BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/4444 21. Wahlperiode 20.05.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Karin Prien (CDU) vom 12.05.16 und Antwort des Senats Betr.: Grundschule Moorflagen geht der Platz aus – Wie wichtig ist dem Senat die Inklusion wirklich? „Die Koalitionspartner erklären die Inklusion zu ihrer gemeinsamen Priorität. Wir werden mit einem umfassenden Konzept die Förderung von Kindern mit Behinderungen oder sonderpädagogischem Förderbedarf in den Bereichen Lernen, Sprache oder soziale und emotionale Entwicklung verbessern.“, heißt es im Koalitionsvertrag von SPD und GRÜNEN. Trotzdem will der Senat ein weiteres Klassenhaus der Grundschule Moorflagen ab den Sommerferien abvermieten; eines wird bereits fremdgenutzt. Zur Begründung verweist er auf das Musterflächenprogramm, nach der jedem Schüler einschließlich Fluren und Turnhallen 12 m2 zustehen und die Grundschule damit zu viel Platz hat. Dabei vergisst er aber völlig, dass die Grundschule Moorflagen eine „Schwerpunktschule für Inklusion“ ist, an der aktuell nach Auskunft des Elternratsvorsitzenden 17 Kinder mit Handicaps unterrichtet werden. Die Kinder benötigen aufgrund ihrer Einschränkungen dringend einen speziellen Differenzierungsraum, in dem sie erforderliche Liegezeiten einhalten, Auszeiten wegen Reizüberflutung nehmen oder Therapien durchführen können. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Mit der Maßgabe „Gute Räume für gute Bildung“ hat der Senat bereits in der 20. Legislaturperiode die damaligen Investitionen für den Schulbau auf rund 300 Millionen Euro pro Jahr verdoppelt. Im Zeitraum 2013 bis 2019 stehen insgesamt rund 2 Milliarden Euro zur Verfügung, um Hamburgs Schulen auch baulich auf die Herausforderungen der Zukunft auszurichten. Zahlreiche Schulen werden in diesem Zusammenhang saniert und bedarfsgerecht ausgebaut. Die Realisierung und Finanzierung dieses umfangreichen Programms setzt voraus, dass Kosten, die aus Raum- beziehungsweise Flächenüberhängen resultieren, möglichst reduziert werden. Grundsätzlich verfügt die Schule Moorflagen über deutlich mehr Flächen und Räume als durch das Musterflächenprogramm – auch unter Berücksichtigung des Inklusionskonzeptes – begründet ist. Die Schule hat zurzeit zehn Schulklassen sowie eine Internationale Vorbereitungsklasse, das Schulgebäude verfügt aber über 21 Unterrichtsräume sowie 16 Differenzierungs- beziehungsweise Gruppenräume. Ein Anstieg der Schülerzahl ist aufgrund der äußeren Rahmenbedingungen nicht zu erwarten. Für zukünftige Planungen sind die derzeitigen Raumnutzungen durch die Jugendmusikschule sowie Sanierungsplanungen an der Schule oder an Nachbarschulen zu berücksichtigen, die temporär oder auf Dauer einen zusätzlichen Raumbedarf an dem Standort auslösen können. Drucksache 21/4444 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Für therapeutische Anwendungen stehen ein speziell ausgestatteter Bewegungsraum, ein multifunktionaler Raum für Sprachförderung und Ergotherapie sowie ein barrierefreies Lesecafé und ein weiterer barrierefreier Differenzierungsraum zur Verfügung. Auch nach der Abmietung des Klassenhauses ist die Durchführung von therapeutischen Maßnahmen für die Inklusionsschülerinnen und -schüler der Schule gesichert. Derzeit wird gemeinsam mit der Schulleitung das weitere Nutzungskonzept für die Räume und Flächen der Schule erörtert. Die Planungen sind noch nicht abgeschlossen . Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie viele Inklusionskinder mit jeweils welchen Einschränkungen werden aktuell an der Grundschule Moorflagen unterrichtet? Schülerinnen und Schüler (SuS) der Schule Moorflagen mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Schuljahr 2015/2016 nach Art des sonderpädagogischen Förderbedarfs sonderpädagogischer Förderschwerpunkt Anzahl SuS Lernen <5 Sprache <5 emotionale und soziale Entwicklung 5 Autismus <5 geistige Entwicklung 5 körperliche und motorische Entwicklung 7 Mehrfachbehinderung / intensiver Assistenzbedarf <5 insgesamt 26 Quelle: Schuljahresstatistik 2015; Sonderpädagogische Förderbedarfe für das Schuljahr 2015/16: Einträge in den Schulverwaltungsprogrammen mit Stand 26.01.2016 <5 = Aus Datenschutzgründen werden Fallzahlen kleiner 5 nicht berichtet. 2. Welche zusätzlichen Räumlichkeiten benötigen die Inklusionskinder nach Ansicht der Schulleitung aufgrund ihrer physischen Einschränkungen ? Nach Einschätzung der Schulleitung besteht Bedarf für einen speziell ausgestatteten Pflegeraum, einen Garderobenraum für Rollstühle und/oder Rollatoren, einen Liegeraum (ausgestattet mit Teppich) sowie einen weiteren speziell ausgestatteten Raum für Physiotherapie. Diese Bedarfe können nach der Abmietung des Klassenhauses durch Umbaumaßnahmen im Raumbestand der Schule verwirklicht werden. 3. Wie viele und welche Therapien werden aktuell wöchentlich in den Räumlichkeiten der Schule durchgeführt? In welchem Raum finden diese statt? Acht Therapieeinheiten Physiotherapie finden im speziell ausgestatteten Bewegungsraum statt, zehn Therapieeinheiten Ergotherapie im Lesecafé (barrierefrei) und im Sprachförderraum, 14 Therapieeinheiten Logopädie im Differenzierungsraum (barrierefrei ) und im Sprachförderraum. Die Durchführung der therapeutischen Maßnahmen wird auf der Basis des noch zu entwickelnden Raumkonzepts weiterhin sichergestellt. 4. Aus welchem Grund beabsichtigt die zuständige Behörde die Abvermietung eines Klassenhauses? a. Wann hat sie darüber die Schulleitung und Eltern in Kenntnis gesetzt? b. Wie haben Schulleitung und Eltern auf den Vorstoß der Behörde reagiert? c. Ist die Abvermietung des einen Klassenhauses bereits „beschlossene Sache“? Falls nein, wie ist der Sachstand? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/4444 3 d. Wo sollen die Inklusionskinder nach Ansicht der zuständigen Behörde künftig ihre Therapien durchführen und die aus gesundheitlichen Gründen zwingend erforderlichen Ruhezeiten nehmen? Gespräche über eine mögliche Abmietung des Klassenhauses wurden erstmals im Sommer 2014 geführt mit dem Ziel, diese bereits zum Schuljahr 2015/2016 zu realisieren . Diese Planung wurde vor dem Hintergrund der anstehenden Schulorganisation zunächst ausgesetzt, zudem sollten die weiteren Sanierungsplanungen berücksichtigt werden. Im Übrigen siehe Antwort zu 3. und Vorbemerkung. 5. Wird auf alle Inklusionsschwerpunktschulen, die im Musterflächenprogramm vorgesehene Quadratmeterzahl/Schüler verbindlich angewendet ? a. Falls ja, inwiefern ist dies mit dem Inklusionsschwerpunkt vereinbar? Das Musterflächenprogramm ist bewusst so gestaltet, dass unterschiedliche Anforderungen , die sich an den jeweiligen Schulstandorten ergeben, durch individuelle Nutzungskonzepte berücksichtigt werden können. Hier ist nicht vorrangig der Flächenbedarf , sondern die bedarfsgerechte Ausstattung der vorhandenen Räume und Flächen zu beachten. b. Falls nein, an welchen jeweils aus welchen Gründen nicht? Entfällt.