BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/4838 21. Wahlperiode 21.06.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Richard Seelmaecker (CDU) vom 13.06.16 und Antwort des Senats Betr.: Wie wird das Stationsentgelt für Rechtsreferendare künftig ausgestaltet ? Das Bundessozialgericht hat mit Urteil vom 31. März 2015 (B 12 R 1/13 B) festgestellt, dass Referendarinnen und Referendare, die in der Anwaltsstation oder Wahlstation beim Anwalt ein sogenanntes Stationsentgelt erhalten, sich in einem einheitlichen Ausbildungsverhältnis zur Freien und Hansestadt Hamburg befinden und nicht darüber hinaus in einem weiteren Arbeitsverhältnis zur Anwaltskanzlei stehen. Insofern ist die Freie und Hansestadt Hamburg Schuldnerin des Gesamtsozialversicherungsbeitrages und der auf das Stationsentgelt zu entrichtenden Steuern. Um dies zu verhindern, wurden bislang sogenannte Freistellungserklärungen verwendet. Da diese Praxis mit rechtlichen Risiken behaftet ist, hat die zuständige Behörde entschieden , dass ab dem 6. April 2016 von den Referendarinnen und Referendaren das bisherige Stationsentgelt nicht mehr angenommen werden darf, weil darin (mangels vertraglicher Grundlage) ein Verstoß gegen das Verbot der Annahme von Belohnungen und Geschenken liegt. Die Zahlung von Stationsentgelt soll künftig neuen Regelungen unterworfen werden, weshalb eine Änderung des Juristenausbildungsgesetzes erarbeitet wird. Bis zur gesetzlichen Neuregelung soll die Annahme von zusätzlichem Entgelt in den Stationen nur noch möglich sein, wenn die Referendare dieses auf einer vertraglichen Grundlage erhalten und als Nebentätigkeit anmelden. Da Hamburgs Referendare mit einer monatlichen Unterhaltsbeihilfe in Höhe von rund 950 Euro brutto im Bundesvergleich trauriges Schlusslicht sind, sind sie auf die Zahlung des Stationsentgelts oftmals angewiesen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Im Jahr 2014 wurde der Grundbetrag der Referendare auf 950 Euro angehoben und eine Dynamisierung eingeführt. Seitdem ist der Grundbetrag an die Entwicklung der Beamtenbesoldung (Stufe A 13) gekoppelt und steigt damit jährlich automatisch an. Zudem wurde ein Kinderzuschlag eingeführt. Aktuell liegt der monatliche Grundbetrag bei 988,38 Euro brutto. Der Kinderzuschlag für das erste und das zweite Kind beträgt jeweils 108,32 Euro. Nebeneinkünfte bis 500 Euro sind anrechnungsfrei. Für sonstige Einkünfte oder finanzielle Vorteile gelten gemäß § 37 Absatz 1 des Hamburgischen Juristenausbildungsgesetzes (HmbJAG) die beamtenrechtlichen Vorgaben . Damit ist Referendarinnen und Referendaren die Annahme von Belohnungen und Geschenken gemäß § 49 des Hamburgischen Beamtengesetzes (HmbBG) i.V.m. § 42 Absatz 1 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) nur mit Zustimmung der zuständigen Dienstbehörde gestattet. Im Übrigen gelten die beamtenrechtlichen Vorgaben des Nebentätigkeitsrechts (§ 70 fortfolgende HmbBG). Drucksache 21/4838 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 § 70 Absatz 2 HmbBG definiert die Nebenbeschäftigung als jede sonstige, nicht zu einem Hauptamt gehörende Tätigkeit innerhalb oder außerhalb des öffentlichen Dienstes. Während in der Vergangenheit zusätzliche Stationsentgelte auch ohne Vorlage einer klar vom Ausbildungsverhältnis abgrenzbaren Nebentätigkeitsvereinbarung zumindest übergangsweise gebilligt wurden, sofern die Ausbildungsstellen sich schriftlich verpflichteten, die Freie und Hansestadt Hamburg von eventuellen Sozialversicherungsbeiträgen freizuhalten (sogenannte Freihalteerklärung), sah sich die Justizbehörde in Konsequenz auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urt. v. 31.3.2015 – B 12 R 1/13 R, SozR 4-2400 § 14 Nummer 19) veranlasst, ihre Genehmigungspraxis enger auszurichten. Damit folgt Hamburg dem Beispiel anderer Länder. Zudem ist beabsichtigt, die rechtlichen Rahmenbedingungen für Nebenbeschäftigungen von Referendarinnen und Referendaren im HmbJAG zu konkretisieren. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Welche praktischen Auswirkungen hat die seit dem 6. April 2016 geltende Übergangsregelung für Hamburgs Rechtsreferendare? Seit dem 6. April 2016 dürfen Referendarinnen und Referendare in Hamburg zusätzliche Entgelte im Rahmen ihrer Anwalts- oder Wahlstationen nur noch im Rahmen einer klar vom Ausbildungsverhältnis abgegrenzten Nebentätigkeit entgegennehmen. Mit der Anzeige der Nebentätigkeit ist der Personalstelle für Referendare eine gesonderte vertragliche Vereinbarung (Arbeitsvertrag, Dienstvertrag) vorzulegen. Durch die Nebentätigkeit dürfen dienstliche Interessen nicht gefährdet werden. Insbesondere darf die Nebentätigkeit den Referendar beziehungsweise die Referendarin nicht übermäßig in Anspruch nehmen. Bei einem Umfang der Nebentätigkeit beim Rechtsanwalt bis 19,5 Wochenstunden erhebt die Personalstelle für Referendare in der Regel keine Einwände. Im Rahmen einer Härtefallregelung ist die Annahme von Stationsentgelt auch nach dem 6. April 2016 noch gestattet, wenn die Zuweisung der Referendarinnen und Referendare zur Anwaltsstation/Wahlstation vor dem 8. April 2016 erfolgt war, die Station noch im Jahre 2016 beginnt und die Ausbildungsstelle sich nachprüfbar weigert, eine Nebentätigkeitsvereinbarung zu schließen. In diesen Fällen bleibt gemäß der früheren Praxis eine Freihalteerklärung der Ausbildungsstelle hinsichtlich der Sozialversicherungsbeiträge erforderlich. Die Nebeneinkünfte sind entsprechend den gesetzlichen Vorgaben von den Vertragspartnern zu versteuern. Die Abführung der gesetzlich vorgeschriebenen Sozialbeiträge obliegt ebenfalls den Vertragspartnern. 2. Aus welchem Grund wurde ein ganzes Jahr nach Erlass des Urteils keine Änderung der gängigen Praxis vorgenommen beziehungsweise was war der Anlass, nun entsprechend zu handeln? Für eine Auswertung der Entscheidung mussten zunächst die schriftlichen Entscheidungsgründe des Urteils abgewartet werden, die – wie beim Bundessozialgericht allgemein üblich – erst einige Monate später vorlagen. Das Urteil des Bundessozialgerichts hat weitreichende Auswirkungen auf die Verwaltungspraxis sämtlicher Länder. Die Konsequenzen des Urteils wurden daher nach Vorliegen der Entscheidungsgründe im Austausch mit den anderen Landesjustizverwaltungen und anderen betroffenen Ressorts innerhalb Hamburgs sorgfältig ausgewertet und abgestimmt. 3. Wann wird der Entwurf der Änderung des Juristenausbildungsgesetzes voraussichtlich der Bürgerschaft zugeleitet werden? Ein entsprechender Gesetzentwurf wird zurzeit vorbereitet und der Bürgerschaft nach entsprechendem Senatsbeschluss zugeleitet. 4. Welche Änderungen plant die zuständige Behörde zur Regelung des Stationsentgelts? Die zuständige Behörde beabsichtigt, die in der Antwort zu 1. geschilderte neue Praxis durch entsprechende Klarstellungen und Anpassungen im HmbJAG abzusichern. Ziel der neuen Regelungen ist es, den Vorgaben des Bundessozialgerichts zur Abgrenzung zwischen Ausbildungsverhältnis und Nebentätigkeiten deutlicher Rechnung zu tragen und Referendarinnen und Referendaren gleichzeitig Nebentätigkeiten Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/4838 3 auch künftig in einem mit dem Ausbildungsziel zu vereinbarenden Umfang zu ermöglichen . 5. Bislang wird das 500 Euro übersteigende Entgelt, das die Referendare im Rahmen der Ausbildung von dritter Seite erhalten, zur Hälfte auf den Grundbetrag von rund 950 Euro angerechnet. Eine von der CDU-Fraktion mit der Drs. 21/1960 geforderte Verbesserung dieser Regelung wurde bedauerlicherweise von den Regierungsfraktionen abgelehnt. Inwiefern wird im Rahmen der Gesetzesnovellierung eine Anpassung der Anrechnung geprüft? Die Möglichkeit einer Änderung des § 3 der Verordnung für die Unterhaltsbeihilfe für Rechtsreferendare wird derzeit von der zuständigen Behörde geprüft.