BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/4703 21. Wahlperiode 07.06.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Karin Prien und Birgit Stöver (CDU) vom 01.06.16 und Antwort des Senats Betr.: Werden die Potenziale von Dach-Aufstockungen zur Schaffung von Wohnraum bei der SAGA GWG genutzt? Eine von elf Organisationen und Verbänden der deutschen Planungs-, Bauund Immobilienbranche in Auftrag gegebene Untersuchung hat ergeben, dass durch Dach-Aufstockungen bundesweit bis zu 1,5 Millionen zusätzliche Wohnungen geschaffen werden könnten. Die Technische Universität Darmstadt und das ISP Eduard Pestel Institut für Systemforschung e.V. Hannover gingen bei ihren Planungen, über die die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ im März 2016 berichtete, von einer Durchschnittsgröße von 85 Quadratmetern je neuer Wohnung aus. Obwohl die SAGA GWG solche Verdichtungen im Lichte der Erfahrungen der Neunzigerjahre eher skeptisch bewertet, ergibt es Sinn, mögliche zukünftige Potenziale ergebnisoffen zu prüfen. Grund hierfür ist der Umstand, dass das früher verwendete, früh sanierungsbedürftige Holzständerwerk längst durch moderne, länger haltbare Baustoffe ersetzt wurde. Da die SAGA GWG bis 2020 Zehntausende Wohnungen energetisch sanieren muss und die entsprechenden Gebäude daher eingerüstet werden müssen, könnte es zudem Kostenvorteile bringen, die energetische Sanierung mit Dach-Aufstockungen zu verbinden. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf der Grundlage von Informationen von SAGA GWG wie folgt: 1. Wie viele Gebäude im Bestand der SAGA GWG verfügen über Flachdächer ? 2. Wie groß ist hier insgesamt die Grundfläche? Die Dachform ist systemseitig nicht auswertbar hinterlegt. Die Erfassung und Auswertung von mehreren Hundert Gebäuden und die Ausrechnung der Grundflächen ist SAGA GWG in einer für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 3. Hat die SAGA GWG in den Jahren 2011 – 2016 a) Dach-Aufsattelungen/Dach-Aufstockungen, Nein. b) Dachausbauten Ja. c) oder sonstige Maßnahmen der baulichen Verdichtung durchgeführt? Ja. Drucksache 21/4703 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Wenn ja, wie viele zusätzliche Wohneinheiten sind dadurch entstanden ? (Bitte nach Jahren aufschlüsseln.) 2011: 378 Wohneinheiten 2012: 539 Wohneinheiten 2013: 388 Wohneinheiten 2014: 551 Wohneinheiten 2015: 782 Wohneinheiten 4. Wie viele Wohnungen sollen und wie viel Wohnfläche soll bis 2020 entstehen durch: a) Dach-Aufsattelungen/Dach-Aufstockungen, b) Dachausbauten? (Bitte nach Jahren aufschlüsseln.) 5. Wie bewertet die SAGA GWG die neuen technischen Möglichkeiten, durch Aufstockungen zusätzliche Wohnungen zu schaffen? Wie intensiv werden diese bisher genutzt und welche Rolle spielen sie bei den Planungen von SAGA GWG? Die Aufstockung von Gebäuden erfordert aufgrund ihrer Komplexität in der Baukonstruktion hohe Planungskompetenz. Die Gebäudestatik muss zusätzliche Lasten ermöglichen, oftmals müssen zu diesem Zweck Gründungen verstärkt werden. Dauerhafte Abdichtungen des Übergangs zwischen dem Neubau und dem Altbestand erfordern ganz besondere Sorgfalt. Die aktuellen Erfahrungen in der Sanierung einiger in den Neunzigerjahren errichteter Dachgeschossaufbauten zeigen, dass dies oft keine nachhaltige Lösung ist. Die Grundsubstanz des Gebäudes hat nach wie vor die baujahrestypischen Probleme. Additiv kommen hohe Schallschutz- und Brandschutzanforderungen dazu. Die Anleiterbarkeit ist oftmals durch die Aufstockung nicht mehr gegeben, Feuerwehrumfahrten lassen sich nicht realisieren. Die Wohnungen weisen erhebliche Nachteile gegenüber den darunterliegenden Wohnungen auf. Oftmals lässt sich die Anbindung über einen Aufzug nicht herstellen und Balkone sind nicht zu realisieren. Widerstände der Bewohnerinnen und Bewohnern gegen den Ausbau von Dachgeschossen sind oftmals erheblich, da es auch zum Verdrängen von Funktionen und/ oder Nutzungen kommt. Die neuen Mieterinnen und Mieter haben im Dachgeschoss oftmals höhere Mieten als in darunterliegenden Wohnungen zu zahlen (andere Förderung , anderes Mietenspiegelfeld), weshalb es zu höheren Fluktuationen kommt. Daher sieht SAGA GWG in ihrem Bestand aufgrund der bereits durchgeführten Maßnahmen , der Rücksichtnahme auf Bestandsmieter, technischer Probleme und der meist negativen Wirtschaftlichkeit nur geringe Potentiale für den Dachgeschossausbau . 6. Wie teuer ist ein durch Aufstockung gewonnener Quadratmeter Wohnraum bei Anwendung moderner Techniken in etwa pro qm? Was sind die größten Kostenfaktoren? Welcher Kostenanteil wird durch die Einrüstung verursacht? Die Datenbank des Baukosteninformationszentrums der Deutschen Architektenkammern (BKI) geht von 2.590 Euro/m² Wohnfläche aus. Aktuelle Kosten von SAGA GWG für Dachgeschoss-Aufstockungen liegen nicht vor, siehe auch Antwort zu 3. a). Im Übrigen siehe Antwort zu 4. a) bis 5. 7. Bietet es sich aus Sicht der SAGA GWG an, Gebäude, die energetisch saniert werden und daher bereits eingerüstet und Baustelle sind, zeitgleich aufzustocken? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/4703 3 Bei Dachaufstockungen und Dachgeschoss-Ausbauten ist insbesondere die Haustechnik betroffen. Insofern stellt sich die Frage nur, wenn zusätzlich zu Fassaden- und Dacharbeiten auch haustechnische Anlagen Gegenstand der Modernisierungsmaßnahme sind. Im Zuge solcher Modernisierungsarbeiten werden Dachgeschoss-Ausbauten regelhaft aus bautechnischer, statischer und vertrieblicher Sicht in Erwägung gezogen und bei Sinnhaftigkeit durchgeführt. Im Übrigen siehe Antwort zu 4. und 5. 8. Wie viele Gebäude mit wie vielen Wohneinheiten im Bestand der SAGA GWG werden bis 2020 energetisch saniert? (Bitte nach Jahren und Bezirken aufschlüsseln.) Wie viele könnten davon zeitgleich aufgestockt werden? Derzeitiger Planungsstand für energetische Sanierungen von Wohneinheiten: Bezirk 2016 2017 2018 2019 2020 Hamburg-Mitte 493 614 655 424 122 Altona 127 1.122 474 958 711 Eimsbüttel 39 298 0 0 0 Hamburg-Nord 504 357 0 78 12 Wandsbek 479 483 93 35 16 Harburg 260 0 0 0 46 Ob beziehungsweise wie viele Aufstockungen im Zusammenhang mit energetischen Modernisierungen durchgeführt werden könnten, lässt sich nur durch eingehende technische Prüfung im Einzelfall feststellen, die in der für eine Parlamentarische Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht zu leisten ist. 9. Was geschieht mit den restlichen Wohneinheiten im Bestand der SAGA GWG, die nicht bis 2020 energetisch saniert werden? Entweder sie sind bereits saniert (größter Teil), sie werden später saniert oder es ist keine Sanierung vorgesehen. Neben den laufenden und energetischen Modernisierungen liegt ein weiterer Schwerpunkt auf der Bestandspflege. Durch gezielte Instandhaltungsmaßnahmen gilt es, kostengünstigen Wohnraum zu erhalten und die Quartiere angemessen ins Stadtbild einzubetten. Darüber hinaus werden im Rahmen des Portfoliomanagements Strategien für die Bestände von SAGA GWG über 2020 hinaus entwickelt. 10. Inwiefern eignen sich die Ausbau- und Aufstockungsreserven im Bestand der SAGA GWG zur Errichtung von Unterkünften zur Flüchtlingsunterbringung insbesondere mir der Perspektive Wohnen? SAGA GWG versorgt Flüchtlinge mit Wohnberechtigungsschein über den Kooperationsvertrag im Bestand und im Neubau mit Wohnraum. Insofern stehen dieser Personengruppe – genau wie allen anderen vordringlich wohnungsuchenden Haushalten – der gesamte Fluktuationsbereich gemäß Kooperationsvertrag und die derzeit entstehenden Neubauten zur Verfügung. Das Senatsprogramm „Flüchtlingsunterkünfte mit der Perspektive Wohnen“ ist ein zusätzliches Programm, um dem erhöhten Bedarf an Unterbringungsplätzen für Flüchtlinge gerecht zu werden. Unterkünfte mit der Perspektive Wohnen sind für die öffentliche Unterbringung in der Weise angelegt, dass Schutzsuchende durch sozialpädagogisches Fachpersonal auf ihren Wegen in die Integration durch Information, Beratung und Begleitung in die Regelsysteme von Kita, Schule, Arbeit und Gesundheit begleitet werden und die Integration in das Quartier für die Zeit der Unterbringung aktiv gefördert wird. Erfahrungen in der Praxis zeigen, dass sich darüber hinaus ehrenamtliche Integrationsangebote (Sprachkurse, Kinder-, Sport-, Ausflugsangebote oder ähnliche) in kleinen Einheiten, wie sie bei Gebäudeaufstockungen entstünden, schwer umsetzen lassen.