BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/5105 21. Wahlperiode 08.07.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Detlef Ehlebracht (AfD) vom 01.07.16 und Antwort des Senats Betr.: Der „Tschechen-Hafen“ – Wie ist der Sachstand? Der sogenannte Tschechen-Hafen ist gemäß Versailler Vertrag1 für die Pachtdauer von 99 Jahren seit November 1929 an die Tschechoslowakei verpachtet. Die Tschechische Republik pachtet als Rechtsnachfolger die Ufer-Grundstücke am Moldau- und am Saalehafen bis November 2028. Danach soll die Stadt Hamburg wieder Eigentümer des zollfreien Hafenareals am Kleinen Grasbrook werden. Medienberichten zufolge gilt der „Tschechen-Hafen“ seit der politischen Wende im Ostblock als verwaist. Von dem ehemaligen Güterumschlagsplatz ist nicht mehr viel geblieben. Inzwischen soll es einen Untermieter und Verwalter geben. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften der Hamburg Port Authority AöR (HPA) wie folgt: 1. Wie ist die genaue Bezeichnung des sogenannten Tschechen-Hafens? 2. Auf welchen Flächen befindet sich der Tschechen-Hafen? Bitte Lageplan beziehungsweise Lageskizze beifügen. Es gibt keinen „sogenannten Tschechen-Hafen“. Am Halleschen Ufer des Saalehafens und am Dessauer Ufer des Moldauhafens hat die Tschechische Republik Flächen von der HPA gepachtet und verfügt dort über wasserrechtliche Genehmigungen. Die Tschechische Republik ist Eigentümerin einer Fläche am Peutehafen. 3. Über welche Nutzfläche verfügt das der Tschechischen Republik zugeordnete Hafenareal? Die von der HPA gepachtete Fläche umfasst circa 25.000 m², die Eigentumsfläche circa 13.600 m². Im Übrigen siehe Antwort zu 1. und 2. 1 Dort Kapitel V., Bestimmungen, die der Tschechoslowakei die Benutzung der nördlichen Häfen gewährleisten, Artikel 363. In den Häfen Hamburg und Stettin verpachtet Deutschland der Tschechoslowakei für einen Zeitraum von 99 Jahren Landstücke, die unter die allgemeine Verwaltungsordnung der Freizonen treten und dem unmittelbaren Durchgangsverkehr der Waren von oder nach diesem Staate dienen sollen. Artikel 364. Die Abgrenzung dieser Landstücke, ihre Herrichtung, die Art ihrer Ausnutzung und überhaupt alle Bedingungen ihrer Verwendung einschließlich des Pachtpreises werden durch einen Ausschuss bestimmt, der sich aus je einem Vertreter Deutschlands, der Tschechoslowakei und Großbritanniens zusammensetzt. Diese Bedingungen können alle zehn Jahre in der gleichen Weise einer Nachprüfung unterzogen werden. Deutschland erklärt im Voraus seine Zustimmung zu den so getroffenen Entscheidungen. Drucksache 21/5105 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 4. Welche Pachterträge erzielt die Stadt Hamburg in den einzelnen Jahren seit 1989? Die Pachterträge unterliegen dem Betriebs- und Geschäftsgeheimnis der HPA und seiner Vertragspartner. 5. Dient der Tschechen-Hafen weiterhin dem Durchgangsverkehr von Gütern? a. Wenn ja, welche Güter werden umgeschlagen? b. Wenn nein, wann wurden zuletzt Güter umgeschlagen? Der HPA liegen hierzu keine Informationen vor. 6. Welche Funktion besitzt das Hafenareal derzeit? Erfüllt das Areal bzw. der Liegeplatz als Umschlagsplatz seine Funktion? Wenn nein, warum nicht? Die gepachteten Flächen liegen im Geltungsbereich des Hafenentwicklungsgesetzes (HafenEG), in dessen Rahmen alle Nutzungen zulässig sind. 7. Besteht die Möglichkeit, das Hafenareal umzuwidmen? a. Wenn ja, zu welchem Zweck? b. Wenn nein, warum nicht? Der Senat beabsichtigt nicht das Gebiet planungsrechtlich umzuwidmen. 8. Wer ist der aktuelle Untermieter und Verwalter und seit wann? Welche weiteren Besitzverhältnisse hat es wann gegeben? Die Angaben unterliegen dem Betriebs- und Geschäftsgeheimnis der Pächterin. Pächterin ist die Tschechische Republik. 9. Gibt es Beschäftigte? a. Wenn ja, wie viele und welche Tätigkeiten werden ausgeführt? b. Wenn nein, wann sind die Beschäftigungsverhältnisse ausgelaufen? Wie viele Beschäftigte waren zuletzt tätig? Der HPA liegen hierzu keine Informationen vor. Im Übrigen unterliegen derartige Angaben dem Betriebs- und Geschäftsgeheimnis der Pächterin. 10. Wer ist derzeit für die Instandhaltung des Hafenareals verantwortlich? Aus welchen Mitteln und in welcher Höhe erfolgt die Finanzierung? Welche weiteren Kosten fallen an? Die Instandhaltung obliegt der Pächterin beziehungsweise dem Eigentümer. Darüber hinaus liegen der HPA hierzu keine Informationen vor. 11. Auf welchen gültigen vertraglichen Grundlagen beruht die Nutzung des Tschechen-Hafens? Ist es zulässig, aufgrund der Bestimmungen, die benannten Flächen an einen privaten Eigentümer zu veräußern? Wenn nein, warum nicht? Das Deutsche Reich war auf der Grundlage des Versailler Vertrages vom 28. Juni 1919 verpflichtet, dem Tschechoslowakischen Staat in den Städten Hamburg und Stettin Hafenflächen für die Dauer von 99 Jahren zu verpachten. Der Pachtvertrag über die Flächen am Saale- und Moldauhafen wurde am 2. November 1929 unterzeichnet . Die Fläche am Peutehafen wurde mit Vertrag vom 22. November 1929 verkauft . Gemäß § 1 Absatz 5 HafenEG hat die Stadt und damit auch die HPA die ihr im Hafengebiet gehörenden Grundstücke in ihrem Eigentum zu behalten. Ein Verkauf ist daher nicht möglich. An Eigentumsflächen im Hafengebiet steht der HPA gemäß § 13 HafenEG ein gesetzliches Vorkaufsrecht zu. Im Übrigen siehe Antwort zu 1. und 2. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/5105 3 12. Wann ist der gemäß Artikel 364 des Versailler Vertrags etablierte Ausschuss zuletzt einberufen worden? Welche Bedingungen (siehe Normierung im Artikel 364) sind einer Nachprüfung unterzogen worden? Wenn nein, warum nicht? Dem Senat und der HPA liegen hierzu keine Informationen vor. 13. Welche Verhandlungen mit welchen Inhalten und zu welchen Zeitpunkt sind zwischen Vertretern der Tschechischen Republik und der Hansestadt Hamburg zur weiteren Nutzung des Hafenareals bis dato zu verzeichnen ? Inwieweit waren zum Beispiel Kündigungsmöglichkeiten oder Investitionen Teil der Verhandlungen? Aus welchen Gründen sind die Verhandlungen gescheitert? Siehe Drs. 21/1293.