BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/4795 21. Wahlperiode 17.06.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Christiane Blömeke (GRÜNE) vom 09.06.16 und Antwort des Senats Betr.: Lebensmittelverschwendung in Hamburg 2012 veröffentlichte die Universität Stuttgart eine Studie zu dem Thema Lebensmittelverschwendung. Demnach wird geschätzt, dass in Deutschland jährlich 11 Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen werden. Mehr als die Hälfte der Lebensmittel wird wahrscheinlich in Privathaushalten entsorgt. Daten über das Ausmaß der Lebensmittelverschwendung in Hamburg fehlen jedoch weitgehend (vergleiche Drs. 20/7267). Gemäß eines Vorschlags der EU-Kommission zur Änderung der Abfallrahmenrichtlinie (BR.-Drs. 308/14) sollen die Mitgliedsstaaten Maßnahmen ergreifen, Lebensmittelabfälle im Zeitraum vom 1. Januar 2017 bis 31. Dezember 2025 im verarbeitenden Gewerbe, im Handel und Vertrieb, im Hotel- und Gaststättengewerbe sowie in privaten Haushalten um mindestens 30 Prozent zu reduzieren (beabsichtigte Neufassung des Artikels 9 der RL 2008/98/EG). Dieses Ziel wurde durch Beschluss des Bundesrates im Oktober 2014 unterstützt: „Lebensmittel sind ein hohes Gut, die Vermeidung von Lebensmittelabfällen ein herausragendes Ziel aller vernünftig Handelnden.“ Auch Hamburger Schülerinnen und Schüler haben im Rahmen der Resolution von „Jugend im Parlament 2015“ das Thema Lebensmittelverschwendung bearbeitet und entsprechende Forderungen der Bürgerschaft zugeleitet. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Liegen dem Senat neue Erkenntnisse über das Ausmaß der jährlichen Abfälle der Groß- und Einzelhandel, Großverbraucher, privaten Haushalte , Kantinen oder öffentlichen Einrichtungen und Unternehmen Hamburgs vor? Eine nach den genannten Abfallstellen differenzierte Auswertung über das Ausmaß von Lebensmittelabfällen liegt nicht vor. In der Hausmüllanalyse 2015 wurden erstmalig auch Anteile organischer Abfälle berücksichtigt. Danach waren im Restmüll der privaten Haushalte 16,66 kg verpackte Lebensmittel pro Einwohner und Jahr enthalten. 2. In welcher Form und Zusammensetzung steht der Senat über das Thema der Lebensmittelverschwendung mit den betroffenen Branchen der Lebensmittelwirtschaft sowie mit Initiativen zur Verringerung der Lebensmittelverschwendung im Dialog? Die Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz (BGV) ist in Form eines Runden Tisches im Gespräch mit Vertretern von Verbänden, sozialen Organisationen, Unternehmensvertretern und anderen Behörden. Im Dialog steht die BGV unter anderem Drucksache 21/4795 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 mit Vertretern der Unternehmen EDEKA und Unilever, der Vereine Hamburger Tafel und Slow Food sowie der Verbraucherzentrale. Auch Unternehmensverbänden, wie DEHOGA und die Bäckerinnung, sind an den Gesprächen beteiligt. Seitens der Behörden besteht der Austausch mit Vertretern der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation, der Behörde für Umwelt und Energie (BUE) und der Behörde für Schule und Berufsbildung. 3. Welche Ergebnisse, Ziele oder Vereinbarungen sind aus dem Dialog bislang hervorgegangen? Es wurde ein regelmäßiger Austausch vereinbart, wobei jeweils konkrete Projekte im Mittelpunkt des Dialogs stehen sollen. In diesem Jahr ist geplant, dass Schülerinnen und Schüler eine Erntetour bei Gemüsebauern in den Vier- und Marschlanden durchführen und dabei Gemüse einsammeln, welches nicht zu vermarkten ist. Mit diesem Gemüse wird im Rahmen eines Projektes an der Berufsschule für Köchinnen und Köche für die Schülerinnen und Schüler und die Teilnehmer des Runden Tisches ein Essen gekocht. Dabei wird sowohl in den teilnehmenden allgemeinen Schulen als auch in der Berufsschule das Thema Lebensmittelverschwendung im Rahmen eines Projektes theoretisch vorbereitet und begleitet. 4. In welcher Form sollen der Dialog weitergeführt und die Ergebnisse gesichert werden? Der Dialog wird in der Form eines Runden Tisches fortgeführt. Die Ergebnisse münden in entsprechende Projekte und Initiativen. 5. Welche Ansätze aus der Resolution von „Jugend im Parlament 2015“ können nach Ansicht des Senats in den Dialog eingespeist werden oder werden bereits berücksichtigt? Hinsichtlich der Aufforderung, die Thematik in Schulen zu behandeln, wird auf die Zusammenarbeit der BUE und dem Institut für Lehrerbildung und auf das in der Antwort zu 3. beschriebene Projekt verwiesen. Speziell für Hamburg erfolgt die ebenfalls in der Petition geforderte Aufklärung der Bürgerinnen und Bürger durch die Veröffentlichungen auf der Internetseite der BGV. Zusätzlich stehen zu dem Thema Lebensmittelverschwendung zahlreiche Informationen , zum Beispiel von Verbänden oder vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, im Internet zur Verfügung. Weiterhin wurde vorgeschlagen, dass in speziellen Kochkursen der Umgang mit nicht mehr verkaufbarem Gemüse gelehrt wird, siehe auch Antwort zu 3. 6. Welche Maßnahmen im Bereich der Verbraucherinformation hält der Senat für zielführend, um eine Verringerung der Lebensmittelabfälle zu erreichen? Neben vielen weiteren Initiativen werden die zahlreichen im Internet vorhanden Informationen , die öffentlichkeitswirksame Werbekampagne des Bundes für das Projekt „Zu gut für die Tonne“ sowie die regelmäßig in Deutschland von Slow Food Deutschland e.V. durchgeführten „Schnippeldiskos“ (2015 in Hamburg) für zielführend gehalten . 7. Wird im Rahmen der Umsetzung von Empfehlungen der Kultusministerkonferenz (KMK) das Thema der Lebensmittelverschwendung in Hamburger Schulen aufgegriffen? Ja, im Rahmen der Umsetzung der Gesundheitsförderung in der Ernährungsbildung sowie in der Verbraucherbildung wird dieses Thema beispielsweise im Sachunterricht oder im naturwissenschaftlich-technischen Unterricht der weiterführenden Schulen regelhaft aufgegriffen. Insbesondere im Lernbereich Arbeit und Beruf der Stadteilschulen wird dieser Aspekt handlungsorientiert bei der Planung und Zubereitung von Speisenangeboten beispielsweise im Projekt „SchmExperten in der Lernküche“ (siehe https://shop.aid.de/0354/SchmExperten-in-der-Lernkueche-Flyer) umgesetzt. In Zusammenhang mit globalen Fragen der Welternährung wird dieses Thema auch im Lernbereich Gesellschaftswissenschaften sowie im Fach Politik, Gesellschaft und Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/4795 3 Wirtschaft (PGW) bearbeitet. Hinweise für die Unterrichtsgestaltung finden sich beispielsweise in der Publikation zum Globalen Lernen „Hunger durch Wohlstand“ des Landesinstituts für Lehrerbildung und Schulentwicklung (LI), (siehe M 16 in http://li.hamburg.de/contentblob/2817730/data/pdf-globales-lernen-hunger-durchwohlstand %3F-pdf-6-5-mb%29.pdf). In allen Beratungen und Fortbildungen des LI zur Ernährungsbildung wird auf diesen Aspekt hingewiesen. So erhalten Lehrkräfte Hinweise auf folgende Kampagnen: Verbraucherkompetenz Ziel ist, die Vermittlung von Alltagskompetenzen zu verbessern, beispielsweise im Umgang mit Information und Medien oder Rechten und Pflichten als Verbraucher (siehe http://www.bmel.de/DE/Ernaehrung/ernaehrung_node.html). Lebensmittelverschwendung: „Zu gut für die Tonne!“ Tipps zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen (siehe https://www.zugutfuerdietonne.de/). Wertschätzung und Verschwendung von Lebensmitteln – Ein Modul zur nachhaltigen Ernährungsbildung Das Modul soll eine Hilfestellung für Lehrkräfte sein. Es bietet didaktische Orientierung und ausgearbeitete Lernmodule für den Unterricht insbesondere für Sek I und II. Die Arbeitsmaterialien für Schülerinnen und Schüler sind als Anregungen zur Weiterentwicklung, Anpassung und Veränderung zu verstehen (siehe http://www.evb-online.de/schule_materialien_wertschaetzung_uebersicht.php). Kampagne für Ernährungssicherheit Die Kampagne macht deutlich, dass unsere Ernährungsgewohnheiten Auswirkungen auf das Leben anderer haben (siehe http://www.brot-fuer-die-welt.de/ index.php?id=63). Außerdem greift die Hamburger Vernetzungsstelle Schulverpflegung (siehe http://www.hag-vernetzungsstelle.de/) in ihren Beratungen und den gemeinsam mit dem LI durchgeführten Fachveranstaltungen den sorgsamen Umgang mit Lebensmitteln auf. Zurzeit werden vier Hamburger Schulen von der Verbraucherzentrale Hamburg bei der Verankerung der Verbraucherbildung begleitet (siehe http://www.hamburg.de/ pressearchiv-fhh/5421316/2016-03-09-verbraucherschule/). Auch hier kann dieses Thema vertieft werden.