BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/5393 21. Wahlperiode 02.08.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Detlef Ehlebracht (AfD) vom 25.07.16 und Antwort des Senats Betr.: Mülltrennung in Flüchtlingsunterkünften (2) Auf der Sitzung des letzten Umweltausschusses musste Senator Kerstan zugeben, dass Hamburg sein Restmüllziel für 2015 nicht eingehalten hat. Es wurde deutlich mehr Restmüll abgeliefert und abgefahren (und dann wohl auch verbrannt) als veranschlagt. Als Verursacher wurden – so der Umweltsenator – die Flüchtlingsunterkünfte ausgemacht. Insgesamt seien 2015 rund 60.000 (sechzigtausend) Tonnen an Restmüll in den Unterkünften angefallen , bei einer Gesamtmenge aller Hamburger Haushalte von rund 450.000 Tonnen. Das heißt jeder Flüchtling hat etwa das achtfache der Restmüllmenge eines Hamburger Bürgers produziert. Dabei ist noch nicht berücksichtigt, dass die meisten Flüchtlinge ja erst in der zweiten Jahreshälfte nach Hamburg kamen, bezogen auf das Kalenderjahr dürfte der Wert also sogar doppelt so hoch sein. Die AfD-Fraktion hatte bereits im Februar 2016 in einer Schriftlichen Kleinen Anfrage das Müllproblem in den Flüchtlingsunterkünften problematisiert und dabei vom Senat nur ausweichende Antworten erhalten und von den Regierungsparteien nur Häme geerntet. Nun zeigt sich leider, dass die Müllentsorgung der Flüchtlingsunterkünfte ein ernstes Problem darstellt, dass nicht nur den Steuerzahler viel Geld kostet, sondern auch sämtlichen Bemühungen um mehr Klimaschutz zuwiderläuft. Der Senat hat aber weiterhin kein Konzept (jedenfalls wurde bisher nicht in dieser Sache veröffentlicht) und hofft lediglich auf Besserung. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat (teilweise erneut, aufgrund mangelhafter bisheriger Antworten): Die Restmüllmenge 2015 lag bei 461.000 Tonnen statt wie geplant bei 450.000 Tonnen . In den Flüchtlingsunterkünften fallen nach Schätzungen der Stadtreinigung Hamburg (SRH) etwa 16.000 Tonnen Abfall bezogen auf ein volles Kalenderjahr an. Die meisten Erstaufnahmeeinrichtungen müssen Einweggeschirr verwenden, da keine Spülküchen vorhanden sind. Sofern die baulichen Gegebenheiten für eine Geschirrreinigung vorhanden sind, wird Mehrweggeschirr genutzt. Der Umweltsenator hat nicht, wie mit der Fragestellung suggeriert, Flüchtlingsunterkünfte als bedeutende oder gar alleinige Verursacher von deutlich mehr Restmüll benannt. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen, teilweise auf der Grundlage von Auskünften der SRH, wie folgt: Drucksache 21/5393 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 1. Bisher sucht man die entsprechenden Behälter für Bioabfall, Wertstofftonnen und Papiertonnen in den allermeisten Flüchtlingsunterkünften vergeblich. Wann ist eine flächendeckende Ausstattung damit geplant und realistisch? 2. Warum wurde nicht das vergangene Halbjahr 2016, das ja von erheblichen reduzierten Zugangszahlen gekennzeichnet war, nicht dafür genutzt? Die Aufstellung von Wertstoffbehältern in Flüchtlingsunterkünften wird von der SRH und den Betreibern der Unterkünfte kontinuierlich vorangetrieben. Zurzeit nutzen bereits 50 Prozent aller Flüchtlingsunterkünfte Angebote der SRH zur getrennten Wertstofferfassung. 3. Auf die Frage, welche Abfallmengen der einzelnen Kategorien für Flüchtlinge bei der Bemessung der Müllgefäße zugrunde gelegt würden, lautete die Antwort auf unsere letzte Anfrage, es würden die normalen wohnungswirtschaftlichen Maßstäbe angelegt. Dies kann vor dem Hintergrund der nun zutage getretenen Restmüllmengen ja nicht zutreffend sein. Bitte nehmen Sie dazu Stellung. Zu den tatsächlichen Restmüllmengen in Flüchtlingsunterkünften siehe Vorbemerkung . Auch im Geschosswohnungsbau ist der Anfall von Restmüll höher als im Durchschnitt Hamburgs. 4. In welchem konkreten Umfang erhalten die Flüchtlinge Aufklärung über das deutsche System der Abfalltrennung und die Bedeutung derselben? Zu den Angeboten der SRH siehe Drs. 21/3318. Darüber hinaus werden Bewohnerinnen und Bewohner der Erstaufnahmeeinrichtungen und der öffentlich-rechtlichen Unterkünfte bei der Aufnahme in die Einrichtung und im Rahmen der Betreuung über den Umgang mit Abfall in der Einrichtung und in der Öffentlichkeit sensibilisiert. Dies erfolgt über niedrigschwellige Aufklärungen in Form von Faltblättern, Informationsmaterial, über die Hausordnungen und Veranstaltungen mit Bewohnerräten. Schulen und Einrichtungen der Kindertagesbetreuung für Flüchtlinge haben das Thema in Bildungsangeboten aufgegriffen. Darüber hinaus gibt es weitere Veranstaltungsformate. So findet im Ferienprogramm von Erstaufnahmeeinrichtungen zum Beispiel eine Besichtigung des Energiebergs Georgswerder (ehemalige Sondermülldeponie) statt. Geplant sind außerdem Informationsveranstaltungen zu allgemeinen Fragen des Zusammenlebens in Deutschland, in denen auch über Abfallsysteme informiert wird. 5. Gibt es neben ausliegenden Faltblättern praktische, persönliche Anleitungen zur Abfallvermeidung? Ja. Zusätzlich zu persönlichen Anleitungen beteiligen sich einige Einrichtungen an Müllsammelaktionen (zum Beispiel „Hamburg räumt auf“) und führen anschließend Nachbesprechungen durch, an denen die Bewohnerinnen und Bewohnern teilnehmen . Auch das Sammeln von Abfall und Leeren von Müllkörben in den Einrichtungen im Rahmen von Arbeitsgelegenheiten nach § 5 Asylbewerberleistungsgesetz trägt zu einer Sensibilisierung für die Abfallproblematik bei. Siehe im Übrigen Antworten zu 4. und 6. 6. Was wird im Rahmen der täglichen Versorgung mit Lebensmitteln beziehungsweise Mahlzeiten konkret unternommen, um die anfallenden Mengen Verpackungsmaterial beziehungsweise Essensreste satzungskonform zu entsorgen? Wird Mehrweg- oder Einweggeschirr verwendet? Werden Speisereste getrennt entsorgt? Die Caterer der Erstaufnahmeeinrichtungen entsorgen den Verpackungsmüll, Einweggeschirr und mögliche Essensreste. Die Abfrage sämtlicher Caterer ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Es wird bei der Ausgabe der Mahlzeiten darauf geachtet, dass nur wenige Speisereste übrig bleiben. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/5393 3 Zum verwendeten Geschirr siehe Vorbemerkung. 7. Ist sich der Senat bewusst, dass die Auseinandersetzung mit dem deutschen System der Mülltrennung für die Asylbegehrenden auch einen ersten Schritt zur Integration darstellt? Siehe Drs. 21/3318. 8. Warum funktioniert nach der Auffassung des Senats die Mülltrennung in den Flüchtlingsunterkünften bisher nicht? Die Mülltrennung in den Flüchtlingsunterkünften funktioniert zunehmend. Im Übrigen siehe Vorbemerkung sowie Antworten zu 1. bis 5. 9. Unter der Voraussetzung, dass bisher vom Senat alles unternommen wurde, die Migranten für das Thema Müllentsorgung zu sensibilisieren, sieht man aufgrund der Sozialisation der Neuankömmlinge überhaupt die Möglichkeit, dass diese sich an das perfektionistische deutsche System annähern können? Mülltrennung nach den von der jeweiligen Kommune in Deutschland vorgegebenen Systemen ist, wie vielfältige Erfahrungen in Deutschland zeigen, erlernbar. Das gilt auch für das in Hamburg geltende Vier-Tonnen-System mit Restmülltonne, Papiertonne , Biotonne und Wertstofftonne.