BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/5005 21. Wahlperiode 01.07.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Michael Kruse (FDP) vom 24.06.16 und Antwort des Senats Betr.: Brexit – Was sind die Folgen für Hamburg? Nach dem Referendum der Briten haben sich die Brexit-Befürworter laut vorläufigem amtlichen Endergebnis durchgesetzt. 17,4 Millionen Menschen stimmten für einen Austritt aus der Europäischen Union. Das entspricht 51,9 Prozent. Damit ist klar: Großbritannien wird aus der Europäischen Union austreten . Dieses Ergebnis wird Auswirkungen auf die Europäische Union, Deutschland und insbesondere auf das Bundesland Hamburg als Handelsmetropole mit Hafen in der Nordrange haben. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie schätzt der Senat die Auswirkungen des Ergebnisses des Referendums in Großbritannien für die Freie und Hansestadt Hamburg ein? a. Welche politischen und wirtschaftlichen Folgen sowie Auswirkungen hat beziehungsweise kann der Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union für die Freie und Hansestadt Hamburg haben? b. Welche Vorteile ergeben sich beziehungsweise können sich aus Sicht des Senats durch den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union für die Freie und Hansestadt Hamburg ergeben? c. Welche Nachteile ergeben sich beziehungsweise können sich aus Sicht des Senats durch den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union für die Freie und Hansestadt Hamburg ergeben? (Bitte gegebenenfalls nach England, Schottland, Wales, Nordirland in den Antworten untergliedern.) Der Senat bedauert den Ausgang des Referendums. Die europäische Integration ist und bleibt nach wie vor ein Garant für Frieden, Demokratie und Wohlstand in Europa. Sie stellt sicher, dass die europäische Stimme und dass europäische Werte in der Weltgemeinschaft Gehör finden. Hamburg profitiert als Handelsmetropole von der Europäischen Union im besonderen Maße. Die Zusammenarbeit innerhalb der Europäischen Union (EU) ist das Fundament für ein solidarisches Miteinander, das Europa stark gemacht hat. Gleichzeitig ist sie ein einzigartiges Beispiel dafür, wie Gesellschaften sich nach den kriegerischen Katastrophen des 20. Jahrhunderts im Geiste der Völkerverständigung annähern und zu Partnern werden konnten. Dies umfasst den Austausch auf allen Ebenen wie etwa im Bereich der Wissenschaft, Bildung, Jugend oder Kultur. Dabei stärkt die EU die Einheit der Völker Europas unter Wahrung ihrer vielfältigen Traditionen und Sprachen. Die weitgehende Freizügigkeit in Europa hat die Völker des Kontinents in den vergangen Jahrzehnten näher zusammenrücken lassen. Europa basiert darauf, gemeinsame Drucksache 21/5005 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Lösungen zu entwickeln und einen fairen Umgang zwischen den Mitgliedstaaten zu sichern. Die politischen und wirtschaftlichen Folgen des wahrscheinlichen Austritts Großbritanniens aus der EU können derzeit weder auf internationaler, europäischer, nationaler noch Hamburger Ebene abgeschätzt werden. Sie werden sich voraussichtlich im Laufe der Austrittsverhandlungen konkretisieren. Der Senat wird auch weiterhin Hamburger Unternehmen bei der Erschließung des britischen Marktes sowie die Ansiedlung britischer Unternehmen in Hamburg unterstützen . Die Wirtschaftsbeziehungen zu Großbritannien sind von großer Bedeutung. Das Land ist unter den wichtigsten Außenhandelspartnern der Bundesrepublik Deutschland sowie der Freien und Hansestadt Hamburg. Neben dem hohen Maß an wirtschaftlicher Verflechtung ist Großbritannien auch in wirtschaftspolitischer Hinsicht ein besonders enger Partner. Wie die Handelsmetropole Hamburg steht auch Großbritannien in der Tradition einer offenen Wirtschafts- und Handelspolitik und damit für einen möglichst barrierefreien Austausch von Waren und Dienstleistungen. Es besteht daher ein fundamentales Interesse daran, dass ein möglicher Austritt Großbritanniens aus der EU diese engen wirtschaftlichen und wirtschaftspolitischen Verflechtungen nicht beendet. 2. Welche Verträge zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg und Großbritannien müssen nun neu verhandelt werden beziehungsweise sind gefährdet (bitte nach Verträgen mit England, Schottland, Wales, Nordirland gegebenenfalls aufgliedern)? Welche Verträge zwischen der Europäischen Union, dem Bund und Großbritannien sind nun gefährdet beziehungsweise könnten neu verhandelt werden, die auch Einfluss auf die Handelsbeziehungen zu Hamburg haben? Nach dem Grundgesetz liegt die alleinige außenpolitische Vertretungskompetenz beim Bund. Folgerichtig existieren keine bilateralen Verträge zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg und dem Vereinigten Königreich. Welche Verträge auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene in welcher Art angepasst werden, ist Gegenstand der folgenden Austrittsverhandlungen und derzeit nicht vorhersehbar. 3. Hat sich der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde vor dem Referendum in Großbritannien über einen Verbleib in der Europäischen Union mit möglichen Szenarien auseinandergesetzt? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Gab es Gespräche mit Vertretern aus Großbritannien, Unternehmen und Verbänden, Kammern? Wenn ja, wie viele und wer hat daran teilgenommen? Wenn nein, wie hat sich der Senat dann mit einem möglichen Brexit befasst? Der Senat hat sich hiermit nicht befasst. 4. Wie hoch ist das Volumen des Außenhandels von Hamburg mit Großbritannien (bitte das Außenhandelsvolumen von 2011 bis 2016 von und nach England, Schottland, Wales, Nordirland darstellen)? Die Außenhandelsstatistik (kombiniert Im- und Export) weist für den Zeitraum 2011 bis 2016 folgende Daten auf (Werte in Tausend Euro): 2011: 7.675.873 2012: 8.259.579 2013: 8.666.700 2014: 8.977.578 2015: 9.260.169 Die Zahlen für 2016 liegen noch nicht vor. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/5005 3 Eine weitere Differenzierung innerhalb der Außenhandelsvolumina findet nicht statt. 5. In welcher Höhe haben Hamburger Unternehmen in den Jahren 2011 bis 2016 Güter und Dienstleistungen nach Großbritannien exportiert (bitte nach England, Schottland, Wales und Nordirland aufgliedern)? In welcher Höhe haben Unternehmen aus Großbritannien in den Jahren 2011 bis 2016 Güter und Dienstleistungen in die Freie und Hansestadt Hamburg exportiert (bitte nach England, Schottland, Wales und Nordirland aufgliedern)? Die nachfolgenden Tabellen zeigen den bilateralen Warenaustausch zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg und Großbritannien zwischen 2011 und 2015. Die Zahlen für 2016 liegen noch nicht vor. Eine Aufgliederung nach England, Schottland, Wales und Nordirland ist nicht möglich, da die Daten statistisch nur für gesamt Großbritannien erfasst werden. Jahr Import (Tsd. €) Export (Tsd. €) 2011 4.213.628 3.221.285 2012 4.430.716 3.828.863 2013 4.200.924 4.465.776 2014 3.999.867 4.977.711 2015 3.737.903 5.522.266 6. Welche Auswirkungen erwartet der Senat durch den Ausgang des Referendums in Großbritannien auf die Handelsbilanz zwischen Großbritannien und der Freien und Hansestadt Hamburg (bitte aufteilen nach England , Schottland, Wales, Nordirland)? 7. Hat der Senat eine Prognose für das Außenhandelsvolumen und die wirtschaftlichen Beziehungen mit Großbritannien nach dem Ausgang des Referendums? Wenn ja, welche? 8. Hat der Senat Maßnahmen, Vorkehrungen ergriffen, damit die Handelsbeziehungen zwischen der Hamburger Wirtschaft und Großbritannien trotz des Referendums erhalten bleiben und trotzdem ausgebaut werden können (bitte aufteilen nach Maßnahmen gegenüber England, Schottland , Wales, Nordirland)? Wenn ja, welche und wie werden Unternehmen, Verbände, Vereine und Kammern darin eingebunden? Wenn nein, warum nicht? 9. Welche Strategie hat der Senat, um die Handelsbeziehungen Hamburgs mit Großbritannien im Sinne der Unternehmen zu erhalten und zukunftsfähig auszubauen (bitte aufteilen nach Handelsbeziehungen gegenüber England, Schottland, Wales, Nordirland)? 10. Welche wirtschaftlichen Sektoren in Hamburg können von dem Ausgang des Referendums profitieren? 11. Für welche wirtschaftlichen Sektoren in Hamburg kann der Ausgang des Referendums zum Nachteil werden (bitte begründen)? Siehe Antwort zu 1.