BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/5209 21. Wahlperiode 19.07.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Karin Prien (CDU) vom 11.07.16 und Antwort des Senats Betr.: Schüler verweigert Lehrerin aus religiösen Gründen den Handschlag Eine Lehrerin der Stadtteilschule Altona wollte ihrem Schüler zur mündlichen Abitur-Prüfung gratulieren. Doch dieser hielt ihr nur das Handgelenk hin, mit der Begründung, dass seine Religion ihm den Handschlag verbiete. Am Donnerstag, den 7. Juli 2016 fand die Abiturfeier statt, die laut Medienberichten von fünf Lehrern boykottiert wurde, weil sie forderten, dass der Schüler von der Feier ausgeschlossen werde. Dies wurde von der Schulleitung abgelehnt. Der Junge hatte zuvor in einem persönlichen Gespräch gegenüber der Lehrerin erklärt, dass sein Verhalten nicht auf Respektlosigkeit basiere, sondern er dies aus religiösen Gründen mache. Der Schulleiterin zufolge sei er aber keinesfalls radikal oder extremistisch gewesen; dennoch dulde man ein derartiges Verhalten nicht. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie stellt sich der Sachverhalt im Einzelnen dar? 2. Welche Maßnahmen wurden nach dem Vorfall von wem ergriffen? Eine Lehrerin der Kurt-Tucholsky-Schule wollte einem Schüler im Anschluss an seine bestandene mündliche Abiturprüfung mit Handschlag gratulieren. Der Schüler erklärte der Lehrerin, dass er ihr aus religiösen Gründen nicht die Hand geben wolle. Darüber wurde die Schulleiterin von der betroffenen Lehrerin und dem Tutor des Schülers informiert. Die Lehrerin und der Tutor baten die Schulleiterin, ein Zeichen zu setzen und den Schüler von den Abiturfeierlichkeiten auszuschließen. Die Schulleiterin bat um Beratungszeit und schlug vor, gemeinsam über das Vorgehen nachzudenken. Sie führte Gespräche mit den betroffenen Lehrkräften aus der Prüfungskommission , der Tutor sprach mit dem Schüler. Aus pädagogischen Gründen entschied die Schulleiterin, den Schüler nicht von der Feier auszuschließen und begründete diese Entscheidung gegenüber der betroffenen Lehrerin und dem Tutor. Im Sinne einer Deeskalation und einer sachlichen Auseinandersetzung bat sie alle Beteiligten um Besonnenheit und Zeit für eine gemeinsame Diskussion, um dem Auftrag der Schule, zu einer interkulturellen Erziehung und Vermittlung beizutragen, gerecht zu werden. Am folgenden Tag übergab der Tutor der Schulleiterin einen von sechs weiteren Lehrkräften unterschriebenen Brief, in dem er begründete, warum er der Abiturfeier fernbleiben müsse. Die Tutoren teilten den Klassensprecherinnen und Klassensprechern des Jahrgangs 13 diese Entscheidung per E-Mail mit. In einer Schulkonferenzsitzung am folgenden Tag wurde der Vorfall auf Veranlassung der Schülervertreter thematisiert. Die Schülervertreter riefen die Schulgemeinschaft auf, sich konstruktiv mit dem Thema auseinanderzusetzen. In einem Dienststellenge- Drucksache 21/5209 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 spräch kurz vor der Abiturfeier wurde zwischen Schulleitung und schulischem Personalrat vereinbart, eine umfassende Auseinandersetzung mit der Problematik in der Schulgemeinschaft zu initiieren. 3. Nahm der Schüler an der Abiturfeier teil? Wiederholte er dort sein Verhalten bei der Zeugnis-Übergabe? Der Schüler nahm mit seiner Familie an der Abiturfeier teil. Die Feier verlief sehr stilvoll , harmonisch und in freundlicher Atmosphäre. Der Schüler nahm von der Schulleiterin sein Zeugnis und ihren Glückwunsch per Handschlag entgegen. 4. Wie viele Lehrkräfte nahmen wegen des Vorfalls nicht an der Abiturfeier teil? Sieben Lehrkräfte. 5. Sind der zuständigen Behörde weitere Vorfälle dieser Art an anderen Schulen bekannt? Falls ja, an welchen? Nein. 6. Inwiefern gibt es Anweisungen oder Empfehlungen der zuständigen Behörde an die Schulen, wie sich die Lehrer in derartigen Fällen verhalten sollen? Wenn ja, welchen Inhalts? Wenn nein, plant der Senat, eine entsprechende Anweisung oder Empfehlung zu erteilen? Wenn ja, zu wann? Dass Schülerinnen und Schüler die amtliche Autorität von Schulpersonal, seien es Frauen oder Männer, gleich zu achten haben, ergibt sich aus der Verfassung und den allgemeinen Gesetzen, namentlich Artikel 33 Absatz 1 Grundgesetz und § 31 Absatz 1 HmbSG. Der Umgang mit Unhöflichkeit, wie der Verweigerung des von einem Erwachsenen angebotenen Handschlags durch einen Jugendlichen, ist eine pädagogische Fragestellung , die im Einzelfall durch die selbstverantwortete Schule zu beantworten ist. Die zuständige Behörde bietet den Schulen hierzu Beratung, Fortbildungen und Veranstaltungen an.