BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/4769 21. Wahlperiode 14.06.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Karin Prien und Dennis Gladiator (CDU) vom 07.06.16 und Antwort des Senats Betr.: Dubioser Erwerb des DIMA-Sportcenters in Bergedorf Der Erwerb des DIMA-Sportcenters im Havighorster Weg in Bergedorf wirft eine Vielzahl von Fragen auf. Verkäufer war der umstrittene Boxpromoter Waldemar Kluch, der unter anderem wegen seiner Kontakte zur Russen- Mafia und der Verurteilung wegen versuchter räuberischer Erpressung zu drei Jahren Haft in die Schlagzeilen geraten war. Auf dem inzwischen für 7,5 Millionen Euro erworbenen Gelände soll eine Zentralen Erstaufnahme für Flüchtlinge entstehen. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf Grundlage von Auskünften der Sprinkenhof GmbH wie folgt: 1. Wann hat der Senat oder eine nachgeordnete Behörde, städtische Gesellschaft oder Körperschaft beziehungsweise ein Landesbetrieb (nachfolgend städtische Stelle) Verhandlungen über den Ankauf des DIMA-Sportcenters im Havighorster Weg begonnen? 2. Auf wessen Initiative kamen genau welche Gespräche zunächst mit welcher städtischen Stelle zustande? Welche Rolle spielten dabei im Einzelnen die Finanzbehörde, die Innenbehörde, der Landesbetrieb Immobilien und Grundvermögen und die Sprinkenhof GmbH? 3. Welche städtischen Stellen waren für die Verhandlungsführung und den Vertragsabschluss für den Fall des Kaufs beziehungsweise der Pacht oder Miete jeweils im Einzelnen federführend und verantwortlich? Nach einem Angebot der Eigentümerin, der World International Sport Promotion GmbH, vom 9. September 2015 führten das sogenannte Akquisteam und ein Objektbetreuer des Zentralen Koordinierungsstabs (ZKF) der Behörde für Inneres und Sport (BIS) die Eignungsprüfung des Standortes durch. Kauf- und Mietpreisverhandlungen führten der Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen (LIG) und das ImmobilienServiceZentrum der Sprinkenhof GmbH im Zeitraum vom 21. Oktober 2015 bis zum 4. März 2016. 4. Wann genau wurde die grundsätzliche Entscheidung über die Eignung der Fläche als Zentrale Erstaufnahme getroffen? Im November 2015. a) Welche Begutachtungen zur Eignung der Fläche wurden im Einzelnen durch wen vorgenommen? Siehe Antwort zu 1. bis 3. Drucksache 21/4769 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 b) Wurde dabei die Lage der Immobilie unter einer Hochspannungsfernleitung in die Überlegungen miteinbezogen und die Eignung der Fläche unter diesem Gesichtspunkt geprüft? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? c) Aus der BV gab es die Frage, ob unter der Hochspannungsleitung überhaupt Flüchtlinge untergebracht werden können. Wurde die Frage inzwischen beantwortet? Wenn ja, wann, mit welchem Inhalt und warum dauerte die Beantwortung so lange? Wenn nein, warum nicht und wann ist mit einer Antwort zu rechnen? Die Hochspannungsleitung über dem Gebäude ist kein Hindernis für die zeitlich begrenzte Unterbringung von Flüchtlingen. Die Prüfung hierzu erfolgte in enger Abstimmung mit dem Bezirksamt Bergedorf. Die Bezirksversammlung Bergedorf wird hierüber in den nächsten Tagen noch einmal gesondert durch den ZKF informiert. d) Für die Unterbringung wie vieler Flüchtlinge soll die Fläche geeignet sein? Für 700 Personen. 5. Wann wurde dieses gegenüber dem Bezirksamt und der Bezirksversammlung in Bergedorf kommuniziert? Das Bezirksamt wurde am 22. Oktober 2015 sowie am 4. März 2016 über den jeweils aktuellen Stand in Kenntnis gesetzt. Der Sonderausschuss „Flüchtlingsunterbringung und Unterbringung von Wohnungslosen“ der Bezirksversammlung wurde am 24. März 2016 informiert. Mit Schreiben vom 4. April 2016 wurde der Bezirk nach § 28 BezVG förmlich über die Pläne zur Nutzung des Standortes informiert. 6. Ist die inzwischen erworbene Immobilie nach heutiger Einschätzung des Senats für die Einrichtung einer ZEA geeignet? Ja. 7. Wird die Fläche aktuell genutzt? Werden bereits derzeit Flüchtlinge auf der Fläche untergebracht? Nein. 8. Welche zusätzlichen Investitionen seitens städtischer Stellen wären im Einzelnen erforderlich, um die Gebäude als Flüchtlingsunterkunft zu nutzen ? Käme zukünftig für den Senat eine Nutzung als ZEA oder als ÖrU in Betracht? Wäre die Nutzung als ÖrU rechtlich zulässig? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht? 9. Wie sieht das Nutzungskonzept des Senats für die kommenden Monate beziehungsweise Jahre aus? Für eine Nutzung als öffentlich-rechtliche Unterbringung sind bauliche Veränderungen an der Immobilie (Hallen) notwendig. Die Planungen und Überlegungen dazu sind noch nicht abgeschlossen. 10. Wurde ursprünglich Miete oder Pacht der Fläche durch die zuständige städtische Stelle geprüft und präferiert? Hat es konkrete Verhandlungen über einen Mietvertrag gegeben? Wenn ja, wann? Welche Hauptkonditionen (Mietzins, Laufzeit) in Hinblick auf die Fläche und das Inventar enthielt dieser Mietvertrag? Siehe Antwort zu 1. bis 3. Im Übrigen äußert sich der Senat zur Wahrung seiner Verhandlungsposition sowie der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse seiner Vertragspartner nicht zu Mietkonditionen. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/4769 3 11. Hat eine städtische Stelle einen oder mehrere Mietvertragsentwürfe an den potenziellen Vermieter übermittelt? Wenn ja, welche Stelle wann? Ja, der LIG am 4. Dezember 2015 und 13. Januar 2016 sowie die Sprinkenhof GmbH am 19., 22. und 29. Dezember 2015. Im Übrigen siehe Antwort zu 10. 12. Warum wurden diese Mietverträge nicht abgeschlossen? Weil sich ein Ankauf im Hinblick auf die vorgesehene langfristige Nutzung als wirtschaftlich vorteilhafter dargestellt hat. 13. Wurde eine Nutzungsvereinbarung über die Fläche abgeschlossen? Wenn ja, für welchen Zeitraum und warum? Welche Hauptkonditionen (Mietzins, Laufzeit) in Hinblick auf die Fläche und das Inventar enthielt diese Nutzungsvereinbarung? Nein. 14. Hat eine städtische Stelle einen Nutzungsvereinbarungsentwurf an den Eigentümer übermittelt? Wenn ja, wann? Ja, am 23. Oktober 2015. 15. Wurde diese Vereinbarung abgeschlossen? Wenn ja, warum? Nein. 16. Wurde ein Letter of Intent (LOI) über den Erwerb der Fläche geschlossen ? a) Wenn ja, wann, durch welche städtische Stelle und warum? b) Was waren die wesentlichen Inhalte des LOI? c) Auf welcher Bewertungsgrundlage sollte der Kaufpreis nach dem LOI ermittelt werden? d) Warum wurde dieser LOI von welcher städtischen Stelle abgegeben ? e) Wer hat die Entscheidung über die Abgabe des LOIs verantwortlich getroffen? f) Welche Staatsräte in der Finanzbehörde und der Innenbehörde hatten wann Kenntnis von diesem LOI? Hatten die Senatoren Tschentscher und Neumann Kenntnis von diesem LOI? Der LIG hat der Eigentümerin am 23. Oktober 2015 eine Kaufabsichtserklärung übermittelt und den Präses der Finanzbehörde hierüber am 29. Oktober 2015 unterrichtet. Ein „Letter of Intent“ im Sinne einer durch die Freie und Hansestadt Hamburg und die Eigentümerin gemeinsam unterzeichneten Absichtserklärung wurde nicht geschlossen . Als Bewertungsgrundlage sollte ein Verkehrswertgutachten erstellt werden. 17. Hat eine städtische Stelle einen Pachtvertragsentwurf an den Eigentümer übermittelt oder einen solchen vom Eigentümer erhalten? Wenn ja, wann? Siehe Antworten zu 10. und zu 11. 18. Wurde dieser Vertrag abgeschlossen? Wenn ja wann und warum? Wenn nein, warum nicht? Nein. Siehe Antwort zu 12. Drucksache 21/4769 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 19. Wann wurde von einer städtischen Stelle ein Kaufvertragsangebot über die DIMA-Sportfläche abgegeben? a) Wann genau wurde von wem über einen Erwerb der Fläche verhandelt ? b) Welchen Kaufpreis enthielt das Angebot? c) Auf welcher Grundlage wurde dieser Kaufpreis ermittelt? Der LIG hat am 23. Oktober 2015 ein erstes Kaufangebot übermittelt (siehe Antwort zu 16. bis 16. f)). Ein konkreter Kaufpreis wurde dabei nicht genannt. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. bis 3. d) Gab es ein Verkehrswertgutachten? Ja. e) Wer hat die Unterbreitung dieses Kaufangebotes zu verantworten? f) Wer hat darüber entschieden? Der LIG in Abstimmung mit der BIS. 20. Wurde dieses ursprüngliche Kaufvertragsangebot von der Stadt zurückgezogen ? Nein. Es konnte nach Erstellung des Verkehrswertgutachtens aber keine Einigung über den Kaufpreis erzielt werden. 21. Wurden seitens des potenziellen Verkäufers Schadensersatzansprüche gegenüber der Stadt geltend gemacht? Wenn ja, wann und durch wen und in welcher Höhe? Die Eigentümerin hat sich Schadensersatzansprüche dem Grunde nach vorbehalten. 22. Wurde später im Januar ein geändertes Kaufangebot an den Eigentümer übermittelt? a) Wenn ja, wann und durch wen? Ja. Am 13. Januar 2016 durch den LIG. b) Welchen Kaufpreis enthielt das Angebot? Der Senat sieht zur Wahrung seiner Verhandlungsposition sowie der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse seiner Vertragspartner in ständiger Praxis grundsätzlich davon ab, zu Kaufpreisen von Grundstücken Stellung zu beziehen. c) Auf welcher Grundlage wurde dieser Kaufpreis ermittelt? Auf Grundlage eines Verkehrswertgutachtens und weiterer technischer Untersuchungen . d) Gab es ein Verkehrswertgutachten? Ja. e) Wer hat die Unterbreitung dieses Kaufangebotes zu verantworten? Der LIG in Abstimmung mit der BIS. f) Wer hat darüber im Senat entschieden? Der Ankauf wurde vom Senat am 1. März 2016 beschlossen. 23. Wann wurde schließlich der Kaufvertrag über die Immobilie abgeschlossen zu welchem Kaufpreis? Der Kaufvertrag wurde am 4. März 2016 beurkundet. Im Übrigen sieht der Senat zur Wahrung seiner Verhandlungsposition sowie der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse seiner Vertragspartner in ständiger Praxis grundsätzlich davon ab, zu Kaufpreisen von Grundstücken Stellung zu beziehen. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/4769 5 a) Auf welcher Grundlage wurde dieser Kaufpreis ermittelt? b) Gab es ein Verkehrswertgutachten? c) Wer hat den Abschluss dieses Kaufvertrages zu diesem Kaufpreis zu verantworten? d) Wer hat darüber im Senat entschieden? Siehe Antworten zu 22. 24. War zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages nach Einschätzung des Senats noch der Bedarf für den Erwerb dieser Fläche zum Zwecke des Betriebes einer Erstaufnahme erforderlich und vertretbar angesichts der zu diesem Zeitpunkt bereits fortgeschrittenen Planung und Umsetzung des Einreisezentrums in Meiendorf? Ja.