BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/4970 21. Wahlperiode 28.06.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Ralf Niedmers (CDU) vom 21.06.16 und Antwort des Senats Betr.: Peinliche Posse um Landstromanlage Altona – Wusste Bürgermeister Olaf Scholz von der unwahren Sachverhaltsdarstellung, als er den „Start-Knopf“ drückte? Ökostrom aus der Steckdose statt Abgase aus dem Schornstein hatte Olaf Scholz versprochen, als er Anfang Juni mit großem Tamtam die neue Landstromanlage am Kreuzfahrtterminal Altona in Betrieb nahm. Wie jetzt rauskam , entspricht dies offenbar nicht den Tatsachen. Während der Bürgermeister bei der Einweihungsfeier von sauberer Luft redete, liefen im Hintergrund die Dieselmotoren weiter. Die Anlage ist bis heute nicht betriebsbereit, das einzige Schiff, bei dem der Stecker passt, läuft inzwischen einen anderen Terminal an. Inzwischen räumte auch die Hamburg Port Authority in einer offiziellen Presseerklärung ein, dass bei der Einweihung am 3. Juni „planmäßig vor allem Tests für die Schutzabschaltungen im Störfall durchgeführt wurden, so dass nur Leistung für diese Zwecke übertragen wurde.“ Es stellt sich die Frage, ob der Bürgermeister Olaf Scholz von den tatsächlichen technischen Gegebenheiten Kenntnis hatte, als er feierlich den „Start-Knopf“ drückte? Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Am 3. Juni 2016 fand mit dem Anlauf der AIDAsol am Kreuzfahrtterminal Altona die Einweihung der Landstromanlage statt. Bei der neuen Landstromanlage handelt es sich um ein einzigartiges Pilotprojekt, mit dem Hamburg erste Erfahrungen mit dem Betrieb eines festen Landstromanschlusses dieser Größenordnung sammeln wird. Ziel ist es, die Akzeptanz für die Landstromversorgung unter den Kreuzfahrtreedereien zu erhöhen und wichtige Erkenntnisse zum Marktpotenzial zu gewinnen. Die Technik kann erstmalig unter realen Bedingungen eingesetzt werden und belastbare Ergebnisse für den Regelbetrieb liefern. Aus diesem Grund wird das Projekt von der EU und dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit gefördert. Bei der geplanten schrittweisen Stromübergabe ans Schiff haben die Sicherheit und die Gewährleistung eines reibungslosen Schiffsbetriebs höchste Priorität. Daher hat bereits am 30. Mai 2016 eine erste Stromübergabe stattgefunden. Zur Sicherheit sind die Schiffsmaschinen mitgelaufen, da die Tests noch andauern. Dies ist eine Vorsichtsmaßnahme gewesen und bei Pilotprojekten wie diesem nichts Ungewöhnliches. Am 3. Juni 2016 wurden planmäßig vor allem Tests für die Schutzabschaltungen im Störfall durchgeführt, sodass nur Leistung für diese Zwecke übertragen wurde. Die Hamburg Port Authority (HPA), Siemens und AIDA werden wie geplant die nächsten Anläufe der AIDAsol am Kreuzfahrtterminal Altona im August 2016 dafür nutzen, weitere Tests zur Optimierung der Landstromanlage durchzuführen. Jeder weitere Anlauf bringt der HPA und den beteiligten Unternehmen neue Erkenntnisse, die den Drucksache 21/4970 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Betrieb optimieren und an deren Ende der Regelbetrieb steht. Für Hamburg bedeutet das, Vorreiter einer neuen Technologie zu sein. Das verschafft dem Standort ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal. Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der Hamburg Port Authority (HPA) wie folgt: 1. Wie lange lief die Landstromanlage bei ihrer Einweihung am 3. Juni? Ist es zutreffend, dass die Landstromanlage Altona bei ihrer Einweihung nur wenige Minuten lief? 2. Warum gab/gibt es Probleme bei der Landstromversorgung der AIDAsol ? Ist es seit „Inbetriebnahme“ der Landstromanlage zu Schäden an der Elektrik der AIDAsol gekommen? Siehe Vorbemerkung. Im Übrigen siehe Drs. 21/4931. 3. Wusste der Bürgermeister Olaf Scholz bei der Einweihung der Landstromanlage Altona, dass „planmäßig vor allem Tests für die Schutzabschaltungen im Störfall durchgeführt wurden“ und die Landstromanlage noch nicht voll einsatzfähig war? 4. Warum wurde die Landstromanlage Altona eingeweiht, wenn die „Testphase “ bisher nicht beendet war? Siehe Vorbemerkung. 5. Sieht der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde die Einweihung der Landstromanlage Altona im Nachhinein als zu vorschnell an? Nein. 6. Wann ist die „Testphase“ der Landstromanlage Altona voraussichtlich beendet? Wann soll die Landstromanlage in den Regelbetrieb gehen? Die HPA, Siemens und AIDA werden wie geplant die nächsten Anläufe der AIDAsol am Kreuzfahrtterminal in Altona im August 2016 dafür nutzen, weitere Tests zur Optimierung der Landstromversorgung durchzuführen, um anschließend in den Regelbetrieb zu gehen. 7. Warum wurde die AIDAsol bei dem letzten Anlauf am Terminal in der HafenCity nicht mit Strom durch die LNG Hybrid Barge versorgt? 8. Ist es zutreffend, dass die zuständigen Stellen dem Unternehmen Becker Marine Systems mitgeteilt haben, dass die AIDAsol nach dem Landstromversuch zunächst auf die Funktionsfähigkeit der Elektrik an Bord überprüfen müsse? Wenn ja, warum hat man davon abgesehen, die AIDAsol über die Hybrid Barge mit Strom zu versorgen? Die Fragen 7. und 8. betreffen das privatwirtschaftliche Handeln zweier Unternehmen. Der zuständigen Behörde liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Seitens der zuständigen Behörde beziehungsweise der HPA sind keine entsprechenden Mitteilungen an Becker Marine Systems GmbH & Co. KG erfolgt. 9. Sieht der rot-grüne Senat sein zentrales Konzept zur Verbesserung der Luftqualität in Gefahr? Siehe Vorbemerkung. 10. Sieht der Senat die Gefahr, dass die Kosten für die Landstromanlage Altona von den Nutzungseinnahmen nicht gedeckt werden? Sieht der Senat im Weiteren die Gefahr, dass die Anlage ein Betriebskostendefizit anhäuft? Wer müsste dafür aufkommen? Siehe Drs. 21/4643 und 20/9298.