BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/5505 21. Wahlperiode 09.08.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dirk Nockemann (AfD) vom 03.08.16 und Antwort des Senats Betr.: Krimineller geduldeter Marokkaner In den vergangenen Wochen gab es mehrere Fälle von straffälligen Ausländern in Hamburg, die lediglich über einen Duldungsstatus verfügten, weil ihre Identitäten nicht geklärt waren und eine Abschiebung daher nicht erfolgen konnte. Von ihnen ging bedauerlicherweise auch keinerlei Mithilfe hinsichtlich einer Klärung der Identitäten beziehungsweise der Verschaffung von Papieren aus. Diese Fälle waren in der Vergangenheit bereits Gegenstand verschiedener Parlamentarischer Anfragen (Drs. 21/4127, 21/4453, 21/4571). In seiner Ausgabe vom 02.08.2016 berichtet nun das „Hamburger Abendblatt “ von einem weiteren Fall. Es handelt sich um einen 18-jährigen Marokkaner , der im Verdacht steht, eine Frau auf St. Pauli in der Nacht zum vergangenen Freitag sexuell genötigt zu haben. Der Mann soll vor zwei Jahren als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling eingereist sein. Auch er hat den Status der Duldung und eine Ausweisung in das Herkunftsland Marokko wurde bislang nicht vollstreckt. Der Marokkaner war bereits polizeibekannt und in der Vergangenheit durch Taschendiebstähle und Körperverletzung aufgefallen. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: 1. Handelt es sich bei der in Rede stehenden Person tatsächlich um einen Menschen mit marokkanischer Staatsbürgerschaft? Die Staatsangehörigkeit steht nicht fest, sie beruht auf den Angaben des Betroffenen. 2. Die Person soll vor zwei Jahren nach Deutschland eingereist sein. Wie gestaltete sich ihr aufenthaltsrechtliches Verfahren seitdem? 3. Aus welchen Gründen ist die Person in Deutschland geduldet? Gibt es Auflagen hinsichtlich des Duldungsstatus? Wenn ja, welche? 4. Hat die Person, die als minderjähriger Flüchtling nach Deutschland kam, ein Asylverfahren durchlaufen? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Der Betroffene ist nach eigenen Angaben am 26. November 2014 eingereist. Da er angab minderjährig zu sein, meldete er sich am selben Tag beim Landesbetrieb Erziehung und Beratung (LEB), um dort in Obhut genommen zu werden. Die vom LEB veranlasste Altersschätzung durch das Institut für Rechtmedizin ergab am 7. Januar 2015 ein Mindestalter von 17 Jahren. Drucksache 21/5505 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Am 11. Februar 2015 stellte er einen Asylantrag. Am 9. Februar 2016 wurde er vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zu seinem Asylbegehren angehört. Mit Bescheid vom 22. Februar 2016 wurde der Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Abschiebungsverbote wurden nicht festgestellt. Der Antragsteller wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen. Für den Fall der Nichtausreise wurde ihm die Abschiebung nach Marokko oder einen anderen Staat, in den er einreisen darf oder der zur Rückübernahme verpflichtet ist, angedroht. Das mit einer Abschiebung einhergehende gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Gegen den Bescheid wurde beim Verwaltungsgericht Hamburg am 2. März 2016 Klage erhoben und ein Antrag gestellt, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung anzuordnen. Diesen Antrag hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 22. April 2016 unanfechtbar abgelehnt. Am 23. Juni 2016 wurde das Klagverfahren eingestellt, da die Klage gegen den Bescheid des BAMF zurückgenommen worden war. Die Duldung wurde am 14. Juli 2016 mit einer Geltungsdauer bis zum 13. Oktober 2016 wegen fehlender Heimreisedokumente erteilt. Erwerbstätigkeit und Arbeitsaufnahme sind nicht gestattet. Die Duldung ist auf das Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg räumlich beschränkt. Die zuständige Behörde hat nach Abschluss des Asylverfahrens umgehend die erforderlichen Maßnahmen zur Beendigung des Aufenthaltes, hier zur Klärung der marokkanischen Staatsangehörigkeit und zur Beschaffung des für die Aufenthaltsbeendigung erforderlichen Passes beziehungsweise Passersatzpapieres eingeleitet, ist dafür aber auf die Mitwirkung der marokkanischen Behörden angewiesen. 5. Welche Straftatbestände hat die Person, seitdem sie in Deutschland ist, verwirklicht? 6. Wegen welcher Straftaten ist die Person bislang verurteilt worden und welche Sanktionen sind ihr gegenüber erfolgt? Die Mitteilung von Verfahren, die bei Staatsanwaltschaften anderer Länder geführt wurden beziehungsweise noch geführt werden, liegt außerhalb des Verantwortungsbereichs des Senats und der parlamentarischen Kontrolle der Bürgerschaft und wird daher vom parlamentarischen Fragerecht nicht erfasst. Im Hinblick auf das Persönlichkeitsrecht des Beschuldigten und die gesetzlichen Wertungen des Bundeszentralregistergesetzes sieht der Senat davon ab, etwaige Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Hamburg mitzuteilen, die durch einen Freispruch oder eine Einstellung beendet worden sind. Dasselbe gilt für Ermittlungsverfahren , die zu einem Abschluss geführt haben, der entweder nicht in ein Führungszeugnis aufzunehmen oder nach den Tilgungsvorschriften des Bundeszentralregistergesetzes nicht mehr zu berücksichtigen ist. Vor dem Hintergrund des Persönlichkeitsrechts des Betroffenen wird nach Abwägung mit dem Informationsinteresse der Abgeordneten von der Mitteilung etwaiger offener Verfahren gegen den heranwachsenden Tatverdächtigen abgesehen. Unter dieser Prämisse wird mitgeteilt, dass gegen den Beschuldigten im Vorgangsverwaltungs - und Verarbeitungssystem MESTA der Staatsanwaltschaft keine mitteilungsfähigen Verfahren registriert sind. 7. Wegen welcher Straftaten wird gegen die Person derzeit ermittelt? Derzeit wird wegen des Geschehens vom 29. Juli 2016 im Hinblick auf die Vorwürfe der sexuellen Nötigung, der mehrfachen Beleidigung und der Erregung eines öffentlichen Ärgernisses ermittelt.