BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/5186 21. Wahlperiode 15.07.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Birgit Stöver (CDU) vom 07.07.16 und Antwort des Senats Betr.: Ist der Effizienzwohnungsbau überhaupt realistisch? Die Regierungsfraktionen haben Mitte Juni 2016 ein Konzept zum „Effizienzwohnungsbau “ angekündigt. Obwohl bisher nur Eckpunkte und Prüfaufträge öffentlich sind, werden in öffentlichen Diskussionen Details genannt. So soll durch den Effizienzwohnungsbau eine Baukostensenkung von bis zu 40 Prozent erzielt werden. Als Pilot- oder Versuchsobjekte gelten die Projektgebiete Bramfelder Dorfgraben im Bezirk Wandsbek sowie Vogelkamp in Neugraben , die vom Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen (LIG) für frei finanzierte Mietwohnungen mit einer Nettokaltmiete von 8 Euro /m2 ausgeschrieben sind. Weiter wurde in einer Fernsehdiskussion bekannt, dass der Effizienzwohnungsbau über einen erheblich preisreduzierten Verkauf der städtischen Grundstücke vorangetrieben werden soll, unter anderem um dem Investor entgegenzukommen, die genannte geringe Nettokaltmiete erzielen zu können. Zugleich werden den Investoren erhebliche zusätzliche kostentreibende Bauauflagen aufgebürdet, wie zum Beispiel die Renaturierung eines benachbarten Bachlaufes in Bramfeld. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat verfolgt das Ziel, das Angebot von bezahlbarem Wohnraum insbesondere für Haushalte mit mittleren und kleinen Einkommen zu erhöhen. Dieses Ziel, neben dem geförderten Mietwohnungsneubau auch frei finanzierten Mietwohnungsneubau zu bezahlbaren Mieten anzubieten und damit den Mietwohnungsmarkt Hamburgs zu entlasten, soll gemeinsam mit der Wohnungswirtschaft umgesetzt werden. Vor diesem Hintergrund führt der Senat zwei Pilotvorhaben durch, um erste Erkenntnisse für dieses grundsätzliche Ziel zu gewinnen. Im Übrigen hat der Senat SAGA GWG gebeten, ein drittes Pilotvorhaben mit gleicher Zielrichtung umzusetzen. Zunächst werden zwei städtische Grundstücke für den frei finanzierten Mietwohnungsneubau ausgeschrieben unter Einhaltung einer Kostenreduzierung beim Bauen und mit der Vorgabe, eine Nettokaltmiete von 8 Euro/m² Wfl. für die ersten fünf Jahre nach Bezugsfertigkeit zu erreichen. Nach Bewerbungsschluss werden die Ausschreibungsergebnisse evaluiert. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen – teilweise auf Grundlage von Auskünften der IBA Hamburg GmbH – wie folgt: 1. Ist es richtig, dass die vorgeschriebene Nettokaltmiete von 8 – 9 Euro/m2 unter anderem über einen erheblich preisreduzierten Verkauf städtischer Grundstücke ermöglicht werden soll? Nein. Drucksache 21/5186 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 2. Inwiefern ist dieses Vorhaben mit den rechtlichen Vorgaben der LHO vereinbar? Bitte ausführlich begründen. 3. Unter welchen Voraussetzungen kann generell eine Veräußerung öffentlicher Grundstücke unter dem Verkehrswert stattfinden? 4. In welcher Produktgruppe, welchem Produkt und welcher Kostenart ist die Grundstücksförderung des geplanten Konzepts des „Effizienzwohnungsbaus “ in welcher Höhe im Haushaltplan-Entwurf 2017/2018 eingestellt ? 5. Mit welchen Auswirkungen (in welcher Höhe) muss der LIG für sein Anlagevermögen aufgrund der vergünstigten Grundstücksvergabe rechnen ? Bitte groben Schätzwert angeben. Die Veräußerung von Grundstücken erfolgt grundsätzlich nach §§ 63 und 64 Landeshaushaltsordnung ausschließlich auf Grundlage des Verkehrswertes. Die genannten Grundstücke werden im Rahmen von Konzeptausschreibungen angeboten. Eine Grundstücksförderung im Sinne der Fragestellung findet nicht statt. 6. Trifft es zu, dass die Investoren nach den Ausschreibungen der Pilotprojektgrundstücke neben dem reinen Wohnungsbau zu der genannten reduzierten Nettokaltmiete weitere städtische beziehungsweise bezirkliche Auflagen zu erfüllen haben (zum Beispiel Renaturierung eines Bauchlaufes, Gründächer, Gemeinschaftsräume, Erschließungsstraßen et cetera)? Falls ja, welche? Bitte detailliert nach Grundstücken auflisten. Bitte ebenfalls Kostenschätzungen zu den jeweiligen Maßnahmen auflisten. 7. Wie vertragen sich derartige Auflagen mit dem übergeordneten Ziel der Baukostensenkung? Wie in Konzeptausschreibungsverfahren üblich, bestehen in Abstimmung mit dem Bezirksamt und den zuständigen Fachbehörden konzeptionelle Vorgaben. Die Höhe der Kosten für die einzelnen Maßnahmen ist vom Investor zu ermitteln beziehungsweise zu schätzen und wird in dem Gebotspreis berücksichtigt. Die Höhe der Kosten für die jeweiligen Maßnahmen beziehungsweise Anforderungen sind abhängig von der Projektentwicklung des Investors und können vorab nicht angegeben werden. Im Übrigen dienen die Grundstücksausschreibungen dem Zweck, die Wirtschaftlichkeit eines Vorhabens unter Beachtung der verschiedenen Anforderungen zu ermitteln. Bei den Pilotprojekten wird unter anderem evaluiert werden, ob die zusätzliche Auflage einer gedeckelten Nettokaltmiete von 8 Euro/m² Wohnfläche durch eine Reduktion der Hochbaukosten kompensiert werden kann. Für das Grundstück Bramfelder Dorfgraben ist durch den erfolgreichen Bieter auf eigene Kosten nach Maßgabe des zuständigen Bezirksamtes die Erschließung und der für eine Bebauung der Fläche zu verlegende Bramfelder Dorfgraben herzustellen und anschließend kosten- und lastenfrei an die Stadt zurück zu übereignen. Darüber hinaus ist die Festsetzung des Bebauungsplans Bramfeld 64 zu beachten, der in § 2 Nummer 18 des Verordnungstextes eine extensive Dachbegrünung festsetzt . Für das Grundstück Vogelkamp Neugraben besteht die Auflage, im Erdgeschoss Gewerbeflächen mit circa 900 m² Geschossfläche vorzusehen. Eine Miethöhe ist hier nicht vorgegeben. Im Übrigen wird auf die aktuellen Ausschreibungen unter http://immobilienlig .hamburg.de/ verwiesen. 8. Wie hoch schätzt der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde die Kosteneinsparung durch den Typenbau? Typenbauten können ein möglicher Baustein für kostengünstiges Bauen sein. Wie hoch das Einsparungspotenzial sein kann, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/5186 3 9. Was genau versteht der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde unter Typenbau? Welche Baumaterialien können dabei verwendet werden ? Bei Typengebäuden handelt es sich um Gebäude, die in gleicher Form an verschiedenen Standorten und in möglichst gleicher Ausführung errichtet werden. Das Baumaterial ist dabei frei wählbar. 10. Wer gewährleistet, dass die städtebauliche und architektonische Qualität überhaupt gewährleistet werden kann? Die Gewährleistung für die städtebauliche und architektonische Qualität übernehmen die jeweiligen Auswahl- beziehungsweise Bewertungsgremien. Der Bebauungsplan und der Funktionsplan müssen jeweils beachtet werden. 11. Hat der Oberbaudirektor bei der Konzeption der Ausschreibungen mitgewirkt ? Wenn ja, inwiefern? Wenn nein, warum nicht? Der Oberbaudirektor wurde in die Abstimmung der Ausschreibungen am Bramfelder Dorfgraben und Vogelkamp Neugraben miteinbezogen. 12. Haben sich Interessenverbände bereits vollständig oder teilweise für oder gegen den Effizienzwohnungsbau im Allgemeinen oder bezogen auf die Pilotprojekte ausgesprochen? a) Falls ja, welche und mit welchen Begründungen? b) Wie geht der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde mit der fachlichen Kritik um und führt diese zu Änderungen? Der Senat äußert sich grundsätzlich nicht zu Meinungsäußerungen Dritter. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 13. Warum hat der Senat eine Mietpreisbindung für die Investoren von nur fünf Jahren gewählt? Ist das sozial und haushalterisch gerecht? Von längeren Bindungszeiten wurde abgesehen, da es sich um frei finanzierten Mietwohnungsbau handelt und die einschlägigen Mieterschutzvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches gelten. Da die Grundstücke zum Verkehrswert verkauft werden und auch kein sonstiger Fördermitteleinsatz erfolgt, ergeben sich keine haushalterischen Effekte. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.