BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/4506 21. Wahlperiode 24.05.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Kurt Duwe und Michael Kruse (FDP) vom 18.05.16 und Antwort des Senats Betr.: Kundenzentren in Hamburg, oder: vom großen Glück, einen zeitnahen Termin zu erhalten Die Kundenzentren prägen maßgeblich das Bild, das Kunden von der öffentlichen Verwaltung haben. Leider wird dieses Bild zunehmend düsterer. Mittlerweile müssen Bürger 60 Tage auf einen Termin warten, während die Zielsetzung ursprünglich bei Einführung der Terminpflicht zehn Tage betrug. Die Wartezeit von Spontankunden beträgt in vielen Fällen sogar über zwei Stunden . Bei unserer Schriftlichen Kleinen Anfrage (Drs. 21/1179) im Sommer 2015 waren bereits 20,54 Stellen in Kundenzentren vakant. Nach Angaben des Senats (Drs. 21/3970) beläuft sich das verfügbare Personal (Sachbearbeitung in VZÄ) zum 31.03.2016 auf 170,8, wobei 43,0 Vakanzen zu verzeichnen sind. Dieser Zustand ist weder Kunden- noch Dienstleistungsorientiert . Mit Bewerbungsschluss 13.05.2016 hat das Dezernat Bürgerservice 40 Stellen in der Tätigkeit Sachbearbeitung Kundenzentrum ausgeschrieben (Stellennummer: 120669). Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Warum sind Terminbuchungen nur für die nächsten 60 Tage in Voraus möglich, obwohl in Realität nur maximal zwei Termine am Ende der 60 Tage angeboten werden? 2. Welche sachlichen Gründe gibt es für die Einschränkung der Terminauswahl auf nur 60 Tage? Eine Ausweitung des Terminbuchungszeitraums auf mehr als 60 Tage würde die Ursache der langen Vorlaufzeiten nicht beheben, aber die Termin- und Personaleinsatzplanung zusätzlich erschweren. a. Kann diese Zeitvorgabe beispielsweise auf 120 Tage ausgeweitet werden, um den Bürgern und der Verwaltung mehr Flexibilität zu gewähren? Siehe Antwort zu 1. und 2. b. Wenn nein, mit welchen neuen personalpolitischen Ansätzen und Maßnahmen, will der Senat die Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit erreichen? Siehe Drs. 21/3824 und 21/4213. c. Ist diese 60-Tages-Regelung noch auf Zeiten zurückzuführen, in denen ein Termin durchschnittlich in zehn Tagen vergeben werden sollte? Nein. Drucksache 21/4506 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 d. Ist der Senat der Auffassung, dass diese Regelung noch kundenund dienstleistungsorientiert ist? Siehe Antwort zu 1. und 2. 3. Wie beurteilt der Senat den § 17 Absätze 1 und 2 des Bundesmeldegesetzes (BMG) i.d.F. vom 01.11.2015, nach dem derjenige, der eine Wohnung bezieht, sich innerhalb von zwei Wochen nach dem Einzug bei der Meldebehörde an-, um- beziehungsweise abzumelden hat? Gegenüber der bis zum 1. November 2015 geltenden Regelung als bürgerfreundlicher , weil die Frist um eine Woche verlängert wurde. a. Sollen die Bürger mit diesen Anliegen allesamt als sogenannte Spontankunden erscheinen, um ihrer gesetzlichen Verpflichtung nachzukommen? Nein. Die Dienstleistung kann aber in dringenden Fällen auch ohne Termin wahrgenommen werden. b. Gemäß § 54 Absatz 2 und 3 BMG kann unter anderem derjenige mit einer Geldbuße bis zu tausend Euro belegt werden, der vorsätzlich oder fahrlässig seiner Meldepflicht nicht rechtzeitig nachgekommen ist. Erfolgt die Ahndung in den Hamburger Kundenzentren einheitlich ? Ein gebuchter Termin wird derzeit einheitlich als fristwahrend eingestuft. Grundsätzlich werden Ordnungswidrigkeiten unter Berücksichtigung der besonderen Bedingungen des Einzelfalls behandelt. c. Wie viele Ordnungsverstöße gemäß § 54 Absatz 2 Nummern 1 und 2 BMG konnten seit dem 01.11.2015 in den Hamburger Kundenzentren festgestellt werden (bitte aufschlüsseln nach Kundenzentren)? Dienststelle Anzahl Hamburg-Mitte 65 St. Pauli 9 Billstedt 17 Finkenwerder 6 Wilhelmsburg 5 Hamburg-Welcome-Center 8 Altona 22 Blankenese 12 Eimsbüttel 15 Lokstedt 0 Hamburg-Nord 9 Fuhlsbüttel 1 Barmbek-Uhlenhorst 18 Wandsbek 161 Bramfeld 7 Alstertal 8 Walddörfer 5 Rahlstedt 40 Bergedorf 20 Harburg 14 Süderelbe 8 d. Wie hoch ist das Ordnungsgeld für den Bürger tatsächlich, wenn er zunächst einen Termin auf hamburg.de vereinbart und dann circa drei Monate nach seinem Wohnungswechsel der gesetzlichen Verpflichtung nachkommt? Gibt es dazu eine sogenannte einheitliche Verwaltungspraxis oder verwaltungsinterne Vorschriften? Ist diese vereinbar mit dem BMG? Siehe Antwort zu 3. b. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/4506 3 e. Ab welchem Zeitpunkt sind die Sachbearbeiter in den Kundenzentren angewiesen, ein Ordnungsgeld für die verspätete An-, Ab- und Ummeldung zu erheben? Grundsätzlich, wenn die Frist um mehr als drei Monate überschritten wurde. Im Übrigen siehe Antwort zu 3. b. f. Die rechtzeitige Angabe des Wohnungswechsels ist auch für andere Verwaltungszweige von Bedeutung. Ist dem Senat bekannt, ob den Bürgern bei anderen Hamburger Behörden (beispielsweise Verkehrsamt ) Sanktionen beziehungsweise Verwarn- und Ordnungsgelder drohen, weil sie ihren Wohnwechsel erst 60 Tage später nachkommen konnten? Nein, Verwarn- und Ordnungsgelder im Sinne der Fragestellung werden nicht verhängt . g. Erwägt der Senat, das Terminmanagement in den Hamburger Kundenzentren zu verändern? Wie? Grundsätzlich nicht. Im Übrigen siehe Drs. 21/3824. 4. Sind dem Senat die Umstände bekannt, die dazu führen, dass die von den Bezirken bewirtschafteten Personalkostenbudgets bei der Besetzung von Sachbearbeiter Tätigkeiten in Kundenzentren so unterschiedlich gehandhabt werden? Eine unterschiedliche Handhabung besteht in dieser Hinsicht nach Kenntnis der zuständigen Behörde nicht. Die Stellenvakanzen erklären sich im Wesentlichen durch Personalfluktuation. a. Warum sind im Bezirksamt Hamburg-Eimsbüttel nur 7,9 Sachbearbeiter Stellen (VZÄ) besetzt während 9,8 Stellen vakant sind (Stand 31.03.16; Drs. 21/3970)? Seit welchem Zeitpunkt ist dieser dramatische Zustand dem Senat bekannt? Gibt es hier aus Sicht des Senats ein Steuerungsproblem? Zum 31. März 2016 sind zusätzlich zwei noch im März 2016 erfolgte Zugänge zu berücksichtigen, sodass 9,9 Stellen besetzt und 7,8 Stellen vakant waren. Bis Anfang Mai hat sich die Zahl der besetzten Stellen auf 11,71 erhöht. Der zuständigen Behörde war die Stellensituation zum jeweiligen Zeitpunkt bekannt. Sie geht nicht von einem Steuerungsproblem aus. b. Durch welche Maßnahme beziehungsweise Personalsteuerung ist es dem Bezirksamt Harburg gelungen, 0,0 vakante Stellen zu verzeichnen ? Es wurden keine besonderen Maßnahmen ergriffen. Im Übrigen siehe Antwort zu 4. 5. Ist die vom Rechnungshof 2016 kritisierte Neuberechnung der Betriebsdatenstatistik hinsichtlich der Aktualisierung der mittleren Bearbeitungszeiten bereits erfolgt? Wenn nein, wann soll die Aktualisierung erfolgen? Nein. Die Aktualisierung soll sobald wie möglich erfolgen. Konkrete Terminvorgaben hierzu bestehen nicht. 6. Wie oft fiel das IT-Verfahren Einwohnerwesen seit dem 01.07.2015 für jeweils wie lange aus? Was war die jeweilige Ursache dafür? Datum Zeitraum Ursache von Bis 27. bis 29.07.2015 06:45 19:00 Verfahrensausfälle und niedrige Per-formance 06.08.2015 10:38 12:57 Serverstörung 12.08.2015 06:40 08:13 Terminalserverstörung 21.08.2015 06:32 07:46 Terminalserverstörung Drucksache 21/4506 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Datum Zeitraum Ursache von Bis 26.08.2015 06:38 08:01 Ausfall JBoss-Cluster 09.12.2015 07:41 08:51 Ausfall JBoss-Cluster 04.01.2016 07:02 07:44 Zugriff auf OK.Ewo gesperrt 11.01.2016 08:58 10:29 Verbindungsverlust zur Datenbank des Passarchives 21.01.2016 14:28 15:20 Ausfall JBoss-Cluster 17.02.2016 07:30 10:00 Ausfall JBoss-Cluster 04.04.2016 07:20 09:26 Fehler im Datenbank-Server 20.04.2016 05:00 10:40 Authentifizierungsfehler 21.04.2016 04:00 11:00 Folge eines Ausfalls der Windows-Server 18.05.2016 12:40 14:00 Routingfehler (nur Kundenzentrum Harburg) 7. Wie oft fiel das Terminportal auf hamurg.de für das Einwohnerwesen seit dem 01.01.2015 für jeweils wie lange aus? a. Was war die jeweilige Ursache dafür? Am 19. Februar 2016 für 30 Minuten und am 27. April 2016 für 8,5 Stunden jeweils aufgrund von Hardwarefehlern im Rechenzentrum des Herstellers. b. Von wem wird die Internetseite redaktionell betrieben? Von der hamburg.de GmbH & Co. KG. c. Welche Kosten entstehen Hamburg für den Betrieb der Terminvergabeplattform im Internet? Jährlich rund 81.000 Euro. d. Betreibt der Springer-Verlag die Terminvergabeplattform redaktionell ? Nein. 8. Welche Gründe haben dazu geführt, dass plötzlich 40 vakante Stellen auf einmal ausgeschrieben werden? Warum wurden diese Stellen nicht schon früher ausgeschrieben? Die Stellen wurden aufgrund von Personalfluktuation schrittweise vakant und unverzüglich , zunächst intern, danach extern ausgeschrieben. 9. Welche Resonanz gab es auf die Stellenausschreibung? 10. Wie viele Bewerbungen sind insgesamt eingegangen? Wie viele davon sind von Beamten, internen Angestellten und externen Bewerbern? Wie viele Bewerber erfüllen offensichtlich nicht die formalen Voraussetzungen ? Es sind 768 Bewerbungen eingegangen. 50 betreffen Personen, die bereits bei der Freien und Hansestadt Hamburg beschäftigt sind, davon fünf als Beamte. 126 Bewerbungen erfüllen die formalen Voraussetzungen nicht, 117 konnten bisher zum Beispiel wegen fehlender Unterlagen noch nicht abschließend bewertet werden. 11. Wer nimmt die Bewerbungsgespräche vor, die Bezirke selbst oder das Personalamt? Die Bezirksämter. 12. Gibt es einen Verteilungsschlüssel für die Besetzung in den Bezirken? a. Nach welchen anderen Kriterien wird entschieden, in welchem Bezirk die Stellen besetzt werden (beispielsweise Wunsch des Bewerbers)? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/4506 5 Die Verteilung erfolgt nach den Wünschen der Bewerberinnen und Bewerber sowie den Anforderungen der Kundenzentren. b. Wo ist der Besetzungsbedarf aus Sicht des Senates besonders hoch? Der höchste Bedarf besteht in den Bezirksämtern Hamburg-Mitte, Altona, Eimsbüttel und Hamburg-Nord. c. Wann rechnet der Senat mit einem Abschluss des Entscheidungsprozesses über die persönliche und fachliche Eignung der Bewerber ? Nach Auskunft der Bezirksämter sollen die Entscheidungen bis Mitte Juni abgeschlossen sein. d. Zu welchem Zeitpunkt werden die ausgeschriebenen Stellen vermutlich besetzt werden? Die Stellen sollen sobald wie möglich besetzt werden. Darüber hinaus sind die konkreten Planungen noch nicht abgeschlossen. 13. In welchen Bereichen erwartet der Senat durch die Stellenbesetzung mit 40 Sachbearbeitern/-innen eine Verbesserung der aktuellen Lage? a. Soll die Besetzung der 40 vakanten Stellen zu einer Entlastung im Terminkundenbereich führen? Ja. b. Geht der Senat davon aus, dass nach einer Einarbeitungszeit von etwa sechs – acht Wochen die Wartezeit auf einen Termin in den Kundenzentren zurückgeht? Was ist das diesbezügliche Ziel des Senates? Ja. Das Ziel der Bezirksamtsleitungen besteht in möglichst kurzen Vorlaufzeiten. c. Geht der Senat davon aus, dass sich die Wartezeit für Spontankunden durch die Besetzung reduziert? Ja. 14. Hat der Senat in Zusammenarbeit mit den Bezirksämtern mittlerweile ein Konzept entwickelt, um der Personalnot, der Kundenunzufriedenheit und der generell negativen Entwicklung in den Kundenzentren entgegenzuwirken ? Siehe Drs. 21/3824 und 21/4213. 15. Wie wurde der Bürgerschaftsbeschluss zu dem Antrag der FDP-Fraktion Drs. 20/11766, „sicherzustellen, dass das spontane Aufsuchen eines Kundenzentrums als Option neben der Terminvereinbarung weiterhin möglich ist“, konkret umgesetzt? Durch eine entsprechende Regelung in den Kundenzentren.