BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/5497 21. Wahlperiode 09.08.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Prof. Dr. Jörn Kruse, Dr. Bernd Baumann und Detlef Ehlebracht (AfD) vom 03.08.16 und Antwort des Senats Betr.: Taxen in Hamburg Nach den bisherigen Auskünften des Senats ging die Zahl der Taxen in Hamburg in den letzten Jahren kontinuierlich zurück. Trotzdem sind die Taxen ein wichtiger Bestandteil des öffentlichen Personennahverkehrs, speziell für bestimme soziale Gruppen der Bevölkerung. Während noch vor einigen Jahren bei Fahrgästen und Bürgern der Eindruck vorherrschte, dass die Anzahl der Taxen eher zu hoch sei, ist nunmehr schon deutlich festzustellen, dass die Verfügbarkeit abnimmt. Dies vorausgeschickt, fragen wir den Senat: Der öffentliche Personennahverkehr ist in § 8 Absatz 1 Personenbeförderungsgesetz (PBefG) definiert als die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Straßenbahnen , Oberleitungsbussen und Kraftfahrzeugen im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt sind, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen. Da Taxen den Gelegenheitsverkehr bedienen, gehören sie nicht zum öffentlichen Personennahverkehr, erfüllen allerdings eine wichtige Ergänzungsfunktion . Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1. Wie hat sich die Anzahl der zugelassenen Taxen in Hamburg in den letzten 15 Jahren entwickelt? Stichtag Anzahl Taxenbetriebe Anzahl der Taxen 01.07.2000 2.266 4.012 01.07.2001 2.213 4.021 01.07.2002 2.136 3.935 01.07.2003 2.026 3.726 01.07.2004 1.938 3.594 01.07.2005 1.923 3.565 01.07.2006 1.975 3.674 01.07.2007 2.012 3.537 01.07.2008 2.055 3.457 01.07.2009 2.154 3.431 01.07.2010 2.193 3.441 01.07.2011 2.201 3.482 01.07.2012 2.162 3.475 01.07.2013 2.142 3.441 01.07.2014 2.124 3.289 01.07.2015 2.128 3.182 01.07.2016 2.136 3.144 Drucksache 21/5497 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 2. Wird die Vergabe von Konzessionen für Taxibetreiber in irgendeiner Form gesteuert oder vertraut man dabei den Regelungskräften des freien Marktes? 3. Welche Anzahl von Taxen wird für Hamburg vom Senat als notwendig angesehen? Im Unterschied zu anderen Städten wird in Hamburg keine bestimmte Zahl von Genehmigungen für den Taxenverkehr (sogenannter „Konzessionsstopp“) vorgegeben . Der Markt ist daher für die Nachfrage nach Taxengenehmigungen offen. Allerdings werden im Genehmigungsverfahren die personenbeförderungsrechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung geprüft. Diese Prüfung durchlaufen nicht nur Erstantragsteller , sondern – da die Genehmigungen maximal für fünf Jahre erteilt werden dürfen (§ 16 Absatz 4 PBefG) – auch vorhandene Unternehmer immer wieder. Neben der finanziellen Leistungsfähigkeit wird insbesondere die persönliche Zuverlässigkeit untersucht. Bei vorhandenen Unternehmern werden möglichst digital erfasste revisionssichere Aufzeichnungen über die Einnahmen verlangt. Ergibt die Prüfung, dass die Aufzeichnungen und Angaben zu den betrieblichen Daten nicht plausibel sind, werden Genehmigungen, zum Beispiel zur Erweiterung von Betrieben, oder die Verlängerung von Genehmigungen nicht erteilt. Betriebsprüfungen oder Verstöße gegen steuerliche, abgabenrechtliche, Straf- und wesentliche Ordnungsvorschriften führen auch zum Widerruf laufender Genehmigungen. Ein wesentlicher Indikator für die Plausibilität der Angaben der Unternehmer mit Fahrpersonal ist nicht zuletzt der nachgewiesene Arbeitnehmereinsatz. In Mehrwagenbetrieben ist nach den vorliegenden Erfahrungen der zuständigen Behörde ein bestimmter Mindesteinsatz von Arbeitnehmern erforderlich. Wird dieser nach den Unternehmerangaben unterschritten oder gibt es Unstimmigkeiten zwischen der Jahreslaufleistung und dem dafür erforderlichen Personaleinsatz, spricht dies entweder für einen andauernden Verstoß gegen Arbeitszeitvorschriften oder für eine sogenannte Schwarzarbeit, was zur Versagung der Genehmigung führen kann. Im Taxengewerbe selbst wird diese Verfahrensweise bundesweit als „Hamburger Modell“ bezeichnet und zur Übernahme empfohlen. Sie ist wesentlich besser für eine marktgerechte Steuerung der Taxenzahl geeignet als Konzessionsstopps, die zudem als objektive Berufszugangsbeschränkungen stärker in das Grundrecht der Berufsfreiheit eingreifen: Durch das Vorgehen in Hamburg werden unlautere Unternehmer verdrängt . 4. Welchen Anteil am Modal Split nimmt der Taxiverkehr derzeit ein und wie hat sich der Anteil in den letzten 15 Jahren verändert? Gesicherte Erkenntnisse zur Entwicklung sowie zum Anteil des Taxiverkehrs am Modal Split liegen aufgrund des geringen Anteils am Gesamtverkehr (deutlich unter 1 Prozent) nicht vor. 5. Gibt es Erkenntnisse über die soziale beziehungsweise demographische Struktur der Fahrgäste und die jeweiligen Gründe für die Fahrten beziehungsweise deren Veränderung in den letzten 15 Jahren? Nein. 6. Existieren bei den zuständigen Behörden Erkenntnisse über strukturelle Daten der Taxiunternehmen, das heißt wie viele Unternehmen gibt es, welche Anzahl an Mitarbeitern wird beschäftigt, wie viele Ein-Mann- Betriebe sind vorhanden und so weiter? Bitte ausführlich darlegen. Von aktuell 2.136 Betrieben werden 1.862 von sogenannten selbstfahrenden Einwagenunternehmern geführt. Rund 20 Prozent, also etwa 370 dieser Unternehmer, beschäftigen zusätzliches Fahrpersonal, die übrigen fahren das Taxi allein. 274 Unternehmer betreiben mehrere Fahrzeuge (insgesamt 1.282), wobei sie in der Regel auch selbst als Fahrer in ihrem Betrieb tätig sind. Im Durchschnitt werden die Fahrzeuge von Mehrwagenunternehmern im Doppelschichtbetrieb eingesetzt. Zusammen mit den von den Einwagenunternehmern Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/5497 3 zusätzlich beschäftigten Fahrern ist damit schätzungsweise von rund 3.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Taxengewerbe Hamburgs auszugehen. 7. Welche Auswirkungen hatte die Einführung des Mindestlohns auf das Taxigewerbe? Im Hinblick auf den seit 1. Januar 2015 geltenden Mindestlohn sind die Entgelte im Taxenverkehr in Hamburg mit Wirkung ab dem 1. Oktober 2014 um rund 7,8 Prozent erhöht worden. Nach Schätzung der zuständigen Behörde ermöglichte diese Erhöhung einem durchschnittlichen Taxenbetrieb in Hamburg die Zahlung des Mindestlohns . Nach den vorliegenden Auswertungen des Statistikamts Nord über die im Jahr 2015 gemessenen Daten zu Fahrleistungen und Umsätzen im Taxengewerbe wurde von Betrieben mit Fahrpersonal ein durchschnittlicher Umsatz pro Stunde von 21,07 Euro erzielt. Die durchschnittlichen Gesamtlohnkosten pro Stunde bei Zahlung des Mindestlohns und der gesetzlichen Zuschläge im Taxenbetrieb betrugen rund 12,60 Euro. Die Einführung des Mindestlohns mit verbesserter Beachtung der gesetzlichen Arbeitszeitregelungen hat auch zur Reduzierung der Arbeitszeit pro Schicht um 13 Minuten auf durchschnittlich acht Stunden und fünf Minuten beigetragen. Die vollständige Auswertung des Statistischen Amtes für Hamburg und Schleswig- Holstein ist einzusehen unter http://www.hamburg.de/taxi/2935760/taxigewerbe/. Die Zahlung des Mindestlohns gehört ferner zu der in der Antwort zu 2. und 3. beschriebenen Überprüfung der persönlichen Zuverlässigkeit als Voraussetzung für die Erteilung von Genehmigungen im Taxenverkehr. 8. Verfügt der Senat über Daten zur Entwicklung der Zahl der beförderten Fahrgäste, der Zahl der Fahrten und der Fahrdauer in den letzten 15 Jahren und den dabei jeweils durchschnittlich und insgesamt zurückgelegten Kilometern? Wenn Ja: bitte darlegen. Die Zahl der insgesamt in Hamburg durchgeführten Taxifahrten lässt sich aufgrund der gemessenen Daten des Jahres 2015 nur annäherungsweise auf 14,3 Millionen schätzen. Vergleichbare Schätzungen der Vorjahre führten zu ähnlichen Ergebnissen. Eine verlässliche Darstellung der Entwicklung der Zahl der Fahrten in den letzten 15 Jahren ist nicht möglich. Pro Fahrt werden nach Annahmen des Taxengewerbes durchschnittlich 1,5 Personen befördert, sodass von rund 21,5 Millionen Fahrgästen im Jahr 2015 auszugehen ist. Daten zur Fahrtdauer liegen erst seit dem Jahr 2014 vor. Die durchschnittliche Taxifahrt hatte im Jahr 2014 eine Länge von 14, im Jahr 2015 eine Länge von 14,5 Minuten . Etwa zwei Drittel der Touren dauerten nicht länger als 15 Minuten. Circa 6 Prozent der Fahrten waren länger als eine halbe Stunde. Daten zur Fahrtlänge liegen seit 2005 vor. Die Messungen der Jahre zwischen 2005 und 2013 haben durchschnittliche Tourenlängen mit steigender Tendenz zwischen rund 5,6 und 6,4 km ergeben. In den Jahren 2014 und 2015 lag die durchschnittliche Laufleistung pro Tour bei 6,4 beziehungsweise 6,5 Kilometern. Die Hälfte aller Touren im Jahr 2014 beziehungsweise 2015 umfasste Laufleistungen von höchstens 4,8 Kilometern; in einem Viertel der Touren wurden mindestens 8,5 Kilometer zurückgelegt . 9. Wie hat sich das Verhältnis Wartezeit/Fahrzeit jeweils in den letzten zehn Jahren entwickelt? Bitte jeweils für die Taxe und für den Fahrgast angeben. Es gibt keine Anhaltspunkte, die eine Schätzung ermöglichen würden, wie lange Fahrgäste im Durchschnitt auf ein Taxi warten. Die Zeiten zwischen besetzten Touren sind nicht allein durch Warten geprägt, sondern ebenso durch Anfahrten zu Kunden aufgrund von Bestellungen und den Fahrten nach Absetzen des Fahrgastes zum nächsten Bereitstellungsort. Seit dem Jahr 2005 liegen folgende Daten zum Besetztanteil der Schichten vor. Bis zum Jahr 2013 wurde der Anteil an der gesamten Drucksache 21/5497 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 Schichtdauer einschließlich der Pausen gemessen, seit dem Jahr 2014 als Anteil der Arbeitszeit abzüglich Pausen: Jahr Durchschnittlicher Besetztanteil der Schichten 2005 25,6 % 2006 26,1 % 2007 26,7 % 2008 27,5 % 2009 26,7 % 2010 27,4 % 2011 27,3 % 2012 26,5 % 2013 25,6 % 2014 29,3 % (der Arbeitszeit abzüglich Pausen) 2015 31 % (der Arbeitszeit abzüglich Pausen)