BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/5144 21. Wahlperiode 12.07.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Inge Hannemann und Martin Dolzer (DIE LINKE) vom 05.07.16 und Antwort des Senats Betr.: „Fördert und Fordert“ eine neue Weisung die verstärkte Rekrutierung Minderjähriger zur Bundeswehr? (II) In einem Artikel des Deutschlandfunks vom 14. Mai 2016 heißt es, „ (...) Der seit 25 Jahren anhaltende Truppenabbau wird nicht nur aufgehalten, es soll sogar 11.000 neue Stellen geben. Die Personalverteilung soll überdies jährlich mit den Aufgaben abgeglichen werden.“ Auf tagesschau.de hieß es dazu bereits am 07. Mai 2016: „Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen will einem Bericht zufolge die Personal-Obergrenze für die Bundeswehr abschaffen. Mit einem neuen Personalkonzept wolle sie mehr Flexibilität für neue Bedrohungslagen und Einsätze schaffen, berichtete das Redaktionsnetzwerk Deutschland. Das Konzept wolle sie in der kommenden Woche öffentlich vorstellen.“ Die Bundesagentur für Arbeit (BA) spricht davon, dass die Bundeswehr einer der größten Arbeitgeber in Deutschland sei. Im Zuge der von der Bundesregierung beschlossenen Neuausrichtung der Bundeswehr sollte der Personalumfang der Streitkräfte und der Bundeswehrverwaltung bis 2017 erheblich reduziert werden. Die Konzeption der Truppenreduzierung wurde nun allerdings umgekehrt. Im Rahmen von „Struktur 2010“ besteht zwischen der Bundesagentur für Arbeit und der Bundeswehr bereits seit 2006 eine Kooperation bei der Bewältigung des Personalabbauprozesses und nun offenbar auch bei der Umsetzung der Vorgaben des „neuen Personalkonzepts“. So werben die Agentur für Arbeit Hamburg und Jobcenter team.arbeit.hamburg unter anderem auf Jobbörsen, in Werbefilmen und bei Informationsveranstaltungen für die Bundeswehr als Arbeitgeber. Auch Minderjährige erhalten entsprechende Einladungen zu den Werbeveranstaltungen . Aus einer neuen Weisung und deren Anlagen der BA geht hervor, dass das Bundesministerium der Verteidigung in Kooperation mit der BA das Personal für Soldatinnen und Soldaten auf Zeit offensiver gewinnen möchte und dabei auch die Jugendlichen im Blick hat. Dies würde für die Jugendlichen „einerseits für Jahre ein gesichertes Einkommen bedeuten und entlastet andererseits den Arbeitsmarkt“. Der Mensch sei „das wichtigste Kapital von Bundeswehr und Wirtschaft. Schulische und berufliche Qualifizierung sowie sichere zukunftsfähige Erwerbschancen“ seien „die zentralen Parameter für eine erfolgreiche Personalgewinnung der Bundeswehr und der Deckung des Fachkräftebedarfs der Wirtschaft.“ Wir fragen den Senat: Drucksache 21/5144 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf Grundlage von Auskünften von Jobcenter team.arbeit.hamburg (Jobcenter) und der Agentur für Arbeit Hamburg (Agentur) wie folgt: 1. Zu welchem genauen Datum und bei welchem Unterpunkt bei „Weisungen “ auf der Seite der Arbeitsagentur wird die neue Weisung 201606006 eingestellt? Die genannte Weisung (gültig vom 20.06.2016 bis 19.06.2021) ist unter dem Unterpunkt Arbeitsmarkt und Integration auf der Seite der Arbeitsagentur eingestellt und kann seit dem 07.07.2016 über den nachfolgenden Link aufgerufen werden: https://www.arbeitsagentur.de/web/wcm/idc/groups/public/documents/webdatei/mdaw/ mtc4/~edisp/egov-content448259.pdf?_ba.sid=EGOV-CONTENT448262. 2. In den Grundsätzen der Zusammenarbeit zwischen der Bundeswehr und der Bundesagentur für Arbeit wird unter anderem geschrieben: (...) „Die Zusammenarbeit zwischen der Bundeswehr und der BA als dem größten Dienstleister am Arbeitsmarkt beruht auf dem gemeinsamen Ziel, jungen Menschen eine berufliche Perspektive in der Bundeswehr aufzuzeigen und sie auf diesem Weg aktiv zu begleiten, ihr Qualifikationsniveau zu heben und nach Beendigung ihres Wehrdienstes bei der Positionierung auf dem Arbeitsmarkt zu unterstützen. (...)“ Stimmt der Senat zu, dass diese Aussage eine zukunftsorientierte Rekrutierung von jungen Menschen darstellt? Wenn ja, bitte ausführlich begründen. Wenn nein, warum nicht? Hierbei handelt es sich um eine Angelegenheit der Bundesagentur für Arbeit, zu der sich der Senat nicht äußert. 3. Gilt die „Vereinbarung zwischen Bundeswehr und BA über die Zusammenarbeit beim Personaltransfer „Job to Job“ von strukturbetroffenem Personal“ als Anlage 2 zur Weisung 201606006 und zur Information 201606007 auch für die Arbeitsagentur Hamburg und Jobcenter team.arbeit.hamburg? Die Vereinbarung zwischen der Bundeswehr und der Bundesagentur für Arbeit wurde in Form einer Weisung umgesetzt. Die Weisung gilt für die Agentur, da sie sich auf den Bereich des dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) bezieht. Für das Jobcenter hat sie lediglich Informationscharakter, siehe hierzu Information 201606007. Im Übrigen siehe https://www.arbeitsagentur.de/web/wcm/idc/groups/public/documents/ webdatei/mdaw/mtc4/~edisp/egov-content448259.pdf?_ba.sid=EGOV- CONTENT448262. 4. Gibt es nach Frage 3. einzelne Ausnahmen, die weder für die Arbeitsagentur Hamburg noch für Jobcenter team.arbeit.hamburg gelten ? Wenn ja, welche? Nein. 5. Wenn die nach Frage 3. benannte Vereinbarung auch im Gesamten oder in einzelnen Punkten Gültigkeit für die Arbeitsagentur Hamburg oder Jobcenter t.a.h. hat, welche Rolle spielen dann jeweils die Kammern in Hamburg sowie die Verbände der Wirtschaft in Hamburg bei der Implementierung regionaler wirkender Netzwerke zwischen der Agentur für Arbeit Hamburg und Jobcenter t.a.h.? Bitte jeweils einzeln benennen. Siehe Drs. 21/4966. 6. Werden Schüler/-innen ab Klasse 8 und fortlaufend im Rahmen der Berufsorientierung zu berufskundlichen Veranstaltungen des BIZ, in dem ein Vertreter der Bundeswehr vor Ort ist, eingeladen? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/5144 3 Es werden bei der Agentur keine gezielten Einladungen für diese Veranstaltungen ausgegeben, weder für Minderjährige noch für andere. Gegebenenfalls wird in Beratungsgesprächen auf die öffentlichen Veranstaltungen hingewiesen. 7. Wie erhalten junge Menschen, und auch davon Minderjährige, Kenntnisse über Veranstaltungen nach Frage 6., wenn sie sich zum Beispiel nicht in Beratungsgesprächen bei der Agentur für Arbeit Hamburg, BIZ oder Jobcenter team.arbeit.hamburg befinden? Auf sämtliche Veranstaltungen im BiZ wird zum Beispiel durch einen Hinweis in der Veranstaltungsdatenbank der Bundesagentur für Arbeit und Aushänge in den Liegenschaften hingewiesen. 8. Hat die Bundeswehr bei Selbsteingabe von Stellenangeboten für den freiwilligen Wehrdienst auch Zugriff auf die „Kunden“-Daten und die damit verbundenen Bewerber-/-innendaten in den Systemen der BA (Ver- BIS oder andere)? Die Bundeswehr hat die gleichen Rechte wie jeder andere Arbeitgeber und keine Sonderrechte in Bezug auf die Kundendaten. Zu Hinweisen für Arbeitgeber siehe https://www.arbeitsagentur.de/web/content/DE/BuergerinnenUndBuerger/ArbeitundBer uf/ArbeitsJobsuche/Stellenangebot/Detail/index.htm?dfContentId=L6019022DSTBAI6 78115. 9. Hält der Senat die Beratung des Karrierecenters der Bundeswehr „über die Gefahren von Auslandseinsätzen oder gesundheitliche Auswirkungen , wie Posttraumatisches Belastungssyndrom oder physische Einschränkungen “ für derart ausreichend und unparteiisch, dass die Arbeitsagentur und Jobcenter diesbezüglich nicht beraten müssen? Wenn ja, wie sieht diese Beratung aus? (Bitte detailliert schildern.) Damit hat sich der Senat nicht befasst. Im Übrigen siehe Antwort zu 2. 10. Wieso hat sich der Senat bisher nicht mit der Frage 12. aus der Drs. 21/4966 befasst? 11. Beabsichtigt der Senat, sich zeitnah mit den in Frage 12. formulierten Bedenken, ob Aussagen und Zielsetzungen wie, „der Mensch ist das wichtigste Kapital von Bundeswehr und Wirtschaft“, kompatibel mit dem Grundgesetz Artikel 1 Absatz 1 „Die Würde des Menschen ist unantastbar . Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt“ sowie Artikel 2 Absatz 1 „Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt“ sind, zu befassen? Wenn ja, wann? Wenn nein, warum nicht? Siehe Drs. 21/4966. Im Übrigen siehe Antwort zu 2.