BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/5433 21. Wahlperiode 05.08.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Richard Seelmaecker (CDU) vom 29.07.16 und Antwort des Senats Betr.: Verlagerungspläne des Justizsenators – Wie ist der aktuelle Sachstand ? Trotz massiver Bedenken von Experten, Mitarbeitern des Vollzugs sowie der Opposition hält der Justizsenator an seinen Plänen zur Verlagerung der Jugendstrafhaft von der JVA Hahnöfersand nach Schleswig-Holstein sowie zur Übernahme der schleswig-holsteinischen weiblichen Gefangenen fest. Einem Artikel des Stader „TAGEBLATTS“ vom 25. Juli 2016 zufolge werden sich die Kabinette beider Bundesländer bereits am 6. September 2016 an einen Tisch setzen und über die Kooperation beschließen. Die Kommune scheint noch nicht informiert worden zu sein. Trotz der Verteidigung seiner Gefängnisreform in der Zeitung „Die Welt“ vom 28. Juli 2016 erwähnte der Senator von diesem straffen Zeitplan für die komplexen Fragestellungen und gravierenden Folgen nichts. Dieser verwundert auch vor dem Hintergrund, dass das kostspielige Projekt „Justizvollzug Hamburg 2020“ auf fünf Jahre ausgerichtet ist und in Schleswig-Holstein verkündet wurde, dass keine Entscheidung vor der nächsten Landtagswahl getroffen werde. Diese findet am 7. Mai 2017 statt. Vielmehr wurde dort lediglich ein Zwischenbericht im Rahmen des Konkretisierungsprozesses für die Zeit nach der Sommerpause angekündigt, Schleswig-Holsteinischer Landtag, Umdruck 18/6225. Zum Zeitpunkt der Beantwortung meiner Schriftlichen Kleinen Anfrage Drs. 21/4178 am 3. Mai 2016 blieben die überwiegenden Fragen unbeantwortet, da deren Prüfung jeweils noch nicht abgeschlossen gewesen sein soll. Wenn nun ein Termin zur Beschlussfassung mit Schleswig-Holstein feststeht, müssen die Fragen wohl zwischenzeitlich geklärt worden sein. In die Reihe mangelhafter Informationspolitik reiht sich im Übrigen das Zitat des Justizsenators aus dem „Hamburger Abendblatt“ vom 27.07.2016 („Wir haben kein Problem, was die Gesamtzahl an Haftplätzen angeht“) nahtlos ein. Der Justizvollzug in Hamburg ist – historisch gewachsen – zerklüftet. Ungeachtet dieses Umstandes muss dafür gesorgt werden, dass die Bedarfe nach den spezifisch notwendigen Haftplätzen erkannt und berücksichtigt werden. Steigen allerdings die Gesamtzahlen, dann betrifft dies auch den gesamten Vollzug. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Im Rahmen des Projekts Justizvollzug 2020 wird derzeit ein länderübergreifendes Vollzugskonzept erarbeitet. Hierzu wird es nach der Sommerpause einen Zwischen- Drucksache 21/5433 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 bericht geben. Im Übrigen siehe Drs. 21/1723, Drs. 21/2015, 21/2252, Drs. 21/2595 und Drs. 21/4178. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Ist es richtig, dass am 6. September 2016 eine gemeinsame Beschlussfassung mit Schleswig-Holstein zur Kooperation im Jugend- und/oder Frauenvollzug geplant ist? 2. Falls ja, wer wurde wann von wem in diese Entscheidung einbezogen? 3. Falls ja, wer wurde wann vom wem über diesen Termin informiert? Siehe Vorbemerkung. 4. Sind die Gemeinde Jork und/oder der Landkreis Stade und/oder die Staatskanzlei Niedersachsens bereits von der zuständigen Behörde informiert worden? Falls ja, wann, auf welche Weise und von wem? Falls nein, weshalb nicht und wann soll das geschehen? Der Leiter des Amtes für Justizvollzug und Recht der Justizbehörde hat am 27. Juli 2016 den Bürgermeister der Gemeinde Jork und den Landrat des Landkreises Stade schriftlich zu einem Informationsgespräch eingeladen. 5. Sind die Mitarbeiter der JVA Hahnöfersand bereits über die zeitnah anstehende Entscheidung informiert worden? Falls ja, wann, auf welche Weise und von wem? Falls nein, weshalb nicht und wann soll dies geschehen? 6. Wie ist der aktuelle Sachstand der Prüfung durch die Projektgruppe? a. Wurden die in der dem Justizausschuss am 19. Februar 2016 vorgestellten Präsentation genannten Alternativen „A: Verbleib der JugenUH in der JVA Hahnöfersand, Kooperation im Übrigen“, „B. Jugendvollzug in Haus I der JVA Fuhlsbüttel“, „C. Neubau Jugendanstalt “ geprüft? Falls ja, jeweils mit welchen Ergebnissen? b. Welche Flächen kämen für den Neubau der Jugendanstalt in Betracht? c. Wäre es möglich, in Haus I der JVA Fuhlsbüttel sowohl den geschlossenen Jugendvollzug, die Jugenduntersuchungshaft sowie/ oder den Jugendarrest unterzubringen? Falls nein, weshalb nicht? 7. Wie beurteilt die zuständige Behörde den Umstand, dass die Kapazitäten der TAF bereits jetzt nicht ausreichen, um alle weiblichen Gefangenen aus Schleswig-Holstein aufzunehmen? a. Welche Möglichkeiten sieht sie, um die Haftplatzkapazitäten der TAF zu erweitern? b. Ist es von der jetzt vorhandenen Fläche her möglich, auf dem Gelände der JVA Billwerder ein weiteres Gebäude für den Frauenvollzug zu errichten? c. Ist es von der jetzt vorhandenen Fläche her möglich, auf dem Gelände der JVA Billwerder zusätzlich die vom Senator favorisierte Jugenduntersuchungshaftanstalt zu errichten? 8. Welche Kosten würden in etwa voraussichtlich a. durch den Bau einer Jugenduntersuchungshaftanstalt auf dem Gelände der JVA Billwerder, Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/5433 3 b. durch eine für den Fall der Übernahme der weiblichen Gefangenen aus Schleswig-Holstein erforderliche Erweiterung der Haftplatzkapazitäten der TAF entstehen und welches Land würde die Kosten für eine etwaige Erweiterung der TAF tragen? 9. Nach Angaben der Justizbehörde soll die Schließung einer Anstalt zu einer wesentlichen Personalreduzierung führen. a. Wie viel Personal in welchen konkreten Bereichen würde dadurch tatsächlich eingespart werden? (Bitte eingesparte VZÄ pro Bereich/ Dienstposten angeben) b. Wie viel Personal in welchen konkreten Bereichen würde für eine, wie in den Planungen des Senators favorisierte, in der JVA Billwerder neu zu errichtende Jugenduntersuchungshaftanstalt benötigt werden? (Bitte VZÄ pro Bereich / Dienstposten angeben.) c. Würde die Schaffung einer Jugenduntersuchungshaftanstalt auf dem Gelände der JVA Billwerder die Errichtung einer zweiten Pforte erfordern? Falls ja, wie viele Stellen wären für die Besetzung einer zweiten Pforte notwendig? 10. Falls die Prüfung der in den Fragen 6. bis 9. genannten Punkte noch nicht abgeschlossen sein sollte, auf Basis welcher konkreten Prüfergebnisse erfolgte dann die Festlegung des Termins mit Schleswig-Holstein für den 6. September 2016? Siehe Vorbemerkung.