BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/5422 21. Wahlperiode 02.08.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Franziska Grunwaldt (CDU) vom 27.07.16 und Antwort des Senats Betr.: Erhöhung der Ausgleichsabgabe – Wie plant Hamburg die Schaffung neuer Arbeitsplätze für Schwerbehinderte? Im Juni dieses Jahres hat der Bund beschlossen, zusätzlich 150 Millionen Euro für drei Jahre in die Ausgleichsabgabe zum Ausbau und zur Finanzierung von Integrationsfirmen zu geben. Ziel ist, dass die Länder über die von ihnen verwaltete Ausgleichsabgabe neue Arbeitsplätze für Schwerbehinderte schaffen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen teilweise auf Grundlage von Auskünften der Agentur für Arbeit Hamburg (Agentur) wie folgt: 1. Wie viel von den 150 Millionen Euro erhält Hamburg? Bitte nach Jahren aufschlüsseln. Hamburg erhält aus dem Bundesprogramm „Inklusionsinitiative II – AlleImBetrieb“ insgesamt einen Betrag in Höhe von 3.535.639,11 Euro, der in drei Raten zu je einem Drittel = 1.178.546,37 Euro ausgezahlt werden soll. Die erste Rate wurde zum 1. Mai 2016 ausgezahlt. Die zweite und dritte Rate werden jeweils ausgezahlt, wenn ein Land darlegt, dass die erhaltenen Mittel absehbar verbraucht sein werden. 2. Wie hoch waren die Einnahmen in der Ausgleichsabgabe vor und nach Abzug gesetzlicher Abführungen im Jahr 2015? Wie hoch die Ausgaben ? Einnahmen aus der Ausgleichsabgabe (brutto) 25.145.274,55 Euro Gesetzliche Abführungen 14.992.841,89 Euro Verbleibende Ausgleichsabgabe 10.152.432,66 Euro Aufwendungen 9.690.858,95 Euro (Grundlage testierter Jahresabschluss vom 16. Juli 2016) 3. Mit welchen Einnahmen vor und nach Abzug gesetzlicher Abführungen rechnet der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde nach Erhalt der zusätzlichen Bundesmittel insgesamt für das Jahr 2016? Wie hoch sind die Bundesmittel insgesamt? Mit welchen Ausgaben wird kalkuliert? Planzahlen für 2016 Einnahmen aus der Ausgleichsabgabe (brutto) 24.741.302,00 Euro Gesetzliche Abführungen 15.248.260,00 Euro Verbleibende Ausgleichsabgabe 9.493.042,00 Euro Drucksache 21/5422 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Aufwendungen 12.490.000,00 Euro Die Mittel aus dem Bundesprogramm „Inklusionsinitiative II – AlleImBetrieb“ müssen gesondert auf einem separaten Konto außerhalb des Sondervermögens Ausgleichsabgabe verwaltet werden, da Einzelabrechnungen mit dem Ausgleichsfonds erforderlich sind. Siehe hierzu Antworten zu 1. und 7. 4. Wie viele Betriebe zahlten letztes Jahr Mittel in welcher Höhe in die Ausgleichsabgabe ein? Wie viele erhielten daraus Mittel in welcher Höhe? Bitte jeweils nach Branchen auflisten. Die Beschäftigungsstatistik schwerbehinderter Menschen baut auf Meldungen der Arbeitgeber gemäß § 80 SGB IX auf. Diese Statistik wird jährlich mit einer 15- monatigen Nachlaufzeit veröffentlicht. Derzeit liegen entsprechend nur die Werte des Berichtsjahres 2014 vor (siehe Anlage). Es ist zu beachten, dass gemäß § 80 Absätze 1, 4, 71 SGB IX nur Arbeitgeber anzeigepflichtig sind, die gemäß § 73 SGB IX jahresdurchschnittlich monatlich über mindestens 20 zu zählende Arbeitsplätze verfügen. Des Weiteren wird die Ausgleichsabgabe dem Arbeitgeber gestaffelt zugeordnet und ist fällig, wenn die Pflichtquote nicht erfüllt wird. Statistisch ausgewiesen wird jedoch lediglich der vorerst zugeordnete Staffelsatz, ohne Berücksichtigung nachgelagerter Verrechnungen und Abzüge. In 2015 waren 4.812 Arbeitgeber beschäftigungspflichtig und es haben 3.159 Arbeitgeber insgesamt 25.145.274,55 Euro an Ausgleichsabgabe gezahlt. Im Jahr 2015 haben 874 Arbeitgeber insgesamt rund 6.953.748,00 Euro aus der Ausgleichsabgabe zur Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen für Schwerbehinderte Menschen erhalten. Eine Aufteilung nach Branchen findet nicht statt. 5. Laut Drs. 21/4681 wurden im Jahr 2015 genau 49 neue Ausbildungsoder Arbeitsplätze für Schwerbehinderte geschaffen. Dafür seien Mittel in Höhe von 277.852 Euro geflossen. In den beiden Vorjahren waren es jeweils etwas über 400.000 Euro bei teilweise sogar weniger geschaffenen Stellen. Wie erklärt sich diese Differenz, die zudem deutlich unter dem Ansatz für das Jahr 2015 im Wirtschaftsplan für das Sondervermögen Ausgleichsabgabe im der Anlage 2.2 des EP 4 liegt, der 500.000 Euro vorsah? Vom Integrationsamt sind weder die Erträge aus der Ausgleichsabgabe noch die Aufwendungen sicher zu prognostizieren, da die Erfüllung der gesetzlichen Beschäftigungspflicht durch Arbeitgeber kaum beeinflusst werden kann und auch der Unterstützungsbedarf der schwerbehinderten Menschen nur begrenzt vorhersehbar ist. Darüber hinaus ist der Bedarf zur Schaffung eines Arbeits- oder Ausbildungsplatzes sehr individuell und ist zunächst vom Arbeitgeber darzulegen, sodass sich erhebliche finanzielle Unterschiede je nach Fallgestaltung ergeben können. Alle Werte beruhen daher auf den bereits eingegangenen Verbindlichkeiten aus bereits erteilten Bescheiden und den Ergebnissen der letzten Jahre. Für die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen können Zuschüsse von 90 Prozent der tatsächlich entstehenden Kosten maximal bis zur Höhe von 25.000 Euro gewährt werden. 6. Wie viele neu zu schaffende Arbeitsplätze für Schwerbehinderte hat sich der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde bisher für das Jahr 2016 zum Ziel gesetzt? Wie viele sind es nach Erhalt der zusätzlichen Mittel? Wie viele wurden mit Stand 30. Juni bisher im Jahr 2016 geschaffen ? Das Integrationsamt hat in seiner Finanzplanung – wie in den Jahren zuvor – 500.000 Euro für die Schaffung von zusätzlichen Arbeitsplätzen für schwerbehinderte Menschen eingeplant. Eine konkrete Planzahl an zu schaffenden Arbeitsplätzen kann nicht genannt werden, da der Investitionsbedarf bei der Schaffung von Arbeitsplätzen von den individuellen Gegebenheiten abhängt. Da alle Aufwendungen untereinander deckungsfähig sind, könnten auch vermehrte Anträge flexibel bedient werden. Hinsichtlich der neu geschaffenen Arbeitsplätze aufgrund der zusätzlichen Mittel aus dem Bundesprogramm siehe Antwort zu 7. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/5422 3 7. Wofür will der Senat beziehungsweise die zuständige Behörde die zusätzlichen Einnahmen verwenden? Bitte für die nächsten drei Jahre einzeln aufschlüsseln. Aus den Mitteln des Programms „Inklusionsinitiative II – AlleImBetrieb“ können nach der Richtlinie des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 11. April 2016 finanzielle Leistungen für Aufbau, Erweiterung, Modernisierung und Ausstattung einschließlich einer betriebswirtschaftlichen Beratung und für besonderen Aufwand nach § 134 SBG IX und Leistungen bei außergewöhnlichen Belastungen nach § 27 der Schwerbehinderten -Ausgleichsabgabeverordnung (SchwbAV) erbracht werden. Voraussetzung ist immer, dass neue Arbeitsplätze oder Ausbildungsplätze für schwerbehinderte Menschen im Sinne des § 132 Absatz 2 SGB IX entstehen. Neben langzeitarbeitslosen schwerbehinderten Menschen und Personen, die den Übergang aus einer Werkstatt für behinderte Menschen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt anstreben, sollen chronisch psychisch kranke Menschen berücksichtigt werden. Die vorrangige Leistungspflicht von Rehabilitationsträgern bleibt jedoch unberührt . Die Verwendung der Mittel im Einzelfall ist nicht konkret planbar, da die Bewilligungen antragsabhängig sind. Das Integrationsamt hat jedoch mit allen Integrationsprojekten intensive Gespräche zur Umsetzung des Bundesprogramms geführt. Es liegt für 2016 bereits ein Antrag eines bestehenden Integrationsprojektes zur Erweiterung um zehn neue Arbeitsplätze für besonders betroffene schwerbehinderte Menschen vor. Hierfür sind 250.000 Euro Investitionskosten (25.000 Euro pro Person) eingeplant. An laufenden Kosten für „den besonderen Aufwand“ und Leistungen bei außergewöhnlichen Belastungen nach § 27 SchwbAV fallen durchschnittlich pro Person und Jahr 10.000 Euro an. Hochgerechnet für fünf Jahre belaufen sich die Kosten auf 500.000 Euro, sodass bereits 750.000 Euro von der 1 Tranche in Höhe von 1.178.546,37 Euro gebunden sind. 8. Im Koalitionsvertrag betont Rot-Grün die Absicht, Menschen mit Behinderung den Zugang zum allgemeinen Arbeitsmarkt zu erleichtern und hebt das „Hamburger Budget für Arbeit“ hervor (ein Programm, an dem in den Jahren 2013 und 2014 jeweils rund 50 Personen teilnahmen). Dieses Modell sollte nicht nur in die Regelfinanzierung aufgenommen werden, was erfolgt ist, sondern laut Koalitionsvertrag auch ausgebaut werden. a) Ist das „Hamburger Budget für Arbeit“ für die Antragsteller zeitlich befristet? Wenn ja, auf welchen Zeitraum und was geschieht danach? b) Wie viele Mitarbeiter in Behindertenwerkstätten gab es im Jahr 2015 in Hamburg? Wie viele nutzten in dem Jahr das „Hamburger Budget für Arbeit“ neu und wie viele insgesamt und wie hoch waren die im Rahmen des Modells gezahlten Leistungen an Arbeitgeber? Im Jahresdurchschnitt gab es 2015 3.687 Beschäftigte (Summe aller Leistungsträger) im Arbeitsbereich der Hamburger WfbM, davon waren 1.094 Personen reduziert beschäftigt. 2015 haben 38 schwerbehinderte Menschen das „Hamburger Budget für Arbeit“ neu genutzt. Insgesamt waren es damit 138 Förderfälle, für die bis zum 31. Dezember 2015 insgesamt 2.877.673,90 Euro aufgewendet wurden. c) Wie viele Mitarbeiter in Behindertenwerkstätten gibt es derzeit? Wie viele nutzten mit Stand 30. Juni 2016 das „Hamburger Budget für Arbeit“ neu und wie viele insgesamt und wie hoch waren bisher die gezahlten Leistungen an Arbeitgeber im Rahmen des Modells? Im Monatsdurchschnitt gab es im Juni 2016 3.712 Beschäftigte (Summe aller Leistungsträger ) im Arbeitsbereich der Hamburger WfbM, davon waren 1.183 Personen reduziert beschäftigt. Bis zum 30. Juni 2016 haben weitere 36 schwerbehinderte Men- Drucksache 21/5422 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 schen das „Hamburger Budget für Arbeit“ neu genutzt. Insgesamt waren es damit 174 Förderfälle, für die bis zum 30. Juni 2016 insgesamt nunmehr 3.445.317 Euro aufgewendet wurden. 9. Wie viele Personen erhielten letztes und bisher in diesem Jahr (Stand Ende Juni) aus der Ausgleichsabgabe Zuschüsse für eine notwendige Arbeitsassistenz nach §102 (4) SGB IX? Zuschüsse für Arbeitsassistenz haben in 2015 278 schwerbehinderte Menschen und bis zum 30. Juni 2016 347 schwerbehinderte Menschen erhalten. 10. Im Wirtschaftsplan des Sondervermögens Ausgleichsabgabe werden die Kosten für Dolmetscher für das Jahr 2016 mit 1,7 Millionen Euro (gut 15 Prozent der Gesamtausgaben) angegeben. Handelt es hier sich ausschließlich um Gebärdendolmetscher? In der Regel werden persönliche Arbeitsassistenzbudgets gewährt. Gehörlose Menschen können diese Mittel bei entsprechendem Nachweis nach ihren individuellen Bedürfnissen für technische Kommunikationshilfen wie zum Beispiel Ferndolmetschdienste , Kommunikationshelfer sowie Gebärdensprachdolmetscher einsetzen. Beschäftigungsstatistik schwerbehinderter Menschen (BsbM) 7. Besetzung von Pflichtarbeitsplätzen, Arbeitgeber nach Ausgleichsabgabe zurück zum Inhalt Statistik aus dem Anzeigeverfahren gemäß § 80 Abs. 2 SGB IX - Arbeitgeber mit 20 und mehr Arbeitsplätzen Land Hamburg (Gebietsstand März 2016) Berichtsjahr 2014 private Arbeitgeber 4.361 2.834 1.527 Summe öffentliche Arbeitgeber 146 131 15 Oberste Bundesbehörden - - - Bundesbehörden § 159 (1) SGB IX * * * Oberste Landesbehörden 21 21 - sonstige öffentliche Arbeitgeber 122 107 15 sonstige öffentliche Arbeitgeber § 159 (1) SGB IX * * * Insgesamt 4.507 2.965 1.542 private Arbeitgeber 4.361 1.227 1.879 584 671 Summe öffentliche Arbeitgeber 146 92 43 5 6 Oberste Bundesbehörden - - - - - Bundesbehörden § 159 (1) SGB IX * * * * * Oberste Landesbehörden 21 18 3 - - sonstige öffentliche Arbeitgeber 122 71 40 5 6 sonstige öffentliche Arbeitgeber § 159 (1) SGB IX * * * * * Insgesamt 4.507 1.319 1.922 589 677 © Statistik der Bundesagentur für Arbeit 1) Der Staffelbetrag der Ausgleichsabgabe ist nicht identisch mit der tatsächlichen Ausgleichszahlung (siehe Hinweise im Glossar). Art des Arbeitgebers Arbeitgeberinsgesamt davon Arbeitgeber mit beschäftigten schwerbehinderten Menschen Arbeitgeber ohne beschäftigte schwerbehinderte Menschen *) Die erhobenen Daten unterliegen grundsätzlich der Geheimhaltung nach § 16 BStatG. Eine Übermittlung von Einzelangaben ist daher ausgeschlossen. Aus diesem Grund werden Zahlenwerte von 1 oder 2 und Daten, aus denen rechnerisch auf einen solchen Zahlenwert geschlossen werden kann, mit * anonymisiert. Gleiches gilt bei Auswertungen nach dem Hauptbetrieb des Arbeitgebers, wenn in einer Region oder Rubrik der Klassifikation der Wirtschaftszweige weniger als 3 Arbeitgeber ansässig sind oder einer der Arbeitgeber einen so hohen Anteil der Arbeitsplätze auf sich vereint, dass die Zahl der Arbeitsplätze praktisch eine Einzelangabe über diesen Arbeitgeber darstellt (Dominanzfall). Bei Auswertungen nach dem Beschäftigungsbetrieb gilt dies analog für die Zahl der ansässigen Betriebe und deren Beschäftigtenzahl. Staffelbetrag der Ausgleichsabgabe1) Art des Arbeitgebers Arbeitgeber insgesamt davon ohne Ausgleichsabgabe Staffelsatz 1 Staffelsatz 2 Staffelsatz 3 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/5422 Anlage 5 5422ska_Text 5422ska_Anlagebearb