BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/5100 21. Wahlperiode 08.07.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Detlef Ehlebracht und Dirk Nockemann (AfD) vom 01.07.16 und Antwort des Senats Betr.: Planung und Auslastung der S1 zum Flughafen  Nach vielen Jahren der Planung konnte im Jahr 2009 endlich der S-Bahn- Anschluss zum Flughafen realisiert werden. Beim heutigen Benutzer stellt sich allerdings keine unbeeinträchtigte Zufriedenheit bei der Beförderung ein – und so bleiben Fragen offen zur Fahrplangestaltung, zur Auslastung und zur Planung der Strecke. In dem zweigleisigen Bahnhof „Airport“ wird lediglich ein Gleis auf einem Drittel seiner Länge ausgenutzt. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Der Senat beantwortet die Anfrage auf Grundlage von Auskünften der Deutschen Bahn AG, der Hamburger Verkehrsverbund GmbH (HVV) sowie des Landesbetriebs Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) wie folgt: 1. Für welche Fahrgastzahl wurde die Stichstrecke der S1 von Ohlsdorf zum Flughafen geplant und wie hat sich die Auslastung in den Jahren seit Inbetriebnahme entwickelt? Der Planfeststellungsbeschluss von 1996 legte den Planungen ein Aufkommen des flughafenbezogenen Personenverkehrs einschließlich Anwohnerfahrten von rund 13.500 Personenfahrten pro Werktag beziehungsweise 3.500.000 Fahrgäste pro Jahr zugrunde. Seit Eröffnung der Strecke am 11. Dezember 2008 entwickelte sich die Anzahl der Fahrgäste im Querschnitt Ohlsdorf – Flughafen deutlich positiv: Jahr 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Fahrgäste/Jahr 4.100.000 4.600.000 5.000.000 5.000.000 5.300.000 6.400.000 6.600.000 2. Welche Überlegungen haben dazu geführt, dass die Strecke hinsichtlich ihrer theoretischen Kapazität und der heutigen Auslastung mindestens zehnfach überdimensioniert ist beziehungsweise in welchem Fall kann die Streckenkapazität überhaupt erreicht werden? Die Strecke wurde nach den branchenüblichen Kriterien auf eine Grundauslastung von zwei Zugfahrten je Zehn-Minuten-Intervall ausgelegt und zweigleisig mit zweigleisigem Endpunkt (jedoch ohne Abstellgleise) geplant. Die Bahnsteiglänge orientiert sich an den maximalen Zuglängen, die auf den Zulaufstrecken eingesetzt werden können. Diese Dimensionierung gewährleistet einen stabilen Fahrplan und beinhaltet Kapazitätsreserven für weitere Nachfragesteigerungen. Die Kapazitätsreserven der Flughafenstrecke werden von der S-Bahn bereits regelmäßig genutzt, zum Beispiel wenn die Linie S1 bei Störungen oder Baustellen auf der Poppenbütteler S-Bahn mit aus zwei dreiteiligen Triebwagen bestehenden Vollzügen zum Flughafen geführt wird. Auch die Möglichkeit des Fünf-Minuten-Takts zum Flughafen oder von Sonderzugfahrten wurde bereits genutzt (zum Beispiel beim Champions -League-Finale 2010). Drucksache 21/5100 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 3. Angesichts von maximal drei Minuten Fahrzeit zwischen Ohlsdorf und Flughafen hätte bei einem Zehn-Minuten-Takt auch eine eingleisige Strecke ausgereicht. Warum ist die Strecke trotzdem zweigleisig gebaut worden? Züge in und aus Richtung Flughafen begegnen sich planmäßig zwischen den Stationen Ohlsdorf und Hamburg Airport (Flughafen). Eine bei Eingleisigkeit notwendig gewordene Verlegung dieser Zugkreuzung außerhalb dieses Abschnitts hätte lange Standzeiten der Züge in Ohlsdorf bedeutet und zu Fahrplankonflikten mit der S11 geführt, welche die S1 zwischen Ohlsdorf und Hauptbahnhof in den Hauptverkehrszeiten zu einem Fünf-Minuten-Takt verstärkt. Zudem hätte die Eingleisigkeit in Verspätungsfällen wegen fehlender niveaufreier Ein- und Ausfädelungsmöglichkeit ins vorhandene Netz netzweite Verspätungen verursacht, da sich Störungen in einer Fahrtrichtung wegen notwendiger Kreuzungen des Gegengleises auf die Gegenrichtung ausgewirkt hätten. Dies hätte für die Reisenden Fahrzeitverlängerungen bedeutet und die Attraktivität der Flughafen-S-Bahn beeinträchtigt. Bei der ohnehin dichten Belegung der Bahnsteiggleise in Ohlsdorf mussten die genannten Einschränkungen vermieden werden. 4. Warum sind in der Station „Airport“ 210 m lange Bahnsteige für Langzüge gebaut worden, wodurch der Fahrgast zu dem mittig haltenden Kurzzug lange Wege zurückzulegen hat? Die Bahnsteiglängen auf dem Verlauf der S1 zwischen Altona und Blankenese/Wedel lassen doch gar keine Langzüge zu. Die Bahnsteige der Station Hamburg Airport (Flughafen) haben Längen von je 140 Metern. Gemäß der Planfeststellung ergab sich das konkrete Maß des Bahnsteiges aus dem Stützenraster der angrenzenden Nutzungen des Flughafens. 5. Was hat die zweigleisige Strecke (ohne Bahnhof „Airport“) Ohlsdorf – Flughafen gekostet und welche Kosten wären für eine eingleisige Strecke entstanden? Die Baukosten der zweigleisigen Strecke ohne den Bahnhof Hamburg Airport (Flughafen ) betrugen netto rund 215,4 Millionen Euro. Die Option eines nur eingleisigen Ausbaus der Strecke bestand nicht. Im Übrigen siehe Antwort zu 3. 6. Wie wurden die im Rahmen der Planung prognostizierten Fahrgastzahlen im Einzelnen ermittelt und welche Steigerungsraten sind noch zu erwarten? Für die Ermittlung der Fahrgastprognose wurde eine Nutzen-Kosten-Untersuchung nach standardisiertem Bewertungsverfahren im Rahmen der Planfeststellung durchgeführt . Die Prognosezahl wurde aus Fluggast-, Besucher- Arbeitnehmerzahlen am Hamburger Flughafen sowie dem zu erwartenden öffentlichen Verkehrsanteil abgeleitet . Eine darüber hinausgehende Ermittlung ist nach Abschluss des Projektes im Jahr 2008 nicht erfolgt. 7. Heute erreicht alle zehn Minuten ein Kurzzug die Station Flughafen. Dabei ist häufig zu beobachten, dass es aufgrund der vielen Gepäckstücke eng wird in den drei Wagen. Insbesondere dem als Tourist in Hamburg ankommenden Fahrgast wird somit nicht gerade der beste Eindruck vom HVV vermittelt. Wie wird diese Problematik vom Senat beurteilt? Die Besetzung der Züge überschreitet auch unter Berücksichtigung der Gepäckmitnahme durch die Reisenden nicht die vom HVV definierten Soll-Werte einer akzeptablen Beförderungsqualität. Des Weiteren nimmt das Gepäckvolumen im Fahrgastraum durch kontinuierliche Ein- und Aussteigebewegungen zwischen Flughafen und Innenstadt rasch ab. Bei sich weiter positiv entwickelnder Nachfrage auf der Flughafen-S- Bahn wird die zuständige Behörde angemessen reagieren. 8. Im aktuellen Betrieb verlängert sich die Fahrzeit zum Flughafen jeweils um zwei bis drei Minuten angesichts der Kupplungsmanöver im Bahnhof Ohlsdorf. Welche Überlegungen lagen dieser Fahrplangestaltung zugrunde und warum gibt es (wenigstens in den Hauptverkehrszeiten) keinen durchgehenden Betrieb von Vollzügen? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/5100 3 Das erwartete Fahrgastaufkommen am Flughafen rechtfertigte nicht die Einrichtung einer eigenen S-Bahn-Linie im Zehn-Minuten-Takt mit Vollzügen. Um den Fluggästen trotzdem ein einheitliches Angebot kommunizieren zu können, wurde auf den Linienwechsel einer zum Flughafen verlängerten Linie S11 in den Hauptverkehrszeiten und einer in den übrigen Zeiten verkehrenden Linie S1 verzichtet. Grundlegende Überlegungen waren dabei die Wirtschaftlichkeit des Angebotes. Dies umfasst den Verzicht auf eine nachfragseitig nicht erforderliche S11 als zweite Linie zwischen Ohlsdorf und Innenstadt außerhalb der Hauptverkehrszeit sowie die Vermeidung von Nachteilen für andere Fahrgäste zum Beispiel auf dem Ast von/nach Poppenbüttel, denen weiterhin Direktverbindungen Richtung Jungfernstieg angeboten werden. 9. Wie stellt sich das Verhältnis der Fahrgastzahlen zum Flughafen beziehungsweise nach Poppenbüttel im direkten Vergleich dar? Querschnitt Fahrgäste pro Tag (2016, 1. Halbjahr)* Ohlsdorf – Flughafen 20.361 (45%) Ohlsdorf – Kornweg 24.485 (55%) * Montag – Freitag, Summe beide Richtungen 10. Wäre es nicht mit vertretbarem Mehraufwand möglich, die S11 durchgehend – ohne die umständliche Halbzugteilung zum Flughafen – verkehren zu lassen? Dadurch bestünde zum Beispiel von Altona oder Dammtor (Messe/CCH) eine attraktive und schnellere Direktverbindung. Nein. Eine ganztägige Führung der heute nur zeitweilig in den Hauptverkehrszeiten montags bis freitags verkehrenden Linie S11 zum Flughafen (anstelle der S1) würde einen erheblich über der Nachfrage liegenden Mehraufwand an Verkehrsleistung verursachen .