BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/4529 21. Wahlperiode 27.05.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Ralf Niedmers (CDU) vom 20.05.16 und Antwort des Senats Betr.: Wie verhält sich der Senat zu exorbitanter Steuererhöhung gegenüber den Hafenunternehmen? Laut Medienberichten droht einem Großteil der im Hafen ansässigen Betriebe eine exorbitante Steuererhöhung von bis zu 100 Prozent. Hintergrund sei eine neue Berechnungsgrundlage des Finanzamtes, aus der sich eine dramatische Erhöhung der Grundsteuer speziell bei den Hafenunternehmen ergibt. Die zuständige Finanzbehörde begründet die erhöhte Steuerlast mit einem Urteil des Bundesfinanzhofes aus dem Jahr 1992. Dass den Hafenunternehmen Hamburgs ausgerechnet in Zeiten sinkender Containerumschläge und einer zum Teil existenzbedrohenden Hafenkrise eine zusätzliche Steuerlast in Millionenhöhe auferlegt werden soll, sorgt allseits für Unverständnis. Diese Entscheidung mit einem Urteil zu rechtfertigen, dass 24 Jahre zurück liegt, empfinden nicht nur die Hafenunternehmen als fadenscheinig und in hohem Maße unglaubwürdig. Anstatt die Hafenbetriebe in dieser schwierigen Zeit zu entlasten, reiht sich eine wirtschaftsfeindliche Hiobsbotschaft an die nächste. Es stellt sich die Frage, wie Finanzsenator Tschentscher und dessen Finanzbehörde sich nun dieser Problematik annehmen wollen und die Hafenunternehmen vor dieser überzogenen Steuererhöhung schützen, um eine für alle verträgliche Lösung mit Augenmaß zu finden. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Bearbeitung sämtlicher Einzelfälle obliegt ausschließlich dem zuständigen Finanzamt. Der Senat sieht daher in ständiger Praxis grundsätzlich davon ab, zur Anwendung des Steuerrechts in konkreten Einzelfällen bewertend Stellung zu nehmen . Im Übrigen setzt sich der Senat stets für einen vollständigen, gesetzeskonformen Steuervollzug ein. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie positioniert sich der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde in Bezug auf die Steuererhöhung gegenüber den im Hafen ansässigen Unternehmen? Es handelt sich nicht um eine Steuererhöhung, sondern um die Auswirkungen der Anwendung des geltenden Steuerrechts auf die konkreten Bedingungen einzelner Steuerfälle. 2. Sieht der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde die Steuererhöhung beziehungsweise „Anpassung“ der Berechnungsgrundlage der Grundsteuer zuungunsten der meisten Hafenunternehmen in der gegenwärtig schwierigen Situation des Hamburger Hafens als gerechtfertigt an? Wenn ja, inwiefern, wenn nein, warum nicht? Drucksache 21/4529 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Siehe Vorbemerkung. 3. Inwiefern ist es aus Sicht des Senats beziehungsweise der zuständigen Behörde zu rechtfertigen, dass die zuständige Finanzbehörde die erhöhte Steuerlast mit einem Urteil des Bundesfinanzhofes aus dem Jahr 1992 begründet? Das genannte Urteil des Bundesfinanzhofes war nicht Anlass der Überprüfung, sondern wurde zitiert, um die steuerrechtliche Beurteilung des Finanzamtes zu bestätigen . 4. Aus welchem Grund erfolgte in den letzten 24 Jahren keine „Anpassung“ der Berechnungsgrundlage der Grundsteuer und wird nun stattdessen zur Mitte eines Steuerjahres rückwirkend erhoben? Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer sind Einheitswerte, die jeweils auf den 1. Januar eines Kalenderjahres festgestellt werden. Grundsätzlich sind Einheitswerte nicht zwingend in einem bestimmten Zeitabstand zu überprüfen beziehungsweise neu festzusetzen. Eine Fortschreibung ist aber vorzunehmen, wenn Fehler der letzten Feststellung korrigiert werden müssen. Bei einer Erhöhung des Einheitswerts ist grundsätzlich Stichtag der 1. Januar des Kalenderjahres, in dem der Feststellungsbescheid erteilt wird. Es handelt sich daher in diesem Sinne nicht um eine rückwirkende Änderung. Im Übrigen siehe Drs. 21/4527. 5. Mit welchen Mehreinnahmen rechnet der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde durch diese „Anpassung“ der Berechnungsgrundlage der Grundsteuer? Belastbare Zahlen hierzu liegen derzeit nicht vor, da die Bearbeitung der betroffenen Steuerfälle noch nicht abgeschlossen ist. 6. Wie viele Unternehmen haben inzwischen Widerspruch gegen den Bescheid des Finanzamts eingelegt? In wie vielen Fällen wurde dem Widerspruch entsprochen, in wie vielen Fällen wurde dieser mit welcher Begründung abgelehnt? Es sind zurzeit 13 Rechtsbehelfsverfahren anhängig, von denen bisher keines rechtskräftig abgeschlossen wurde. In einem Fall ist beim Finanzgericht eine Klage anhängig . Zur Begründung können aufgrund des Steuergeheimnisses keine Angaben gemacht werden. 7. Wird sich die Finanzbehörde dieser für manche Hafenunternehmen existenzbedrohlichen Thematik annehmen? Wenn ja, in welcher Form? Wenn nein, warum nicht? Die Bearbeitung steuerlicher Einzelfälle obliegt ausschließlich dem zuständigen Finanzamt. Zur Vermeidung unbilliger Härten sind unter bestimmten Voraussetzungen Stundungen möglich. Sie können auf Antrag der Steuerpflichtigen in begründeten Fällen durch das zuständige Finanzamt gewährt werden. Im Übrigen siehe Antwort zu 2. 8. Wann wurden die Unternehmen über die Anpassung der Berechnungsgrundlage der Grundsteuer informiert? Wann wurde den Unternehmen durch das Finanzamt die rückwirkende Nachberechnung zugestellt? Die Steuerbescheide wurden ab Anfang März 2016 zugestellt. In einem Fall wurde der Bescheid bereits Mitte 2014 erteilt. Im Übrigen siehe Drs. 21/4527. 9. Welche vergleichbaren Regelungen der Steuerberechnung gibt es in anderen deutschen Überseehäfen? Die Grundsteuerberechnung erfolgt bundesweit für alle Steuerpflichtigen auf gleiche Weise. Es bestehen keine besonderen Regelungen oder Vorschriften für Mieter oder Pächter von Hafengrundstücken.