BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/4614 21. Wahlperiode 03.06.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Richard Seelmaecker (CDU) vom 27.05.16 und Antwort des Senats Betr.: Kosten der Sicherungsverwahrung Die Sicherungsverwahrung ist eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung. Im Gegensatz zur Freiheitsstrafe knüpft die Sicherungsverwahrung einzig an die Gefährlichkeit des Straftäters für die Allgemeinheit an und hat damit Präventivfunktion. Die Gefährlichkeit des Straftäters muss im Wege einer Prognose festgestellt werden und sich zuvor in einer besonders schweren Straftat geäußert haben. Gerade der Fall des Ende April aus der Sicherungsverwahrung auf Anordnung des Gerichts entlassenen Kinderschänders, der nur wenige Tage später wieder verhaftet wurde, zeigt, welche Brisanz von dieser Tätergruppe ausgeht. Die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung ist grundsätzlich unbefristet. Gemäß § 67e Strafgesetzbuch (StGB) muss vor Ablauf eines Jahres – nach dem Vollzug von zehn Jahren der Unterbringung vor Ablauf von neun Monaten –, beginnend mit dem ersten Tag der Unterbringung, geprüft werden, ob die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung auszusetzen oder für erledigt zu erklären ist. Lehnt das Gericht die Aussetzung oder Erledigungserklärung ab, so beginnt die Frist mit der Entscheidung von neuem. Sind zehn Jahre der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollzogen worden, so erklärt das Gericht die Maßregel für erledigt, wenn nicht die Gefahr besteht, dass der Untergebrachte erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, § 67d StGB. Seit 2013 werden in der Abteilung für Sicherungsverwahrung der JVA Fuhlsbüttel mit 31 Plätzen auf Basis eines Staatsvertrages auch bis zu elf Sicherungsverwahrte aus Schleswig-Holstein untergebracht. Gemäß § 4 des Staatsvertrages erstattet das Land Schleswig-Holstein die Kosten für die von der Freien und Hansestadt Hamburg vorgehaltenen Unterbringungsplätze. Laut der damaligen Justizsenatorin Schiedek beläuft sich die von Schleswig- Holstein zu entrichtende Pauschale für Sicherungsverwahrte auf täglich 250 Euro pro Untergebrachtem. Am 1. April 2016 befanden sich 22 Personen in der Abteilung für Sicherungsverwahrung . Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Drucksache 21/4614 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 1. Wie viele Personen befinden sich aktuell in der Abteilung für Sicherungsverwahrte in der JVA Fuhlsbüttel in Sicherungsverwahrung und wie viele Sicherungsverwahrte befinden sich aktuell in der Sozialtherapeutischen Anstalt? Zum Stichtag 31. Mai 2016 sind in der Abteilung für Sicherungsverwahrte der JVA Fuhlsbüttel 20 und in der Sozialtherapeutischen Anstalt Hamburg sieben Sicherungsverwahrte untergebracht. 2. Wie viele dieser Personen sind aufgrund des Staatsvertrages mit Schleswig-Holstein über die Zusammenarbeit im Bereich der Sicherungsverwahrung und der Therapieunterbringung aus Schleswig- Holstein untergebracht? Zehn (Stichtag: 31.Mai 2016). 3. Welche Einnahmen sind der Freien und Hansestadt Hamburg für die Sicherungsverwahrung im Jahre 2015 sowie bislang im Jahr 2016 zugeflossen ? Im Jahr 2015 sind Erlöse in Höhe von 1,053 Millionen Euro und im Jahr 2016 bisher 0,5 Millionen Euro erzielt worden. 4. Beträgt die von Schleswig-Holstein zu entrichtende Tagespauschale für Sicherungsverwahrte weiterhin 250 Euro? Falls nicht, wie und wann wurde die Höhe aus welchem Grund von wem verändert? Ja. Die Verhandlungen zur Vereinbarung eines neuen Tageshaftkostensatzes dauern an. 5. Wie viele gerichtliche Überprüfungen gemäß § 67e StGB wurden seit 2015 durchgeführt? Die Anzahl der gerichtlichen Überprüfungen wird statistisch nicht erfasst. Eine Auswertung der Vollzugsgeschäftsstelle der JVA Fuhlsbüttel ergab, dass im Zeitraum 1. Januar 2015 bis 31. Mai 2016 mindestens 36 gerichtliche Überprüfungen gemäß § 67e StGB durchgeführt wurden. a. Welche Kosten sind dafür jeweils entstanden? Sind darin auch Kosten für psychiatrische Gutachten enthalten? Falls nein, wie hoch waren diese? Die Gesamtkosten der Prüfungsverfahren sowie die Gutachterkosten lassen sich nicht unmittelbar aus dem Controlling des Landgerichts ableiten. Hierfür wären eine Zeitanschreibung beziehungsweise eine qualifizierte Schätzung der Zeitanteile sowie eine Verrechnung der sonstigen Kosten für die Infrastruktur (zum Beispiel Gebäudekosten und Informationstechnik) sowie der anteiligen Gemeinkosten erforderlich. Die Gutachterkosten müssten durch eine händische Aktenauswertung ermittelt werden. Beides ist in der für die Bearbeitung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Näherungsweise wird auf die Ermittlung des Aufwands für die von Schleswig-Holstein übernommen Sicherungsverwahrten verwiesen. Diese Unterlage ist vom Landgericht im Zuge der Arbeitsberichte der Gerichte und Staatsanwaltschaften im Oktober 2015 als Anlage vorgelegt worden. Die Arbeitsberichte sind unter folgendem Link abrufbar: http://www.hamburg.de/justizbehoerde/pressearchiv2015/4629106/2015-11-04-jbarbeitsberichte /. b. Welches Gericht ist für die Überprüfung der Fortdauer der schleswig -holsteinischen Sicherungsverwahrten zuständig? Welches Bundesland trägt die im Zusammenhang mit der Überprüfung der Fortdauer der schleswig-holsteinischen Sicherungsverwahrten entstehenden Kosten? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/4614 3 Für alle in Hamburg untergebrachten Sicherungsverwahrten sind die Strafvollstreckungskammern des Landgerichts Hamburg zuständig. Das gilt auch für die für das Land Schleswig-Holstein Untergebrachten. Im Übrigen siehe Antwort zu 5. a. c. Bei wie vielen Sicherungsverwahrten wurde die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung ausgesetzt oder für erledigt erklärt? In der Zeit vom 1. Januar 2015 bis 31. Mai 2016 wurde in Hamburg bei fünf Sicherungsverwahrten die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung ausgesetzt . d. Wie viele Sicherungsverwahrte werden dieses Jahr voraussichtlich entlassen? Die Entscheidung, die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung auszusetzen oder für erledigt zu erklären, erfolgt im gerichtlichen Verfahren. Eine Prognose hierüber ist regelmäßig nicht möglich.