1 festgestellt. Der Qualm, der durch diesen Schwelbrand verursacht wurde, zog durch den Kriechkeller in die Lichtschächte und konnte so an mehreren Stellen austreten. Die Brandursache konnte nicht ermittelt werden. Es wird vermutet, dass der Schwelbrand durch einen brennenden Gegenstand wie insbesondere Papier verursacht wurde, welches aus einem Haftraumfenster geworfen und durch Wind in den Lichtschacht geweht wurde. Die Löscharbeiten waren gegen 19.55 Uhr beendet. Daraufhin verließen die Einsatzkräfte der Polizei und der Feuerwehr das Anstaltsgelände. Gefangenen und Bedienstete wurden nicht verletzt. b. Welche Schäden wurden dadurch verursacht? Es ist lediglich eine Durchfeuchtung im Lichtschacht verursacht worden, die rückhaltlos austrocknen wird. Weitere Schäden wurden nicht verursacht. c. Welche Erkenntnisse liegen über den Hintergrund des Vorfalls vor? Siehe Antwort zu 2. a. d. Welche Erkenntnisse liegen über den oder die Gefangenen vor, die den Brand verursachten? Der Verursacher des Brandes konnte bislang nicht ermittelt werden. e. Welche Maßnahmen wurden daraufhin jeweils von wem ergriffen? Aufgrund des Vorfalls wird eine engere Vergitterung der Lichtschächte geprüft und eine Erhöhung der Reinigungsfrequenz der Lichtschächte erfolgen, um die Menge der dort sich möglicherweise dennoch ansammelnden Brandlast (Dreck und Staub) zu verringern. f. Wegen welcher Delikte waren die Delinquenten verurteilt worden beziehungsweise aufgrund welcher Delikte befanden sie sich in Haft und wie lange waren sie bereits inhaftiert? Entfällt. 3. Welche Maßnahmen plant die zuständige Behörde, um die zunehmende Gewalt von Gefangengen gegenüber Mitarbeitern in den Griff zu bekommen? Inwiefern ist die Anschaffung von PSE-Geräten in der JVA Hahnöfersand geplant? Die Sicherungsmaßnahmen im Justizvollzug werden fortlaufend überprüft und angepasst .