BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/4399 21. Wahlperiode 17.05.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dennis Gladiator (CDU) vom 10.05.16 und Antwort des Senats Betr.: Erfüllt die geplante Flüchtlingsunterkunft „Heidkoppel“ bezirkliche Vorgaben und Standortkriterien des Senats? In Boberg im Stadtteil Lohbrügge plant der Senat neben dem Hubschrauberlandeplatz des Krankenhauses die Flüchtlingsunterkunft „Heidkoppel“. Bezüglich des Standortes fand am 31. März 2016 eine Anhörung der Bezirksversammlung nach § 28 BezVG statt. Daraufhin hat sich der Hauptausschuss auf Antrag der SPD-Fraktion sowie der GRÜNEN und der LIN- KEN mehrheitlich für die Nutzung der Fläche „Heidkoppel“ zur Unterbringung von Flüchtlingen ausgesprochen. Die Zustimmung wurde allerdings mit einigen Bedingungen versehen, die sich aus drei Informations- und Gesprächsrunden mit den Anwohnern ergeben haben. Die CDU-Fraktion hat sich gegen diesen Standort ausgesprochen, weil die Wahl der Fläche „Heidkoppel“ dem einstimmigen Beschluss der Bezirksversammlung Bergedorf vom 27. August 2015 zuwiderläuft, wonach unter anderem eine Fläche für 250 Flüchtlinge östlich angrenzend an das BG Klinikum Hamburg (sogenannte Hundesportfläche) auf Anforderung des Senats vorgeschlagen wurde. Dieser Vorschlag wurde von allen Fraktionen getragen und berücksichtigte sowohl geografische, soziale als auch integrative Gesichtspunkte bei der Flüchtlingsverteilung innerhalb des Bezirks. Indem der Senat nunmehr eine kaum 300 Meter weit entfernte, neue Fläche zu erschließen sucht, macht er deutlich, dass die vermeintliche Einbeziehung der Bezirke (wie auch die Verfahren nach § 28 BezVG) nur als Feigenblatt diente. Offenbar fühlt sich der Senat den Empfehlungen und Stellungnahmen aus den Bezirken nicht verpflichtet. Obwohl bereits drei Informationsveranstaltungen zur Fläche „Heidkoppel“ durchgeführt wurden, ist nicht ersichtlich, warum diese Fläche der östlich des BG Klinikum Hamburg gelegenen Fläche vorzuziehen ist. Anscheinend geht der Senat weiterhin von zu hoch angesetzten Flüchtlingszahlen aus und verkennt damit die aktuellen Entwicklungen und Erfolge der europäischen Politik und die Beschlüsse der CDU/CSU/ SPD-Bundesregierung. Umso mehr ist darauf zu achten, neue Unterbringungen entsprechend der Umgebung zu planen. Aus guten Gründen hat die Bezirksversammlung Bergedorf im August 2015 beschlossen, dass die Fläche östlich des BG Klinikum Hamburg maximal 250 Plätze umfassen soll. Mehr Plätze sind in Anbetracht der dort lebenden Anwohner und der in der Nähe bereits bestehenden weiteren öffentlichen Unterbringungen nicht vertretbar . Die Fläche „Heidkoppel“ ist aus verschiedenen Gründen nicht geeignet . Die Nähe zum Hubschrauberlandeplatz ist für den Daueraufenthalt von Menschen ungeeignet, da der Landeplatz unmittelbar an die Unterbringung angrenzte. Allein die Tatsache, dass der Flugbetrieb zwölf Stunden an sieben Tagen die Woche umfasst, schließt eine Zustimmung zur Planung des Senats faktisch aus. Die Emissionen eines Hubschraubers während der Startphase sind enorm hoch. Die Lärm- und Abgasbelästigung fällt weit Drucksache 21/4399 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 höher aus als an einer viel befahrenen Kreuzung. Zusätzlich befindet sich auf der anderen Seite der „Heidkoppel“ die Bundesstraße 5 – eine der meistbefahrenen Straßen in Hamburg. Zudem ist die Fläche vorbelastet. Laut Begründung zum B-Plan Lohbrügge 84 wurde die „Heidkoppel“ früher als Acker genutzt, auf dem infolge von Klärschlammdüngung unter anderem Schwermetalle im Oberboden angereichert sind (Begründung zum B-Plan Lohbrügge 84, Punkt 4.2.4.). Demnach müsste das Erdreich, verbunden mit erheblichen Kosten, ausgetauscht werden. Ansonsten würde eine zusätzliche Gesundheitsgefährdung zukünftiger Bewohner bei längerem Aufenthalt in Kauf genommen. Außerdem liegt die Fläche ausweislich der Begründung zum B-Plan Lohbrügge 84 in einem besonders schützenswerten Landschaftsgebiet mit einem empfindlichen Naturhaushalt. Stattdessen sprechen verschiedene Gründe für eine Belegung der von der Bezirksversammlung Bergedorf vorgeschlagenen Fläche östlich des BG Klinikum Hamburg („Hundesportfläche“). Die Fläche ist ausreichend groß für eine Belegungszahl mit maximal 250 Flüchtlingen. Es muss nicht extra eine neue Zufahrt für die Fläche geschaffen werden. Die Schadstoff- und Lärmbelastungen für die Flüchtlinge wären wesentlich geringer. Dem Vernehmen nach akzeptieren die Anwohner diese Fläche mit der vorgeschlagenen Belegung . Insofern wäre die Wahrscheinlichkeit einer gerichtlichen Auseinandersetzung , mit ungewissem Ausgang, reduziert. Bezüglich der Bebauung der Fläche bestehen soweit ersichtlich keine umweltpolitischen Bedenken. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie ist der aktuelle Planungsstand zur Unterbringung von Flüchtlingen auf dieser Fläche? Aktuell läuft das Baugenehmigungsverfahren. 2. Wann ist mit dem Bau und der ersten Belegung zu rechnen? Nach derzeitiger Planung rechnet f & w fördern und wohnen AöR (f & w) mit dem Baubeginn (Hochbau) im 3. Quartal 2016 und der Inbetriebnahme Ende 2016. 3. Wurde bereits ein Bauantrag eingereicht? Der Bauantrag ist am 26. Februar 2016 beim Bezirksamt Bergedorf eingegangen. 4. Werden die in der Stellungnahme der Bezirksversammlung aufgeführten Forderungen vollumfänglich eingehalten? Wenn nein, welche nicht und warum nicht? Die Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration hat mit Schreiben vom 22. Februar 2016 der Bezirksversammlung Bergedorf im Zuge einer Anhörung nach § 28 BezVG die Möglichkeit einer Stellungnahme gegeben. Die in der Stellungnahme angeführten Forderungen nach Bodensanierung, nach Lärmschutz für die Einrichtung gegenüber der B 5, nach ausreichendem Abstand und Sichtschutz zu den Wohngrundstücken in der Straße Grooten Heesen und nach einem festen Ansprechpartner für Nachbarn und Ehrenamtliche (Leitung des Unterkunfts - und Sozialmanagements werden umgesetzt. Auch eine Rufnummer für technische Notfälle existiert bereits. f & w stellt den Ehrenamtlichen für deren Arbeit Räume in angemessener Anzahl und Größenordnung zur Verfügung. Die Verwaltung der Räume muss jedoch beim Unterkunftsbetreiber verbleiben, da er die Gesamtverantwortung (einschließlich Garantenhaftung ) für den Standort trägt. Die Übertragung der Raumverwaltung auf Dritte ist auch deswegen ausgeschlossen, weil die Wohnunterkünfte es mit heterogenen Freiwilligenstrukturen zu tun haben. Eine einseitige Privilegierung bestimmter Helfergruppen verbietet sich. Grundsätzlich stehen auch den Bewohnern der neuen Unterkunft alle Integrationsangebote des Bezirksamtes offen. Zum Beispiel der Dialog der Kulturen, internationale Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/4399 3 Filmabende und die Stadtteilrundgänge ermöglichen Begegnung von zugewanderten und einheimischen Menschen. Wichtig sind auch die Angebote der Sportvereine, welche hier einen bedeutenden Beitrag leisten. Geförderte Projekte der unterschiedlichsten Akteure bieten Raum für Begegnung, auch die erweiterten Angebote der Familienförderung und der Offenen Kinder- und Jugendarbeit. Inwieweit die weiteren Punkte aus der Stellungnahme der Bezirksversammlung berücksichtigt werden können, befindet sich aktuell noch in der Prüfung. Die baulichen Aspekte sind zudem Gegenstand des Baugenehmigungsverfahrens. 5. Der Senat hat neun Kriterien für die Auswahl von Standorten für Folgeunterkünfte ausgewählt. Inwiefern sieht er die Kriterien an diesem Standort als erfüllt an? Bitte die Kriterien auf diesen Standort bezogen einzeln bewerten. Der Senat hat mit Drs. 21/2864 mitgeteilt, dass bei der Auswahl von Grundstücken für die Flüchtlingsunterbringung eine Vielzahl von Kriterien zu berücksichtigen sind, die jeweils von den Bedingungen im Einzelfall abhängen. Hinsichtlich der in der Drucksache beispielhaft genannten Kriterien – soweit sie einschlägig sind – ist die Fläche Heidkoppel wie folgt zu bewerten: Baurecht: Die Fläche ist als private Grünfläche ausgewiesen, von dieser Ausweisung ist nach Beurteilung der zuständigen Behörde eine Befreiung nach den gesetzlichen Regelungen möglich. Das gleiche gilt für die Lage in einem Landschaftsschutzgebiet. Weitere relevante Beschränkungen der Bebaubarkeit bestehen nicht. Flächeneignung: Die Fläche ist im Wesentlichen frei von Bewuchs, nur wenige Bäume mussten gefällt werden. Der Untergrund ist gut bebaubar, die Fläche liegt nicht im Einwirkungsbereich von Störfallbetrieben und nicht in der Nähe von Hochspannungsleitungen . Vorhandene Lärmbelastung durch die B 5 und den Hubschrauberlandeplatz können durch Lärmschutzmaßnahmen kompensiert werden und halten sich dann im vertretbaren Maß. Die Bodenbelastung kann beseitigt werden. Herrichtungs- und Betriebskosten: Die Herrichtungskosten werden durch erforderliche Bodensanierungs- und Lärmschutzmaßnahmen höher liegen als bei einer „idealen“ Fläche, allerdings nach derzeitiger Einschätzung im vertretbaren Rahmen. Die Kosten für die Bodensanierung werden derzeit noch abschließend geprüft. Die Betriebskosten werden wegen vergleichsweise niedriger Grundstückskosten im unteren Bereich vergleichbarer Einrichtungen liegen. Verfügbarkeit: Die Verfügbarkeit ist kurzfristig gegeben. Die Fläche ist im Eigentum der Freien und Hansestadt Hamburg, aus dem Pachtvertrag mit dem Berufsgenossenschaftlichen Klinikum Hamburg (BGKH) wurde diese Teilfläche herausgelöst, nachdem das BGKH die Teilfläche für den Zweck der öffentlichen Unterbringung von Zuwanderern angeboten hatte. Nutzungsdauer: Die Fläche steht als Eigentumsfläche grundsätzlich unbegrenzt zur Verfügung. Derzeit wird mit einer Nutzungsdauer von rund fünf Jahren gerechnet. Lage: Die Fläche ist gut an den ÖPNV angebunden und verfügt über Nahversorgungseinrichtungen in vertretbarer Entfernung. Kitas und Schulen sind in fußläufiger Entfernung zu erreichen. In der Umgebung befinden sich Wohngebiete, zu den nächststehenden Wohngebäuden wird ein ausreichender Abstand gehalten (zur Grundstücksgrenze verbleibt ein Abstand von rund 30 m, auf dem der Baumbestand erhalten bleibt). 6. Wird die Unterkunft von Beginn an befristet? Wenn ja, für wie lange? Wenn nein, warum nicht? Die Frage der Befristung der Baugenehmigung ist Gegenstand des Genehmigungsverfahrens , welches noch nicht abgeschlossen ist.