BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/4947 21. Wahlperiode 28.06.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein (FDP) vom 20.06.16 und Antwort des Senats Betr.: Zahlstellen der Amtsgerichte und der Justizvollzugsanstalten – Wann werden Mängel durch den Senat beseitigt? Der Rechnungshof hat nach Prüfungen der Zahlstellen der Amtsgerichte im Jahr 2015 insgesamt zwölf Mängel festgestellt.1 Diese seien bereits im Jahresbericht des Rechnungshofs aus dem Jahr 2014 enthalten gewesen. Zudem hat der Rechnungshof nach Prüfungen 38 Mängel der Zahlstellen der Justizvollzugsanstalten Billwerder, Glasmoor und Hahnöfersand sowie der Untersuchungshaftanstalt Hamburg festgestellt, die unter anderem auf den fehlerhaften Umgang mit Quittungen, Tages- und Monatsabschlussblättern sowie fehlerhafte Buchungen Bezug nehmen.2 Der Senat hat nun selbst eingeräumt, dass die Kritikpunkte des Rechnungshofs berechtigt sind.3 Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: In den Zahlstellen der Amtsgerichte fallen im Jahresdurchschnitt circa 90.000 und in den Zahlstellen der Justizvollzugsanstalten circa 100.000 Geschäftsvorfälle pro Jahr an. Der Senat hat die Prüfungsfeststellungen des Rechnungshofes zum Anlass genommen , eine Reorganisation der Zahlstellengeschäfte zu prüfen sowie die Qualifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu intensivieren. Für den Bereich der Amtsgerichte hat sich eine Zentralisierung der Zahlstellen als geeignete Maßnahme herauskristallisiert. Die Reduzierung von acht Zahlstellen auf eine Zahlstelle ermöglicht hier eine qualifizierte Überprüfung der ordnungsgemäßen Durchführung der Zahlstellengeschäfte bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Aufgabenwahrnehmung für die hamburgische Justiz. Bei den Zahlstellen der Justizvollzugsanstalten führt eine Zentralisierung bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Aufgabenwahrnehmung aufgrund der abweichenden Aufgabenstellung hingegen nicht zum gewünschten Erfolg. Gleichwohl findet eine Prüfung statt, ob organisatorische Maßnahmen die Erhöhung der Produktqualität unterstützen können. Damit hat der Senat die erforderlichen Maßnahmen ergriffen, um Fehler bei der Ausübung der Zahlstellengeschäfte zu vermeiden. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1 Vergleiche Jahresbericht 2016 Rechnungshof vom 7. Januar 2016, Seite 133. 2 Vergleiche Jahresbericht 2016 Rechnungshof vom 7. Januar 2016, Seite 133. 3 Vergleiche Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft Drs. 21/4850, Seite 11. Drucksache 21/4947 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 1. Welche Mängel bei der Einhaltung von welchen Vorschriften für das Kassen- und Rechnungswesen hat der Rechnungshof von 2014 bis 2016 in Bezug auf Zahlstellen der Amtsgerichte und der Justizvollzugsanstalten gerügt? Warum sind diese bisher noch nicht beseitigt worden? Folgende Mängel wurden bei den Zahlstellen der Amtsgerichte gerügt: Dienststelle Feststellung des Rechnungshofs Nicht beachtete Vorschrift Amtsgericht Altona Die Schlüssel für die Zahlstellentüren , den Tresorraum und den Geldschrank sowie der Magnetschlüssel für die Alarmanlage werden nach Dienstschluss offen im Geldschrank verwahrt. Zugang haben alle Zahlstellenmitarbeiter, dadurch keine Haftungsabgrenzung . Eine Auslagenrechnung wurde von nur einer Person sowohl sachlich und rechnerisch richtig gezeichnet als auch angeordnet. Nr. 8.4 Anlage 8 Teil II der Verwaltungsvorschriften für Zahlungen, Buchführung und Rechnungslegung der Freien und Hansestadt Hamburg (VV-ZBR) Nr. 15.1.4 Anlage 3 VV- ZBR. Amtsgericht Harburg Anordnung einer Auslagenrechnung , obwohl die AO-Befugnis für den Anordnenden bereits 2012 widerrufen worden ist. In der Liste der AO-Befugten sind zwei Mitarbeiterinnen des Amtsgerichts Harburg anordnungsbefugt gegenüber der Zahlstelle des AG Harburg. In beiden Unterschriftsmitteilungen ist die Erteilung der AO-Befugnis nicht dokumentiert. Keine ordnungsgemäße Übergabe und Übernahme bei kurzfristigem Wechsel des Zahlstellenverwalters . Nr. 15.11.1 Anlage 3 VV-ZBR Nichtbeachtung der Aktualisierung der Liste über Anordnungsbefugte Nr. 3.3 und 3.4 Anlage 8 Teil II VV-ZBR Amtsgericht HH- Mitte Die alle drei Jahre durchzuführende Bestätigung der Liste der Anordnungsbefugten wurde nicht fristgerecht durchgeführt. Bei dem im „Doppischen Kassenprotokoll “ eingetragenen Bargeldbestand handelt es sich um den Bestand, der in der entsprechenden Zeile des Tagesabschlussbuches eingetragen worden ist. Es gibt aber zusätzlich abgesetzte Kassen und für die Ablieferung vorbereitetes Bargeld in der Zahlstelle , das bei der Zählung für das „Doppische Kassenprotokoll“ zu berücksichtigen ist, da es ebenfalls zum Bargeldbestand der Zahlstelle gehört. Nr. 2.2.4.3 Anlage 2 zu Nr. 9.2 VV-ZBR Nr. 10.1 Anlage 8 Teil II VV-ZBR Nr. 18.6 Anlage 8 Teil II VV-ZBR Formfehler Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/4947 3 Dienststelle Feststellung des Rechnungshofs Nicht beachtete Vorschrift Im Bestandsbuch über Quittungsblocks wurden nur die Abgänge eingetragen. Es fehlt der Nachweis über die Zugänge. In der Zahlstelle befinden sich noch 14 Quittungsblocks (GV 7) mit der Währung „DM“. Amtsgericht Blankenese Unrichtige Erstellung des Vordrucks „Abstimmung zwischen Kontoauszug und Kontogegenbuch und Darstellung der schwebenden Posten“. Auf einer Auslagenrechnung fehlt die Bescheinigung der sachlichen und rechnerischen Richtigkeit. Nr. 5.1 Anlage 8 Teil II i.V.m. Nr. 30.2.1 und 30.2.2 Anlage 3 VV-ZBR Nr. 15.2 Anlage 3 VV- ZBR Amtsgericht Barmbek Gelegentliche Weitergabe des Schlüssels für die Zahlstelle an die Zahlstellenaufsichtsbeamtin zur Prüfung des Monatsabschlusses oder zum Rollen von Münzen. Damit keine Haftungsabgrenzung. Nr. 8.4 Anlage 8 Teil II VV-ZBR Für den Bereich der Zahlstellen der Vollzugsanstalten wurden zusammengefasst folgende Mängel festgestellt: nicht geprüfte Wertzeichenbestände (Nummer 4.2 Anlage 8 Teil II VV-ZBR) fehlerhafte Quittungen (Nummer 7.5.1 Anlage 3 VV-ZBR) nicht ordnungsgemäßer Umgang mit Tages- und Monatsabschlussblättern sowie Schwebepostenzettel (Nummer 4.4.2 Anlage 8 Teil II VV-ZBR) nicht korrekte beziehungsweise aktualisierte Listen der Anordnungsbefugten beziehungsweise Kontobevollmächtigten (Nummer 5.4 Anlage 8 Teil II VV-ZBR) fehlerhafte Unterschriften auf Belegen/Anordnungen (Nummer 4.4.3 Anlage 8 Teil II VV-ZBR) verspätete Vereinnahmungen von Verwahrgeldern zum Haushalt (Nummer 4.1.1 Anlage 9.3 VV-ZBR) Die genannten Mängel konnten sukzessive abgestellt werden. Aufgrund der Vielzahl der Geschäftsvorfälle (siehe Vorbemerkung) und der hohen Anzahl mitwirkender Stellen , insbesondere im Bereich der Justizvollzugsanstalten, hat die Veränderung von Arbeitsabläufen einhergehend mit der Sensibilisierung aller Beteiligten einige Zeit in Anspruch genommen. 2. Welche Maßnahmen hat der Senat ergriffen und wird der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde wann ergreifen, damit sich die vom Rechnungshof bereits im Jahresbericht 2014 aufgeführten Mängeln in den Zahlstellen insbesondere in den Justizvollzugsanstalten nicht wiederholen ? Die Bündelung der Zahlstellengeschäfte im Bereich der Amtsgerichte eröffnet die Möglichkeit, besonders geschultes Personal sowohl in der Zahlstellenverwaltung als auch in der Zahlstellenaufsicht einzusetzen. Drucksache 21/4947 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Im Bereich der Justizvollzugsanstalten führt die Einrichtung von Qualitätszirkeln, die Anleitung und Begleitung in der Zahlstellenverwaltung und in der Zahlstellenaufsicht sowie die Verstärkung der Fachaufsicht durch zusätzliche Aufgabenübertragung zu einer Verringerung von Fehlern. 3. Inwieweit hat der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde wegen der hohen Anzahl der Beanstandungen in vier Justizvollzugsanstalten Schulungsmaßnahmen durchgeführt? Wenn ja, wie oft und in welcher JVA (bitte nach Monaten darstellen)? Wenn nein, warum nicht? Die zuständige Behörde hat im Jahr 2015 halbjährliche Qualitätszirkel zwischen der Fachaufsicht in der Justizkasse, der Fachaufsicht über die Zahlstellen in den Justizvollzugsanstalten und den Leitungen der Zahlstellen der Justizvollzugsanstalten initiiert . Die ersten Qualitätszirkel wurden am 17. April 2015 und am 3. Dezember 2015 in der zuständigen Behörde mit Beteiligten aller Justizvollzugsanstalten durchgeführt. Die folgenden Zusammenkünfte, unter Einbeziehung der Zahlstellenaufsicht der jeweiligen Justizvollzugsanstalten, sind für den 26. Juli 2016 und den 8. September 2016 terminiert. Darüber hinaus wurden, im Jahr 2015 beginnend, die Zahlstellen der Justizvollzugsanstalten Hahnöfersand, Fuhlsbüttel und der Untersuchungshaftanstalt durch die Fachaufsicht überprüft. 4. Hat der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde ein nachhaltiges Qualitätsmanagement eingeführt? Wenn ja, wo, wie und mit welchem Ergebnis? Wenn ja, wurde dazu Personal welcher Entgeltgruppe eingestellt? Wenn nein, warum nicht? Es ist Aufgabe des Zahlstellenaufsichtsbeamten, die Geschäftsführung der Zahlstelle zu beaufsichtigen, insbesondere, die Kontrolle der ordnungsgemäßen Erledigung der Geschäfte in der Zahlstelle auszuüben. Die Kontrolle wird dadurch ausgeübt, dass die monatlichen Abrechnungen der Zahlstelle sorgfältig geprüft werden (Nummer 4 Anlage 8 Teil II VV-ZBR). Die zuständige Behörde hat die Prüfmitteilung des Rechnungshofs zum Anlass genommen, in einem halbjährlichen Turnus die Feststellungen der monatlichen Prüfungen der Zahlstellenaufsichtsbeamten zu evaluieren und mit allen Beteiligten in den Räumlichkeiten der Behörde im Dialog zu erörtern. In diesem Rahmen findet eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Vorschriften der Landeshaushaltsordnung, die für die Ausübung der Zahlstellenaufsicht einschlägig sind, statt. Die Zahlstellenaufsichtsbeamten tauschen Erfahrungen über Hospitationen in den jeweiligen Zahlstellen aus. Darüber hinaus hat die zuständige Behörde durch Aufgabenübertragung im Rahmen des vorhandenen Personalbestands innerhalb des fachlich zuständigen Bereichs eine weitere Prüfinstanz eingesetzt, die die engmaschige Begleitung der betroffenen Bereiche im Justizvollzug unterstützt. 5. Wann wird die zuständige Behörde Maßnahmen zur Verbesserung einer wirksam ausgeübten Dienstaufsicht wie umsetzen? Die zuständige Behörde hat erkannt, dass der Schwerpunkt zur Verbesserung der Arbeitsergebnisse weniger in der Verbesserung der Dienstaufsicht, sondern vielmehr in der Stärkung der Fachaufsicht liegt. Aus dieser Erkenntnis wurde die Begleitung und Schulung der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vorgenommen. 6. Warum hat sich die zuständige Behörde in 2015 nur mit der Reorganisation der Zahlstellen der Amtsgerichte befasst und nicht mit denen in den Justizvollzugsanstalten (bitte genau begründen)? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/4947 5 Wie bereits in Textziffer 426 des Jahresberichts 2016 des Rechnungshofs ausgeführt, hat die zuständige Behörde im Jahr 2015 schwerpunktmäßig die Reorganisation der Zahlstellen der Amtsgerichte vorangetrieben. Infolge dieses auch personell gebündelten Einsatzes konnten sieben von acht Zahlstellen bei den Amtsgerichten im 1. Quartal 2016 geschlossen und abgewickelt werden. Parallel hat die zuständige Behörde Reorganisationsmöglichkeiten für die Zahlstellen des Vollzuges geprüft. Die Gegenüberstellung der völlig voneinander abweichenden Aufgabenstellung zwischen den Zahlstellen der Gerichte und den Zahlstellen des Vollzugs führt zu dem Ergebnis, dass eine Reduzierung von Fehlern in diesem Bereich nicht durch eine Zentralisierung zu erreichen ist. Die Aufgaben einer Zahlstelle des Vollzugs bestehen überwiegend in der Sicherstellung und Verwaltung von Geldern der Gefangenen. Die täglichen Zahlungsströme lassen eine Verzögerung durch eine zentrale Verwaltung nicht zu. Die Prüfmitteilung des Rechnungshofs wurde zum Anlass genommen, Qualitätsverbesserungen durch Schulung, gesicherte Geschäftsprozesse und engmaschige Begleitung durch die Fachaufsicht einzuleiten. In diesen Prozess, der in 2015 begonnen hat, wird die Prüfung organisatorischer Maßnahmen einfließen, die die Verbesserung der Qualität unterstützen. 7. Hat die zuständige Behörde der Finanzbehörde eine Anpassung kassenrechtlicher Regelungen vorschlagen? Wenn ja, wann und welche genau? Wenn nein, warum nicht? Die zuständige Behörde hat im April 2015 den Entwurf einer Allgemeinen Verfügung vorgelegt, mit der Regelungen für die Geldverwaltung Dritter geschaffen werden sollen . Die für diesen Bereich bestehenden Regelungen der LHO (Nummern 5.1.1 und 5.2.1 Anlage 8 Teil I VV-ZBR) genügen den Anforderungen der Geldverwaltung von Gefangenen nicht. Der Entwurf der Allgemeinen Verfügung befindet sich in der Abstimmung zwischen den beteiligten Behörden. 8. Hätten aus Sicht des Senats beziehungsweise der zuständigen Behörde die bereits im Jahr 2014 und dann wieder im Jahr 2015 vom Rechnungshof festgestellten Mängel bei der Einhaltung von Vorschriften für das Kassen- und Rechnungswesen bei Zahlstellen der Amtsgerichte und der Justizvollzugsanstalten beseitigt sein müssen? Wenn ja, durch welche Vorkehrungen? Wenn nein, warum nicht? Bei Einhaltung von Vorschriften können die in der Hauptsache vom Rechnungshof festgestellten Formfehler vermieden werden. Darüber hinaus geht der Senat davon aus, dass das zwischenzeitlich aufgebaute Qualitätsmanagement zur Vermeidung von Fehlern beitragen wird.