BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/5437 21. Wahlperiode 05.08.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Philipp Heißner (CDU) vom 29.07.16 und Antwort des Senats Betr.: Erhöhung der Rahmenzuweisungen für die Offene Kinder- und Jugendarbeit (II) Die Antworten des Senats auf die Schriftliche Kleine Anfrage Drs. 21/5146 vom 12. Juli 2016 geben Anlass zu Nachfragen. Leider geht der Senat in seiner Antwort ausweichend oder nur unzureichend auf eine Vielzahl der Fragen ein. So wird zum Beispiel nicht näher erörtert, welche Bezirksversammlungen und Bezirksverwaltungen bereits eine Verstärkung der Rahmenzuweisung Kinder- und Jugendarbeit begehrt haben, obwohl danach gefragt war. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die Kinder- und Jugendarbeit trägt zur sozialen Integration vor allem von Kindern und Jugendlichen bei. Ihr Ziel liegt in einer Stärkung der Eigenverantwortung und Gemeinschaftsfähigkeit . Diesem Auftrag gemäß werden gerade auch junge Geflüchtete an die Angebote herangeführt. Der Senat misst dieser Arbeit große Bedeutung bei und wird das Bürgerschaftlichen Ersuchen aus Drs. 21/3692 entsprechend den Bedarfen umsetzen. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wann sind voraussichtlich die aktuellen Prüfungen der Behörden, wo und in welchem Umfang in der Kinder- und Jugendarbeit zusätzliche Mittel benötigt werden, abgeschlossen? 2. Wie werden die Bezirke jeweils die zweckgemäße Verwendung der Mittel im Sinne des Beschlusses der Bürgerschaft sicherstellen? Zur Verfügung gestellte Mittel werden gemäß der Landeshaushaltsordnung, der in der Globalrichtlinie „Kinder- und Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit in den Bezirken“ vorgegebenen fachlichen Maßgaben sowie den dazu getroffenen Ziel- und Leistungsvereinbarungen auf der Grundlage der entsprechenden Jugendhilfeplanung verwendet werden. Die Beschlussfassung über die Verteilung der Mittel obliegt den Jugendhilfeausschüssen . Die zweckgemäße Verwendung wird im Einzelfall durch entsprechende Festlegungen in den Zuwendungsbescheiden und Zweckbeschreibungen sichergestellt werden. Dienen die Mittel der Verstärkung von Einrichtungen in bezirklicher Trägerschaft, wird die zweckgemäße Verwendung im Rahmen der Fachaufsicht und ebenfalls durch entsprechende Zweckbeschreibungen sichergestellt werden. Die entsprechenden Verfahren sind noch nicht abgeschlossen. 3. In der vorliegenden Drs. 21/5146 wird bestätigt, dass mehrere Bezirksversammlungen und Bezirksverwaltungen der für Jugendhilfe zuständigen Behörde mitgeteilt haben, dass eine Verstärkung der Rahmenzuweisung Kinder- und Jugendarbeit begehrt wird. Welche Bezirksverwaltungen oder Bezirksversammlungen haben ein solches Begehren mitge- Drucksache 21/5437 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 teilt? Zu welchem Zeitpunkt wurde dies jeweils der Behörde in welcher Form mitgeteilt? Welche konkreten Defizite wurden jeweils benannt? 4. Des Weiteren antwortet der Senat, dass die Höhe der gegebenenfalls zusätzlich benötigten Mittel erst zum Ende des Jahres ermittelt werden kann. Wie hoch wird das jeweilige Defizit vonseiten der sieben Bezirke jeweils beziffert? Wenn dies in den Begehren der Bezirksversammlungen und Bezirksverwaltungen nicht angegeben wurde, auf welcher Grundlage berufen sich diese dann für eine Stärkung der Rahmenzuweisungen ? Alle Bezirke bis auf Hamburg-Nord haben der zuständigen Behörde im Verlauf des Jahres 2016 durch die Bezirksverwaltung schriftlich angekündigt, dass sie voraussichtlich im Jahr 2016 Mittel zum Ausgleich von Tarifsteigerungen oder sonstigen Mehrbedarfen benötigen. Die zuständige Behörde stellt 706.000 Euro für diesen Zweck zur Verfügung, die am Jahresende bei nachgewiesenen Bedarfen übertragen werden. Darüber hinaus sind bisher durch die Bezirksversammlungen oder die Bezirksverwaltungen von drei Bezirken aktuelle, auf das Jahr 2016 bezogene Mittelanforderungen schriftlich übermittelt worden, die allerdings auf sehr unterschiedlichen Grundlagen beruhen und teilweise nicht konkretisiert sind. Die konkret benannten Beträge beziehen sich nicht ausschließlich auf Mehrbedarfe durch die Versorgung von Geflüchteten, sondern unter anderem auch auf Bedarfe durch Wohnungsbauprojekte oder gestiegene Betriebskosten. Teilweise beziehen sich die Forderungen auch auf mehrere Arbeitsfelder wie die Familienförderung und Sozialräumliche Hilfen und Angebote, ohne dass der auf die Kinder- und Jugendarbeit entfallende Teilbetrag erkennbar ist. Im Jahr 2015 hat das Bezirksamt Hamburg-Mitte im Rahmen der Anmeldungen zur Drs. 21/1395 Mehrbedarfe bezogen auf die Rahmenzuweisung Kinder- und Jugendarbeit signalisiert, ohne diese zu konkretisieren. Ein struktureller Mehrbedarf soll bei der zuständigen Behörde in kürze geltend gemacht werden. Das Bezirksamt Altona hat im Juli 2016 Mehrbedarfe unter Beteiligung des Jugendhilfeausschusses Altona angemeldet, die unter anderem die Kinder- und Jugendarbeit betreffen. Insgesamt können Forderungen in Höhe von 468.000 Euro der Kinder- und Jugendarbeit konkret zugeordnet werden. Am 22.06.2015 hat die Bezirksversammlung Harburg beantragt, die Rahmenzuweisung für die Kinder- und Jugendarbeit ab 2016 um die Kosten für die Tarifsteigerung zu erhöhen. Die Bezirksverwaltung hat am 27.07.2016 um eine Erhöhung der drei Rahmenzuweisungen für die Kinder- und Jugendarbeit, Familienförderung und Sozialräumliche Angebotsentwicklung um insgesamt rund 129.000 Euro gebeten. Die Bezirksämter Wandsbek und Bergedorf haben pauschalierte Mittelbedarfe angekündigt , die sich aus der Errichtung von Unterkünften für Geflüchtete ergeben und nicht auf Haushaltsjahre bezogen sind. Konkrete Defizite können von allen Behörden erst am Ende des Haushaltsjahres ermittelt werden. Deswegen werden finanzielle Mehrbedarfe zuvor auf der Basis von Prognosen und Planungen errechnet. Die Prüfungen durch die zuständige Behörde sind noch nicht abgeschlossen, insofern siehe Antwort zu 1. und 2. Zu den bezirklichen Begehren, die sich auf das Jahr 2017 beziehen, siehe Antwort zu 5. 5. Wurde in den Mitteilungen der Bezirksversammlungen und Bezirksverwaltungen eine dauerhafte Stärkung der Rahmenzuweisung Kinder- und Jugendarbeit begehrt? Wenn ja, um welchen Betrag? Bitte nach Mitteilung der Bezirksversammlungen und Bezirksverwaltungen aufschlüsseln. Die Bezirksversammlungen Hamburg-Mitte, Hamburg-Nord, Wandsbek (Drs. 20/2168.1) und Harburg (20-0836) haben sich für eine Aufstockung der Rahmenzuweisung für die Kinder- und Jugendarbeit ausgesprochen, ohne diese zu beziffern. Die Bezirksverwaltungen Hamburg-Mitte und Wandsbek haben sich den Voten angeschlossen . Das Bezirksamt Hamburg-Nord hat eine Aufstockung der Rahmenzuwei- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/5437 3 sung um 10 Prozent beantragt. Die Bezirksversammlung Bergedorf hat 270.000 Euro an zusätzlichen Betriebsmitteln sowie 12,5 Prozent mehr für Preissteigerungen beantragt (Drs. 20-0641.1). Die Bezirksverwaltung Harburg hat Mehrbedarfe in Höhe von 212.319 Euro angemeldet. Das Verfahren zur Aufstellung des Haushalts für die Jahre 2017 und 2018 ist noch nicht abgeschlossen. 6. In Drs. 21/5146 teilt der Senat mit, dass er die von der Bürgerschaft in Drs. 21/3692 beschlossene Erhöhung der Mittel für die Offene Kinderund Jugendarbeit als ein „Ersuchen“ der Bürgerschaft an den Senat „interpretiert “. Der beschlossene Antrag bezeichnet jedoch genaue Änderungen des Haushaltsplans. Der Antrag wurde zudem in zweifacher Lesung beschlossen. Einer zweifachen Lesung bedürfen ausschließlich Gesetzesvorlagen, der Haushaltsplan, manche Staatsverträge, Ausgabenerhöhungen durch die Bürgerschaft und manche Beschlüsse zu Krediten , Sicherheitsleistungen oder Veräußerungen. Obwohl der Senat den Antrag aus Drs. 21/3692 nun als „Ersuchen“ interpretiert, hat er in der Sitzung der Bürgerschaft am 31.03.2016 einer sofortigen zweiten Lesung zugestimmt, also an dem Beschlussverfahren in zwei Lesungen mitgewirkt. Für bloße Ersuchen ist eine zweite Lösung jedoch weder notwendig noch zulässig. Das Verhalten des Senats ist daher widersprüchlich . a. Warum hat der Senat einer sofortigen zweiten Lesung zugestimmt, wenn er den Antrag in Drs. 21/3692 als bloßes Ersuchen interpretiert ? Welche der Fälle, für die eine zweite Lesung notwendig ist, hat der Senat als gegeben gesehen? b. Wer hat wann entschieden, dass der Senat einer zweiten Lesung der Drs. 21/3692 zustimmt? Auf welcher Grundlage wurde die Entscheidung getroffen? Von wem wurde vorher eine rechtliche Einschätzung dazu eingeholt? c. Auf welcher rechtlichen Grundlage „interpretiert“ der Senat den in zweifacher Lesung gefassten Beschluss der Bürgerschaft um? d. Welche in zweifacher Lesung beschlossenen Drucksachen hat der Senat in den letzten zwölf Monaten noch uminterpretiert? e. Von wem wurde wann eine rechtliche Einschätzung bei wem eingeholt , wie die Drs. 21/3692 aus Sicht des Senats zu interpretieren sei? f. Welche Senatsmitglieder haben sich jeweils wann in welcher Form mit der Drs. 21/3692 beschäftigt? g. Wer (welche Person) hat wann die endgültige Entscheidung getroffen , die Drs. 21/3692 als Ersuchen zu interpretieren? h. Warum kann aus Sicht des Senats eine Änderung des Haushalts nur vom Senat initiiert werden, wenn die Verfassung der Bürgerschaft in Artikel 69 HV sogar ausdrücklich das Recht gibt, Ausgabenerhöhungen zu beschließen und Anträge auf Nachbewilligung zu verändern? i. Selbst wenn man der Interpretation des Senats folgen würde: Warum hat er dem „Ersuchen“ der Bürgerschaft bisher nicht Folge geleistet? Vor dem Hintergrund unterschiedlicher Auslegungsmöglichkeiten zur Zielrichtung des Petitums aus Drs. 21/3692 im Zusammenhang mit Artikel 69 der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg, der Geschäftsordnung der Bürgerschaft und den Bestimmungen der Landeshaushaltsordnung sowie aufgrund der eindeutigen Haltung des Senats, den Antrag inhaltlich und auf der Grundlage der bestehenden Bedarfe umzusetzen (siehe Vorbemerkung und Antwort zu 1. und 2.), hat der Senat entschie- Drucksache 21/5437 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 den, einer sofortigen zweiten Lesung nicht zu widersprechen. Im Übrigen nimmt der Senat zu Fragen seiner internen Meinungsbildung in ständiger Praxis grundsätzlich nicht Stellung. 7. Jenseits der Verfahrensfragen ist der eigentliche Skandal, dass die Bürgerschaft der insbesondere durch die Arbeit mit jungen Flüchtlingen stark geforderten Offenen Kinder- und Jugendarbeit bereits im März zusätzliche Mittel angekündigt hat (oder nach Interpretation des Senats zumindest zur Verfügung stellen wollte), bisher aber kein zusätzlicher Cent bei den Bezirken oder den Trägern für diese wichtige Integrationsarbeit angelangt ist. Die tragischen Geschehnisse der letzten Wochen zeigen, wie wichtig die Integrationsarbeit gerade im Umgang mit jugendlichen Flüchtlingen ist. Wie rechtfertigen Senat beziehungsweise zuständige Behörde diese Nachlässigkeit? Die Träger der freien Jugendhilfe erhalten eine Förderung entsprechend den jeweiligen Zuwendungsbescheiden für die regelmäßig zu leistende Kinder- und Jugendarbeit . Darüber hinaus werden wie in Drs. 21/5146 dargelegt, seit 2015 den Einrichtungen zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt, die einen besonderen Beitrag zur Inklusion geflüchteter junger Menschen leisten. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.