BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/49 21. Wahlperiode 13.03.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Birgit Stöver (CDU) vom 06.03.15 und Antwort des Senats Betr.: Soziale Erhaltungs- und Umwandlungsverordnung – Was hat es bisher gebracht? Die Soziale Erhaltungsverordnung soll gemäß § 172 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 Baugesetzbuch (BauGB) dem Erhalt der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung dienen, indem der Rückbau, die Änderung oder die Nutzungsänderung baulicher Anlagen der Genehmigung bedürfen. Seit 1. Januar 1998 kann durch eine von Hamburg initiierte Änderung des BauGB mit der sozialen Erhaltungsverordnung gleichzeitig eine Umwandlungsverordnung erlassen werden, wodurch alle Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen genehmigt werden müssen. Zweck der Umwandlungsverordnung besteht in der Erhaltung von Mietwohnraum, der Verhinderung spekulativer Veräußerungen sowie der Drosselung der Mietpreisentwicklung. Es bleibt jedoch weiterhin zweifelhaft, ob die Soziale Erhaltungs- beziehungsweise Umwandlungsverordnung diesen Zielen gerecht wird und in den betroffenen Hamburger Gebieten tatsächlich zu einem effektiven Mieterschutz beiträgt. Tatsache ist hingegen, dass die Verordnungen einen Eingriff in die Grundrechte der Hauseigentümer bedeuten und diese in der Verwertung und Nutzung ihres Eigentums stark beschränken. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie viele Gebiete mit Sozialer Erhaltungs- beziehungsweise Umwandlungsverordnung gab es seit 1994 in Hamburg und für welchen genauen Zeitraum wurden diese Verordnungen jeweils erlassen? a. Wie viele Wohnungen fielen beziehungsweise fallen in den Geltungsbereich dieser Verordnung und wie viele Haushalte waren beziehungsweise sind davon betroffen? Gebiete mit erlassenen Sozialen Erhaltungsverordnungen Geltungsdauer Anzahl der Wohnungen Haushalte Eimsbüttel-Nord/Hoheluft-West 17.Januar 1995 - 31.Dezember 2003 28.000 31.000 Barmbek-Süd/Uhlenhorst 4.Juli 1995 - 31.Dezember 2003 10.500 11.000 Südliche Neustadt seit 4.Juli 1995 1.900 2.300 St. Georg seit 14.Februar 2012 5.000 6.200 St. Pauli seit 14.Februar 2012 11.050 13.800 Sternschanze seit 22.März 2013 3.900 4.800 Osterkirchenviertel seit 9.August 2013 2.300 2.300 Eimsbüttel-Süd seit 9.Juli 2014 5.730 5.730 Altona-Nord seit 15.Juli 2014 k. A. 16.400 Drucksache 21/49 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 b. Plant der Senat für weitere Gebiete eine Soziale Erhaltungs- beziehungsweise Umwandlungsverordnung zu erlassen? Wenn ja, welche Gebiete prüft der Senat derzeit aus welchen Gründen , mit welchem Erkenntnisstand und zu wann sollen die Verordnungen jeweils erlassen werden? Auf der Basis bezirklicher Plausibilitätsprüfungen hat der Senat am 1. Juli 2014 für die Gebiete Bahrenfeld-Süd und Ottensen die Aufstellung Sozialer Erhaltungsverordnungen beschlossen und für diese Gebiete Verordnungen zur Durchführung repräsentativer Erhebungen zur Ermittlung des Aufwertungs- und Verdrängungspotentials sowie des Verdrängungsdrucks erlassen. Für einen Teilbereich der Nördlichen Neustadt wird, ebenfalls auf Basis einer bezirklichen Plausibilitätsprüfung, die Aufstellung einer Sozialen Erhaltungsverordnung vorbereitet . 2. Wie hat sich das Mietniveau in den unter Punkt 1. aufgeführten Gebieten entwickelt (Angaben bitte für jedes Gebiet einzeln und pro Jahr seit Inkrafttreten der Verordnung)? Daten über die Entwicklung des Mietniveaus liegen für Hamburg auf Stadtteilebene vor. Diese Angaben sind jedoch auf die speziell abgegrenzten Gebiete der Sozialen Erhaltungsverordnungen beziehungsweise Umwandlungsverordnung nicht übertragbar . Im Rahmen von Erhebungen für Evaluationen der Sozialen Erhaltungsverordnung/ Umwandlungsverordnung sind lediglich für das Gebiet Südliche Neustadt gebietsdurchschnittliche Nettokaltmieten über einen längeren Zeitraum hinweg ermittelt worden : Jahr der Erhebung 1995 2003 2008 2013 Miete nettokalt/m² 5,02 7,06 7,76 8,89 3. Ist aus Sicht des Senats festzustellen, dass die Regelungen der Sozialen Erhaltungs- beziehungsweise Umwandlungsverordnung insgesamt mietpreisdrosselnd oder sogar mietpreisdämpfend gewirkt haben beziehungsweise wirken? Wenn ja, warum und in welcher Größenordnung gegenüber von der Verordnung nicht betroffener Stadtbereiche? Welche Untersuchungen mit welchen Ergebnissen gab es hierzu? Da der Einsatz des städtebaulichen Instrumentariums der Sozialen Erhaltungsverordnung /Umwandlungsverordnung nicht zur Regulierung der Mietenhöhen vorgesehen ist, werden zum Verlauf der Mietenentwicklung in Sozialen Erhaltungsgebieten keine Untersuchungen durchgeführt. 4. Wie hoch war beziehungsweise ist die durchschnittliche Fluktuationsrate in den betroffenen Gebieten gegenüber der durchschnittlichen Fluktuationsrate in Hamburg? Statistische Daten zur Höhe und Entwicklung der durchschnittlichen Fluktuationsraten (Wohnungswechsel/Umzüge von Haushalten im Verhältnis zum Wohnungsbestand) liegen für den gesamten Hamburger Wohnungsbestand und damit auch für die Gebiete mit Sozialen Erhaltungsverordnungen nicht vor. 5. Wie beurteilt der Senat die Entwicklung der Bevölkerungsstruktur in den einzelnen Gebieten seit Anwendung der Verordnungen? Evaluationen der Jahre 2003 – 2008 und 2008 – 2013 haben nachgewiesen, dass die Bewohner/-innenstruktur im Gebiet der Sozialen Erhaltungsverordnung Südliche Neustadt nach wie vor aus städtebaulicher Sicht intakt, ausgewogen und vielfältig ist. Die Einwohnerinnen und Einwohner sind mit dem Quartier verwurzelt und nutzen intensiv die Angebote des Umfeldes. Eine nennenswerte Aufwertung der Sozialstruktur ist nicht zu verzeichnen, die wirtschaftliche Situation der Haushalte entspricht dem Ham- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/49 3 burger Durchschnitt. Die Sozialstruktur ist auch weiterhin in größerem Umfang schützenswert . Für die zwischen 2012 und 2014 erlassenen Sozialen Erhaltungsverordnungen St. Georg, St. Pauli, Sternschanze, Osterkirchenviertel, Eimsbüttel-Süd und AltonaAltstadt liegen noch keine Daten zur Entwicklung der Bevölkerungsstruktur vor. 6. Liegen dem Senat Erkenntnisse darüber vor, ob die Anwendung der Verordnungen sich auf die Investitionstätigkeit ausgewirkt hat? Wenn ja, in welcher Weise? Nein. Ein solcher direkter Rückschluss ist nicht möglich, da die Investitionstätigkeiten auf dem Wohnungsmarkt von unterschiedlichen Faktoren beeinflusst werden. 7. Wie oft hat die Stadt von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht und was waren die genauen Gründe hierfür (bitte für jedes Gebiet einzeln und pro Jahr seit Inkrafttreten der Verordnungen angeben)? Wie viele Wohnungen hat dies jeweils betroffen? Gebiet Anzahl der Ausübungsfälle Anzahl der Wohneinheiten Zeitraum EimsbüttelNord /Hoheluft-West 6 116 1995 - 2001 BarmbekSüd /Uhlenhorst 2 33 1996 - 1997 Zu den einzelnen Ausübungsgründen liegen keine Angaben vor. In den Gebieten mit aktuell wirksamen Sozialen Erhaltungsverordnungen ist das Vorkaufsrecht zum Schutz der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung bislang nicht ausgeübt worden. 8. Wie viele Bestandsmieter haben von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht (bitte für jedes Gebiet einzeln und pro Jahr seit Inkrafttreten der Verordnungen angeben)? Bestandsmieter haben im Rahmen des Vollzuges der Sozialen Erhaltungsverordnung keinen Gebrauch von ihrem Vorkaufsrecht gemacht. 9. Wie viele Abwendungserklärungen für wie viele Wohnungen wurden unterzeichnet (bitte für jedes Gebiet einzeln und pro Jahr seit Inkrafttreten der Verordnungen angeben)? Gebiet Anzahl der unterzeichneten Abwendungserklärungen Anzahl der Wohneinheiten Jahr EimsbüttelNord /HoheluftWest 36 535 1995 - 2001 BarmbekSüd /Uhlenhorst 20 321 1995 - 2001 St. Georg 1 24 2014 St. Pauli 1 12 2014 10. Wie hat sich die Zahl der erteilten Abgeschlossenheitsbescheinigungen entwickelt (bitte für jedes Gebiet einzeln und pro Jahr seit Inkrafttreten der Verordnungen angeben)? Gebiet 2013 2014 2015 Eimsbüttel-Süd / 1 für 10 WE 0 Altona-Altstadt / 2 für 12 WE 1 für 5 WE Sternschanze 3 für 78 WE 3 für 50 WE 0 Osterkirchenviertel 1 für 20 WE 0 0 Für die Gebiete St. Georg, St. Pauli und Südliche Neustadt des Bezirksamts Hamburg -Mitte müssten circa 1.100 Akten zunächst den Straßen der Erhaltungsverord- Drucksache 21/49 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 nungen zugeordnet und dann ausgewertet werden. Dies ist der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Zu den Gebieten Eimsbüttel-Nord/Hoheluft-West und Barmbek-Süd/Uhlenhorst: siehe Drs. 19/4468. 11. In wie vielen Fällen sind seitens der zuständigen bezirklichen Stellen Ausnahmetatbestände gemäß § 172 BauGB zur Umwandlung von Mietin Eigentumswohnungen (Begründung von Sondereigentum) genehmigt worden und aus welchen genauen Gründen (bitte für jedes Gebiet einzeln und pro Jahr seit Inkrafttreten der Verordnungen angeben)? a. Wie viele Wohnungen wurden hierbei jeweils umgewandelt? b. Wie viele umgewandelte Wohnungen wurden jeweils verkauft? Gebiet Jahr Vorgänge Anzahl WE umgewandelt verkauft Rechtsgrundlage St. Pauli 2012 1 12 12 0 § 172 Abs. 4 Satz 3 Nr. 6 Bau Gesetzbuch (BauGB) 2014 1 30 30 0 § 172 Abs. 4 Satz 3 Nr. 6 BauGB St. Georg 2012 1 17 17 k. A. § 172 Abs. 4 Satz 2 und Satz 3 Nr. 4 und 5 BauGB Sternschanze 2014 1 26 26 0 § 172 Abs. 4 Satz 3 Nr. 6 BauGB Osterkirchenviertel 2014 1 2 2 0 § 172 Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 BauGB Altona-Altstadt 2014 1 18 18 0 § 172 Abs. 4 Satz 3 Nr. 6 BauGB Südliche Neustadt Zu genehmigende Ausnahmetatbestände lagen nicht vor. 12. Wie viele Anträge auf genehmigungspflichtige Änderungen (Rückbau, Nutzungsänderung et cetera) wurden bei den zuständigen bezirklichen Stellen aus welchen Gründen a. gestellt, b. genehmigt oder c. abgelehnt (bitte für jedes Gebiet einzeln und pro Jahr seit Inkrafttreten der Verordnungen angeben)? Gebiet Jahr Anzahl der gestellten Anträge Anzahl der genehmigten Anträge und Antragsgründe Anzahl der abgelehnten Anträge und Antragsgründe EimsbüttelNord / Hoheluft-West 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 17 22 18 47 47 56 50 17 22 18 44 42 45 40 0 0 0 3 5 11 10 Barmbek-Süd/ Uhlenhorst 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 3 29 24 19 37 29 16 3 25 20 16 32 16 14 0 4 4 3 5 13 2 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/49 5 Gebiet Jahr Anzahl der gestellten Anträge Anzahl der genehmigten Anträge und Antragsgründe Anzahl der abgelehnten Anträge und Antragsgründe Sternschanze 2013 2014 2015 4 8 1 2 Balkonanbauten 5, davon 4 Balkonanbauten und 1 Wohnungszusammenlegung 1 Gebäudeabriss 2 , davon 1 Dachterrasse und 1 Gebäudeabriss 3, davon 1 Dachterrasse und 2 Nutzungsänderungen 0 Osterkirchenviertel 2013 2014 2015 1 7 0 1 Dachterrasse 5, davon 3 Balkonanbauten , 1 Wohnungserweiterung und 1 Wohnungsumbau 0 0 2 Nutzungsänderungen 0 Altona-Altstadt 2014 2015 2 1 2 Balkonanbauten 1 Außenaufzug und Dachterrasse 0 0 EimsbüttelSüd 2014 2015 14 9, davon 7 laufende 14, davon 4 Umbauten und jeweils 1 Sanierung Vorderhaus , Gebäudeabbruch, Dachgeschossausbau, Nutzungsänderung, Erweiterung um 9 WE, Balkonneubau , Wohnungsteilung, Fenstereinbau, Küchensanierung , Umnutzung in Wohnraum 0 2, davon 1 Dachge- schossausbau und 1 Modernisierung Hinterhaus Für die Gebiete Eimsbüttel-Nord/Hoheluft-West und Barmbek-Süd/Uhlenhorst liegen zu den einzelnen Gründen in den Jahren 1995 – 2001 keine Angaben vor. Für die Gebiete St. Georg, St. Pauli und Südliche Neustadt des Bezirksamts Hamburg -Mitte müssten circa 1.100 Akten zunächst den Straßen der Erhaltungsverordnungen zugeordnet und dann ausgewertet werden. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich.