BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/5420 21. Wahlperiode 02.08.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Franziska Grunwaldt (CDU) vom 27.07.16 und Antwort des Senats Betr.: Beratung südosteuropäischer Obdachloser – Ist Plata dem Bedarf entsprechend gut aufgestellt? (II) In Drs. 21/5292 erwähnt der Senat, dass inzwischen wesentliche Aufgaben der aufsuchenden Straßensozialarbeit seit dem 1. Januar 2016 vorwiegend aus dem mit EHAP-Mitteln finanzierten Projekt Sansa wahrgenommen werden . Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf Grundlage von Auskünften des Trägers „hoffnungsorte hamburg – Verein Stadtmission Hamburg“ wie folgt: 1. Sind die 2,6 Sozialarbeiterstellen von Sansa am selben Standort untergebracht wie Plata? Wenn nein, wo dann, warum nicht und wie erfolgt die Koordination der gemeinsamen Arbeit mit Plata? Ja. 2. Wie viele Mitarbeiter stehen hinter den 2,6 Sozialarbeiterstellen? Welche Sprachen sprechen diese jeweils? Wie ist deren „entsprechende kulturelle Kompetenz“? Drei. Nach Mitteilung des Trägers werden von den Mitarbeitern im Teilprojekt Sansa neben Deutsch die Sprachen Rumänisch, Polnisch, Ungarisch, Russisch und Englisch gesprochen. Die drei Mitarbeitenden stammen aus Rumänien und Polen, sind dort aufgewachsen und verfügen über diesbezügliche sprachliche und geschichtliche Kenntnisse. Sie verfügen über die Fähigkeit, erfolgreich und angemessen mit Menschen unterschiedlicher kultureller Orientierung zu interagieren. Im Übrigen siehe Drs. 21/5292. 3. Welche Kerninhalte sieht das Konzept von Sansa vor? Wie werden diese umgesetzt? Wie viele Beratungen wurden seit Anfang 2016 durchgeführt ? Wie viele davon fanden auf der Straße statt? Gibt es Auswertungen dieser Gespräche (Zahl der Rückkehrangebote) und wenn ja, was ist deren Aussage? Ziel des EHAP-Projektes ist die Ansprache, Beratung und Information von besonders benachteiligten neuzugewanderten Unionsbürgern/-innen im Hinblick auf die Beratungsangebote des regulären Hilfesystems. Hierzu gehört die aufsuchende Arbeit, die Begleitung, die Information, die Beratung, die Aktivierung der Selbsthilfepotenziale und Weitervermittlung in die Hilfe- beziehungsweise Regelversorgungssysteme. Bei Bedarf werden die Betroffenen durch die Berater zu den Anlaufstellen des Hilfesystems begleitet. Die aufsuchende Arbeit ist eine Methode der Sozialen Arbeit. Die Mitarbeiter von Sansa suchen die EU-Zugewanderten in prekären Lebenssituationen Drucksache 21/5420 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 direkt in ihrem Lebensraum auf. Dies sind die Orte, wo die Betroffenen leben und sich tagsüber aufhalten. Die aufsuchende Arbeit hilft, durch Mediation vor Ort soziale Spannungsfelder zu identifizieren und der Entstehung sozialer Brennpunkte entgegenzuwirken . Es ist nicht vorrangig Aufgabe von Sansa, Rückkehrhilfeangebote zu unterbreiten, dies geschieht weiterhin im Projekt Plata. Im Rahmen des EHAP-Monitoring wurden dem Bundesverwaltungsamt (BVA) für den Zeitraum bis zum 30. April 2016 125 beratene Personen durch den Träger gemeldet. In der Regel handelt es sich hierbei um Menschen, die in ihrem Lebensraum vor Ort aufgesucht wurden. Der Träger ist nicht verpflichtet, über das vom BMAS beziehungsweise dem BVA angeforderten EHAP-Monitoring hinausgehend weitere statistische Daten zuzuliefern. Weitere diesbezügliche Daten liegen der zuständigen Behörde nicht vor. 4. Wie hoch sind die EHAP-Mittel die Sansa in den Jahren 2016, 2017 und 2018 jeweils erhält? Wofür werden diese jeweils verwendet? Nach Mitteilung des Antragstellers werden gemäß Zuwendungsbescheid des Bundesverwaltungsamtes vom 23. Februar 2016 dem Träger „hoffnungsorte hamburg – Verein Stadtmission Hamburg“ für die Laufzeit vom 1. Januar 2016 bis zum 31. Dezember 2018 für das Teilprojekt Sansa insgesamt 435.609,71 Euro bewilligt. Dieser Betrag setzt sich aus Mitteln des EHAP und aus Mitteln des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) zusammen. Die Mittel werden überwiegend für die projektbezogenen Personalausgaben für die Mitarbeiterin und Mitarbeiter von Sansa eingesetzt, die zur Durchführung des Projektes eingestellt wurden beziehungsweise für vorhandene Mitarbeiter, die neben ihren bisherigen Aufgaben zusätzlich mit der Umsetzung des Projektes beauftragt sind. Im Übrigen siehe EHAP-Förderrichtlinie: http://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Thema-Internationales/ehaprichtlinie .pdf;jsessionid=96AF1FAD2327747F0504D06FD577B233?__blob= publicationFile&v=2. 5. Bezüglich Plata heißt es in der Drs. 21/5292, dass Plata im Jahr 2016 seine aufsuchende Beratung ausbauen konnte. Gleichzeitig wird jedoch betont, dass die Beratung vorrangig innerhalb der Einrichtung stattfinden würde. Wie ist dieser Widerspruch zu erklären? Es ist zutreffend, dass seit Januar 2016 die Beratungen der wohnungslosen Menschen durch die Mitarbeiter von Plata vorrangig innerhalb der Einrichtung erfolgen; die aufsuchende Sozialarbeit erfolgt ab demselben Zeitpunkt durch das Teilprojekt Sansa. Plata hat in den Jahren zuvor seine aufsuchende Arbeit schrittweise ausgebaut. Bereits in 2015 war mit Plata vereinbart worden, während der Laufzeit des Winternotprogramms (WNP) die dort übernachtenden Menschen aufzusuchen und zu beraten. Plata hat im WNP 2015/2016 rund 1.187 Menschen aufgesucht und Beratungen vor Ort, aber auch in seinen Räumlichkeiten durchgeführt. 6. Wie viele Mitarbeiter stehen hinter den 3,25 VZÄ bei Plata? Sechs. 7. Es heißt, Plata habe seit April 152 Rückkehrhilfeangebote gemacht. Was beinhaltet ein solches Angebot und wie viele Personen haben dieses Angebot auch angenommen? Im Rahmen des Projektes Plata beraten und vermitteln die Mitarbeiter in die Hilfebeziehungsweise Regelversorgungssysteme. Hilfesuchende Menschen werden zudem bei der Rückreise in ihr jeweiliges Heimatland unterstützt. Eine Rückreise geschieht freiwillig. Vom 1. April 2016 bis zum 30. Juni 2016 sind insgesamt 559 Menschen von Plata beraten worden. Davon kehrten 152 Menschen in ihr Herkunftsland zurück. Auf Grundlage der Ergebnisse der individuellen Beratungen stellen die Plata- Mitarbeiter beispielsweise den Kontakt zu den Familien im Herkunftsland her, damit die zur Rückkehr bereiten Menschen von ihren Familien wieder aufgenommen werden können, sie helfen bei der Durchsetzung von Sozialleistungsansprüchen in den jeweiligen Herkunftsländern und bei der Beschaffung von verloren gegangenen Ausweispapieren durch Zusammenarbeit mit den Konsulaten, sie klären die Möglichkeiten Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/5420 3 medizinischer Versorgung im Herkunftsland und organisieren im Zusammenwirken mit den Klienten Rückreisemöglichkeiten (zum Beispiel Transportmittel, Fahrkarten). 8. Die Auswertung, auf die in der Drs. 21/5292 verwiesen wird, stammt aus dem Jahr 2012/2013, also noch vor Beginn der Arbeitnehmerfreizügigkeit für Bulgarien und Rumänien. Laut Auswertung des Winternotprogramms 2015/2016 stammen jedoch immer mehr Teilnehmer aus diesen Ländern. Ist eine neue Auswertung geplant oder sogar bereits in Arbeit? Wenn ja, wann ist mit der Vorlage dieser zu rechnen? Wenn nein, warum nicht? Liegen ansonsten andere Erkenntnisse darüber vor, wie hoch der Anteil der Arbeitsmigranten unter den osteuropäischen Obdachlosen ist? Nach Mitteilung des Trägers ist eine solche Auswertung nicht geplant, auch weil eine solche Auswertung personal- und kostenintensiv ist. Es gibt keine Statistik über den Anteil von Arbeitsmigranten an Obdachlosen, da die Zuwanderung von Unionsbürgern weiter anhält und die Zu- und Abwanderung permanenten Veränderungen unterliegt. 9. Angesichts der zunehmenden Zahl osteuropäischer Obdachloser in dieser Stadt: Empfindet der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde die Arbeit von Plata und Sansa als ausreichend oder sind weitere Maßnahmen geplant, um den Menschen zu helfen, aber auch die Zahlen zu senken? Plata und das seit dem 1. Januar zusätzlich eingerichtete Teilprojekt Sansa helfen durch ihre Beratungs- und Vermittlungsarbeit und tragen zu einer Verbesserung der Lage zugewanderter Unionsbürgern bei. Das EHAP geförderte Teilprojekt Sansa erfüllt hierbei eine wichtige Brückenfunktion zwischen den Zielgruppen und bestehenden Beratungs- und Unterstützungsangeboten des regulären Hilfesystems. Die Entwicklung der Zuwanderung von Unionsbürgern1, insbesondere aus Rumänien, Polen und Bulgarien, betrifft nicht nur Hamburg, sondern das gesamte Bundesgebiet. Der Bund beteiligt sich daher mit eigenen Fördermitteln am Europäischen Hilfsfond für die am stärksten benachteiligten Personen (EHAP) daran, die soziale Situation von neu zugewanderten, wohnungslosen und von Wohnungslosigkeit bedrohten Unionsbürgern zu verbessern. Hamburg hat mit dem EHAP-Projekt „Perspektiven in Europa schaffen – Hilfen für EU-Zugewanderte“ und dem damit angebundenen Teilprojekten social bridge und Sansa Angebote geschaffen, um EU-Zugewanderten – insbesondere aus osteuropäischen Staaten – in das Hilfesystem zu vermitteln und eine soziale Eingliederung in die Gesellschaft zu ermöglichen. Darüber hinaus beteiligt sich die BASFI an dem Projekt „step.in – beratung mobil“. Hier werden besonders benachteiligte neu zugewanderte Unionsbürger in ihren vertrauten Lebensräumen, insbesondere in den Stadtteilen St. Pauli, Wilhelmsburg und Billstedt, durch mobile Beratungsteams aufgesucht und beraten. Ein weiteres EHAP-Projekt, ABB-SERVICE-Team – Aufsuchende Beratung und Begleitung für besonders benachteiligte EU-Zuwanderer, wird von der Großstadtmission Jugendhilfe durchgeführt. Ein viertes Projekt wird von der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz durchgeführt. Es richtet sich vornehmlich an rumänisch und bulgarisch sprechende Frauen, die sich im Prostitutionsmilieu aufhalten und unter anderem über Prävention, Gesundheitsversorgung, Sozialschutz, Beratungs- und Unterstützungseinrichtungen in den Herkunfts- und Zielländern informiert werden sollen. Die zuständige Behörde fördert eine Vielzahl von Leistungen, die der Integration wohnungsloser und obdachloser Menschen in die Gesellschaft dienen. Die Angebote für diese spezielle Zielgruppe wurden zum 1. Januar 2016 deutlich ausgeweitet und werden grundsätzlich als ausreichend angesehen. 1 Siehe BAMF – Freizügigkeitsmonitoring: Migration von EU-Bürgern nach Deutschland 2015: http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Broschueren/freizuegigkeitsmonit oring-jahresbericht-2015.html?nn=2080452.