BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/5459 21. Wahlperiode 09.08.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dirk Nockemann (AfD) vom 01.08.16 und Antwort des Senats Betr.: Wie viele Tatverdächtige der Hamburger Silvester-Übergriffe sind verurteilt und abgeschoben worden? (II) Seit den Hamburger Silvester-Übergriffen an Frauen, verübt durch männliche Migranten, sind inzwischen mehr als 200 Tage vergangen. Der Erste Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, Olaf Scholz, forderte in einem Interview mit der „Zeit“ vom 20. Januar 2016 eine umgehende Abschiebung der Straftäter aus der Hamburger Silvesternacht. Olaf Scholz sagte: „Was die Männer in der Silvesternacht getan haben sollen, lässt sich nicht rechtfertigen – mit keiner Moral und keiner Religion. Wer so etwas tut, hat keine Ehre. Er sollte abgeschoben werden. (…) Inzwischen können schon Asylbewerber ausgewiesen werden, die zu einer Freiheitsstrafe von nur einem Jahr verurteilt werden. Ich bin trotzdem sehr aufgeschlossen dafür, dass wir das noch einmal erleichtern und Straftäter schon bei einem geringen Strafmaß ausweisen, erst recht bei Sexualstraftaten. (…) So etwas wie an Silvester kann nicht akzeptiert werden. Es gibt keinen Grund, warum jemand, der so etwas macht, hoffen können soll, dass er bleibt. (…) Ich habe mit dieser Forderung (Anmerkung: gefragt wurde nach der zwingenden Ausweisung bei Sexualdelikten) kein Problem. (…) Im Übrigen sind Abschiebungen durchaus nötig. Sie haben auch eine generalpräventive Wirkung. Es ist hilfreich , wenn jeder weiß, dass wir die Ausreiseverpflichtung so oder so durchsetzen .“1 In einem Artikel mit der Zeitung „Die Welt“ vom 10.01.2016 erhebt Olaf Scholz die Forderung, dass Flüchtlinge generell, welche in Deutschland Straftaten begehen, nicht in Deutschland bleiben sollten. Außerdem plädiert Scholz dafür, dass Täter, wenn möglich, ihre Strafe in den Heimatländern absitzen sollten. Konkret wird Olaf Scholz in dem Artikel mit folgenden Worten zitiert: „Mein Gerechtigkeitsgefühl sagt mir: Wer in unserem Land zu Gast ist und Straftaten begeht, soll nicht hier bleiben“; bezogen auf die Forderung, dass Täter ihre Haftstrafe in den Heimatländern absitzen sollen, meint Scholz: „Dabei muss sichergestellt sein, dass die Haftstrafe auch vollzogen wird“.2 1 Nachzulesen unter: http://www.zeit.de/2016/03/olaf-scholz-kriminalitaet-fluechtlinge (abgerufen am 05.04.2016). 2 Nachzulesen unter: http://www.welt.de/regionales/hamburg/article150843089/Olaf-Scholz-willschnelle -Abschiebung-pruefen.html (abgerufen am 05.04.2016). Drucksache 21/5459 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Nach einem Bericht des „Hamburger Abendblattes“ vom 12.03.2016, sind nach Aussage des Leiters der zuständigen Ermittlungsgruppe „Silvester“ des Landeskriminalamtes, Steffen Hitschke, sieben Tatverdächtige ermittelt worden . Alle Festgenommenen haben in zentralen Erstaufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge gewohnt. 243 Anzeigen sind inzwischen bei der Polizei eingegangen , von insgesamt 403 Geschädigten.3 Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Wie viele Tatverdächtige konnten bis heute ermittelt werden? Bislang konnten 21 Tatverdächtige (TV) ermittelt werden. 2. Welche Nationalität haben die ermittelten Tatverdächtigen und welchen Status hatten sie zum Zeitpunkt der Silvesterübergriffe (Flüchtlingsstatus /anerkannt, nicht anerkannt)? Sieben Personen sind afghanischer, vier Personen algerischer, jeweils drei Personen iranischer und syrischer, zwei Personen marokkanischer und jeweils eine chilenischer und serbischer Nationalität. Ausweislich des Ausländerzentralregisters (AZR) sowie des Vorgangserfassungs- und Bearbeitungssystems der Hamburger Ausländerbehörde hatten die Tatverdächtigen zum Zeitpunkt der Übergriffe (31. Dezember 2015) jeweils folgenden ausländerrechtlichen Status: Zwei Personen hatten eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG), in beiden dieser Fälle liegt eine Flüchtlingseigenschaft vor; zwei Personen hatten eine Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Absatz 1 AufenthG; eine Person hatte eine Niederlassungserlaubnis; fünf Personen hatten eine Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender; drei Personen hatten eine Aufenthaltsgestattung und acht Personen waren zum fraglichen Zeitpunkt mit keinem Status erfasst. 3. Wie viele der bislang ermittelten Tatverdächtigen sind bis heute zu welchen Haftstrafen verurteilt worden? 4. Wie viele der Verurteilten sind inzwischen abgeschoben worden? Verurteilungen zu Haftstrafen erfolgten bisher nicht. Im Übrigen Siehe Drs. 21/3995. 5. Welche Maßnahmen hat der Senat ergriffen, damit die Verurteilten ihre Haftstrafen in ihren Heimatländern absitzen oder absitzen werden? Gemäß § 456a Strafprozessordnung kann die Vollstreckungsbehörde von der weiteren Vollstreckung einer Freiheitsstrafe absehen, wenn die Abschiebung durchgeführt wird. Hiervon wird in der Praxis Gebrauch gemacht, indem Abschiebungen bei Vorliegen eines entsprechenden Beschlusses sowie der Abschiebungsvoraussetzungen direkt aus der Haft heraus vollzogen werden. Im Übrigen siehe auch Drs. 21/4453. 6. Welche Maßnahmen hat der Senat ergriffen, um der Forderung des Ersten Bürgermeisters nach einer generellen Abschiebung von straffälligen Asylbewerbern nachzukommen? Siehe Drs. 21/1861. 7. Zu welchem Zeitpunkt und aus welchen Gründen wurde die eingerichtete Sonderkommission zur Ermittlung der Tatverdächtigen wieder aufgelöst ? 8. Gibt es aktuell noch laufende Ermittlungen zur Ermittlung weiterer Tatverdächtiger ? 3 Nachzulesen unter: http://www.abendblatt.de/hamburg/hamburg-mitte/st-pauli/ article207173195/Die-beachtlichen-Erfolge-der-SoKo-Silvester.html (abgerufen am 05.04.2016). Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/5459 3 Die Ermittlungsgruppe „Silvester“ (EG 161) wurde am 21. April 2016 aufgelöst, da die Hauptermittlungen zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen waren. Notwendige Nachermittlungen werden von der für die Bearbeitung von Sexualdelikten zuständigen Dienststelle des Landeskriminalamtes (LKA 42) weitergeführt. Die Ermittlung weiterer TV dauert an. Zudem ist bei der Staatsanwaltschaft die Prüfung der mittlerweile vorliegenden Akten auf weitere Ermittlungsansätze noch nicht abgeschlossen. Im Übrigen sind derzeit noch Verfahren gegen vier Angeschuldigte gerichtsanhängig. 9. In der Nacht vom 29. auf den 30.07.2016 wurde auf der Reeperbahn nach Angaben der Polizei Hamburg eine 22-Jährige von einem 18- jährigen Marokkaner mehrfach bedrängt und sexuell genötigt. Welchen Aufenthalts- und/oder Asylstatus hat der Tatverdächtige? Gehört der Tatverdächtige auch zum Kreis der ermittelten Tatverdächtigen aus der Hamburger Silvesternacht? Nach derzeitigem Ermittlungsstand handelt es sich bei dem bekannt gewordenen TV um eine Person, die nicht dem Kreis der bislang ermittelten TV aus der Silvesternacht zuzuordnen ist. Der Tatverdächtige ist, nachdem sein im Jahr 2015 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gestellter Asylantrag im Februar 2016 als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde und ein sich anschließendes Rechtsmittelverfahren im Juli 2016 beendet wurde, noch nicht ausgereist. Für ihn liegen keine Identitätspapiere vor, sodass eine Abschiebung noch nicht möglich ist. Die zuständige Behörde hat bereits im Juli 2016 die notwendigen Maßnahmen zur Beendigung des Aufenthaltes, hier auch zur Beschaffung sogenannter Passersatzpapiere eingeleitet, ist dabei aber auf die Mitwirkung der marokkanischen Behörden angewiesen.