BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/4356 21. Wahlperiode 10.05.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein (FDP) vom 04.05.16 und Antwort des Senats Betr.: Meldungen von Gewaltvorfällen in Schulen (II) Zum Schuljahresbeginn 2015/2016 hat SPD-Schulsenator Rabe von der Öffentlichkeit zunächst unbemerkt die „Richtlinie zur Bearbeitung und Meldung von Gewaltvorfällen in Schulen“ geändert. Seitdem beschränkt sich die Meldepflicht der Schulen auf Raub, Erpressung, gefährliche Körperverletzung und Straftaten gegen das Leben. Mehrere andere Delikte sind in der neuen Richtlinie gestrichen worden. Das betrifft Straftaten wie Körperverletzung , schwere Fälle der Beleidigung und Diebstahl, Verstöße gegen das Waffengesetz und gegen das Betäubungsmittelgesetz (Anfrage der FDP- Fraktion, Drs. 21/1917). Es steht zu befürchten, dass durch diese Änderungen die Statistiken über Gewaltvorfälle in Schulen geschönt werden, da schlichtweg viele Straftaten nicht mehr gemeldet werden. Aber gerade Gewalttaten an einem sensiblen Ort wie der Schule müssen besonders aufmerksam verfolgt werden. Es ist unerlässlich, frühzeitig bei gewalttätigen Kindern und Jugendlichen präventiv und mit normenverdeutlichenden Maßnahmen tätig zu werden, um eine Gewaltspirale zu verhindern. Einen Antrag der FDP-Fraktion zur Rückkehr zur alten Regel haben SPD, GRÜNE und LINKE am 10. Dezember 2015 in der Bürgerschaft abgelehnt (Drs. 21/2225). Nach dem ersten Schulhalbjahr mit der neuen Richtlinie steht nun eine erste Evaluierung an. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Auswertung der statistischen Daten zu den Gewaltvorfällen erfolgt regelhaft schuljahresbezogen . Damit verbunden ist eine umfangreiche Qualitätssicherung, bei der auch ein Abgleich zwischen den schulischen Gewaltmeldungen und den Daten der Polizei erfolgt, siehe auch Drs. 21/425. Aus diesem Grund liegen für das erste Schulhalbjahr 2015/2016 noch keine Daten vor. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele anzeigepflichtige Gewalttaten sind im ersten Schulhalbjahr 2015/2016 jeweils a. von welcher Schule mit welchem Sozialindex, b. an welcher Schulform, c. in welchem Bezirk gegenüber welcher zuständigen Stelle gemeldet worden? 2. Wie viele der unter 1. angezeigten Gewalttaten wurden angezeigt als a. Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit (§§ 223 bis 231 StGB) Drucksache 21/4356 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 b. Raub oder Erpressung (§§ 249 bis 256 StGB) c. Sexualdelikte oder Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (§§ 174 bis 184 c StGB) d. Straftaten gegen das Leben (§§ 211 bis 222 StGB)? 3. Als welche Art von Straftat wurden die angezeigten Fälle schließlich von der Polizei eingestuft? Bitte jeweils für 2. a. bis 2. d. einzeln angeben. Siehe Vorbemerkung. 4. Welche Erkenntnisse liegen den zuständigen Behörden vor über weitere Straftaten an Schulen im ersten Halbjahr 2015/2016? Bitte aufschlüsseln nach: a. Schwerer Fall der Bedrohung (§ 241 StGB) b. Verstöße gegen das Waffengesetz (§§ 51 bis 53 Waffengesetz) c. Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz d. Besonders schwerer Fall des Diebstahls, Diebstahl mit Waffen (§§ 243 bis 244 a StGB) 5. Welche Erkenntnisse liegen den zuständigen Behörden vor über andere Straftaten in Schulen im ersten Halbjahr 2015/2016? Die Polizei erfasst Straftaten gemäß dem Straftatenkatalog der Richtlinien für die Erfassung und Verarbeitung der Daten in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS). In der PKS erfolgt die räumliche Erfassung in ihrer kleinsten Einheit nach Ortsteilen. Nach Art der Tatörtlichkeit oder nach Adressen wird nicht weiter differenziert. 6. Wie viele Schulen nehmen am Meldewesen teil? Wie viele tun dies nicht und aus welchen Gründen? Wie reagiert die zuständige Behörde in solchen Fällen? Siehe Vorbemerkung. 7. Welche Art von Rückmeldungen über die neue Richtlinie gibt es a. aus den Schulen? b. von der Schulaufsicht? c. von den ReBBZ? d. von der Polizei? e. von der Beratungsstelle Gewaltprävention? f. von weiteren Behörden? Rückmeldungen über die neue Richtlinie liegen der für Bildung zuständigen Behörde nur vereinzelt vor. Dabei wird die Schärfung der Kategorien in der Richtlinie als unterstützend empfunden, vereinzelt werden Fragen zur Zuordnung von Einzelfällen gestellt. 8. Wie bewertet der Senat die neue Richtlinie? Siehe Drs. 21/2109. 9. Ist eine Evaluation der neuen Richtlinie geplant? a. Wenn ja: wann und mit welcher Zielrichtung? b. Wenn nein: warum nicht? Der Nutzen und die Wirksamkeit der Richtlinie werden regelhaft überprüft. 10. In welchem Umfang plant die zuständige Behörde, Fälle von Mobbing und Cybermobbing in die „Richtlinie zur Bearbeitung und Meldung von Gewaltvorfällen in Schulen“ zu implementieren? Auf welche andere Art Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/4356 3 und Weise begegnet die zuständige Behörde dieser zunehmenden Herausforderung ? Hamburger Schulen können sich jederzeit an die Regionalen Bildungs- und Beratungsstellen (beziehungsweise das Beratungszentrum Berufliche Schulen) sowie die Beratungsstelle Gewaltprävention wenden, wenn sie Unterstützungsbedarf für Fälle von Mobbing und Cybermobbing haben. Zur Thematik Mobbing und Cybermobbing steht den Schulen auch eine entsprechende Broschüre der Beratungsstelle Gewaltprävention zur Verfügung (siehe http://www.hamburg.de/contentblob/4338042/ 6165d4f950f281823060a83fcab1b224/data/broschuere-mobbing-cybermobbing.pdf). Vor diesen entsprechenden Fällen ist es nicht geplant, Fälle von Mobbing und Cybermobbing in die Richtlinie aufzunehmen.