BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/4802 21. Wahlperiode 17.06.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Ralf Niedmers (CDU) vom 09.06.16 und Antwort des Senats Betr.: Massengutumschlag im Universalhafen Hamburg – Optimaler Umschlagsplatz für Agrargüter? Wie die jüngst veröffentlichen Zahlen für das 1. Quartal 2016 verdeutlichten, schrumpft der Umschlag im Hamburger Hafen weiter. Es stellt sich die dringende Frage, welche Möglichkeiten sich für den Hamburger Hafen bieten, um bei der Umschlagsmenge wieder zuzulegen. Insbesondere der Massengutsektor im Allgemeinen und das Segment der Saug- und Greifergüter im Besonderen könnte hier viel Potenzial bieten. Landwirtschaftliche Erzeugnisse , von Getreide über Ölsaaten bis hin zu Futtermitteln, könnten hier für neue Märkte, damit auch neue Mengen und am Ende auch neue Wertschöpfung sorgen. Wie aus Unternehmerkreisen zu hören ist, gibt es jedoch einige Hürden , die es zu überwinden gilt. Neben der Anregung, größere Silokapazitäten bereitzustellen, stünde einer höheren Umschlagsmenge auch die Bürokratie im Wege. Deutsches Qualitätsgetreide könnte über den Hamburger Hafen in Richtung China in viel bedeutenderen Mengen ausgeführt werden, wenn die benötigten Exportzertifikate schneller ausgestellt würden. Für Futtergerste bestehen die chinesischen Behörden darauf, dass entsprechende „phytosanitäre Untersuchungsbescheinigungen“ vorliegen. Das Problem sei jedoch, dass für ganz Deutschland derzeit nur zwei Mitarbeiter bereitstehen, die diese Bescheinigungen erstellen. In Rotterdam seien es hingegen elf Mitarbeiter . Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Laut der „Prognose des Umschlagspotentials und des Modal Splits des Hamburger Hafens für die Jahre 2020, 2025 und 2030“ (siehe http://www.hamburg-portauthority .de/de/presse/studien-und-berichte/Documents/ Endbericht_Potenzialprognose_Mai2015_5.pdf) wird innerhalb des Massengutsektors („trockene Massengüter“) bei der Einfuhr von Getreiden sowie den Futtermitteln und Ölsaaten mit einem anhaltenden leichten Wachstum gerechnet. Beim See-Ausgang von Agrarrohstoffen wird ebenfalls von einem leichten Wachstumstrend ausgegangen. Die Containerisierung von Getreide hält an und wirkt sich voraussichtlich statistisch leicht hemmend auf dieses Wachstum aus. China lässt derzeit keine Weizeneinfuhren aus Deutschland und einigen anderen Mitgliedstaaten der EU zu, da dort der Zwergsteinbrand Tilletia controversa (aus der Familie der Rostpilze) vorkommt. Bund und Länder bemühen sich, einen Weizenexport nach China wieder möglich zu machen. Dabei kommt es nicht alleine auf die Tätigkeit in den Exporthäfen an, sondern auch auf die Überwachung von Weizenbeständen in den Anbau-Ländern zum Vorkommen des Zwergsteinbrandes. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der Hamburg Port Authority (HPA) wie folgt: Drucksache 21/4802 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 1. Welche zukunftsgerichteten Möglichkeiten sieht der Senat, um in den Umschlagsmengen im Hamburger Hafen wieder zuzulegen? 2. Welche Möglichkeiten sieht der Senat in Bezug auf den Ausbau des Massengutumschlags im Hamburger Hafen? Der Umschlag von Agrarmassengütern und die damit verbundenen Unternehmen sind eine wichtige Säule des Hamburger Hafens. Die zuständige Behörde und die HPA werden die Umschlagsunternehmen im Bereich der Agrarmassengüter weiterhin unterstützen und ihren Ausbau im Bestand fördern. Für Neuansiedlungen wird aufgrund der Marktsituation im Massengutsektor derzeit kein Bedarf gesehen. Bei vorliegenden konkreten Anfragen wird im Einzelfall geprüft und entschieden. 3. Welche Hamburger Unternehmen sind vornehmlich mit dem Umschlag von Agrargütern im Hamburger Hafen befasst? Folgende Unternehmen befassen sich im Hamburger Hafen mit dem Umschlag von Agrargütern: K+S Transport GmbH Louis Hagel GmbH und Co. KG Silo P. Kruse Betriebs-GmbH und Co. KG G.T.H. Getreide Terminal Hamburg GmbH & Co. KG ADM Hamburg AG HaBeMa Futtermittel GmbH & Co. KG Agrar Terminal Peter Rothe GmbH & Co. KG UNA-HAKRA Hanseatische Kraftfuttergesellschaft mbH Cargill Deutschland GmbH 4. Welche Position hat der Hamburger Hafen in Bezug auf den Umschlag von Agrargütern, insbesondere Getreide, gegenüber den Konkurrenzhäfen ? Hinsichtlich des Getreideumschlags ist Hamburg gut aufgestellt. Im Vergleich zu den Konkurrenzhäfen ist auffällig, dass Hamburg einen großen Exportüberschuss vorweisen kann. 2014 2015 Differenz Import Export Summe Import Export Summe absolut % Antwerpen Getreide 443 69 513 229 54 283 229 -44,8% Futtermittel / Ölsaaten 148 13 162 229 18 247 -86 53,0% Düngemittel 1.273 2.467 3.740 1.310 2.438 3.748 -8 0,2% Rotterdam Getreide 9.981 1.286 11.267 9.672 1.162 10.834 433 -3,8% Futtermittel / Ölsaaten* Düngemittel* Bremerhaven Getreide 278 32 310 320 18 338 -28 9,0% Futtermittel / Ölsaaten 389 145 534 267 107 374 160 -30,0% Düngemittel 78 0 78 62 3 65 13 -16,7% Hamburg Getreide 467 3.267 3.734 465 4.209 4.674 940 25,2% Futtermittel / Ölsaaten 3.382 1.044 4.426 3.501 994 4.495 69 1,6% Düngemittel 34 2.363 2.397 62 2.711 2.773 376 15,7% Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/4802 3 * Es liegen keine belastbaren Zahlen vor. 5. Hat sich der Senat mit der Errichtung von weiteren Massengutanlagen im Hamburger Hafen befasst? Wenn ja, in welcher Form? Wenn nein, warum nicht? Siehe Antwort zu 1. und 2. sowie Vorbemerkung. 6. Wie hoch sind die Silokapazitäten Hamburgs im Vergleich zu den anderen nordeuropäischen Häfen und über welche Lagerkapazität für Getreide verfügt Hamburg derzeit? Infolge individueller Unternehmenspolitik veröffentlichen nicht alle Silobetreiber Informationen über Kapazitäten und Nutzungsarten. Die HPA schätzt die Silokapazität auf circa 700.000 Tonnen, davon entfallen etwa 400.000 Tonnen auf Getreidelagerung. Über die Silokapazitäten der anderen nordeuropäischen Häfen liegen der zuständigen Behörde keine Informationen vor. 7. Hat sich der Senat mit der Errichtung eines frei zugänglichen Siloterminals im Hamburger Hafen befasst? Wenn ja, in welcher Form, wenn nein, warum nicht? Siehe Antwort zu 1. und 2. sowie Vorbemerkung. 8. Wie viele Tonnen Massengut wurden in den Jahren 2014, 2015 und im 1. Quartal 2016 in Hamburg umgeschlagen? a. Wie hoch ist jeweils der Import- und Exportanteil? Massengutumschlag (t) 2014 2015 1. Q 2016 Import 31.184 72,5% 32.453 71,3% 8.374 73,0% Export 11.808 27,5% 13.043 28,7% 3.091 27,0% Gesamt 42.992 100,0% 45.496 100,0% 11.465 100,0% Gesamt pro Quartal 10.748 11.374 11.465 b. Wie hoch ist der Anteil des in Deutschland produzierten Massenguts ? Eine diesbezügliche Statistik wird nicht geführt. 9. Welche öffentliche Stelle ist für die Ausstellung von Exportzertifikaten für Getreide am Standort Hamburg zuständig? Für die Ausstellung von Pflanzengesundheitszeugnissen ist das Sachgebiet Pflanzengesundheitskontrolle in der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation zuständig. Für die Ausstellung von Exportzertifikaten für Futtermittelgetreide (ausschließlich nach Japan) am Standort Hamburg ist die Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz (BGV) zuständig. Das Institut für Hygiene und Umwelt (HU) stellt für Hamburger Hersteller beim Export von Waren in Drittländer Exportzertifikate aus. 10. Wie viele Beamte sind für die Ausstellung von Exportzertifikaten für Getreide am Standort Hamburg und in Deutschland gesamt jeweils zuständig? In der BGV sind mit der Ausstellung von Zertifikaten für Futtergetreide eine Person im gehobenen Dienst und eine Person im höheren Dienst befasst. Der Anteil für die Ausstellung dieser Zertifikate liegt jährlich unter 0,1 Prozent pro Jahr bezogen auf alle Anträge. Mit der Ausstellung von Gesundheitszertifikaten sind im HU derzeit drei Personen befasst. Der Anteil von Gesundheitszertifikaten für Getreide liegt bei unter 0,1 Prozent pro Jahr bezogen auf alle Anträge. Drucksache 21/4802 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Bei der Pflanzengesundheitskontrolle sind derzeit zehn Pflanzengesundheitsinspektorinnen und -inspektoren für die Durchführung von phytosanitären Im- und Exportkontrollen an Pflanzen und Pflanzenerzeugnissen zuständig. Es handelt sich dabei um Angestellte des öffentlichen Dienstes. Im Rahmen der phytosanitären Kontrolltätigkeiten werden unter anderem Kontrollen an Exportgetreide durchgeführt. Diese beinhalten neben der visuellen Kontrolle auch die Entnahme von Laborproben, die vom Laborpersonal des Pflanzenschutzdienstes am Brennerhof auf Vorhandensein von Pflanzenkrankheiten analysiert werden. Eine zusätzliche Inspektorin ist für die Erstellung der entsprechenden Pflanzengesundheitszeugnisse zuständig. In deutschen Seehäfen mit Getreideverladung sind derzeit neunzehn Pflanzengesundheitsinspektorinnen und -inspektoren tätig, die anteilig auch Exportkontrollen an Getreidearten durchführen. Hinzugerechnet werden müssen die Stellenanteile von Labor- und Verwaltungspersonal. 11. Wie lange dauert die durchschnittliche Ausstellungs- beziehungsweise Genehmigungszeit eines Exportzertifikats für Getreide? Die durchschnittliche Bearbeitungszeit für die Ausstellung von Exportzertifikaten für Futtermittelgetreide beträgt in der Regel nicht länger als einen halben Arbeitstag. Die Anzahl von Anträgen auf Gesundheitszertifikate ist im HU nicht planbar, die Anträge werden nach Eingang umgehend bearbeitet. Die Bearbeitungsdauer variiert je nach Auftragslage, Umfang und Komplexität und liegt in der Regel bei einigen wenigen Tagen. Der Zeitpunkt der Ausstellung der Pflanzengesundheitszeugnisse ist von der Art der durchzuführenden Labortests abhängig und kann daher zwischen ein und sieben Tagen liegen, in seltenen Fällen auch darüber. Eine Ausstellung eines Pflanzengesundheitszeugnisses ist erst möglich, wenn alle Labortests abgeschlossen sind und der Exporteur oder sein Antragsteller alle für die Ausstellung des Pflanzengesundheitszeugnisses erforderlichen Daten vorgelegt hat.