BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/4539 21. Wahlperiode 31.05.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dennis Gladiator (CDU) vom 23.05.16 und Antwort des Senats Betr.: Schutz von Feuerwehrleuten vor erhöhtem Krebsrisiko Einsatzkräfte der Feuerwehr sind häufig mit Schadstoffen, insbesondere im Brandrauch konfrontiert. Ruß, Asbest, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe und andere Gifte können das Erbgut verändern und Krebs auslösen . Durch die Vielzahl an enthaltenen Stoffen im Brandrauch ist eine Zuordnung als Ursache für einzelne Krebsarten schwierig bis nahezu unmöglich . Begünstigt wird das erhöhte Krebsrisiko durch eine fehlende schwarzweiß -Trennung bereits an der Einsatzstelle, eine Kontaminationsverschleppung und den kargen und zudem überalterten Wäsche-Pool an den Wachen, wodurch sich die Tragezeiten der persönlichen Schutzausrüstung (PSA) bei den Einsatzkräften noch verlängert. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Einsatz der Angehörigen der Feuerwehr bei Bränden und technischen Hilfeleistungen erfordert eine gute und zeitgemäße Schutzausrüstung. Die zuständige Behörde verfolgt daher die Ausstattung mit und den Erhalt der Funktionsfähigkeit der Schutzausrüstung mit besonderer Priorität, wie zuletzt die Ausstattung mit Kohlenmonoxid (CO)-Warngeräten, die Umstellung des Schutzmaskenkonzeptes und die Ausstattung mit moderner Feuerwehrbekleidung. Entsprechend erfolgt für die Ausstattung der Angehörigen der Feuerwehr mit sogenannten V-Force-Schutzanzügen, die für den gesamten Feuerwehrbereich kontinuierlich betrieben wird. Hierbei handelt es sich nach feuerwehrfachlicher Beurteilung um Anzüge mit einer dem Stand der Technik entsprechenden Schutzwirkung für die Feuerwehrangehörigen. Eine helle oder dunkle Farbgebung ist dabei nach feuerwehrfachlicher Beurteilung für die Erkennbarkeit von Beaufschlagungen nach Bränden weder vor- noch nachteilig, weil nach entsprechenden Einsätzen grundsätzlich eine Reinigung der Anzüge erfolgen soll. Nach einer fachgemäßen Reinigung erfolgt vor jedem Wiedereinsatz der Anzüge einerseits eine Sichtkontrolle durch das Reinigungsunternehmen auf Beschädigungen und darüber hinaus eine Kontrolle durch den Nutzer auf die Einsatzfähigkeit des Schutzanzuges. Die Reinigung durch ein zertifiziertes Unternehmen gewährleistet die Entfernung entsprechender Beaufschlagungen. Eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit eines Anzuges entsteht in erster Linie durch Beschädigungen an Stoff, Verschlüssen oder Funktionsteilen, die durch Sicht- und Funktionskontrolle erkennbar sind. Bei solchen Beschädigungen erfolgt, soweit möglich, eine Reparatur. Soweit dies nicht mehr sinnvoll oder möglich ist, wird der Anzug ausgesondert. Eine Funktionsuntauglichkeit durch Stoffalterung/Stoffverschleiß, die durch äußere Sicht-/Funktionskontrolle nicht bemerkt werden kann, wurde bisher nicht festgestellt und vom Hersteller auch nicht durch ein Aussonderungsdatum vorgegeben. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: Drucksache 21/4539 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 1. Wie alt ist die im Vorrat befindliche Reservekleidung? Bitte aufgliedern in durchschnittlich und konkret in den einzelnen Wachen. Die Feuer- und Rettungswachen bewirtschaften jeweils einen Bestand an Reserveschutzanzügen . Diese Schutzanzüge wurden in den Jahren 1997 – 2007 beschafft. Angaben über das konkrete Alter der einzelnen Anzüge in den jeweiligen Pools liegen nicht vor, da diese Anzüge keine Kennzeichnung haben, die eine exakte Bestimmung des Alters zulassen. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 2. Hat die Freiwillige Feuerwehr (FF) einen eigenen Reservepool? 3. Wie groß ist der Reservepool an den einzelnen Wachen (Berufsfeuerwehr /FF) beziehungsweise bei F03? Der regelhafte Poolbestand an den einzelnen Feuer- und Rettungswachen beträgt mindestens zehn Garnituren, bei der Technischen Abteilung (F03) werden circa 200 weitere Garnituren vorgehalten, die jedoch neben der reinen Ersatzgestellung auch für andere Bedarfszwecke bewirtschaftet werden. Die Freiwilligen Feuerwehren haben keinen Reservepool für Einsatzbekleidung. Restbestände der vorherigen NOMEX®-Schutzanzüge der Freiwilligen Feuerwehr werden zentral im Pool durch die Technischen Abteilung verwaltet. Diese Bekleidungsstücke erhalten zunächst neu eingetretene Angehörige der Einsatzabteilungen der Freiwilligen Feuerwehren für die Dauer der Grundausbildung und die ersten Jahre im Einsatzdienst im weniger gefährdeten Bereich. Nach Bestehen des AGT- Lehrgangs erfolgt dann die Einkleidung mit dem neuen V-Force-Anzug. 4. Was geschieht, wenn der Pool nach einem Einsatz erschöpft ist? Der Bedarf wird standortübergreifend gedeckt. 5. Ist die Anschaffung einer 2. PSA pro Einsatzkraft geplant? Was geschieht, wenn nach einem Einsatz keine passenden Größen vorrätig sind? Derzeit wird die Frage der Krebsgefährdung durch toxische oder sonst gesundheitsgefährdende Stoffe insbesondere bei Brandeinsätzen geprüft. Abhängig von den Ergebnissen der Prüfung werden geeignete Maßnahmen zur Abwehr/Reduzierung von Beeinträchtigungen/Gefahren getroffen werden. Ansonsten siehe Antwort zu 4. 6. Sind einzelne Garnituren unterschiedlicher Hersteller kombinierbar? Die in den Reservepools vorhandenen Schutzanzüge verschiedener Typen sind miteinander kombinierbar. 7. Welche Haltbarkeiten haben die eingearbeiteten Membranen sowie die üblichen Materialien (Rettungsschlaufe, Reisverschlüsse, Leuchtreflexstreifen et cetera) in den persönlichen Schutzausrüstungen? Bitte nach Herstellerangaben und Praxiserfahrung separat darstellen. Die Haltbarkeit ist unter anderem von Art und Intensität der Nutzung und Belastung im Einsatz sowie von der Art und Häufigkeit der Reinigungsdurchläufe abhängig. Die Gebrauchstauglichkeit von Feuerwehrschutzanzügen ist daher abhängig vom tatsächlichen Zustand des Anzuges. Dieser wird regelmäßig überprüft. Im Übrigen siehe Vorbemerkung . 8. Wie wird die kontaminierte PSA der freiwilligen Einsatzkräfte der Reinigung zugeführt? Über die jeweils zuständige Feuer- und Rettungswache der Berufsfeuerwehr. 9. Wie oft lässt sich ein entsprechender Anzug reinigen, bevor er seine Schutzwirkung verliert? Bitte wiederum separat nach Herstellerangaben und tatsächlicher Praxis darstellen. Seitens der Hersteller gibt es keine Hinweise im Sinne der Fragestellung, im Übrigen siehe Antwort zu 7. und Vorbemerkung. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/4539 3 10. Wie werden die PSA nach der Reinigung auf Rückstände von Schadstoffen geprüft? Die PSA werden durch einen qualifizierten und zertifizierten Reinigungsfachbetrieb fachgerecht gereinigt und dort der vorschriftsmäßigen Ausgangskontrolle unterzogen. 11. Gibt es dazu stichprobenartige Wisch- oder Abklatschtests? Wenn ja, von wem werden diese genommen und untersucht? Wenn nein, wieso nicht? Nein. Dies ist im Rahmen des Verfahrens des zertifizierten Reinigungsbetriebes nicht vorgesehen. 12. Wie lange dauert es in der Regel, bis gereinigte Wäsche wieder an der Dienststelle angelangt ist? Der Waschdurchgang in der Reinigung ohne weitere Reparaturmaßnahmen dauert in der Regel sieben Tage. 13. Warum hält die Feuerwehr Hamburg an ihrer „blauen“ Montur fest, obgleich Berlin, Hannover und andere Städte sand- oder saharafarbene Schutzkleidung haben, an denen Anhaftungen gut sichtbar sind? 14. Oftmals müssen sich die Einsatzkräfte die Schutzbekleidung aus den Pools anderer Feuerwachen „ausleihen“, da die Ersatzanzüge an der eigenen Wache nicht mehr oder nicht mehr ausreichend vorhanden sind. Wird dabei kurzfristig auf die Sicherstellung der Funktionsbesetzung (Umsetzung des AGBF-Schutzzieles) verzichtet? Wenn ja, welche Funktionen werden temporär nicht besetzt, um eine Versorgungsfahrt durchzuführen? Nein. 15. Sind die Gerätehäuser der Freiwilligen Feuerwehren mit Quellabsauganlagen für die Abgase ausgestattet (Dieselrußpartikel und Dieselkraftstoff- Emissionen)? Die Freiwillige Feuerwehr verfügt in den Feuerwehrhäusern und angemieteten Unterkünften über 214 Stellplätze, davon verfügen 20 über keine Absauganlagen. Im Zuge der Modernisierung und bei Neubauten von Feuerwehrhäusern werden auch diese Stellplätze mit Absauganlagen ausgestattet werden. Im Übrigen siehe Drs. 20/12229. 16. Besteht für die Einsatzkräfte eine Duschmöglichkeit in den Gerätehäusern zum Reinigen nach Einsätzen? Bitte einzeln darstellen. In den meisten Feuerwehrhäusern der Freiwilligen Feuerwehr gibt es Duschgelegenheiten . In einigen Feuerwehrhäusern sind die Duschgelegenheiten im Rahmen des Neubaus oder der Sanierung noch einzurichten. Mit den Neubaumaßnahmen nach dem Musterraumplan werden diese Notwendigkeiten bei der Planungsgrundlage „Schwarz-Weiß-Trennung“ berücksichtigt. Sie sind erstmals beim Gerätehaus der Freiwilligen Feuerwehr Kirchwerder-Süd zum Tragen gekommen und werden in Berne aktuell fortgesetzt sowie bei zukünftigen Vorhaben umgesetzt.