BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/5169 21. Wahlperiode 15.07.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Philipp Heißner (CDU) vom 07.07.16 und Antwort des Senats Betr.: Wasserschutzgebiet in Eidelstedt und Stellingen (II) In seiner Antwort auf die Schriftliche Kleine Anfrage „Wasserschutzgebiet in Eidelstedt und Stellingen“ (Drs 21/4349) erläutert der Senat, dass er nicht nur für den nordwestlichen Teil des Einzugsgebietes des Wasserwerks Stellingen ein Wasserschutzgebiet plant, sondern neuerdings auch für den südöstlichen Teil des Einzugsgebietes, „da die im gesamten Raum Stellingen genutzten Grundwasservorkommen aufgrund der nur lückenhaft vorhandenen Deckschichten unzureichend gegen Verunreinigungen geschützt sind“. Die Planungen für den nordwestlichen Teil laufen bereits seit 2001. Die Ausweisung eines Wasserschutzgebietes soll der besonderen Vorsorge der Trinkwasserressourcen dienen, hat aber durch erhöhte Anforderungen an die Flächennutzung auch erhebliche Auswirkungen auf die in dem Gebiet lebenden und arbeitenden Menschen sowie auf den Straßenverkehr. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat 1. Welche Schutzzonen sind in den beiden Gebieten geplant? Bitte einzeln aufführen und nach Schutzzone I, II und III aufschlüsseln. Die Lage der geplanten Schutzzonen für die Brunnengruppen Nord und Mitte des Wasserwerkes Stellingen (Wasserschutzgebiet Eidelstedt/Stellingen) sind in der Anlage 1 dargestellt. Für das Gewinnungsgebiet der Brunnengruppe Süd sind noch keine Schutzzonen festgelegt worden. 2. Welche generellen Verbote von Nutzungen und Handlungen sind mit der Ausweisung der verschiedenen Schutzzonen verbunden? Bitte nach Schutzzone I, II und III aufschlüsseln. Verbote, Beschränkungen sowie Handlungs- und Duldungspflichten werden sich in den geplanten Schutzzonen an den in den Wasserschutzgebietsverordnungen der fünf bestehenden Hamburger Wasserschutzgebiete festgelegten Regelungen (zum Beispiel Verordnung über das Wasserschutzgebiet Langenhorn/Glashütte vom 18. Januar 2000) sowie an anderen gesetzlichen Regelwerken (zum Beispiel Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen, Düngeverordnung) orientieren . Gemäß § 52 Absatz 3 Wasserhaushaltsgesetz können von den Regelungen der Wasserschutzgebietsverordnungen in begründeten Einzelfällen Befreiungen erteilt werden. 3. Durch das geplante Wasserschutzgebiet verlaufen sowohl Teilbereiche der A 7 als auch der A 23. Beide Autobahnen werden gerade ausgebaut beziehungsweise sollen ausgebaut werden. Sind die (geplanten) Ausbauarbeiten mit der Ausweisung als Wasserschutzgebiet vereinbar? Drucksache 21/5169 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Wenn ja, durch welche Maßnahmen wird das Wasserschutzgebiet beziehungsweise werden die Brunnen, die sich in zum Teil direkter Nachbarschaft der Autobahnen befinden, geschützt? Wenn nein, warum nicht? Ja. Die Ausbaumaßnahmen an der A 7 erfolgen entsprechend den Vorgaben der bundesweit eingeführten „Richtlinien für bautechnische Maßnahmen an Straßen in Wasserschutzgebieten – (RiStWag) (2002)“. Für den Ausbau der A 23 sind die Detailplanungen noch nicht angelaufen. Aus derzeitiger Sicht werden die Wasserschutzbelange in gleicher Weise zu berücksichtigen sein. 4. In einem Wasserschutzgebiet sind „Fahrzeuge mit wassergefährdender Ladung“ verboten. Sowohl die A 7 als auch die A 23 verlaufen durch das geplante Wasserschutzgebiet. Gilt das genannte Verbot dann auch für die BAB und die B4? Wenn ja, welche Ausweichstrecken sind vorgesehen? Wenn nein, warum nicht? Der Transport wassergefährdender Stoffe ist in Wasserschutzgebieten ausschließlich in den Schutzzonen I und II verboten. Im vorliegenden Fall würde das Verbot jedoch aufgrund fehlender risikoärmerer Transportalternativen nicht für die genannten Bundesautobahnen gelten. Die B4 befindet sich in der geplanten Schutzzone III. 5. Für welche Straßen würde ein Verbot für „Fahrzeuge mit wassergefährdender Ladung“ erlassen werden? Ein Verbot würde für die in den Schutzzonen II des geplanten Wasserschutzgebietes Eidelstedt-Stellingen befindlichen Bereiche der Straßen Wietersheim, Hörgensweg, Kalvslohreystr., Halstenbeker Straße, Wildacker, Eidelstedter Brook, Brummerskamp, Deepenbrookkamp erlassen. Von dem Verbot ausgenommen wäre jedoch die Belieferung der Anwohner mit Heizöl. Für das zukünftige Wasserschutzgebiet der Brunnengruppe Süd können zum jetzigen Zeitpunkt noch keine betroffenen Straßen benannt werden. 6. Welche weiteren Auswirkungen hätte eine Unterschutzstellung auf den Straßenverkehr? Neben der verbindlichen Anwendung der RiStWag sind keine weiteren Auswirkungen gegeben. Der Einsatz von Streusalz im Rahmen des Winterdienstes auf den Bundesautobahnen und den Bundes- und Hauptverkehrsstraßen ist vom Verbot des Ausbringens wassergefährdender Stoffe ausgenommen. 7. Welche Auswirkungen hätte eine Unterschutzstellung auf dem Senat bekannte Wohnungsbauvorhaben a) der Stadt, b) von Wohnungsbauunternehmen, c) von Privatleuten? Die Ausweisung des Wasserschutzgebietes würde zu keinen wesentlichen Einschränkungen privater und öffentlicher Wohnungsbauprojekte führen. Dies zeigen die Erfahrungen in den bestehenden Hamburger Wasserschutzgebieten. Die wichtigste Zulassungsvoraussetzung für den Wohnungsbau in Wasserschutzgebieten ist ein Anschluss an das Schmutz- beziehungsweise Mischwassersielsystem. Dies ist in der Regel gegeben. Im Interesse des Trinkwasserschutzes müssen öffentliche und private Bauherren in Wasserschutzgebieten darüber hinaus höhere Überwachungspflichten hinsichtlich Lagerung und Verwendung wassergefährdender Stoffe sowie höhere Anforderungen an die Überprüfung der Dichtheit privater Abwasserleitungen, die Versickerung von Niederschlagswasser in den Untergrund, die Nutzung von Erdwärme sowie die Verwendung von Recyclingbaustoffen beachten. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/5169 3 8. Welche Auswirkungen hätte eine Unterschutzstellung auf bestehende Industrie- und Gewerbeunternehmen? Bitte die Unternehmen einzeln aufführen. 9. Welche Auswirkungen hätte eine Unterschutzstellung auf Neuansiedlungen aus den Bereichen Industrie und Gewerbe? Im Interesse des Trinkwasserschutzes wären das Errichten, Erweitern und wesentliche Ändern von Betrieben mit Anlagen zum Umgang mit radioaktiven oder wassergefährdenden Stoffen und mit Anlagen zum Lagern, Ablagern und Behandeln von Abfällen sowie zur Verwertung von Abfällen, die die Anforderungen einer schadlosen Verwertung nicht erfüllen, verboten. Ausnahmen von diesen Verboten wären im Rahmen einer Einzelfallprüfung möglich. Von dem abfallbezogenen Verbot ausgenommen wären auch Änderungen, welche der Erhöhung der Sicherheit der Anlagen und der Reduzierung der Emissionen dienen würden. Darüber hinaus hätten bestehende und geplante Industrie- und Gewerbeunternehmen strengere gesetzliche Prüfpflichten hinsichtlich des Umgangs mit wassergefährdenden Stoffen und hinsichtlich der Dichtheit von Abwasserleitungen zu beachten. Strengere Anforderungen würden auch an die Versickerung von Niederschlagswasser in den Untergrund sowie an die Verwendung von Ersatzbaustoffen gestellt. Innerhalb des geplanten Wasserschutzgebietes Eidelstedt-Stellingen befinden sich etwa 30 Gewerbebetriebe aus dem Bereich Handwerk, Handel und Gastronomie sowie ein nach Bundes-Immissionsschutzgesetz genehmigter Betrieb. Zur Wahrung ihrer Betrieb- und Geschäftsgeheimnisse werden diese nicht aufgelistet. Zu Betrieben innerhalb des zukünftigen Wasserschutzgebietes der Brunnengruppe Süd können noch keine Angaben erfolgen. In den geplanten Wasserschutzgebieten wäre eine Neuansiedlung von Betrieben weiterhin möglich. Dabei wären die genannten Einschränkungen zu beachten. 10. Welche Auswirkungen hätte eine Unterschutzstellung auf Unternehmen der Landwirtschaft, Gartenbaubetriebe und Friedhöfe? Bitte betroffene Unternehmen und Einrichtungen einzeln aufführen. Auswirkungen auf die Landwirtschaft wären durch zeitliche Einschränkungen bei der Düngung sowie bei der Lagerung von Festmist und Silage auf unbefestigten Flächen möglich. Darüber hinaus wären landwirtschaftliche Nutzungen, die zu einem Eintrag hoher Stickstofffrachten in das Grundwasser führen, wie der Leguminosenanbau und der Umbruch von Dauergrünland, verboten. Innerhalb des geplanten Wasserschutzgebietes Eidelstedt-Stellingen wäre ein Haupterwerbslandwirt von diesen Regelungen betroffen. Auswirkungen auf Gartenbaubetriebe könnten durch das Verbot des Betreibens von Gartenbaubetrieben und Baumschulen in Zone II sowie durch das in Zone III geltende Verbot des Errichtens und Erweiterns von Baumschulen und Gartenbaubetrieben, sofern sie nicht grundwasserschonend unter Vorsorgegesichtspunkten betrieben werden , entstehen. In Schutzzone II des Wasserschutzgebietes Eidelstedt-Stellingen sind keine entsprechenden Betriebe bekannt, in der Schutzzone III wäre gegebenenfalls ein Betrieb betroffen. Bezüglich der Nennung der Betriebe sowie zu Betrieben innerhalb des zukünftigen Wasserschutzgebietes der Brunnengruppe Süd siehe Antwort zu 9. Das Errichten und Erweitern von Friedhöfen ist in Wasserschutzgebieten generell verboten. Betroffen wäre gegebenenfalls der Friedhof Eidelstedt. Von allen genannten Verboten könnten in begründeten Fällen Befreiungen erteilt werden . 11. Welche Auswirkungen hätte eine Unterschutzstellung auf das Albertinen- Krankenhaus? Das Albertinen-Krankenhaus müsste im Rahmen einer Einzelfallprüfung eine Befreiung von dem geplanten Verbot des Lagerns und Verwendens wassergefährdender Drucksache 21/5169 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Stoffe beantragen. Im Falle einer möglichen Erweiterung müsste das Krankenhaus durch einen Anschluss an das Schmutz- beziehungsweise Mischwassersiel gewährleisten , dass anfallendes Schmutzwasser vollständig und sicher aus dem Wasserschutzgebiet heraustransportiert wird. 12. Welche Auswirkungen hätte eine Unterschutzstellung auf Hagenbecks Tierpark? Gegebenenfalls erforderliche Auflagen für den Tierpark würden erst mit der Ausweisung des Wasserschutzgebietes für die Brunnengruppe Süd festgelegt. 13. Welche Auswirkungen hätte eine Unterschutzstellung auf Kleingartenanlagen im Allgemeinen und gegebenenfalls auf einzelne, besonders betroffene Kleingartenvereine? Allgemein gilt, dass das Errichten und Erweitern von Kleingartenanlagen innerhalb des Wasserschutzgebietes (Zone III) verboten wäre. Für bereits vorhandene Kleingartenanlagen würde jedoch Bestandsschutz bestehen. Eine Befreiung vom Verbot des Errichtens neuer Kleingartenanlagen könnte grundsätzlich in Betracht kommen, wenn insbesondere Abwassermissstände auszuschließen wären. In der Zone II wäre das Betreiben von Kleingartenanlagen verboten. Die in der geplanten Schutzzone II des Förderbrunnens 16a (Brunnengruppe Mitte) gelegenen Kleingartenlauben des KGV 345 Hellenkamp könnten jedoch unter wasserbehördlichen Auflagen erhalten bleiben, sofern sie rechtmäßig errichtet wurden und den Vorgaben des Bundeskleingartengesetzes entsprechen. 14. Welche Auswirkungen hätte eine Unterschutzstellung auf die Errichtung und Erweiterung von Spielplätzen, Sport- und Freizeitanlagen? Spielplätze werden in Wasserschutzgebietsverordnungen nicht reglementiert. Im Interesse des Trinkwasserschutzes wären jedoch das Errichten und Erweitern von Sportund Freizeitanlagen sowie das Errichten, Erweitern und Betreiben von Golf- und Schießplätzen verboten. Ausnahmen von diesem Verbot wären im Rahmen einer Einzelfallprüfung möglich. Zulässig wären auch die Instandhaltung, Sanierung und Umgestaltung bestehender Sport- und Freizeitanlagen sowie das Errichten, Erweitern und Betreiben von Sport- und Freizeitanlagen in geschlossenen Räumen (zum Beispiel Indoor-Hallen). 15. 2001 wurde festgestellt, dass die „...Vielzahl der Wirkfaktoren ... zu der Notwendigkeit führt, ein wasserwirtschaftliches Gesamtkonzept für den Raum Stellingen/Eidelstedt zu entwickeln“ (Drs. 16/6083). Wurde ein Gesamtkonzept entwickelt? Wenn ja, wann und wo ist dies öffentlich zugänglich? Warum wird das Vorhaben, das bereits 2001 als notwendig erachtet wurde, erst jetzt wieder aufgegriffen? Welche Gründe haben dazu geführt, dass in den vergangenen 15 Jahren dieses Vorhaben nicht weiterverfolgt wurde? Die in der Drs. 16/6083 beschriebene Vorgehensweise der modellhaften ganzheitlichen Betrachtung des Trinkwassergewinnungsgebietes Stellingen hat sich in den vergangenen 15 Jahren bei allen Hamburger Trinkwassergewinnungsgebieten zu einer Routineaufgabe entwickelt. Ein gesondertes Projekt für das Wasserwerk Stellingen hat sich dadurch erübrigt. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/5169 5 Anlage 5169ska_text 5169ska_Antwort_Anlage