BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/5332 21. Wahlperiode 26.07.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Karin Prien (CDU) vom 19.07.16 und Antwort des Senats Betr.: Kennt der Senat inzwischen den Bedarf an Sprachkursen bei den Flüchtlingen? Ob über Schriftliche Anfragen oder Fragen im Ausschuss – bisher war es der CDU-Fraktion nicht möglich, fundierte Zahlen vom Senat über seine Planungen zur Versorgung der Flüchtlinge mit Deutschkursen zu erhalten. Dies erhärtet den Eindruck, dass die Aussage von Rot-Grün, Sprache sei der Schlüssel zur Integration, mehr Absichtserklärung denn Arbeitsprogramm ist. Auch steht die Befürchtung im Raum, dass der Senat die Antworten auf einige Fragen selber nicht kennt. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat hat wiederholt darauf hingewiesen, dass das vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) umgesetzte Integrationskursangebot als gesetzlich verankertes Grundangebot zur Sprachförderung allein in die Zuständigkeit des Bundes fällt (siehe Drs. 21/2868, 21/2977, 21/4566 sowie monatliche Drucksachen zum Monitoring , zuletzt Drs. 21/4499, 21/5126). Deshalb obliegt die Datenerfassung und die entsprechende Berichterstattung auch ausschließlich dem Bund (siehe Drs. 21/3649). Das BAMF veröffentlicht Daten zu Integrationskursen im Rahmen der Integrationskursgeschäftsstatistik 1. Hamburg ergänzt das Sprachkursangebot des BAMF lediglich subsidiär mit landesfinanzierten Angeboten für die Zielgruppen, die von den Angeboten des Bundes nicht abgedeckt werden. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen zum Teil auf Grundlage von Auskünften des BAMF und der Agentur für Arbeit Hamburg (Agentur) wie folgt: 1. Verfügt der Senat inzwischen über eine Prognose, wie viele der 45.622 Flüchtlinge (Stand Mai) im Jahr 2016 für einen Integrationskurs, aber auch einen anderen Sprachkurs infrage kommen? Wie viele davon haben bereits einen Kurs besucht oder besuchen bereits einen? Die in der Frage genannte Anzahl der Flüchtlinge kann nicht für eine Prognose des aktuellen Bedarfs an Sprachkursen für Erwachsene herangezogen werden, da diese zum Teil bereits seit längerer Zeit in Hamburg beziehungsweise Deutschland leben. Im Jahr 2015 wurden Hamburg insgesamt 22.315 Schutzsuchende zugewiesen, in der ersten Jahreshälfte 2016 insgesamt 6.879. Rund ein Viertel aller Geflüchteten in Hamburg ist minderjährig und somit schulpflichtig, zählt also nicht zur Zielgruppe der bundes- oder landesfinanzierten Sprachförderprogramme für Erwachsene. 1 https://www.bamf.de/DE/Infothek/Statistiken/InGe/inge.html. Drucksache 21/5332 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Das BAMF geht – abweichend von den in der Drs. 21/4566 genannten Zahlen vom 7. Juli 2016 – in einer aktuellen Mitteilung vom 21. Juli 2016 für 2016 derzeit von bundesweit 450.000 neuen Teilnehmenden (aller Statusgruppen) an Integrationskursen aus, davon dürften nach dortiger Einschätzung rund 16.000 Kursplätze auf Hamburg entfallen. Im 1. Quartal 2016 haben in Hamburg laut BAMF über 2.200 Personen mit einem Integrationskurs des BAMF begonnen. Hinzu kommen die landesfinanzierten Sprachförderprogramme , die im vergleichbaren Zeitraum 404 Sprachkurszulassungen hatten (siehe auch Drs. 21/5126) sowie weitere Angebote, wie in der Drs. 21/4566 dargestellt . Ein Teil der Asylsuchenden (aus den Herkunftsländern Syrien, Irak, Iran, Eritrea) kann bereits frühzeitig, also schon während des laufenden Asylverfahrens, zu einem Integrationskurs des BAMF zugelassen werden. Wie viele Teilnehmende in den Integrationskursen Geflüchtete sind, kann laut Mitteilung des BAMF statistisch nicht ermittelt werden, da diese Eigenschaft nicht erfasst werde. Die Größenordnung dürfte nach Einschätzung des BAMF bei etwa 60 Prozent liegen. 2. Wieso waren trotz großer Nachfrage nur 6.437 Plätze der 10.100 vom Bund finanzierten Integrationskurse im Jahr 2015 belegt? Der in der Drs. 21/4566 ausgewiesene Wert entspricht einer Hochrechnung von Platzkapazitäten auf Grundlage der durchgeführten Kurse und der jeweils maximalen Belegungszahl gemäß den Vorgaben des BAMF. Die tatsächliche Belegung der Kurse wird von weiteren Faktoren beeinflusst, zum Beispiel von den Raumkapazitäten der Kursträger, der tatsächlichen Zulassung von Teilnehmenden bei den zum Teil sehr differenzierten Angeboten oder auch Kurs- und Kursortwechseln von Teilnehmenden während der Kurslaufzeit. 3. Wie viel Prozent der Teilnehmer waren Flüchtlinge? Falls keine genauen Zahlen vorliegen: eher 25, 40 oder 50 Prozent? 4. Wie viele Plätze in Integrationskurse sind für 2016 für Hamburg vorgesehen ? Wie viele Plätze sollen davon in etwa an Flüchtlinge gehen? Siehe Antwort zu 1. Im Übrigen siehe Drs. 21/4566. 5. Liegen dem Senat Klagen/Beschwerden vonseiten der 47 Träger von Integrationskursen vor? Wenn ja, welche? Die Kursträger haben der zuständigen Behörde wiederholt über das Problem der Gewinnung von Kursleiterinnen und Kursleitern berichtet, was unter anderem auch an der vergleichsweise geringen Lehrkräftevergütung aufgrund des zu geringen Kostenerstattungssatzes des BAMF liege. Hamburg hat – wie andere Länder auch – über die Integrationsministerkonferenz (IntMK) eine Erhöhung des Kostenerstattungssatzes gefordert. Das BAMF hat mit Wirkung vom 1. Juli 2016 eine Erhöhung der Kostenerstattungssätze auf 3,90 Euro umgesetzt und verbindet dies mit einer neuen Honoraruntergrenze für die Kursleiterinnen und Kursleiter in Höhe von 35 Euro. 6. In der Drs. 21/4566 heißt es, dass die Nachfrage nach dem Länderprogramm „Deutschkurse für Flüchtlinge“ vermutlich größer sei als die Zahl der vorliegenden Anmeldungen vermuten lässt, da das Programm noch nicht allen möglichen Teilnehmern bekannt sei. Wie ist das zu verstehen ? Informieren Unterkunftsbetreiber, W.I.R und Jobcenter nicht über die Kurse? Zu den Aufgaben der zuständigen Träger und Behörden gehört auch die Information der Geflüchteten über die vorhandenen Sprachförderangebote. So weist bereits das Sozialmanagement der Betreiber der Erstaufnahmeeinrichtungen auf sämtliche Angebote zur Sprachförderung hin. Gleiches gilt für das Flüchtlingszentrum Hamburg, auch im Rahmen des Vorhabens W.I.R – work and integration for refugees. Sofern die Kundinnen/Kunden der Agentur für das Länderprogramm „Deutschkurse für Flüchtlinge “ infrage kommen, werden sie auch hier durch die jeweilige Arbeitsvermittlerinnen/ Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/5332 3 Arbeitsvermittler informiert. Angesichts der hohen Zugangszahlen insbesondere im vergangenen Jahr war jedoch gleichwohl nicht zu vermeiden, dass nicht alle Geflüchteten sofort informiert wurden. Solange der Bund nicht alle Zielgruppen mit seinem Integrationskursangebot abdeckt, geht der Senat weiter von einer großen Nachfrage nach landesfinanzierten Sprachförderangeboten aus. Die Kundinnen und Kunden des Jobcenters sind im Übrigen an der Teilnahme der BAMF-Kurse berechtigt. 7. Unter welchen Voraussetzungen kommt ein Flüchtling überhaupt für „Deutschkurs für Flüchtlinge“ infrage? Erhalten hier auch auf einen Integrationskurs Wartende Sprachunterricht oder ist der nur vorgesehen für jene Personen, die nicht für Integrationskurse infrage kommen? Siehe Drs. 21/2868 und Drs. 21/4566. Asylsuchende aus Afghanistan können abweichend von den in den angegebenen Drucksachen dargestellten Voraussetzungen ab August 2016 bereits mit einer dreimonatigen Aufenthaltsgestattung oder Duldung am Projekt „Deutschkurse für Flüchtlinge“ teilnehmen. 8. Laut Drs. 21/4566 würden die Fachbehörden derzeit eine Ausweitung des Programms „Erstorientierung für Geflüchtete“ planen. Wie viele Plätze waren hier für das gesamte Jahr 2016 vorgesehen und in welcher Größenordnung liegt die geplante Ausweitung? Siehe Drs. 21/4566. Die Planungen sind noch nicht abgeschlossen. 9. Wieso ist die VHS hier als einziger Träger akzeptiert? Das Angebot ist von der Volkshochschule Hamburg (VHS) entwickelt worden. Die VHS als öffentliche Weiterbildungseinrichtung der Stadt ist dezentral aufgestellt und kann sicherstellen, dass die Kursangebote „Erstorientierung für Flüchtlinge“ (EOF) dezentral in relativer Nähe zu Unterkünften für Geflüchtete angeboten werden. Für die Umsetzung der bisherigen Größenordnung des Programms EOF ist eine Beauftragung unterschiedlicher Träger mit Blick auf die Zielgruppe nicht sinnvoll. 10. „Die Gesamtsumme von rund 180.000 neuen Kursplätzen und die Feststellung , dass lediglich Syrien und Irak als Hauptherkunftsländer für die relevante Gruppe der Asylberechtigten, Asylsuchenden und Geduldeten unter den zehn größten Teilnahmegruppen sind, zeigen jedoch, dass das Integrationskursangebot des BAMF zumindest in 2015 unzureichend gewesen ist“, so der Senat in Drs. 21/4566. Wie bewertet der Senat das Angebot für 2016? Was hat er in Abstimmung mit dem BAMF und auf Bundesebene getan, um dafür zu sorgen, dass das Angebot 2016 nicht ebenfalls als „unzureichend“ bezeichnet werden muss? Siehe Drs. 21/4566. Der Senat fordert über die Fachministerkonferenzen (IntMK, Konferenz der Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren für Arbeit und Soziales) weiterhin eine Öffnung des Integrationskursangebotes für Asylsuchende mit individuell guter Bleibeperspektive, zum Beispiel für Asylsuchende aus Afghanistan oder auch aus Somalia.