BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/4502 21. Wahlperiode 24.05.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Philipp Heißner (CDU) vom 17.05.16 und Antwort des Senats Betr.: Säuglingstod im Kinderschutzhaus In den vergangenen Tagen wurde über die Medien der schreckliche Tod eines Kleinkindes im Kinderschutzhaus des Landesbetriebs Erziehung an der Feuerbergstraße bekannt. Der drei Monate alte Säugling wurde am 15.05.2016 leblos in einem Bett der Betreuungseinrichtung aufgefunden. Da die Staatsanwaltschaft ein weitgehendes Auskunftsverbot für die Polizei erteilte, sind erst wenige Informationen zu den Umständen des Todes und den Hintergründen der Inobhutnahme des Säuglings bekannt. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Soweit die erfragten Informationen personenbezogene Daten aus dem Bereich der Jugendhilfe betreffen, handelt es sich um Sozialdaten (§ 67 Absatz 1 S. 1 SGB X), die der Senat gemäß § 67 d Absatz 1 SGB X nur bei Vorliegen einer gesetzlichen Übermittlungsbefugnis im SGB weitergeben darf. Das SGB enthält keine Übermittlungsbefugnis zugunsten der Beantwortung Parlamentarischer Anfragen. Soweit die Sozialdaten ausschließlich das verstorbene Kind betreffen, darf der Senat die Fragen jedoch gemäß § 35 Absatz 5 S. 2 SGB I beantworten. Hinsichtlich der übrigen erfragten Informationen, die personenbezogene Daten (auch) der Familienangehörigen aus dem Bereich der Jugendhilfe betreffen, ist der Senat aus Gründen des Sozialdatenschutzes nach § 35 SGB I, §§ 61 fortfolgende SGB VIII, §§ 67 fortfolgende SGB X an der Beantwortung der Fragen gehindert. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Welche Erkenntnisse liegen den zuständigen Stellen über die Umstände des Todes des Säuglings vor? Gibt es bereits nähere Informationen zu den genauen Abläufen um den Tod des Säuglings? Welches Geschlecht hatte das verstorbene Kleinkind? Der verstorbene männliche Säugling war im Kinderschutzhaus Nord in der Feuerbergstraße 43 untergebracht. Die zuständige Betreuerin hat angegeben, das Kind am 16. Mai 2016 gegen 14 Uhr zum Schlafen in eine Kinderwiege gelegt zu haben. Wenig später – die genaue Uhrzeit könne sie nicht angeben – habe sie erneut nach dem Kind geschaut und es von der Bauchlage, in die es sich gedreht habe, in die Rückenlage verbracht. Bei einer erneuten Kontrolle um 14.30 Uhr habe das Kind mit dem Gesicht seitlich dem Stillkissen zugewandt gelegen. Es habe leicht aus der Nase geblutet, die Augenpartie sei bläulich verfärbt gewesen. Sie habe dann Reanimationsmaßnahmen eingeleitet. Um 15.10 Uhr traf ein RTW mit Notarzt vor Ort ein. Zu diesem Zeitpunkt war keine Herztätigkeit mehr vorhanden. Gegen 15.37 Uhr stellte der Notarzt die Reanimationsmaßnahmen ein. Drucksache 21/4502 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Die am 18. Mai 2016 durchgeführte Sektion ergab als wahrscheinliche Todesursache einen plötzlichen Kindstod. Zur sicheren Feststellung der Todesursache sind von der Staatsanwaltschaft toxikologische und feingewebliche Untersuchungen in Auftrag gegeben worden. 2. Laut ersten Medienberichten soll der Säugling an einer Vorerkrankung gelitten haben. Welche näheren Aussagen zu der Vorerkrankung des Kindes können gemacht werden? Keine. 3. Wann lagen welchen Behörden, insbesondere der Polizei und der Staatsanwaltschaft, welche Informationen zu dem Fall vor? Gab es Gespräche, Bitten oder Anweisungen, nähere Informationen zu dem Vorfall der Öffentlichkeit zeitweise oder ganz vorzuenthalten? Aus welchen genauen Gründen wollte die Staatsanwaltschaft eine Informationssperre verhängen? Warum sind die Informationen dennoch an die Öffentlichkeit gelangt? Am 16. Mai 2016 ist die Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI) abends vorab telefonisch und am 17. Mai um 6.55 Uhr schriftlich von der Geschäftsführung des Landesbetriebes für Erziehung und Beratung (LEB) über das besondere Vorkommnis informiert worden. Die Polizei ist über die Einsatzleitstelle der Feuerwehr über den Vorfall in Kenntnis gesetzt worden. Die Polizeieinsatzzentrale hat am 16. Mai 2016 um 15.45 Uhr den Einsatz an eine Funkstreifenwagenbesatzung vergeben. Das für Todesermittlungen zuständige Landeskriminalamt 41 erhielt um 16.25 Uhr vom Sachverhalt Kenntnis und erschien mit einem Beamten am Einsatzort. Die Pressestelle der Staatsanwaltschaften erhielt am 16. Mai 2016 gegen 17.30 Uhr einen Anruf von der Pressestelle der Polizei Hamburg. In dem Telefonat wurde der Tod eines Kleinkindes in der Feuerbergstraße mitgeteilt. Über die Todesursache lagen zu diesem Zeitpunkt noch keine näheren Erkenntnisse vor. Die beiden Pressestellen vereinbarten daraufhin, dass – solange konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Straftat nicht festgestellt werden könnten – eine aktive Pressearbeit (insbesondere in Form einer schriftlichen Pressemitteilung) nicht erfolgen , sondern lediglich der polizeiliche Einsatz und der Tod des Kindes bestätigt werden sollten. Es wurde weiter vereinbart, dass zum Schutz der Persönlichkeitsrechte der Angehörigen vorerst keine Informationen an Medienvertreter erteilt werden, die eventuell eine Identifizierung des Kindes ermöglichen. Diese Vorgehensweise wurde der Pressestelle der Polizei vorgeschlagen und von der Pressestelle der Staatsanwaltschaften als sachgerecht erachtet und gebilligt. Entsprechend der zuvor genannten Abstimmung mit der Pressestelle der Polizei hat die Pressestelle der Staatsanwaltschaften im Anschluss auf entsprechende Nachfragen gegenüber Medienvertretern Auskunft erteilt. Der Senat nimmt zu Presseberichten grundsätzlich keine Stellung. 4. Wann wurde der Säugling wo geboren und wer hatte das Sorgerecht zu welcher Zeit für das Kind? Bitte nach Datum, Sorgerechtsinhaber und Aufenthaltsort des Säuglings aufschlüsseln. Der Säugling ist am 9. Februar 2016 in Hamburg geboren. Im Übrigen siehe Vorbemerkung . 5. Seit wann und wie lange waren jeweils welche staatlichen Stellen mit dem drei Monate alten Kind beschäftigt? a. Welche Abteilung/-en des zuständigen Jugendamts waren mit dem Fall im Einzelnen betraut? b. Wie viele Kontakte des zuständigen Jugendamtes gab es zu dem Kind und seinen Eltern seit der Geburt des Kindes und wann fanden diese in welcher Form statt? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/4502 3 c. Wann und wie lange wurde die Familie durch wen in welcher Leistungsart und in welchem Umfang betreut? d. Welche Entscheidungen zu diesen Hilfen im Hinblick auf Ausweitung oder Kürzung gab es jeweils wann und durch welche Stellen? e. Welche Hintergründe sind zu der Inobhutnahme gemäß § 42 SGB VIII des Kindes bekannt? Welche zuständige Stelle veranlasste die Inobhutnahme? f. Welche Mitarbeiter welcher Stellen haben das drei Monate alte Kleinkind wann zuletzt aus welchem Anlass gesehen? 6. Hatte der Säugling Geschwister? Wenn ja, in welcher Obhut befinden sich die Geschwister derzeit? 7. Kam es seit der Geburt des Kindes zu Polizeieinsätzen in der Wohnung der Familie oder wegen der Familie des Kindes? Waren der Vater und/ oder die Mutter des Kindes polizeibekannt? Wenn ja, aus welchen Gründen? Siehe Vorbemerkung.