BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/4558 21. Wahlperiode 31.05.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Joachim Körner (AfD) vom 23.05.16 und Antwort des Senats Betr.: Geschächtetes Fleisch in Dönerbuden In Deutschland gibt es immer mehr orientalische Metzgereien beziehungsweise Fast-Food-Imbisse (umgangssprachlich auch „Dönerbuden“ genannt). Die meisten von ihnen werden von Muslimen betrieben mit türkischem beziehungsweise arabischem Migrationshintergrund. Es ist zu vermuten, dass die meisten Betreiber der oben genannten Betriebe daher auf geschächtetes Fleisch zurückgreifen, das nach islamischem Recht 1. nur religiös erlaubtes Fleisch und 2. dessen korrekte Zubereitung umfasst. Manche der oben genannten Betriebe werben zudem mit dem Zusatz „Halal“. Halal-Fleisch stamme aber laut Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv) nicht zwangsläufig aus einer Schlachtung ohne Betäubung. Dies ist in Deutschland nach § 17 Tierschutzgesetz (TierSchG) verboten. Deswegen erfolgten Halal-Schlachtungen hierzulande fast ausschließlich mit Betäubung . Der Import von Fleisch, das von geschächteten Tieren (betäubungslose Schlachtung) stammt, sei laut vzbv allerdings erlaubt und gelange ohne weitere Einschränkung und ohne gesonderte Kennzeichnung zur Art der Schlachtung in den Handel. Die Regelung nach § 17 TierSchG kann nur umgangen werden, indem man nach § 4 TierSchG eine Ausnahmegenehmigung gegen Vorlage eines Sachkundenachweises beantragt. Aus religiösen Gründen kann ebenfalls eine Ausnahmegenehmigung beantragt werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes (Schächturteil) vom 23. November 2006 muss unter anderem wegen der nach Artikel 4 des Grundgesetzes Religions- und Glaubensfreiheit eine Ausnahmegenehmigung erteilt werden, wenn das Fleisch des getöteten Tieres von Personen verzehrt wird, denen zwingende religiöse Vorschriften den Verzehr des Fleisches nicht geschächteter Tiere ausnahmslos verbieten. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Weder die Behauptung, dass es in Deutschland „immer mehr orientalische Metzgereien beziehungsweise Fast-Food-Imbisse“ gibt noch die geäußerten Vermutungen, dass „diese zumeist von Muslimen betrieben werden“ und „dass die meisten der Betriebe auf geschächtetes Fleisch zurückgreifen“, kann bestätigt werden. Zum einen gehören diese Betriebe seit den Sechzigerjahren zum festen Bestandteil der deutschen Lebensmittelbranche und zum anderen ist die muslimische Gemeinschaft hinsichtlich der Glaubensüberzeugungen nicht homogen. Nur ein Teil der muslimischen Drucksache 21/4558 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Gemeinschaft besteht aus zwingenden religiösen Gründen auf das betäubungslose Schlachten. Durch § 4a Absatz 1 Tierschutzgesetz (TierSchG) wird geregelt, dass ein warmblütiges Tier nur geschlachtet werden darf, wenn es vor Beginn des Blutentzugs zum Zweck des Schlachtens betäubt worden ist. Von diesem Grundsatz kann gemäß § 4a Absatz 2 Nummer 2 TierSchG abgewichen werden, indem eine Ausnahmegenehmigung für ein Schlachten ohne Betäubung (Schächten) erteilt wird. Die Ausnahmegenehmigung darf nur erteilt werden, sofern es erforderlich ist, den Bedürfnissen von Angehörigen bestimmter Religionsgemeinschaften zu entsprechen, denen zwingende Vorschriften ihrer Religionsgemeinschaft das Schächten vorschreiben oder den Genuss von Fleisch nicht geschächteter Tiere untersagen. Die zitierte Strafvorschrift des § 17 TierSchG ist unter diesen Voraussetzungen damit nicht einschlägig. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Ist dem Senat bekannt, wie viele „Dönerbuden“ und Metzgereien es in Hamburg gibt, die geschächtetes Fleisch verkaufen? 2. Handelt es sich bei dem in Frage 1. erwähnten Schächtfleisch um solches , das aus Schlachtungen mit Betäubung erzeugt wurde oder um solches, das aus betäubungsloser Schlachtung auf Basis der oben genannten rechtlichen Ausnahmen für unter anderem Muslime gewonnen wurde? Bitte Details angeben. 3. Bei wie vielen Betrieben wird Schächtfleisch verkauft, das aus dem Ausland importiert wurde und bei dem bekannt ist, dass es aus betäubungsloser Schlachtung gewonnen wurde? Bitte Details angeben. Zu 1. bis 3. liegen keine Erkenntnisse vor. Im Übrigen siehe Antwort zu 4. 4. Weiß der Senat, wie in den Betrieben, in denen geschächtetes Fleisch aus betäubungsloser Schlachtung verkauft wird, sichergestellt wird, dass gemäß Schächturteil nur diejenigen dieses Fleisch zum Verzehr erwerben , denen religiöse Vorschriften den Verzehr des Fleisches nicht geschächteter Tiere ausnahmslos verbieten? Im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. November 2006 (dies ist wohl mit dem Begriff „Schächturteil“ gemeint) wird auf § 4a Absatz 2 Nummer 2 TierSchG verwiesen und es für ausreichend erachtet, wenn der Antragssteller für eine Ausnahmegenehmigung nachvollziehbar darlegt, dass nach der gemeinsamen Glaubensüberzeugung der Verzehr des Fleisches von Tieren zwingend eine betäubungslose Schlachtung voraussetzt. Die in Frage 4. konstruierte Voraussetzung, dass sichergestellt werden soll, dass nur die Kunden Fleisch von geschächteten Tieren erwerben, die aus religiösen Gründen darauf angewiesen sind, kann aus dem Urteil nicht abgeleitet werden. 5. Wie viele Ausnahmegenehmigungen haben Behörden in Hamburg erteilt beziehungsweise sind für Hamburg gültig, die die in Frage 4. aufgeführten Bedingungen umgehen? Bitte Details angeben. In Hamburg wurden in den vergangenen Jahren weder Genehmigungen zur betäubungslosen Schlachtung (§ 4a Absatz 2 Nummer 2 Tierschutz-Schlachtverordnung) noch Zulassungen für eine Elektrokurzbetäubung (§ 13 Absatz 1 Nummer 3 Tierschutz -Schlachterlaubnis) erteilt. 6. Hat der Senat darüber Erkenntnis, dass Fleisch in oben genannten Betrieben zum Verkauf/Verzehr gelangt ist, das durch nicht zulässige Formen der Schächtung erzeugt worden ist? Wenn ja, bitte Details angeben. Nein. 7. Setzt sich der Senat für eine klare Deklarierung von geschächtetem Fleisch ein beziehungsweise von „Halal“-Produkten? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/4558 3 Die Bezeichnung „Halal“ ist weder nach dem Tierschutz- noch nach dem Lebensmittelrecht definiert und wird durch die Auslegung der Religionsgemeinschaft bestimmt. Sie ist nicht in jedem Fall gleichbedeutend mit einer vorangegangenen betäubungslosen Schlachtung. Eine gesetzliche Kennzeichnungspflicht für Fleisch oder für Fleischerzeugnisse, die nach religiösen Vorgaben gewonnen wurden, gibt es nicht. Eine „Halal“- Pflichtkennzeichnung sieht das Lebensmittelkennzeichnungsrecht insofern nicht vor. Eine freiwillige Kennzeichnung solcher Produkte durch den inverkehrbringenden Lebensmittelunternehmer ist jedoch erlaubt, sofern die gesetzlichen Vorschriften zur Kennzeichnung eingehalten werden. Mit der Thematik einer entsprechenden Kennzeichnung hat sich die zuständige Behörde bislang nicht befasst.