BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/5350 21. Wahlperiode 26.07.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein (FDP) vom 20.07.16 und Antwort des Senats Betr.: Elektronisches Anwaltspostfach – Ist die Freie und Hansestadt Hamburg gerüstet für die Umsetzung? Ab 01.01.2016 verpflichtet das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs alle in Deutschland zugelassenen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, gemäß § 31a BRAO das Postfach einzurichten, über das die elektronische Kommunikation abgewickelt werden kann. Auch in Hamburg ist ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach (beA) für die antragstellenden Rechtsanwälte bis September 2016 einzurichten. Allerdings ist dafür auch notwendig, dass die Gerichte und Staatsanwaltschaft ebenso technisch wie personell darauf vorbereitet sind, um eine reibungslose Kommunikation zu gewährleisten. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Am 16. Oktober 2013 ist das „Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten (E-Justice-Gesetz)“ verkündet worden. Es regelt für die Gerichte im Kernpunkt die Bereitstellung eines Zugangs zur Einreichung elektronischer Schriftsätze bis zum 1. Januar 2018 (im Rahmen des sogenannten Opt-out auf Basis von Länderverordnungen bis zum 1. Januar 2020) und für professionelle Einreicher (das heißt Anwälte, Notare, Behörden und juristische Personen öffentlichen Rechts) eine Nutzungspflicht dieses Zugangs ab spätestens 1. Januar 2022. Ausgenommen von der Nutzungspflicht ist bislang unter anderem der Bereich der Strafverfahren , da dieser Bereich nicht vom E-Justice-Gesetz umfasst wird. Die Eröffnung des elektronischen Rechtsverkehrs erfolgt in Hamburg schrittweise und im Einklang mit den vom Gesetzesgeber vorgegebenen zeitlichen Rahmenbedingungen . Es ist in diesem Kontext geplant, den elektronischen Rechtsverkehr bei allen vom E-Justice-Gesetz erfassten Gerichten bis Ende 2017 zuzulassen. Darüber hinaus wird darauf hingewiesen, dass das E-Justice-Gesetz unter anderem den Strafbereich nicht umfasst. Dadurch gelten auch die dort festgelegten zeitlichen Rahmenbedingungen unter anderem nicht für die Staatsanwaltschaften. Im Hinblick auf den elektronischen Rechtsverkehr bei den Staatsanwaltschaften sowie in strafgerichtlichen Verfahren und in Verfahren zu Ordnungswidrigkeiten fehlt bislang eine gesetzliche Regelung auf Bundesebene. Das „besondere elektronische Anwaltspostfach“ (beA) ist allen (bundesweit) eingetragenen Anwälten nach dem E-Justice Gesetz Artikel 7 Nummer 2 durch die Bundesrechtsanwaltskammer bereitzustellen. Es handelt sich hierbei um eine Infrastruktur, um den Anwälten eine Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr zu ermöglichen. Dabei wird die bereits bundesweit in der Justiz eingesetzte Kommunikation über das etablierte Verwaltungsprotokoll OSCI (Online Services Computer Interface) genutzt. Drucksache 21/5350 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Das „besondere elektronische Anwaltspostfach“ wird insbesondere die Möglichkeit bieten, Nachrichten über das für den elektronischen Rechtsverkehr zugelassene OSCI-Protokoll zu versenden und zu empfangen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Welche Voraussetzungen müssen vonseiten der Gerichte, Staatsanwaltschaft erfüllt sein, um einen reibungslosen Zugang für die Kommunikation über das elektronische Postfach mit den Rechtsanwälten im Rechtsverkehr zu ermöglichen? Wie unterstützt die Justizbehörde die Einrichtung durch welche Maßnahmen? Für die Kommunikation der Anwälte über das „besondere elektronische Anwaltspostfach “ müssen vonseiten der Gerichte und Staatsanwaltschaften keine besonderen Voraussetzungen erfüllt werden. Dieses liegt insbesondere darin begründet, dass ein Zugang zur Annahme elektronischer Einreichungen über das OSCI-Protokoll bereits besteht (vergleiche Antwort zu 2.) oder dieser im Zuge der Eröffnung des elektronischen Rechtsverkehrs ohnehin eingerichtet wird. Die Nachrichten werden über den bei Dataport betriebenen OSCI-Intermediär empfangen und mittels einer Client- Anwendung durch die teilnehmenden Dienststellen der Hamburger Justiz abgerufen. Die zuständige Behörde hat ein Projekt eingesetzt, um alle mit der Umsetzung des E-Justice-Gesetzes in Verbindung stehenden Anforderungen in der Hamburger Justiz zu erfüllen. 2. Wie viele und welche Gerichte sowie Staatsanwaltschaft sind bisher auf den Zugang technisch komplett vorbereitet und können mit den Anwälten an der elektronischen Kommunikation ab September 2016 teilnehmen (bitte nach Amtsgerichten, Landgericht, Oberlandesgericht, Verwaltungsgericht , Oberverwaltungsgericht, Sozialgericht, Landessozialgericht , Arbeitsgericht, Landesarbeitsgericht und Staatsanwaltschaft gegliedert darstellen)? Gemäß der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr in Hamburg vom 28. Januar 2008 (zuletzt geändert am 14. Dezember 2015) ist bei den folgenden Gerichten in den jeweils für sie näher bezeichneten Verfahrensarten die Einreichung elektronischer Dokumente eröffnet: - In allen Verfahrensbereichen: Finanzgericht Hamburg Verwaltungsgericht Hamburg Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Arbeitsgericht Hamburg Landesarbeitsgericht Hamburg Hamburgisches Berufsgericht für die Heilberufe Hamburgischer Berufsgerichtshof für die Heilberufe - Sozialgericht Hamburg und Landessozialgericht Hamburg: Verfahren betreffend Erziehungs- beziehungsweise Elterngeld und Betreuungsgeld sowie Verfahren betreffend Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch und dem Asylbewerberleistungsgesetz - Beim Amtsgericht Hamburg: Handels-, Partnerschafts- und Genossenschaftsregistersachen - Hanseatisches Oberlandesgericht: Verfahren, auf die die Zivilprozessordnung oder das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Anwendung findet sowie Beschwerdeverfahren betreffend Verfahren nach der Grundbuchordnung, der Schiffsregisterordnung, dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen und dem Energiewirtschaftsgesetz Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/5350 3 3. Wie wird gewährleistet, dass Unterlagen, E-Mails der Anwälte unproblematisch bei den Gerichten auf elektronischem Wege eingehen können? Die elektronische Kommunikation mit den in der Antwort zu 2 aufgeführten Gerichten erfolgt basierend auf der bestehenden OSCI-Infrastruktur. 4. Wie viele und welche Gerichte sowie gegebenenfalls Staatsanwaltschaft werden bis Ende 2016 derart ausgestattet sein, dass mittels Zugängen eine elektronische Kommunikation mit den Rechtsanwälten möglich sein wird (bitte nach Amtsgerichten, Landgericht, Oberlandesgericht, Verwaltungsgericht , Oberverwaltungsgericht, Sozialgericht, Landessozialgericht , Arbeitsgericht, Landesarbeitsgericht und Staatsanwaltschaft gegliedert darstellen)? Eine elektronische Einreichung ist bei den in der Antwort zu 2. aufgeführten Gerichten bereits heute möglich. Nach derzeitigem Stand ist geplant, den elektronischen Rechtsverkehr bis Ende 2016 zudem für die folgenden Gerichte beziehungsweise Verfahrensbereiche zuzulassen: - Sozialgericht Hamburg und Landessozialgericht Hamburg: alle Verfahrensbereiche - Landgericht Hamburg: Kammern für Handelssachen 5. Welche technischen Voraussetzungen, Zugangswege bei denen unter 2. aufgeführten Gerichten und der Staatsanwaltschaft sind bisher nicht erfüllt, um eine unproblematisch Kommunikation mit den Rechtsanwälten über das elektronische Anwaltspostfach sicherzustellen? Wo und bei welchen Gerichten gibt es Probleme bei der Umsetzung? Wie unterstützt die Justizbehörde die Gerichte und Staatsanwaltschaft bei der Lösung der Probleme und der Einrichtung der elektronischen Kommunikation? Die grundsätzlich notwendigen technischen Voraussetzungen zur Eröffnung des elektronischen Rechtsverkehrs sind bereits heute gegeben, sodass keine grundlegenden Probleme bestehen beziehungsweise bei der Umsetzung zu erwarten sind. Bei den größeren Gerichten (Amtsgerichte, Landgericht) werden derzeit noch die erforderlichen Geschäftsprozesse erarbeitet. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung und die Antwort zu 1. verwiesen. 6. Wie hoch sind die Kosten für die Einrichtung bei den Gerichten und der Staatsanwaltschaft in Hamburg? Welche Kosten trägt davon die Freie und Hansestadt Hamburg aus welcher Produktgruppe in welchem Haushaltsplan ? Das „besondere elektronische Anwaltspostfach“ wird durch die Bundesrechtsanwaltskammer bereitgestellt. Insofern fallen bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften hierfür keine Kosten an. Für die Umsetzung des „Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten“ wurde in 2013 ein Projekt eingerichtet und zum IT-Plan angemeldet . Die Finanzierung erfolgt entsprechend aus dem IT-Globalfond der Freien und Hansestadt Hamburg und die Abwicklung erfolgt über den Einzelplan 2. Auf die Eröffnung des elektronischen Rechtsverkehrs und die damit notwendige Umsetzung von technischen und organisatorischen Maßnahmen entfällt dabei voraussichtlich ein Aufwand von circa 1,7 Millionen Euro.