BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/4989 21. Wahlperiode 01.07.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten André Trepoll und Karin Prien (CDU) vom 23.06.16 und Antwort des Senats Betr.: Schulbuchbeschaffung Wie die Antworten des Senats auf die Schriftlichen Kleinen Anfragen Drs. 21/4495 und 21/4598 ergeben, wird der Vertrieb von Schulbüchern in Hamburg für derzeit 324 staatliche allgemeinbildende und 39 staatliche berufsbildende Schulen seit mehreren Jahren über europaweite Ausschreibungen durchgeführt. Dabei sind für das kommende Schuljahr 2016/2017 von 44 Zuschlägen nur neun an Hamburger Buchhandlungen gegangen; alle Zuschläge erfolgten nach dem Losverfahren, sodass das Ergebnis der Ausschreibung dem Zufallsprinzip unterlag. Buchhandlungen haben es in der Zeit der Digitalisierung und vor dem Hintergrund der Buchpreisbindung ohnehin schwer, sich am Markt zu behaupten und kämpfen oftmals ums Überleben. Der Vertrieb von Schulbüchern sichert ihnen zumindest einen Umsatz in fünfstelliger Höhe. In verschiedensten Bereichen bemüht sich der Senat um die regionale Wirtschaftsförderung und eine Verbesserung der Standortbedingungen; beispielsweise sei das Projekt „Aus der Region – für die Region“ genannt, das neben der Stärkung der ländlichen Räume der Metropolregion Hamburg die Schaffung zusätzlicher Einkommensquellen für regionale Erzeuger, Verarbeiter und Vermarkter von landwirtschaftlichen Produkten bezweckt. Auch wenn es selbstverständlich ist, dass sich der Senat an europarechtliche Vorgaben im Rahmen des strengen Vergaberechts halten muss, stellt sich die Frage, ob es nicht möglich wäre, den Vertrieb von Schulbüchern anderweitig zu gestalten, um regionale Buchhändler besser unterstützen zu können . Dies würde auch im Sinne der Schulen sein, die ihre Schulbücher aufgrund des Losverfahrens nun überwiegend aus Nordrhein-Westfalen, Baden- Württemberg und Sachsen beziehen müssen. Die Kanzlei Allen & Overy LLP hat im Jahre 2013 für den Börsenverein des Deutschen Buchhandels ein Gutachten erstellt, das zu dem Ergebnis kam, dass eine dezentrale Auftragsvergabe durch die einzelnen Schulen sehr wohl möglich ist – zugunsten des regionalen Buchhandels: http://www.boersenverein.de/sixcms/media.php/976/Vergaberechtliches_Kur zgutachten_%20zur_Zulaessigkeit_dezentraler_Beschaffungsvorgaenge.pdf. Es stellt sich die Frage, inwiefern eine entsprechende dezentrale Beschaffung der Schulbücher durch die Schulen für die Zukunft auch in Hamburg in Betracht kommt, um die regionalen Buchhändler zu stärken. Drucksache 21/4989 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. Welche Bedeutung bemessen der Senat beziehungsweise die zuständigen Behörden der Stärkung des regionalen Buchhandels bei? Der regionale Buchhandel ist ein wichtiger Teil der Hamburger Kreativwirtschaft. Gerade die kleineren, inhabergeführten Buchhandlungen führen häufig Lesungen mit Autorinnen und Autoren durch. Sie tragen damit zum Erhalt des Kulturguts Buch bei. Aus diesen Gründen fördert die für Kultur zuständige Behörde auch Formate wie die „Lange Nacht der Literatur“, an der sich mittlerweile fast 40 Hamburger Buchhandlungen mit einem abwechslungsreichen internationalen Programm beteiligen, und den Buchhandlungspreis der Kulturbehörde Hamburg für inhabergeführte Buchhandlungen mit maximal drei Filialen. Der Einzelhandel, zu dem auch der Buchhandel gehört, ist ein wesentlicher Bestandteil der Attraktivität Hamburgs für die Einwohnerinnen und Einwohner, die Besucherinnen und Besucher aus der Metropolregion und für die Touristen. Die Förderung der regionalen Wirtschaft stellt hingegen keinen zulässigen Vergabezweck dar, sodass eine Förderung des Hamburger Buchhandels im Rahmen der Ausschreibung für Schulbücher unzulässig ist, siehe auch Drs. 21/4495. 2. Wie beurteilen die zuständigen Behörden das oben genannte Gutachten der Kanzlei Allen & Overy LLP zur dezentralen Schulbuchbeschaffung? Das Gutachten ist der zuständigen Behörde bekannt. Die Auffassung wird von der zuständigen Behörde nicht geteilt. 3. Inwiefern kommt die dort vorgeschlagene Lösung, die der Stärkung des regionalen Buchhandels in erheblichem Maße dient, für die Schulbuchbeschaffung in Hamburg in Betracht? a. Aus welchem Grund wurde bislang von dieser Möglichkeit kein Gebrauch gemacht? b. Beabsichtigt die zuständige Behörde, für die Schulbuchbeschaffung in den künftigen Schuljahren diese Möglichkeit in Erwägung zu ziehen ? Falls nicht, weshalb nicht? Bisher kann die Beschaffung von Schulbüchern für alle staatlichen Schulen mit einem einzigen europaweiten Ausschreibungsverfahren realisiert werden. Eine Abkehr von der bisherigen Praxis und ein Übergang zu einem schulbezogenen Vergabeverfahren im Sinne des genannten Gutachtens würden bedeuten, dass jede einzelne staatliche allgemeinbildende und berufliche Schule ein eigenes Vergabeverfahren durchführen müsste. Aufgrund der Vorgaben der Hamburgischen Beschaffungsordnung würde dies bei Beschaffungen im Umfang von mindestens 50.000 Euro (ohne Umsatzsteuer) ein formelles Vergabeverfahren mit Beteiligung der Beschaffungsstelle der für Bildung zuständigen Behörde erfordern. Nach den Beschaffungsergebnissen der Jahre 2014 und 2015 wären circa 40 beschränkte oder öffentliche Ausschreibungen pro Jahr erforderlich gewesen. In den Schulen wären keine Kapazitäten für diesen verfahrensbedingten Mehraufwand vorhanden. An der Vergabe durch Losentscheid würde sich auch bei einem schulbezogenen Vergabeverfahren nichts ändern, da es wegen der Buchpreisbindung keine wirtschaftlichen Unterschiede zwischen den Angeboten geben kann und für eine freihändige Vergabe (Beschaffungen im Umfang bis 50.000 Euro (ohne Umsatzsteuer)) mindestens drei Angebote, für eine beschränkte Ausschreibung sogar mindestens sechs Angebote erforderlich sind. Bei einem schulbezogenen Vergabeverfahren würden zudem nur circa 10 Prozent der Schulen mit Beschaffungen im Umfang von mindestens 50.000 Euro (ohne Umsatzsteuer) den bisherigen, maximal möglichen Rabatt von 15 Prozent erreichen. Alle anderen Schulen würden lediglich einen Rabatt von 12 Prozent erzielen. Es würden sich somit zusätzliche Kosten in Höhe von circa 200.000 Euro ergeben. Unter Berücksichtigung dieser zusätzlichen Kosten, des beschriebenen zusätzlichen Verfahrensaufwands sowie der erhöhten Verfahrensrisiken eines schulbezogenen Verfahrens ist eine Verfahrensänderung nicht vorgesehen.