BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/5201 21. Wahlperiode 15.07.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dennis Gladiator (CDU) vom 08.07.16 und Antwort des Senats Betr.: Zersiedlung der Marschlande in „Oberbillwerder“ – „Allermöhe III“ Die Hamburger Sozialdemokraten tun es schon wieder – sie ziehen offenbar, diesmal absurderweise zusammen mit den GRÜNEN, Pläne aus den Siebzigerjahren für einen neuen Stadtteil „Ballermöhe“ buchstäblich auf der grünen Wiese aus der Schublade. Nach dem Prinzip „neuer Wein in alten Schläuchen “ sollen abermals riesige landwirtschaftlich genutzte Flächen in den Marschlanden für eine Trabantensiedlung herhalten. Schon damals mussten in Billwerder und Allermöhe Wiesen, wo seinerzeit hinter grünen Deichen Kühe weideten und in Treibhäusern Salat und Sellerie gediehen, dem Beton weichen. Über Jahrzehnte war man sich im Rathaus einig, dass die schweren städtebaulichen Fehler der SPD der 1960er und 1970er Jahre sich nie wiederholen dürften. Unter den sozialen Problemen und Ansätzen von Ghettoisierung in diesen Quartieren aus der Retorte leidet Hamburg noch heute. Dass die GRÜNEN sich mit der Entscheidung zur Besiedlung von Oberbillwerder im Widerspruch zu ihrem Bundesvorsitzenden Dr. Anton Hofreiter setzen, ist erschreckend. In seinem Positionspapier „Den Flächenfraß stoppen !“ geißelt Herr Dr. Hofreiter: „Neuausweisungen von Siedlungsflächen auf der grünen Wiese sind in (…) ökologischer, verkehrlicher und städtebaulicher Hinsicht fatal. Zum einen gehen Wälder, landwirtschaftliche Flächen und teilweise auch Schutzgebiete mitsamt ihren Gemeinwohlfunktionen wie Hochwasser - und Grundwasserschutz, Immissionsschutz oder Klimaschutz unwiederbringlich verloren. Zum anderen werden Landschaften und Siedlungen verschandelt und bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Touristisch beliebte ländliche Kulturlandschaften degenerieren genauso wie unverkennbare Ortsund Stadtbilder zu einem globalen ALDI-LIDL-OBI-Einheitsbrei. Mit dem Verlust von Individualität und Kultur geht ein Stück Heimat verloren. Die aktuelle Siedlungspolitik trägt überdies zum enormen Anwachsen des Straßenverkehrs bei.“ Unter gleicher Prämisse hat sich die CDU gegen die Mehrheit der SPD in der Bezirksversammlung Bergedorf (Drs. XIX/0071) dafür eingesetzt, dass anstatt den Ausweisungen für „Wohnbauflächen“, „gewerbliche Bauflächen “ und „gemischte Bauflächen“ eine Ausweisung für „Flächen für die Landwirtschaft“ erfolge und damit der Naturraum „Oberbillwerder“ erhalten bleibt. Mit der Entscheidung zur Bebauung von Oberbillwerder wird letztlich auch der Bergedorfer Konsens, der zwischen den Fraktionen und dem ehemaligen Bezirksamtsleiter Dr. Krupp bestand, aufgekündigt, die Kulturlandschaft und die Grünzüge zu erhalten. Wenn es insoweit zu einer 180-Grad- Wendung gegen den Erhalt der Kulturlandschaft kommt, müssen solche Ideen von der Stadtplanung im Bezirk mit den Bürgern erörtert werden, statt der Bevölkerung von oben herab ein fertiges Ergebnis vor die Füße zu knallen . Vergleichbar mit dem skandalösen Vorgehen am Mittleren Landweg wäre das Vorhaben „Oberbillwerder“ inakzeptabel. In diesem Sinne habe ich mit meinen Anfragen (unter anderem Drs. 21/1866, 21/2150, 21/2327; 21/2860) immer wieder kritisch hinterfragt, welche Bebauungspläne der Drucksache 21/5201 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Senat für den Bereich „Mittlerer Landweg/Gleisdreieck“ und „Oberbillwerder“ hat und ob und wie dadurch hervorgerufene ökologische Schäden verhindert und Bürger beteiligt werden können, worauf mir ausweichend („keine Planungen “ Drs. 21/2327; „Senat damit nicht befasst“ Drs. 21/1866) oder verharmlosend („geringe Wertigkeit als Lebensraum für Tiere und Pflanzen“ Drs. 21/2860) geantwortet wurde. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Im Oktober 2015 behauptete der Senat (Drs. 21/1866), dass „es in Oberbillwerder derzeit keine (…) konkrete Planung (gebe). Darüber hinaus hat sich der Senat damit nicht befasst.“ Welche Pläne haben Senat oder zuständige Behörden nunmehr für „Oberbillwerder“? Aktuell verfolgt der Senat das Ziel, jährlich 10.000 Wohneinheiten zu genehmigen und hat dies auch im neuen „Bündnis für Wohnen in Hamburg“ im Mai 2016 bekräftigt. Daraus ergibt sich das Erfordernis, insbesondere die Aktivierung der im Flächennutzungsplan dargestellten und noch nicht genutzten Wohnbauflächen zu prüfen beziehungsweise deren Entwicklung zu veranlassen. Die zuständige Fachbehörde und das Bezirksamt Bergedorf haben mit der Prüfung der Entwicklung von Oberbillwerder begonnen. 2. Gibt es weitere Ideen für den Gesamtraum Billwerder-Allermöhe beziehungsweise sonstige Flächen südlich und nördlich der S-Bahn-Trasse Hauptbahnhof Richtung Bergedorf für Wohnungsbau, die der Senat vor der Bevölkerung zurückhält, weil sie noch nicht im Planungsstadium sind? Nein. 3. Wann wurden beziehungsweise werden zu den Planungen/Ideen welche Beschlüsse gefasst? Der Beschluss zur Darstellung von Oberbillwerder im Flächennutzungsplan erfolgte 1997. 4. Wie ist der Stand bei den Pachtverlängerungen der davon betroffenen landwirtschaftlichen Betriebe? Die Pachtverträge wurden bisher noch nicht verlängert, siehe auch Drs. 21/3779. 5. Wie viele landwirtschaftliche Betriebe müssen dadurch aufgeben? Die Frage der Betroffenheit von Betrieben kann zu diesem Zeitpunkt noch nicht beantwortet werden. Im Falle einer Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Flächen für die Entwicklung von Oberbillwerder sind die zuständigen Dienststellen bestrebt, Existenzgefährdungen für die acht nördlich der Haltestelle Allermöhe wirtschaftenden landwirtschaftlichen Betriebe zu vermeiden.