BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/4364 21. Wahlperiode 13.05.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Jens Meyer (FDP) vom 06.05.16 und Antwort des Senats Betr.: Aufstellungsbeschlüsse zur Änderung zahlreicher Baustufenpläne Im „Amtlichen Anzeiger“ Nummer 32 vom 26.04.2016 wird die Änderung von insgesamt 17 Baustufenplänen bekannt gemacht. Laut der Bekanntmachung hat der Senat bereits am 7.April die Änderung der Ausweisung der Baustufenpläne in den betroffenen Bereichen von besonders geschützten Wohngebieten nach § 10 der Baupolizeiverordnung von 1938 in reine Wohngebiete nach § 3 der Baunutzungsverordnung von 1990 beschlossen. Dies vorausgeschickt frage ich den Senat: Mit der Veröffentlichung der Aufstellungsbeschlüsse im „Amtlichen Anzeiger“ haben die Änderungsverfahren für die Umwandlung von besonders geschützten Wohngebieten (BPVO) in den Baustufenplänen in reine Wohngebiete (BauNVO) begonnen. Das weitere Verfahren und die Beteiligung der Öffentlichkeit wird gemäß den Verfahrensvorschriften des Baugesetzbuches (BauGB) durchgeführt. Im Rahmen der öffentlichen Plandiskussion besteht die Möglichkeit, Anregungen oder Bedenken zu äußern. Darüber hinaus können während der abschließenden öffentlichen Auslegungen schriftliche Stellungnahmen abgegeben werden. Ziel der Änderung ist es, die in den jeweiligen Baustufenplänen betroffenen Bereiche von besonders geschütztem Wohngebiet nach § 10 der Baupolizeiverordnung (BPVO) von 1938 auf reines Wohngebiet nach § 3 der aktuellen Baunutzungsverordnung (BauNVO) von 1990 umzustellen. Die BPVO wurde 1938 – im Zusammenhang mit dem „Gesetz über Groß-Hamburg und andere Gebietsbereinigungen“ (sogenanntes Groß-Hamburg-Gesetz) – erlassen. Damals war das Bau- und Planungsrecht Ländersache. 1960 wurde das Planungsrecht bundesweit einheitlich geregelt und das Vorgängergesetz zum Baugesetzbuch (BauGB) erlassen. Darin war auch geregelt, dass Bebauungspläne nach altem Recht wie etwa die Baustufenpläne als Bebauungspläne nach neuerem Recht fortgelten sollten. 1962 folgte die erste BauNVO. Der knapp 80 Jahre alte Nutzungskatalog der BPVO ist nicht mehr zeitgemäß. Hinzu kommt, dass nach der Rechtsprechung für Festsetzungen nach der BPVO keine Ausnahmen von den Festsetzungen des Planrechtes nach § 31 Absatz 1 BauGB erteilt werden können. Weder sind die früher in der BPVO vorgesehenen Ausnahmemöglichkeiten in das geltende nachkonstitutionelle Recht übergeleitet worden noch können die heute in § 3 BauNVO vorgesehenen Ausnahmen für „Reine Wohngebiete“ auf die besonders geschützten Wohngebiete übertragen werden. Daher können keine weiteren Nutzungen, auch nicht ausnahmsweise , zugelassen werden. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Aus welchen Gründen wurden die in der Einleitung genannten Änderungen in den jeweiligen Bereichen vorgenommen? Drucksache 21/4364 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Das in Hamburg noch geltende alte Planrecht ist nicht immer geeignet, notwendige oder wünschenswerte städtebauliche Entwicklungen rechtssicher zu ermöglichen. Vor dem Hintergrund des modernen städtebaulichen Leitbildes der „funktionsgemischten und räumlich geschlossene Stadt, die sich überwiegend durch Innenentwicklung erneuert“ (Charta von Leipzig 2007), ist eine Nutzungskategorie „besonders geschütztes Wohngebiet“, welche neben dem Wohnen kaum andere Nutzungen zulässt, nicht mehr funktionsgerecht. Hamburg strebt daher eine einheitliche Rechtslage für alle „reinen“ Wohngebiete an. Diese Rechtsbereinigung soll im Wege der Änderung der besonders geschützten Wohngebiete in den Baustufenplänen hamburgweit einheitlich erfolgen. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 2. Welche Folgen ergeben sich aus den oben genannten Änderungen? a. Welche zusätzlichen Nutzungen sind in reine Wohngebiete nach § 3 BauNVO zulässig, die in besonders geschützten Wohngebieten nach § 10 Baupolizeiverordnung nicht zulässig waren? Welche Nutzungen sind durch die Änderungen nicht mehr zulässig? Mit der Umstellung auf reines Wohngebiet nach aktueller BauNVO wären zusätzlich zu Wohngebäuden und Anlagen zur Kinderbetreuung zukünftig ausnahmsweise Läden, nicht störende Handwerksbetriebe, kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes , Anlagen für soziale Zwecke (zum Beispiel Alten- und Pflegeheime, Altentagesstätten , Flüchtlingsunterkünfte) sowie den Bedürfnissen der Bewohner dienende Anlagen für kirchliche, kulturelle, gesundheitliche, sportliche Zwecke zulässig. Die bisher zulässigen Nutzungen sind weiterhin zulässig. b. Welche Änderungen bei dem Maß der baulichen Nutzung (beispielsweise GRZ, GFZ, BMZ oder der Höhe baulicher Anlagen, Zahl der Vollgeschosse et cetera) ergeben sich durch die oben genannten Änderungen? Keine. c. Welche Änderungen bei der Art der baulichen Nutzung (beispielsweise Wohnnutzung, Kindergärten, Tankstellen et cetera) ergeben sich durch die oben genannten Änderungen? Siehe Antwort zu 2. a. d. Welche Änderungen ergeben sich bei der zulässigen Bauweise (beispielsweise überbaubare Grundstücksfläche, Hausform, Abstandsflächen et cetera)? e. Welche Änderungen ergeben sich bei den zulässigen Emissionen (insbesondere Lärmschutz)? Keine. 3. Aus welchen Gründen wurde die Stadtentwicklungsbehörde mit der Umsetzung der Änderung der Ausweisungen in den Baustufenplänen beauftragt? Warum lag die Federführung nicht bei den jeweiligen Bezirken ? Aufgrund der gesamtstädtischen Bedeutung durch die bezirksübergreifende Ausdehnung der Flächen über das Hamburger Stadtgebiet sowie der Grundsätzlichkeit der Fragestellung war es sinnvoll, dass der Senat die Planverfahren gemäß § 1 Absatz 4 Verwaltungsbehördengesetz (beziehungsweise § 42 BezVG) unter Beteiligung der betroffenen Bezirksämter selbst durchführt und nach § 3 Absatz 1 Bauleitplanfeststellungsgesetz feststellt. Die für Stadtentwicklung zuständige Behörde wurde mit der Durchführung der Verfahren beauftragt, um hamburgweit und einheitlich für alle noch bestehenden „besonders geschützten Wohngebiete“ eine Umwandlung in neues Planrecht nach BauNVO zu ermöglichen. 4. Inwiefern wurden die Bezirke bei den Änderungen der Ausweisungen in den Baustufenplänen beteiligt? Gegebenenfalls Wie ist die Beteiligung Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/4364 3 erfolgt? Welche Stellungnahmen wurden abgegeben und welche Fristen zur Stellungnahme wurden den Bezirken eingeräumt? Die Vorlage zur Änderung der Ausweisungen in den Baustufenplänen wurde mit den Bezirksämtern abgestimmt. Insgesamt standen von der ersten Versendung knapp drei Wochen zur Stellungnahme zur Verfügung. Keines der Bezirksämter hat Einwände gegen das vorgeschlagene Verfahren erhoben. Die zuständige Behörde hat vor der Einleitung der Änderungsverfahren mit allen Stadtplanungsabteilungen der Bezirksämter die Verfahren erörtert. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 5. Aus welchen Gründen wurden weder die Bürgerschaft noch die Bezirksversammlungen über die geplante Änderung (vorab) informiert? Gemäß Bauleitplanfeststellungsgesetz liegt die Befugnis zur Aufstellung und Feststellung von Bebauungsplänen beim Senat, beziehungsweise gemäß Verordnung zur Weiterübertragung von Verordnungsermächtigungen im Bereich der Bauleitplanung und der Landschaftsplanung (Weiterübertragungsverordnung-Bau) bei den Bezirksämtern . Die Kommission für Stadtentwicklung, welche sich unter Vorsitz des fachlich zuständigen Staatsrats aus Mitgliedern der Bürgerschaft sowie Mitgliedern der Bezirksversammlung des jeweils zuständigen Bezirksamts zusammensetzt, wird bei Senatsplänen gemäß den Vorschriften des Bauleitplanfeststellungsgesetzes beteiligt. Dies erfolgt regelhaft vor der Öffentlichen Plandiskussion. Eine vorherige Information der Bürgerschaft ist bei Senatsplanverfahren nicht üblich. Die Stadtplanungsabteilungen der Bezirke sind von der zuständigen Behörde rechtzeitig vor der Einleitung der Planverfahren gebeten worden, ihre bezirklichen Gremien zu informieren. 6. Wie wurden die betroffenen Anwohner über die Änderungen der Ausweisungen in den Baustufenplänen informiert? Sofern keine Information vor Inkrafttreten der Änderungen erfolgt ist: Aus welchen Gründen wurde auf eine Information der betroffenen Anwohner verzichtet? 7. Welche rechtlichen Möglichkeiten haben die betroffenen Anwohner, gegen die Änderung im Baustufenplan vorzugehen? Bisher wurde die Öffentlichkeit über die Einleitung des Verfahrens durch die Veröffentlichung der Aufstellungsbeschlüsse im „Amtlichen Anzeiger“ informiert. Nach Inkrafttreten der Änderung ist eine Normenkontrolle nach § 47 Verwaltungsgerichtsordnung möglich Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 8. Plant der Senat die Änderungen der Ausweisungen in anderen Baustufenplänen ? Wenn ja, in welchen Baustufenplänen sind welche Änderungen geplant? Wann sollen diese in Kraft treten? Ein Regelungsbedarf im Hinblick auf besonders geschützte Wohngebiete wird zurzeit für weitere Baustufenplänen nicht gesehen. Die zuständige Behörde wurde beauftragt, die Geschäftsgebiete in den Baustufenplänen gemäß BPVO in Nutzungskategorien der aktuellen BauNVO umzuwandeln. Hierzu führt die zuständige Behörde zurzeit eine einzelfallbezogene Flächenbetrachtung durch. Konkrete Aussagen zum weiteren Verfahren können noch nicht getroffen werden.