BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/4881 21. Wahlperiode 21.06.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Inge Hannemann (DIE LINKE) vom 15.06.16 und Antwort des Senats Betr.: Ungerechtfertigte Eingliederungszuschüsse bei Zeitarbeitsfirmen? Nach § 16 SGB II und §§ 88, 89 SGB III können Arbeitgeber Zuschüsse in Form von Eingliederungszuschüssen zu den Arbeitsentgelten erhalten, wenn die Vermittlung von Leistungsberechtigten nach SGB II und SGB III wegen in ihrer Person liegenden Umständen erschwert ist. Auch Zeitarbeitsfirmen können diese Zuschüsse erhalten. Der Bundesrechnungshof kritisierte die Zuschüsse an Zeitarbeitsfirmen und spricht davon, dass sie „ungerecht begünstigt“ werden. Das begründet er damit, dass diese die möglichen fehlenden Fachkenntnisse nicht selbst ausgleichen, sondern vielmehr die Unternehmen, die die Erwerbslosen einstellen. Demnach kann der Eingliederungszuschuss nur gezahlt werden, wenn den Arbeitgebern tatsächlich durch die Minderleistung ein finanzieller Nachteilt entsteht. So teilt der Bundesrechnungshof mit, dass der Zuschuss sich „zu einer Lohnsubvention für einzelne Unternehmen“ entwickelt habe und Zeitarbeitsfirmen den Zuschuss „teilweise in ihre Unternehmensstrategie eingebettet haben“ („Süddeutsche Zeitung“, 20. Oktober 2015). Die Bundesagentur für Arbeit wies die Kritik zurück und begründet die Förderung mit dem Sammeln von Berufserfahrungen für die Erwerbslosen. Vor diesen Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf Grundlage von Auskünften von Jobcenter team.arbeit.hamburg (Jobcenter) und der Agentur für Arbeit Hamburg (Agentur) wie folgt: 1. Wie bewertet der Senat die Kritik des Bundesrechnungshofes in Bezug auf die Ambivalenz des Ausgleichs von Minderleistungen am Arbeitsplatz , wenn das Zeitarbeitsunternehmen nicht selbst die Einarbeitung übernimmt? Der Senat hat sich mit der Angelegenheit nicht befasst. Der Bericht ist nicht öffentlich und liegt dem Senat nicht vor. 2. Wie viele Verleiher im Sinne des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes sind jeweils bei Jobcenter team.arbeit.hamburg und der Agentur für Arbeit Hamburg im internen System als Kunden erfasst? Im Sinne der Fragestellung gibt es keine statistische Auswertung. 3. Wie viele Verleiher nach Frage 2. übernehmen die Kosten für: a. notwendige Qualifizierungen? b. Beteiligung an der Einarbeitung im Entleihunternehmen? Drucksache 21/4881 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 c. eigenes Personal, um die Arbeitnehmer/-innen im Entleihunternehmen zu begleiten oder intensiv zu unterstützen? Siehe Antwort zu 2. 4. Wie hoch waren die Ausgaben für Eingliederungszuschüsse in den Jahren 2013 bis 2015 und aktuell im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung ? Bitte jeweils unterteilen in Jobcenter team.arbeit.hamburg und Agentur für Arbeit Hamburg. Unter dem folgenden Link können Zahlen zu Eingliederungszuschüssen nach Rechtskreis , Gebieten und Jahren eingesehen werden: http://statistik.arbeitsagentur.de/Navigation/Statistik/Statistik-nach- Themen/Eingliederungsbilanzen/zu-den-Daten/zu-den-Daten-Nav.html. Die Daten für 2015 stehen noch nicht zur Verfügung (Veröffentlichung Ende Juli). 5. Wie verteilen sich die Ausgaben der Eingliederungszuschüsse in den Jahren 2013 bis 2015 und aktuell auf die einzelnen Unternehmen nach der Arbeitnehmerüberlassung? Bitte jeweils unterteilen in Jobcenter team.arbeit.hamburg und Agentur für Arbeit Hamburg. Eine statische Auswertung erfolgt hierzu nicht. Gemessen an den Eintritten im letzten Jahr liegen die Anteile der Eingliederungszuschussförderungen im Bereich Arbeitnehmerüberlassung in Hamburg im SGB III schätzungsweise bei etwa 3,5 Prozent, im SGB II bei etwa 7 Prozent. 6. Liegt inzwischen eine geänderte Geschäftsanweisung zur Durchführung der §§ 88 – 92 SGB III vor, um der Kritik des Bundesrechnungshofes Rechnung zu tragen? Wenn ja, seit wann und durch wen? Wenn nein, warum nicht? Die Geschäftsanweisung zum Eingliederungszuschuss (Nummer 201605017) wurde zuletzt im Mai 2016 aktualisiert. Es wurden Feststellungen des Bundesrechnungshofes und Fragestellungen aus der täglichen Praxis aufgegriffen sowie redaktionelle Änderungen vorgenommen. 7. Sind die Verleiher bei Antragstellung auf EGZ verpflichtet, ihren finanziellen Nachteil oder den Aufwand beim Ausgleich von Minderleistung aufzulisten , der bei der Einstellung von Leistungsberechtigten nach SGB II und SGB III entsteht? Wenn ja, in welcher Form? Bei der Gewährung an Zeitarbeitsunternehmen ist es zur Prüfung der Minderleistung erforderlich, dass das Zeitarbeitsunternehmen eine genaue Arbeitsplatzbeschreibung des ersten Einsatzortes abgibt. Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind, sind im Rahmen der Mitwirkungspflicht seitens des Arbeitgebers der Agentur mitzuteilen (§ 60 Absatz 1 Satz 1 Ziffer 2 SGB I). Bei einem Wechsel der Tätigkeit (beim bisherigen Entleihbetrieb oder einem anderen Entleiher) muss die Minderleistung auf den konkreten Arbeitsplatz erneut geprüft werden (Arbeitsplatzprofil ). 8. Gelten fehlende Standard-Software-Kenntnisse, wie das Office-Paket oder Windows, als Minderleistung bei Leistungsberechtigten nach dem SGB II oder SGB III? Wenn ja, wann? 9. Gilt ein nicht vorhandener Führerschein der Klasse B an einem Arbeitsplatz ohne Fahrdienste als Minderleistung bei Leistungsberechtigten nach dem SGB II oder SGB III? Bei der Minderleistung handelt es sich um ein Tatbestandsmerkmal, das zusätzlich zu der erschwerten Vermittlung erfüllt sein muss. Ob beziehungsweise in welchem Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/4881 3 Umfang eine Minderleistung zu erwarten ist, ist nach den beruflichen Fähigkeiten, Kenntnissen, Erfahrungen und Stärken der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers und den konkreten stellenbezogenen Anforderungen des neuen Arbeitsplatzes zu beurteilen. Die zu erwartende Minderleistung muss über den Rahmen einer üblichen Einarbeitung hinausgehen. 10. Wer ist Kostenträger nach Fragen 8. und 9., wenn diese als Minderleistung durch Jobcenter team.arbeit.hamburg oder Agentur für Arbeit Hamburg anerkannt werden, um diese Minderleistung auszugleichen? Für SGB-II-Kunden das Jobcenter, entsprechend die Agentur für die SGB-III-Kunden. 11. Wie verhalten sich Eingliederungszuschüsse und weitere Fördermöglichkeiten nach dem SGB II und SGB III gegenüber Unternehmen nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz? Sind parallel laufende Förderungen möglich? Siehe Antwort zu 7. In der verleihfreien Zeit kann kein Eingliederungszuschuss gezahlt werden, da in dieser Zeit auch keine Minderleistung auszugleichen ist. Dies gilt nicht für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit sowie für Urlaub. Die Nachbeschäftigungszeit (§ 92 Absatz 2 SGB III) kann bei einem Entleiher oder dem Verleiher erfüllt werden. Doppelförderung ist nicht möglich. 12. Wie bewertet der Senat die Ausgaben an Eingliederungszuschüssen gegenüber Unternehmen nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz und der starken Fluktuation in diesem Bereich? Der Senat hat sich damit nicht befasst.