BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/4527 21. Wahlperiode 27.05.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Michael Kruse (FDP) vom 20.05.16 und Antwort des Senats Betr.: Verpachtung der Hafenflächen – Wie sieht die Situation für die Unternehmen wirklich aus? Die Knappheit der Gewerbeflächen im Hamburger Hafen ist offenkundig (vergleiche Drs. 21/136). Die aktuelle Situation der Verknappung der Flächen im Hamburger Hafen kann drastische Auswirkungen auf die Wettbewerbsund Zukunftsfähigkeit des Hamburger Hafens haben. Preise für Miete und Pacht der Flächen sind wichtige Faktoren, die ihrerseits Auswirkungen auf die Unternehmen im Hamburger Hafen haben. Mögliche Erhöhungen ebendieser treiben die Kosten für die Unternehmen in die Höhe, die bereits aufgrund der aktuellen weltwirtschaftlichen Lage und fehlender infrastruktureller Maßnahmen eine schwere Last tragen. Erschreckenderweise berichtet die Presse nun von einer Neubewertung der Grundsteuerbemessungsgrundlage. Vorher abzugsfähige Rückstellungen werden nun nicht mehr angerechnet. Das erhöht bei vielen Unternehmen im Hamburger Hafen die Grundsteuerschuld erheblich. Angesichts der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und der andauernden infrastrukturellen Probleme kommen diese Steuererhöhungen für den Hamburger Hafen zur Unzeit. Sie lassen an einer ernsthaften Förderung der Hafenwirtschaft durch den Senat zweifeln. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Bearbeitung sämtlicher Einzelfälle obliegt ausschließlich dem zuständigen Finanzamt. Der Senat sieht daher in ständiger Praxis grundsätzlich davon ab, zur Anwendung des Steuerrechts in konkreten Einzelfällen bewertend Stellung zu nehmen . Im Übrigen setzt sich der Senat stets für einen vollständigen, gesetzeskonformen Steuervollzug ein. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der Hamburg Port Authority AöR (HPA) und der Hamburger Hafen und Logistik Aktiengesellschaft (HHLA) wie folgt: 1. In welcher Größenordnung befinden sich Liegenschaften der Freien und Hansestadt Hamburg im Hamburger Hafen jeweils im Eigentum von oder in Verwaltung durch oder in Pacht der Hamburg Port Authority (HPA)? Bitte insgesamt in Quadratmeter und Hektar darstellen sowie zusammenhängende Flächen benennen und mit Größe und aktueller Belegung aufzeigen. Die Landflächen im Hafennutzungsgebiet des Hamburger Hafens umfassen circa 3.367 Hektar. Abzüglich der Privatflächen sowie der Flächen für Infrastruktur, Hochwasserschutz , Grünflächen und Flächen für eigene Anlagen der HPA verbleiben circa 1.874 Hektar an vermietbaren Flächen. Die Planübersichten zeigen die Eigentums- Drucksache 21/4527 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 grundstücke der HPA (siehe Anlage 1) sowie die Nutzungen im Hamburger Hafen (siehe Anlage 2) auf, die sich wie folgt zusammensetzen: Umschlag circa 677 Hektar Lagerei und Distribution circa 408 Hektar Industrie und Gewerbe circa 637 Hektar Ver- und Entsorgung circa 30 Hektar offene Flächen circa 122 Hektar 2. Wie gestalten sich die Verträge derer, die jetzt mit einer Erhöhung ihrer Grundsteuer zu rechnen haben (beispielsweise Pachtverträge, Erbbaurecht , Mietverträge et cetera)? Falls mehrere Vertragsarten betroffen sind, bitte die jeweilige Anzahl der Verträge benennen. Es handelt sich um Mietverträge im gesamten Hafengebiet. Zu Einzelfällen kann aufgrund des Steuergeheimnisses gemäß § 30 Abgabenordnung (AO) keine Auskunft gegeben werden. 3. Wie hoch ist der mit dem Unternehmensverband Hafen Hamburg e.V. verhandelte maximale Mietpreis/Pachtzins pro Quadratmeter pro Jahr? Bitte für die Jahre 2011 – 2016 benennen. Die letzte Mietentabelle galt im Zeitraum der Jahre 2011 bis 2015: 2011: 4,60 Euro/m² 2012: 4,69 Euro/m² 2013: 4,85 Euro/m² 2014: 5,03 Euro/m² 2015: 5,23 Euro/m² Für das Jahr 2016 und Folgejahre liegen keine mit dem Unternehmensverband Hafen Hamburg e.V. (UVHH) verhandelten Mieten vor. 4. Welches Mietniveau/Verpachtungsniveau wurde 2011 – 2016 jeweils durch Neuabschlüsse der HPA erreicht? Die Abschlüsse innerhalb des erfragten Zeitraums für unbebaute Hafengrundstücke liegen in der Regel zwischen 6 und 8 Euro/m² und Jahr. 5. Wie viele der Flächen von der HPA sind an die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) vermietet/verpachtet? Bitte die einzelnen Flächen aufführen und nach Größe und Nutzung darstellen. a. Zu welchem Preis (per Quadratmeter) sind diese Flächen an die HHLA vermietet beziehungsweise verpachtet? Größe (m²) Nutzung 1.069.339 Container Terminal Altenwerder 1.167.046 Container Terminal Burchardkai 27.039 Container Terminal Burchardkai - Containerreparatur 335.915 Container Terminal Burchardkai - Kombinierter Ladungsverkehr (KLV) 604.966 Container Terminal Tollerort 678.778 Massengutumschlag (Hansaport) 183.795 Logistik (Terminal Dradenau) 82.166 Logistik (GHL-Altenwerder) 74.636 Logistik (GHL-Vollhöfner Weiden) 38.123 Logistik (Schuppen 59) 204.815 Logistik (Überseezentrum) 676.129 Mehrzweckumschlagsanlage O'Swaldkai (einschließlich Kühl und Frucht) Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/4527 3 Insgesamt hat die HPA circa 514 ha an die HHLA oder dem Konzern zugehörigen Firmen vermietet. Mietpreise sind Betriebsinterna der Vertragsparteien und werden auch aus Konkurrenzschutzgründen nicht veröffentlicht. 6. Werden von der HPA durch die HHLA gemietete/gepachtete Flächen an Dritte untervermietet? a. Wenn ja, werden dadurch Gewinne erwirtschaftet? i. Wenn ja, wird der Eigentümer an diesen Gewinnen in welcher Form beteiligt? ii. Wenn nein, warum nicht? Die HPA vermietet Hafengrundstücke in aller Regel in unbebautem beziehungsweise unbefestigtem Zustand, so auch an die HHLA. Alle baulichen Anlagen auf den Grundstücken sind Investitionen der HHLA. Bei der Vermietung von HHLA-eigenen Anlagen handelt es sich um keine Untervermietung. Der auf die HPA entfallende Mietenanteil für das Grundstück ist in diesen Fällen nur ein Teilaspekt der Miete. Im Übrigen handelt es sich bei diesem Vermietungsgeschäft um Unternehmensinterna der HHLA. Die HHLA macht unter Berufung auf aktienrechtliche Gründe hierzu keine Angaben. 7. Aus Drs. 21/136 geht hervor, dass kurzfristig nur noch zwölf Flächen mit zusammen 20 Hektar an Gewerbeflächen im Hamburger Hafen zur Verfügung stehen. Werden demnach die Preise für Miete/Pacht für Flächen im Hamburger Hafen steigen? Wenn ja, wann, in welcher Höhe und zu welchen Lasten? 8. Wie beurteilt der Senat eine mögliche Veränderung des Mietpreises/ Pachtzinses durch die Verknappung der Flächen im Hafen? Sieht der Senat darin eine Gefahr, dass Unternehmen abwandern könnten? a. Wenn ja, warum? b. Wenn nein, bitte genau begründen. 9. Mit welchem Mietpreis/Pachtzins pro Quadratmeter können Unternehmen rechnen, die sich neu ansiedeln möchten? Die Mieten für Hafengrundstücke sind abhängig vom angesetzten Bodenwert, von der Lage, Größe und anderen Beschaffenheiten des jeweiligen Grundstücks sowie der geplanten Nutzung. Die Situation der Flächenknappheit besteht seit vielen Jahren und stellt kein Kriterium zur Anhebung der Mieten bei Neuabschlüssen dar. Bestandsmieterinnen und Bestandsmieter haben langfristige Verträge mit einvernehmlichen Regularien für die Mietpreisgestaltung abgeschlossen. Auch bei Neuabschlüssen wird die HPA die marktüblichen Gegebenheiten in der Mietpreisgestaltung berücksichtigen müssen. Eine pauschale Angabe zu künftigen Mietpreisen kann nicht getroffen werden . 10. Welche Grundsteuer wurde 2011 – 2016 jeweils erhoben? Die Grundsteuer wurde auf der Grundlage des festgestellten Einheitswertes unter Anwendung des für Hamburg gültigen Hebesatzes erhoben. Belastbare Zahlen, die sich nach der Neuberechnung ergeben, liegen hierzu nicht vor und können auch nicht ermittelt werden, da die Bearbeitung der betroffenen Steuerfälle noch nicht abgeschlossen ist. Die vor den Neuberechnungen erhobene Grundsteuer wurde von dem zuständigen Finanzamt nicht gesondert statistisch erfasst. Hierfür wäre eine Einzelfallauszählung von circa 200 Akten notwendig, was in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich ist. 11. Welche Bemessungsgrundlage für die Unternehmen im Hamburger Hafen liegt der Berechnung der Grundsteuerschuld in den Jahren 2011 – 2016 jeweils zugrunde? Der Einheitswert bildet die Bemessungsgrundlage des jeweiligen Grundstücks. Er wurde anhand des Bewertungsgesetzes und der einschlägigen Verwaltungsvorschrif- Drucksache 21/4527 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 ten, das heißt unter Abzug aller berücksichtigungsfähigen wertmindernden Umstände, festgestellt. 12. Was sind die Gründe für die eine Veränderung der bisher gängigen Praxis ? Bitte im Detail benennen. Anlass für die Prüfung in den Einzelfällen war der Hinweis eines Steuerpflichtigen, der in einem anderen steuerlichen Zusammenhang ausführlich dargelegt hatte, dass für seine Immobilie trotz einer entsprechenden vertraglichen Regelung keine tatsächliche Abbruchverpflichtung bestehe. Das zuständige Finanzamt hat daraufhin die entsprechenden Vertragsunterlagen geprüft und musste nach der geltenden Rechtslage und der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs die Grundsteuer ohne Abschlag für eine Abbruchverpflichtung festsetzen. Im Sinne einer gesetzeskonformen und gleichmäßigen Besteuerung mussten daraufhin auch die Verträge anderer Steuerpflichtiger im Hafengebiet überprüft und die jeweiligen steuerrechtlichen Folgen umgesetzt werden. 13. Seit wann ist der Finanzbehörde bekannt, dass die Bemessungsgrundlage für die Grundsteuerberechnung angepasst wird? Die Ermittlungen des Finanzamtes begannen ab Oktober des Jahres 2015. 14. Wurden die Hafenfirmen über die bevorstehende Änderung ihrer Grundsteuerbelastung informiert? a. Wenn ja, wann wurden die Unternehmen informiert? b. Wenn ja, wurden alle Unternehmen einheitlich informiert? c. Wenn nein, warum nicht? Die meisten Unternehmen wurden Anfang Februar 2016 durch ein individuelles Anschreiben informiert. Bei eindeutigen Fallkonstellationen war eine Vorabinformation nicht erforderlich. Die Steuerbescheide enthielten dafür ausführliche Erläuterungen. 15. Welchen Ermessensspielraum kann die Finanzbehörde ausnutzen, um die Unternehmen im Hafen unter den gegebenen Rahmenbedingungen nicht weiter zu belasten? Die Bearbeitung steuerlicher Einzelfälle obliegt ausschließlich dem zuständigen Finanzamt. Zur Vermeidung unbilliger Härten sind unter bestimmten Voraussetzungen Stundungen möglich. Sie können auf Antrag der Steuerpflichtigen in besonders begründeten Fällen durch das zuständige Finanzamt gewährt werden. 16. Wie werden in diesem Zusammenhang Rückstellungen bezüglich Abbruchpflichten bei gepachteten Grundstücken vom Bundesfinanzhof und von der Finanzverwaltung bewertet? Bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden wird ein Abschlag für Abbruchverpflichtungen vorgenommen, wenn eine eindeutige und unabdingbare vertragliche Verpflichtung besteht, das Gebäude zu einem bestimmten Zeitpunkt (zum Beispiel nach Ablauf des Pachtvertrags) abzubrechen. Dabei muss zweifelsfrei feststehen, dass das Gebäude tatsächlich abgebrochen wird. Eine bloße Vermutung reicht nicht aus. Es muss ein für den Gebäudeeigentümer zwingender, nicht beinflussbarer Anlass für den Gebäudeabbruch vorliegen. Wenn vorauszusehen ist, dass das Gebäude trotz der Verpflichtung nicht abgebrochen werden wird, unterbleibt ein Abschlag. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/4527 5 Anlage 1 Drucksache 21/4527 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 6 Anlage 2