BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/506 21. Wahlperiode 22.05.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Christiane Schneider (DIE LINKE) vom 15.05.15 und Antwort des Senats Betr.: Verfassungsänderung für Volksreferendum. Was sind die Folgen? Die Bürgerschaft hat am 07.05.2015 in erster Lesung über eine Verfassungsänderung abgestimmt, mit der allgemeine Referenden in Artikel 50 Absatz 4b der Hamburgischen Verfassung eingeführt werden sollen (Drs. 21/417). Die Auswirkungen dieser Verfassungsänderung auf das ebenfalls in Artikel 50 und im Volksabstimmungsgesetz verankerte Volksabstimmungsverfahren sind nicht leicht zu verstehen. Bei der zweiten Lesung des verfassungsändernden Gesetzes muss sicher sein, wie es zu verstehen ist. Insbesondere geht es um die Auswirkungen auf die Volksinitiativen, die noch nicht zustande gekommen und zulässig oder die in Vorbereitung sind und sich mit dem Thema des beschlossenen Bürgerschaftsreferendums befassen. Dazu sagt die Gesetzesvorlage direkt nichts. Auch ist nicht klar, welche Folgen die Entkoppelung des Beschlusses über die Durchführung eines Referendums vom Beschluss über den Zeitpunkt dieses Referendums hat. Beide Beschlüsse bedürfen eines Vorschlags des Senats und der Zweidrittelmehrheit der gesetzlichen Zahl der Mitglieder der Bürgerschaft. Wenn die Beschlüsse zeitlich auseinanderfallen, könnten sich zwischenzeitlich die Mehrheitsverhältnisse oder die Meinung des Senats ändern. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: (Die Fragen 1. – 7. beziehen sich auf die Folgen einer Annahme des Gesetzentwurfs mit der Drs. 21/417) 1. Werden Volksinitiativen gemäß Artikel 50 der Hamburgischen Verfassung noch zulässig sein, wenn die Bürgerschaft einen Beschluss gefasst hat, zum Thema oder Gegenstand der Volksinitiative ein Bürgerschaftsreferendum durchzuführen? Ja. Eine Sperrwirkung zulasten von Volksinitiativen knüpft nicht an den Referendumsbeschluss der Bürgerschaft, sondern an das erfolgreiche Referendum an. 2. Was passiert, wenn eine Volksinitiative die erforderliche Zahl von gültigen Unterschriften beim Senat einreicht? a. Werden die Unterschriftenlisten der Initiative angenommen? b. Wenn ja, werden sie in der gesetzlich vorgeschriebenen Frist ausgewertet ? Ja. 3. Können Volksinitiativen zum Thema des Bürgerschaftsreferendums noch erfolgreich angemeldet und zugelassen werden? Drucksache 21/506 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Weder die Verfassung noch das Volksabstimmungsgesetz kennen die Begriffe der erfolgreichen Anmeldung oder der Zulassung von Volksinitiativen. Die Unzulässigkeit einer Volksinitiative kann nach geltendem Recht allein im Wege der Anrufung des Hamburgischen Verfassungsgerichts geltend gemacht werden. 4. Was passiert, wenn die Durchführung eines Bürgerschaftsreferendums beschlossen wurde, aber a. der Senat keinen Terminvorschlag für die Durchführung des Referendums macht? b. keine Zweidrittelmehrheit in der Bürgerschaft für die Zustimmung zum Terminvorschlag des Senats zustande kommt? Solange, aus welchem Grund auch immer, kein Beschluss über den Termin eines Bürgerschaftsreferendums zustande kommt, kann das Bürgerschaftsreferendum nicht stattfinden. Eine Sperrwirkung zulasten von Volksinitiativen ist damit nicht verbunden. 5. Wann endet die Rechtswirksamkeit des Beschlusses der Bürgerschaft, ein Referendum durchzuführen, wenn kein Beschluss über den Termin für die Durchführung dieses Referendums zustande kommt? Der genannte Entwurf zur Änderung der Verfassung nennt keinen Termin für ein Ende der Rechtswirksamkeit eines Referendumsbeschlusses der Bürgerschaft. Da ein solcher Beschluss erst in Verbindung mit einem Beschluss über den Termin des Bürgerschaftsreferendums faktisch wirksam werden könnte und ein vom Senat eingebrachter Vorschlag, einen bestimmten Tag zum Abstimmungstag zu bestimmen, seinerseits mit Ablauf der Wahlperiode der Bürgerschaft der sachlichen Diskontinuität unterfiele, spricht vieles dafür, mit diesem Zeitpunkt auch den Beschluss über die Durchführung eines Bürgerschaftsreferendums als erledigt anzusehen. 6. Sind für die Aufhebung des Beschlusses der Bürgerschaft, ein Referendum durchzuführen, ein entsprechender Vorschlag des Senats und eine Zweidrittelmehrheit der gesetzlichen Vertreter/-innen der Bürgerschaft erforderlich ? Nach dem Actus-contrarius-Grundsatz werden für die Aufhebung eines Referendumsbeschlusses dieselben Voraussetzungen zu fordern sein wie für den Beschluss über das Bürgerschaftsreferendum selbst. 7. Gibt es die Möglichkeit für die Bürgerschaft, ein Rechtshilfeersuchen an den Senat zu richten? Nein. Dem Verhältnis zwischen Bürgerschaft und Senat, die beide weder Gerichte noch sonstige justizbehördliche Instanzen darstellen, sind Maßnahmen der Rechtshilfe fremd. 8. Beabsichtigt der Senat, diese Fragen in der besagten Rechtsgrundlage noch zu regeln? Der Senat hat sich hiermit nicht befasst.