BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/5340 21. Wahlperiode 26.07.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Birgit Stöver und Dennis Thering (CDU) vom 19.07.16 und Antwort des Senats Betr.: Mitnahme von E-Scootern in Bussen, Bahnen und auf Fähren Schon im letzten Jahr wurde in verschiedenen Bundesländern und Kommunen über die Mitnahme von sogenannten E-Scootern, also einsitzigen Elektrofahrzeugen mit bis zu 500 Kilogramm Gesamtgewicht, in den verschiedenen Angeboten des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) diskutiert und auch gerichtlich entschieden. Stand ist, dass aufgrund der momentanen Rechtslage E-Scooter von mehreren Verkehrsunternehmen nicht mehr befördert werden. E-Scooter werden hierbei vielfach von schwerbehinderten Menschen genutzt. Gerade eingedenk der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ist daher darüber nachzudenken, wie diesem Personenkreis gesellschaftliche Teilhabe durch problemlose Nutzung ihrer E-Scooter in Bussen, Bahnen und auf Fähren ermöglicht werden kann. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen auf der Grundlage von Auskünften der Hamburger Hochbahn AG (HOCHBAHN), der Deutschen Bahn AG (DB) und der Hamburger Verkehrsverbund GmbH (HVV) wie folgt: 1. Wie viele E-Scooter gibt es aktuell in Hamburg? 2. Wie hat sich die Zahl der E-Scooter in Hamburg seit 2011 entwickelt? Bitte jahresweise aufschlüsseln. Entsprechende Daten zu sogenannten E-Scootern (einsitzige Elektrofahrzeuge mit bis zu 500 Kilogramm Gesamtgewicht) liegen der zuständigen Behörde nicht vor. 3. Wie hat sich die Zahl der für Personen in Hamburg verschriebenen und von Krankenkassen bewilligten E-Scooter seit 2011 entwickelt? Bitte jahresweise aufschlüsseln. Entsprechende Daten liegen der zuständigen Behörde nicht vor. Eine dazu erforderliche Umfrage bei allen Krankenkassen mit Versicherten in Hamburg ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 4. Dürfen E-Scooter in den verschiedenen Verkehrsmitteln des ÖPNV in Hamburg mitgeführt werden? Wenn nein, warum in welchen Verkehrsmitteln nicht? Die fragliche Diskussion betrifft ausschließlich die Mitnahme in Bussen. Im HVV sind keine Mobilitätshilfen vom Transport ausgeschlossen. Grundsätzlich gilt jedoch, dass bei der Mitnahme von Mobilitätshilfen in Bussen die Nutzbarkeit der Durchgänge und Drucksache 21/5340 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 der Ein- und Ausstiege nicht beeinträchtigt werden darf. Sie sind so unterzubringen, dass die Sicherheit und Ordnung des Betriebs sowie andere Fahrgäste nicht gefährdet werden. Um Unfallrisiken zu reduzieren, ist es erforderlich, dass sich E-Scooter rückwärts an die Anlehnflächen des nach EU-Richtlinie vorgeschriebenen Rollstuhlstellplatzes aufstellen. Hierdurch wird die Kipp-, Rutsch- und damit Verletzungsgefahr minimiert. 5. Gibt es in Hamburg bei der Mitnahme beziehungsweise Beförderung von E-Scootern einen Ermessensspielraum für das Fahrpersonal? Wenn ja, welchen? Wenn nein, warum nicht? Gemäß § 11 Absatz 6 der Beförderungsbedingungen des HVV entscheidet im Einzelfall das Betriebspersonal gemäß der Situation vor Ort (Besetzungsgrad, Nutzung der Mehrzweckfläche durch andere Mobilitätshilfen oder Kinderwagen, Sicherheit Dritter et cetera), ob Sachen zur Beförderung zugelassen werden und an welcher Stelle sie unterzubringen sind. Wenn die Sicherheit und Ordnung des Betriebes nicht gewährleistet werden kann, können E-Scooter von der Mitnahme ausgeschlossen werden. 6. Wie viele der auf den verschiedenen HVV-Linien in Hamburg verkehrenden Busse sind mit sogenannten Prallplatten ausgestattet? Bitte nach Verkehrsunternehmen aufschlüsseln und jeweils die mit Prallplatten ausgestatteten Busse ins Verhältnis zur Größe der jeweiligen Busflotte setzen. Davon ausgehend, dass mit dem genannten Begriff „Prallplatten“ die Anlehnflächen im Mehrzweckbereich von Bussen gemeint sind, sind alle Busse mit Anlehnflächen, die entgegen der Fahrtrichtung ausgerichtet sind, ausgestattet. 7. Wie lauten aktuell die Beförderungsbedingungen des HVV beziehungsweise der verschiedenen HVV-Mitgliedunternehmen bezüglich der Mitnahme von E-Scootern in den verschiedenen Verkehrsmitteln des ÖPNV? Es gilt die Regelung gemäß § 11 Absatz 1 der Beförderungsbedingungen. Im Übrigen siehe Antwort zu 4. 8. Unterscheiden sich aktuell die Beförderungsbedingungen des HVV beziehungsweise der verschiedenen HVV-Mitgliedsunternehmen hinsichtlich der Mitnahme von E-Scootern einerseits und der Mitnahme von E-Rollstühlen andererseits? Wenn ja, worin genau? Nein. 9. Wie bewertet der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde den Ist-Stand der Beförderung und der Beförderungsbedingungen bezüglich der Mitnahme von E-Scootern in Hamburg? Der HVV, die Mitgliedsunternehmen und die Vertreter der Behinderten- und Seniorenverbände haben sich auf eine Regelung zur Beförderung von E-Scootern unter den derzeitigen rechtlichen und sonstigen Rahmenbedingungen für das Verbundgebiet verständigt (siehe Antwort zu 14.), die für den Busbetrieb praktikabel ist, Haftungsrisiken minimiert und eine Gefährdung anderer Fahrgäste weitgehend ausschließt. 10. Wie bewertet die Senatsbeauftragte für die Gleichstellung behinderter Menschen den Ist-Stand der Beförderung und der Beförderungsbedingungen bezüglich der Mitnahme von E-Scootern in Hamburg? Es hat in dem Zeitraum der letzten Jahre keine Einzelanfragen bei der Senatskoordinatorin zu dem Sachverhalt gegeben. Zudem hält die Senatskoordinatorin die vom HVV derzeit formulierten Beförderungsbedingungen für sinnvoll. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/5340 3 11. Wie bewertet der Landesseniorenbeirat den Ist-Stand der Beförderung und der Beförderungsbedingungen bezüglich der Mitnahme von E-Scootern in Hamburg? Siehe Antwort zu 9. 12. Liegen dem Senat beziehungsweise der zuständigen Behörde Informationen darüber vor, wie andere Verkehrsverbünde und -unternehmen die Mitnahme von E-Scootern regeln und handhaben? Wenn ja, für welche Verkehrsverbünde und -unternehmen liegen entsprechende Informationen vor und wie ist die Mitnahme von E-Scootern dort jeweils geregelt beziehungsweise wie wird sie dort gehandhabt? Nach Veröffentlichung der Empfehlung des Verbands deutscher Verkehrsunternehmen e.V. (VDV), E-Scooter von der Beförderung in Linienbussen auszuschließen, sprachen mehrere Verkehrsunternehmen einen Beförderungsausschluss aus (zum Beispiel Kiel, Vestische Straßenbahnen GmbH). Andere Unternehmen und Verbünde hingegen, wie zum Beispiel die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), der Verkehrsverbund Oberelbe (VVO) und der HVV, setzten diese Empfehlung nicht um, da sie Zweifel an einem generellen Ausschluss aller E-Scooter hatten. Aufgrund erheblicher Proteste der Behindertenverbände lockerten einige Unternehmen zwischenzeitlich den Beförderungsausschluss, wie zum Beispiel in Bremen, Stuttgart, Kassel und Münster. Die Stadtwerke Münster bieten seit Beginn des Jahres 2015 eine Mobilitätsschulung und -prüfung als Voraussetzung für die Mitnahme von E-Scooter-Nutzerinnen und -Nutzern in den Stadtbussen an (sogenannter Scooter-Pass). Derzeit sind gerichtliche Verfahren zur Beförderung von E-Scootern noch anhängig. 13. Kennen der Senat beziehungsweise die zuständigen Behörden das Gutachten des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) aus dem Jahr 2014 bezüglich der Beförderung von E-Scootern? Wenn ja, wie lauten die zentralen Inhalte dieses Gutachtens und wie bewerten der Senat beziehungsweise die zuständigen Behörden diese Inhalte und welche Pläne und Maßnahmen wurden daraus für Hamburg abgeleitet? Das angesprochene Gutachten ist der zuständigen Behörde bekannt. In diesem Gutachten wurde für drei unterschiedliche E-Scooter-Typen die Standsicherheit in Linienbussen bei Gefahrenbremsungen und starken Betriebsbremsungen mit dem Ergebnis untersucht, dass ein Kippen oder Rutschen und damit eine Gefährdung der E- Scooter-Nutzer selbst sowie der anderen Fahrgäste in den oben genannten Situationen nicht ausgeschlossen werden kann. Zwischen dem HVV und seinen Mitgliedsunternehmen herrscht Einvernehmen darüber , dass ein Beförderungsausschluss von E-Scootern im Hamburger öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) nicht anzustreben ist und die Ergebnisse des oben genannten Gutachtens für eine abschließende Bewertung hinsichtlich der Beförderung von E-Scootern nicht ausreichen. Stattdessen wird eine differenzierte Lösung angestrebt , die eine Mitnahme von E-Scootern zulässt, soweit dies unter Sicherheitsgesichtspunkten vertretbar ist. Im Übrigen siehe Antworten zu 4. und 7. 14. Kennen der Senat beziehungsweise die zuständigen Behörden das vom Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr (MBWSV) des Landes Nordrhein-Westfalen (NRW) in Auftrag gegebene und 2015 vorgelegte Gutachten bezüglich der Beförderung von E-Scootern? Wenn ja, wie lauten die zentralen Inhalte dieses Gutachtens und wie bewerten der Senat beziehungsweise die zuständigen Behörden diese Inhalte und welche Pläne und Maßnahmen wurden daraus für Hamburg abgeleitet? Das Gutachten ist der zuständigen Behörde bekannt. Darin wurde untersucht, unter welchen Voraussetzungen eine sichere Mitnahme von E-Scootern in Linienbussen möglich ist. Es werden Empfehlungen formuliert, welche Rahmenbedingungen erfüllt Drucksache 21/5340 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 sein müssen, um eine weitgehend sichere Beförderung von E-Scootern in Linienbussen durchführen zu können. Das Gutachten ist auf der Internetseite http://www.mbwsv.nrw.de/verkehr/_pdf_container/Gutachten_4252-Mitnahme- Elektromobile-SB-v1_00-2015-10-09.pdf veröffentlicht. Die Ergebnisse der Gutachten fließen in die Regelung ein, die vom HVV mit dem Busverkehrsunternehmen und den Vertreterinnen und Vertretern der Behinderten- und Seniorenverbände abgestimmt wird.