BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/4381 21. Wahlperiode 17.05.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Stephan Jersch (DIE LINKE) vom 09.05.16 und Antwort des Senats Betr.: Abwassermissstände in Kleingärten, vertiefende Fragen zur Antwort auf Drs. 21/4180 Die Behörde für Umwelt und Energie (BUE) sowie der Landesbund der Gartenfreunde Hamburg (LGH) haben in der Antwort auf meine Schriftliche Kleine Anfrage „Vorgehen der BUE und des Landesbundes der Gartenfreunde bei der Beseitigung von Abwassermissständen in Kleingartenvereinen“ Aussagen getroffen, die aufgrund ihrer fehlenden Herleitung Nachfragen zu den Hintergründen aufwerfen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Die Behörde für Umwelt und Energie (BUE) beziehungsweise der Senat führen in der Vorrede aus, dass die „BUE (im) Rahmen ihrer Aufgaben für die Einhaltung der kleingartenrechtlichen Vorschriften, zum Schutz des Bestandes dieser günstigen innerstädtischen Gartenflächen sowie für die Einhaltung der abwasser- und wasserrechtlichen Vorschriften zum Schutz der Gewässer und des Bodens sowie der menschlichen Gesundheit (handelt)“. In der Antwort auf Frage 8. führt die BUE aus, dass „sämtliche kontrollierten Parzellen auf ... Flächen des Landesbundes der Gartenfreunde Hamburg (lagen)“. Aus der Antwort auf die Große Anfrage der CDU-Fraktion (Drs. 20/5685, „Kleingärten in Hamburg“) geht hervor, dass 96,5 Prozent der Kleingartenparzellen auf durch den LGH weiterverpachteten Flächen liegen sowie 3,4 Prozent auf Flächen der „Bahn-Landwirtschaft“. Wodurch ist zu erklären, dass die bisher durch die BUE durchgeführten 6.890 Kontrollen zu 100 Prozent auf Flächen des LGH stattfanden? Es konnten bisher nicht alle Hinweise auf Abwassermissstände abgearbeitet werden. Dies trifft unter anderem auf Hinweise zu den Kleingärtenflächen außerhalb des Einflussbereiches des LGH zu, sodass es dort noch keine Kontrollen gegeben hat. 2. Beabsichtigt die BUE, die Kontrollen auch auf die Flächen der Bahn- Landwirtschaft sowie die (laut Antwort auf die vorgenannte Große Anfrage) 30 weiteren Parzellen in Hamburg auszudehnen? Wenn ja: a. Wann soll dies geschehen? b. Hat es dazu bereits Gespräche mit der Bahn-Landwirtschaft beziehungsweise den Pächtern der weiteren 30 Parzellen gegeben? Kontrollen von Parzellen mit Lauben erfolgen anlassbezogen aufgrund von Hinweisen auf Abwassermissstände. Daher kann keine Prognose abgegeben werden, wann auf welchen Flächen Kontrollen notwendig werden. Drucksache 21/4381 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Lediglich bei Parzellen mit Dauerwohnrecht (Behelfsheime) wird es in Zukunft präventive Kontrollen geben. Inwieweit auf den Flächen der Bahn-Landwirtschaft Behelfsheime vorhanden sind, wurde noch nicht ermittelt. 3. Laut Antwort auf Frage 4. meiner vorgenannten SKA (Drs. 21/4180) finden die Kontrollen der BUE aufgrund von „Hinweisen auf Abwassermissstände “ statt. In der Drs. 21/3932 (Umsetzung zusätzlicher Maßnahmen zur Erreichung der Umwelt- und Klimaschutzziele des Senats ...) führt die BUE als Begründung für die Nachbewilligung von Personalmitteln für die Produktgruppe 293.11 „Immissionsschutz und Betriebe“ beim Produkt „Wasser- und Abwasserrecht“ auf, dass die zusätzliche Stelle für eine Erhöhung der Kontrollquote der Kleingartenparzellen von derzeit 18,5 Prozent auf 60 Prozent bis 2020 notwendig ist. Wie viele Hinweise auf wie viele Kleingartenparzellen bezüglich Abwassermissstände liegen beziehungsweise lagen der BUE vor? 4. Wie viele Kleingartenvereine sind von diesen Hinweisen betroffen? Die Hinweise werden nicht gesondert erfasst, sondern nur die durchgeführten Kontrollen . Bisher sind 76 Vereine kontrolliert worden, weitere vier sind gemeldet. 5. Liegen Hinweise ausschließlich für Flächen des Landesbundes vor? a. Wenn ja: Womit kann die Behörde sich diese ungewöhnliche Verteilung der Hinweise erklären? b. Wenn nein: Warum wurden bisher keine Parzellen außerhalb des LGH-Flächen kontrolliert? Es nur sehr wenige Hinweise für Abwassermissstände außerhalb der LGH-Flächen. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. 6. Durch wen wurden die Hinweise auf Abwassermissstände gegeben? (Einzelpersonen, KGV-Gremien beziehungsweise -Funktionsträger, LGH-Gremien beziehungsweise - -Funktionsträger, andere.) Melder sind Einzelpersonen sowie Vorstände beziehungsweise Vorstandsmitglieder. 7. Geht die BUE davon aus, dass bis 2020 Hinweise auf Abwassermissstände in 60 Prozent der Kleingartenparzellen vorliegen werden? a. Wenn ja: Wie beurteilt die Behörde einen Zustand, bei dem fast zwei Drittel der potenziell betroffenen Örtlichkeiten von Hinweisen auf Missstände betroffen sind/sein werden? Aufgrund der bisherigen Erfahrungen geht die zuständige Behörde davon aus, dass es weiterhin entsprechende Meldungen geben wird. Viele Kleingärtner befinden sich in einem Zielkonflikt zwischen dem Anspruch an eine bessere Ausstattung ihrer Parzellen, insbesondere Lauben, und dem Wunsch nach einer preiswerten Freizeitgestaltung. Die rechtlichen und technischen Voraussetzungen für einen Anschluss von Kleingärten an die öffentliche Abwasserentsorgung liegen nicht vor. Aufgrund dieses Sachverhalts geht die zuständige Behörde davon aus, dass derzeit noch eine größere Anzahl von Abwassermissständen im Kleingartenbestand existiert. Aufgrund der bisherigen Kontrollen kann festgestellt werden, dass der Anteil der Kleingärtner, die die Regeln befolgen, zunehmend größer wird. Jedoch bedarf es weiterhin erheblicher Anstrengungen, um ordnungsgemäße Zustände zu erreichen. Bei dem bisher hohen Anteil der Kleingartenparzellen mit Abwassermissständen ist von einer Beeinträchtigung von Boden, Grundwasser und oberirdischen Gewässern auszugehen , wenn die Kontrollen nicht fortgesetzt werden. 8. Aus den Antworten auf meine Anfragen geht hervor, dass die BUE die Kleingartenparzellen lediglich in Parzellen mit und ohne Behelfsheime unterscheidet. Ist es richtig, dass die BUE keinen Unterschied zwischen Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/4381 3 Kleingartenlauben, die vor dem Erlass des Bundeskleingartengesetzes errichtet wurden und denen, die danach errichtet wurden, macht? a. Wenn ja: Welche Begründung führt die BUE dafür an? b. Wenn nein: Welche Unterschiede werden gemacht? Die BUE unterscheidet bei Lauben nach § 18, Absatz 1 Bundeskleingartengesetz hinsichtlich der zulässigen Laubengröße. Ob darüber hinaus ein Bestandsschutz besteht, wird im Einzelfall geprüft. 9. Aus der Antwort auf Frage 11. nach der Überprüfung von Schadstoffbelastungen durch die Entsorgung von Abwässern ergibt sich die Frage, ob es seitens der BUE, außerhalb der Kontrollen auf Abwassermissstände, analytische Untersuchungen gibt? a. Wenn ja: Wie viele dieser Untersuchungen gab es seit 2010 und mit welchen Ergebnissen? b. Wenn nein: warum nicht? Die BUE betreibt im Stadtgebiet ein Grundwassermonitoring-Messnetz mit derzeit 108 Messstellen im oberflächennahen Grundwasser. In diesen Messstellen wird das Grundwasser jährlich auf chemische Parameter untersucht, die auch auf Abwassermissstände hinweisen können. Ein darüber hinaus gehendes Sondermessnetz zur Erkundung von Abwassermissständen existiert nicht. 10. In der Antwort auf Frage 10. nach der regelkonformen Abwasserbeseitigung wird in der Antwort der Behörde bei Lauben, ohne Unterscheidung, ob vor oder nach Erlass des Bundeskleingartengesetzes errichtet, auch auf Trockentoilettensysteme als Alternative, außerhalb von Flächen in Wasserschutzgebieten, verwiesen. Betrifft diese einschränkende Regelung auch die Zone III der bestehenden Wasserschutzgebiete? Wenn ja: a. Welche Bestimmung liegt dieser Regelung zugrunde und warum wird dies in dem in der Antwort auf Frage 12. angeführten Merkblatt der ehemaligen BSU unter Punkt 3 („Toiletten“) nicht aufgeführt, sondern im Gegenteil, werden diese Toilettensysteme bei sorgfältiger Kompostierung erlaubt? In der WSG-Zone III darf der Inhalt von Trockentoilettensystemen nicht über den Kompost entsorgt werden. Dies widerspräche dem in den Wasserschutzgebietsverordnungen festgelegten Verbot der Schmutzwasserlandbehandlung. Das „Informationsblatt über die Nutzungen von Wasserversorgungs- und Abwasserbeseitigungsanlagen auf Kleingartenparzellen“, Stand April 2010, wurde aufgrund der hohen Anzahl an Abwassermissständen kurzfristig als Information für die Pächter herausgegeben . Über die besondere Situation in Wasserschutzgebieten wurden die Kleingärtner mit der Ausgabe der Verbandszeitschrift „Gartenfreund“ im August 2015 informiert. In der Folge gab es weitere Veröffentlichungen dazu im „Gartenfreund“. Eine Aktualisierung des Informationsblatts ist geplant. b. Welche Kleingartenvereine beziehungsweise wie viele Kleingartenparzellen sind von dieser Einschränkung betroffen? Die betroffenen Vereine sind: 132/Kleingartenverein Falkenberg e.V., 156/Kleingartenverein Zwergfalkenweg e.V., 609/Bergedorfer Schrebergartenverein v. 1920 e.V., 624/Gartenfreunde Pollhof e.V., 771/Gartenfreunde Francoper Straße e.V., 774/Gartengemeinschaft Neugrabener Moor e.V. Drucksache 21/4381 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 und eine Fläche der Bahn-Landwirtschaft. Die Anzahl der betroffenen Parzellen wurde nicht ermittelt. 11. Laut der Antworten auf die Fragen 19. und 22. nach den Abkippstationen gibt es circa 200 Kleingartenvereine aus dem Bereich des LGH, die eine Abkippstation haben. Mehr als ein Drittel (circa 110) der Kleingartenvereine haben demnach derzeit keine Abkippstation. Gleichzeitig wurden von 2003 bis 2005 mindestens 100 Abkippstation errichtet (hergeleitet aus den Mitfinanzierungen des LGH laut Antwort auf Frage 19.). In der Zeit von 2014 bis heute wurden drei Abkippstationen mitfinanziert. Womit ist dieses Missverhältnis bei der Errichtung von Abkippstationen zu begründen? In vielen Vereinen sind bereits vor 2003 verschiedenartige Abwasser-Übergabestellen in Eigenregie/Eigenbau errichtet worden. Der LGH hat von 2003 bis 2005 den Bau von standardisierten Abkippstation in Kleingartenvereinen bezuschusst, sodass in dieser Zeit circa 100 weitere Abkippstationen gebaut wurden. Danach haben die Vereine in Eigenregie weitere Abkippstationen geschaffen, sodass heute geschätzt etwas mehr als 200 vorhanden sind. Seit 2015 stehen Mittel aus dem Kleingarteninfrastrukturfonds zur Förderung zur Verfügung . Zwischenzeitlich wurden drei neue Abkippstationen aus dem Infrastrukturfonds gefördert und bereits fertiggestellt. Weitere befinden sich im Bau (zum Beispiel Saarlandstraße), und viele Vereine haben ihr Interesse bekundet. Das Verfahren benötigt Zeit, da Vorstands- und Mitgliederversammlungsbeschlüsse für zum Teil höhere Investitionssummen notwendig sind (zusätzlich zu der LGH-Bezuschussung). 12. In der Antwort auf meine Frage 3. wird von „zuständigen Behörden“ gesprochen. Welche Behörde(n) ist/sind, außer der BUE, bei der Bewertung der Regelungen für Kleingärten (hier: der Länder Bremen und Mecklenburg-Vorpommern) noch zuständig? Irrtümlich wurde die genannte Frage zu Beginn im Plural beantwortet. Richtigerweise muss, wie dort am Ende der Antwort auch ausgeführt, von der zuständigen Behörde gesprochen werden. 13. Das Verfahren für das Einsickern von Urin im (Urin-Wasser-)Verhältnis 1:10, wie im Vereinsblatt des LGH in einem Fachartikel veröffentlicht, ist laut Antwort auf meine Frage 13. nicht im (von BUE und LGH) gemeinsamen „Informationsblatt über die Nutzung von Wasserversorgungs- und Abwasserbeseitigungsanlagen auf Kleingartenparzellen“ beschrieben. Wie beurteilt die Behörde dieses Verfahren? Außerhalb von Wasserschutzgebieten hält die zuständige Behörde das Verfahren für unbedenklich.