BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/4821 21. Wahlperiode 17.06.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Deniz Celik (DIE LINKE) vom 10.06.16 und Antwort des Senats Betr.: Vergabe von städtischen Räumen in Hamburg an den privatwirtschaftlichen Träger der UPD Sanvartis GmbH Ende letzten Jahres wurde die zuvor Unabhängige Patientenberatung Deutschland gGmbH vom GKV-Spitzenverband und dem Patientenbeauftragten der Bundesregierung, Staatssekretär Karl-Josef Laumann, an die Sanvartis GmbH vergeben. Zuvor waren die Träger der Unabhängigen Patientenberatung mit 21 regionalen Beratungsstellen in ganz Deutschland der Sozialverband VdK Deutschland e.V., der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. und der VuP – Verbund unabhängige Patientenberatung e.V.. Die regionale Beratungsstelle in Hamburg wurde in den vorangegangenen zehn Jahren von der Patienten-Initiative e.V. getragen. Ihre Beratungsstelle am Alsterdorfer Markt 8 wurde zum Jahresende geschlossen. Sanvartis ist ein privatwirtschaftlicher Träger, der auch für Krankenkassen tätig ist. Demzufolge ist zu bezweifeln, dass die (gesetzlich vorgeschriebene) Unabhängigkeit und Neutralität der UPD gewährleistet ist. Laut Paritätischem Wohlfahrtsverband wurden bislang in bundesweit 21 Beratungsstellen in 2015 rund 80.000 entgeltfreie und unabhängige Beratungen durchgeführt. Beim Großteil der Anfragen gehe es um Beschwerden über Krankenkassen und deren Leistungsverweigerung . Die UPD der Sanvartis GmbH ist im Gesundheitsamt Hamburg-Mitte, Besenbinderhof 41, demnach in Räumen der Stadt, angesiedelt. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) ist eine auf Bundesrecht beruhende Einrichtung mit dem Ziel, Patientinnen und Patienten in gesundheitlichen und gesundheitsrechtlichen Fragen neutral und unabhängig zu informieren und zu beraten (§ 65b SGB V). Die Einrichtung und Förderung der UPD erfolgt durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen unter Mitwirkung des Bundespatientenbeauftragten und eines Beirats. Näheres hierzu wurde für eine Laufzeit von sieben Jahren im Rahmen einer Ausschreibung festgelegt und entschieden. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Informationen des UPD wie folgt: 1. Werden die Räume des Gesundheitsamtes der UPD, dem Tochterunternehmen des privatwirtschaftlichen Unternehmens Sanvartis GmbH, unentgeltlich zur Verfügung gestellt? Wenn ja, mit welcher Begründung werden der UPD Räume des Gesundheitsamtes unentgeltlich zur Verfügung gestellt? Drucksache 21/4821 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Wenn nein, wie hoch sind die jährlichen Mietgebühren? Nein. Laut Bezirksamt Hamburg-Mitte hat das Mietverhältnis am 1. April 2016 begonnen . Bis Jahresende betragen die Mietkosten 1.029,60 Euro für den genutzten Zeitraum an zwei Tagen in der Woche. 2. Welche Sachgründe sprechen nach Ansicht des Senats dagegen, dass die UPD über den gewerblichen Vermietungsmarkt Büroräume mietet? Die UPD hat sich Ende 2015 schriftlich deutschlandweit an 30 Städte mit der Bitte gewandt, sie bei der Suche nach Vor-Ort-Beratungsstellen zu unterstützen. Diese sollten in einem Bürgerbüro oder einer anderen geeigneten Stelle angesiedelt sein, um eine möglichst große Bürgernähe, eine Nähe zu bereits bestehenden Beratungsstellen sowie eine gute Erreichbarkeit aufzuweisen. Mit dem Standort im Bezirksamt Hamburg-Mitte wird dies aus Sicht der zuständigen Behörde erreicht und sichergestellt , dass es in Hamburg weiterhin eine Vor-Ort-Beratungsstelle gibt. 3. Sieht der Senat die Tätigkeit der Sanvartis GmbH für Pharmakonzerne und Krankenkassen als eine Gefahr für die Unabhängigkeit und Neutralität der UPD? Wenn nein, warum nicht? Die gesetzlichen Grundlagen der UPD sehen Regelungen zur Gewährleistung ihrer Unabhängigkeit vor. Nach § 65b SGB V setzt die Förderung der UPD den Nachweis über ihre Neutralität und Unabhängigkeit voraus. Außerdem begleitet ein Beirat unter dem Vorsitz des Patientenbeauftragten der Bundesregierung die Arbeit des UPD. Dieser hat einen Auditor eingesetzt, um die Neutralität und Unabhängigkeit der UPD im Alltagsgeschäft zu überprüfen. Im Übrigen hat sich der Senat hiermit nicht befasst. 4. Welche Finanzmittel stehen der regionalen Beratungsstelle der UPD in Hamburg jährlich zur Verfügung? Der UPD stehen für das Jahr 2016 bundesweit insgesamt 9 Millionen Euro zur Verfügung ; dieser Förderbetrag erhöht sich jährlich bis Ende 2022 um die Veränderung der monatlichen Bezugsgröße für die Sozialversicherung. Näheres zur regionalen Verteilung der Fördermittel ist der zuständigen Behörde nicht bekannt und unterliegt im Übrigen dem Betriebs- und Geschäftsgeheimnis des Unternehmens. 5. Welche Finanzmittel standen für die regionale Beratungsstelle der UPD in den Jahren 2011 bis 2015 zur Verfügung (bitte nach Jahren aufschlüsseln )? Der UPD standen für den Zeitraum von 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2015 jährlich 5 Millionen Euro zur Verfügung. Näheres zur regionalen Verteilung der Fördermittel ist der zuständigen Behörde nicht bekannt und unterliegt im Übrigen dem Betriebsund Geschäftsgeheimnis des Unternehmens. 6. Hat sich das Angebot seit der Vergabe an den neuen Träger strukturell, personell oder inhaltlich geändert? Wenn ja, bitte auflisten nach Veränderung und Begründung. Ja. Ziel der Veränderung ist laut dem Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, die telefonische Erreichbarkeit zu verbessern und die Zahl der Beratungskontakte bei sichergestellter Qualität zu steigern. Im Übrigen siehe die Antworten der Bundesregierung in der BT.-Drs. 18/7136. 7. Wie gestaltet sich das regionale Beratungsangebot der UPD in Hamburg ? Welche Öffnungszeiten hat die UPD? Wie viele Berater/-innen stehen während der Öffnungszeiten zur Verfügung? Muss eine vorherige Terminabsprache erfolgen? Wie lang ist die durchschnittliche Wartezeit? (Bitte nach Qualifikation, VZÄ und beruflichem Hintergrund der Berater/- innen aufgliedern.) Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/4821 3 Für eine persönliche Beratung bei der UPD in Hamburg ist eine vorherige telefonische Terminabsprache erforderlich. Angeboten werden derzeit laut UPD mindestens acht Stunden pro Woche für persönliche Gespräche, davon einmal in der Woche bis 18.00 Uhr. Das Angebot soll bei Bedarf entsprechend angepasst werden. Die Beraterinnen beziehungsweise Berater sind vor Ort mit allen technischen Hilfsmitteln ausgestattet, um auf das gesamte fachliche Beratungsangebot der UPD zugreifen zu können. Somit haben die Beraterinnen beziehungsweise Berater vor Ort Zugriff auf eine ergänzende fachliche Beratung für sozialrechtliche Fragestellungen durch Beraterinnen beziehungsweise Berater mit sozialversicherungsrechtlicher oder juristischer Fachausbildung (Sozialversicherungsfachangestellte, Rechtsanwaltsfachangestellte) oder bei spezifischen rechtlichen Fragestellungen durch Juristinnen/Juristen, für gesundheitlich-medizinische Fragenstellungen durch Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter mit medizinischer Fachausbildung (Pflegepersonal, PTA, MTA, medizinische Fachangestellte , Oecotrophologinen/Oecotrophologen), wobei diese Fachteams durch Ärztinnen /Ärzte und Apothekerinnen/Apotheker angeleitet und geführt werden, sowie für spezielle gesundheitlich-medizinische Fragestellungen durch verschiedene Fachärztinnen /Fachärzte (unter anderem der Allgemeinmedizin, Inneren Medizin, Orthopädie). Darüber hinaus ist das Beratungsangebot von Montag bis Freitag von 8.00 bis 22.00 Uhr und Sonnabend von 8.00 bis 18.00 Uhr telefonisch oder online (E-Mail, Online- Plattform) erreichbar. 8. Wie viele Berater/-innen standen während der Öffnungszeiten der regionalen UPD-Beratungsstelle in den Jahren 2011 – 2015 zur Verfügung? Laut Auskunft der vormaligen UPD standen während der Öffnungszeiten der UPD- Beratungsstelle Hamburg vier Beraterinnen beziehungsweise Berater für persönliche und telefonische Beratungen zur Verfügung. 9. Welche Informationen liegen dem Senat darüber vor, wie viele Menschen die neue UPD Hamburg nutzen? Bitte aufgliedern nach Gesamtanzahl , Frequenz nach Monat oder Woche, Altersstruktur, Verteilung nach Geschlecht. Hierzu liegen der zuständigen Behörde keine Informationen vor. 10. Wie viele Menschen haben zwischen 2011 und 2015 die Beratungsangebote der UPD in Anspruch genommen? (Bitte nach Jahren aufschlüsseln .) Hierzu liegen keine Informationen vor, da der Abschlussbericht der UPD zur Förderphase 2011 bis 2015 vom 31. Dezember 2015 hierzu keine Angaben enthält. 11. Wie viele Beratungskontakte sind nach Kenntnis des Senats für die Vor- Ort-Beratung in Hamburg jährlich geplant? Laut UPD ist das Angebot der Vor-Ort-Beratung abhängig von der Entwicklung der Nachfrage. Im Übrigen siehe zu Antwort zu 7. 12. Ist die Barrierefreiheit in der Beratungsstelle gewährleistet? Wenn ja, bitte alle Maßnahmen auflisten. Ja. Laut Bezirksamt Hamburg-Mitte gibt es innerhalb des Hauses zwei Fahrstühle und im 1. Stock, in dem die UPD ihren Raum hat, ein behindertengerechtes WC. 13. Wie lange dauert in der Regel die Beantwortung einer Anfrage/Problemlage im Durchschnitt? Hierzu liegen der zuständigen Behörde keine Informationen vor.