BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/5520 21. Wahlperiode 12.08.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Anna-Elisabeth von Treuenfels-Frowein (FDP) vom 05.08.16 und Antwort des Senats Betr.: Anwärter im Justizvollzug – Ist die Qualität der Ausbildung noch gewährleistet? Justizvollzugsbeamte sind für die Betreuung, Versorgung, sichere Unterbringung und Beaufsichtigung von Gefangenen verantwortlich. Um diese wichtige Aufgabe erfüllen zu können, absolvieren Justizvollzugsanwärter eine Ausbildung von zwei Jahren. Diese besteht aus einem fachtheoretischen und einem berufspraktischen Teil. Die praktische Ausbildung dauert 14 Monate und wird in den sechs Hamburger Justizvollzugsanstalten (JVA Billwerder, JVA Fuhlsbüttel, JVA Glasmoor, JVA Hahnöfersand, Untersuchungshaftanstalt und der Sozialtherapeutischen Anstalt Hamburg) durchgeführt.1 Neben den Abläufen in den Justizvollzugsanstalten und dem praktischen Umgang mit Gefangenen lernen die Anwärter auch pädagogische und therapeutische Aspekte für die Betreuung von Gefangenen kennen. Während der Praxiszeit nehmen Sie am Wechselschichtdienst teil und lernen die unterschiedlichen Justizvollzugsanstalten kennen. Zum 01.12.2016 beginnt der nächste Ausbildungsdurchgang . Deshalb sollte sichergestellt werden, dass die Ausbildung der Anwärter qualifiziert ist und den hohen Qualifikationsanforderungen des späteren Berufsalltages genügt. Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Die zuständige Behörde führt die Ausbildung von Bediensteten im Allgemeinen Justizvollzugsdienst auf hohem Niveau durch. Dafür wird eine eigene Justizvollzugsschule bereitgehalten, in der durch einen weit gefassten Fächerkanon sämtliche Aspekte des Justizvollzugs umfassend behandelt werden. Dem prognostizierten Personalbedarf im Justizvollzug trägt die zuständige Behörde durch eine breit angelegte Ausbildungsinitiative Rechnung. Seit 2013 werden jährlich sukzessive mehr Ausbildungsplätze angeboten. So ist geplant, noch in diesem Jahr bis zu drei weitere Lehrgänge im September und Dezember mit jeweils 20 Ausbildungsplätzen anzubieten, womit im Vergleich zum Vorjahr 30 Ausbildungsplätze mehr angeboten werden. Auch in den Jahren 2017 und 2018 ist die Einrichtung von jährlich fünf Lehrgängen mit jeweils bis zu 20 Ausbildungsplätzen geplant. Schließlich befindet sich die zuständige Behörde gemeinsam mit dem Land Schleswig -Holstein in einem intensiven Prüfprozess zur Neustrukturierung des Hamburger Justizvollzuges. Ziel ist es, Strukturen für einen zukunftsfähigen Justizvollzug zu schaffen und damit auch einen zukunftsfähigen Personaleinsatz zu gewährleisten. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt: 1 Vergleiche http://www.hamburg.de/justizbehoerde/ausbildungstudium /3648784/justizvollzug-ausbildung/ Drucksache 21/5520 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 1. Wie entwickeln sich die Ausbildungszahlen seit 2012 im Justizvollzug? Bitte aufschlüsseln nach Jahren/gegebenenfalls Monaten und männlich/ weiblich. Im Jahr 2012 wurden keine Anwärterinnen und Anwärter ausgebildet. Seit dem Jahr 2013 sind bisher folgende Lehrgänge zum Starttermin eingerichtet worden: Lehrgang Start männlich weiblich 1/13 01.02.2013 19 3 1/14 01.04.2014 16 7 2/14 01.10.2014 18 3 1/15 01.02.2015 18 4 2/15 01.05.2015 17 6 3/15 01.12.2015 20 5 1/16 01.02.2016 13 10 2/16 01.06.2016 14 4 2. Wie viele geeignete Bewerber haben sich zum Ausbildungsbeginn 01.12.2016 (bisher) beworben? Die Auswahlverfahren laufen aktuell. Zur Frage der Anzahl geeigneter Bewerberinnen und Bewerber kann daher aktuell noch keine Auskunft gegeben werden. 3. Wie viele Justizvollzugsanwärter werden zum 01.12.2016 voraussichtlich ernannt? Sofern es eine veränderte Einstellungsanzahl zu den Vorjahren geben wird, bitte begründen. Siehe Antwort zu 2. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 4. Wie gestaltet sich die theoretische Ausbildung der Anwärter? Welche Ausbildungsinhalte werden vermittelt? 5. Die praktische Ausbildung der Anwärter dauert 14 Monate. a. In welche Vollzugsarten gliedern sich die praktischen Ausbildungsabschnitte ? Siehe hierzu Ausbildungs- und Prüfungsordnung Strafvollzugsdienst, HmbGVBl. 2011, S. 279. Abrufbar unter http://www.landesrecht-hamburg.de/jportal/portal/page/ bshaprod.psml?doc.id=jlr-StVollDAPOHArahmen&st=lr&doctyp=BSBayern& showdoccase=1¶mfromHL=true#focuspoint. b. Welche Schwerpunkte beinhalten die jeweiligen Vollzugsarten? Bitte für jede Vollzugsart darstellen. Für die verschiedenen Vollzugsarten sind keine Schwerpunkte definiert. 6. Wie lange dauert ein praktischer Ausbildungsabschnitt in den jeweiligen Vollzugsarten? Ein praktischer Ausbildungsabschnitt dauert jeweils drei Monate. a. Hat sich seit 2012 etwas an der Länge und den Rotationsabläufen innerhalb der jeweiligen Vollzugsarten geändert? Bitte begründen. Nein. b. Wird sich in Zukunft etwas ändern? Bitte begründen. Es ist geplant, ab dem Lehrgang 3/16 (Beginn 1. September 2016) bezüglich der Ausgestaltung der vier Praxisabschnitte eine Änderung vorzunehmen. Bisher wurden in den vier Praxisabschnitten jeweils ein Ausbildungsabschnitt in der JVA Glasmoor (offener Vollzug), der JVA Hahnöfersand (Jugendvollzug) und der Untersuchungshaftanstalt (Untersuchungshaftvollzug) sowie ein Abschnitt alternativ in der JVA Billwerder, der JVA Fuhlsbüttel oder der Sozialtherapeutischen Anstalt Hamburg (geschlossener Vollzug) durchlaufen. Zukünftig sollen je ein Ausbildungsabschnitt in der JVA Fuhlsbüttel , in der JVA Billwerder und in der Untersuchungshaftanstalt sowie ein Praxisab- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/5520 3 schnitt alternativ in der JVA Glasmoor, der Sozialtherapeutischen Anstalt Hamburg oder der JVA Hahnöfersand absolviert werden. Damit soll erreicht werden, dass alle Anwärterinnen und Anwärter die drei großen Hamburger Justizvollzugsanstalten (JVA Fuhlsbüttel, JVA Billwerder und die Untersuchungshaftanstalt ), ihre Besonderheiten in der Gefangenenstruktur und in den Abläufen kennenlernen sowie jeweils eine Anstalt, die stärker behandlungsorientiert ausgerichtet ist. Auf diese Weise wird noch besser gewährleistet, dass die Anwärterinnen und Anwärter in ihrer Ausbildung auf ihren späteren Einsatz in den Justizvollzugsanstalten vorbereitet werden. c. In wie vielen Justizvollzugsanstalten sowie Vollzugsarten wird jeder Anwärter für gewöhnlich während der Ausbildung regelmäßig eingesetzt ? Die Anwärterinnen und Anwärter lernen im Rahmen ihrer Ausbildung vier verschiedene Justizvollzugsanstalten kennen. 7. Werden die Anwärter im Vergleich zu den Ausbildungsjahrgängen 2012 – 2015 im Jahr 2016 (gegebenenfalls auch 2015) in den Vollzugsarten anders eingesetzt? Wenn ja, warum? Siehe Antwort zu 6. b. 8. Hat sich zugunsten einer Vollzugsart (beispielsweise offener Vollzug) in den vergangenen Jahren eine Zunahme der Einsätze beziehungsweise eine Verlängerung des Ausbildungsabschnitts ergeben? Bitte begründen . Gegebenenfalls: Ist eine Änderung geplant? Ja. Aufgrund der Durchführung von Untersuchungshaft in der JVA Billwerder seit Februar 2015 war es möglich, dass Anwärterinnen und Anwärter, die in der JVA Billwerder eingesetzt waren, dort nicht nur im geschlossenen, sondern auch im Untersuchungshaftvollzug eingesetzt wurden. Auf diese Weise kam es zu einer geringfügigen Verlängerung der Ausbildung und zu einem häufigeren Einsatz im Untersuchungshaftvollzug und zu einer kürzeren Ausbildung im geschlossenen Vollzug. 9. Haben sich die praktischen Einsätze von Anwärtern/Anwärterinnen insbesondere im Hinblick auf die Rotation innerhalb der Justizvollzugsanstalten seit 2012 verändert? Ist eine Änderung in Planung? Bitte begründen . Siehe Antwort zu 6. b. 10. Wie viele Ausbildungsabbrüche gab es seit 2012? Bitte aufschlüsseln nach Jahren. Im Jahr 2012 wurde keine Ausbildung durchgeführt, im Jahr 2013 haben keine, in den Jahren 2014 und 2015 jeweils vier und im Jahr 2016 bisher acht Anwärterinnen oder Anwärter ihre Ausbildung abgebrochen. Die Zahlen der Ausbildungsabbrüche korrespondieren mit der jährlich verstärkten Ausbildung im Justizvollzug. 11. Welche Prüfungen müssen Anwärter am Ausbildungsende ablegen? Wie haben sich die Prüfungsergebnisse seit 2012 entwickelt? Siehe Antwort zu 4. und 5. a. Seit 2012 wurden bisher zwei Lehrgänge mit den Laufbahnprüfungen beendet. Die Anzahl der Lehrgänge ist zu gering, um daraus eine Entwicklung der Prüfungsergebnisse ableiten zu können. 12. Wie hoch ist der Krankenstand seit 2012 bei den Anwärtern? Bitte nach JVA getrennt darstellen. Eine gesonderte Auswertung der Fehlzeitenquote der Anwärterinnen und Anwärter ist nicht möglich, ihre Fehlzeiten sind Teil der Fehlzeitenquote des Allgemeinen Vollzugsdienstes . Es müssten sämtliche Personalakten aller Anwärterinnen und Anwärter Drucksache 21/5520 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4 seit 2012 ausgewertet werden. Dies ist in der für die Beantwortung einer Parlamentarischen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 13. Wie viele Justizvollzugsbeamte sind derzeit im Justizvollzug beschäftigt? Bitte nach Justizvollzugsanstalt darstellen. Anstalt Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter* zum 31.07.2016 JVA Billwerder 259 JVA Fuhlsbüttel 183 JVA Glasmoor 49 JVA Hahnöfersand 112 Sozialtherapeutische Anstalt 67 Untersuchungshaftanstalt 256 * Laufbahngruppe I, zweites Einstiegsamt, Fachrichtung Justiz, Laufbahnzweig Strafvollzugsdienst (ehemals Allgemeiner Vollzugsdienst – AVD) a. Wie viele Stellen sind aktuell nicht besetzt? Bitte nach Justizvollzugsanstalt und Vollzugsart darstellen sowie getrennt nach Jahren seit 2012. Eine Zuordnung der Stellen zu Vollzugsarten erfolgt nicht und ist wegen der Vollstreckung verschiedener Vollzugsarten in den einzelnen Anstalten auch nicht möglich. Anstalt Vakanzen zum 31.12.2012* Vakanzen zum 31.12.2013 Vakanzen zum 31.12.2014 Vakanzen zum 31.12.2015 Vakanzen zum 31.07.2016 JVA Billwerder 0,00 6,93 17,25 21,87 22,30 JVA Fuhlsbüttel 0,00 4,49 11,79 18,05 18,05 JVA Glasmoor 6,73 3,73 5,17 4,32 5,32 JVA Hahnöfersand 0,00 0,00 15,47 17,74 10,22 Sozialtherapeutische Anstalt Hamburg 0,00 5,17 3,17 5,19 6,19 Untersuchungshaftanstalt 9,41 15,39 26,66 26,53 27,91 * Erstmals in 2012 wurde eine aufgabenorientierte Stellenbedarfsberechnung durchgeführt, die in 2013 zu einer Anpassung der Stellenzuweisungen geführt hat, siehe Drs. 21/2283. b. Wie hoch ist der Krankenstand bei den Justizvollzugsbeamten? Bitte nach Justizvollzugsanstalt und Abteilung darstellen sowie getrennt nach Jahren seit 2012. Eine Differenzierung der Fehlzeitenquoten nach Abteilungen findet in den Justizvollzugsanstalten nicht statt. Zu den Jahresdurchschnittswerten für die Jahre 2012 bis 2014 siehe Drs. 21/378. Im Jahr 2015 ergaben sich folgende Jahresdurchschnittswerte: Anstalt Fehlzeiten in Prozent JVA Billwerder 13,4 JVA Fuhlsbüttel 13,7 JVA Glasmoor 11,2 JVA Hahnöfersand 13,5 Sozialtherapeutische Anstalt Hamburg 10,2 Untersuchungshaftanstalt 9,9 Der Jahresdurchschnittswert für das Jahr 2016 liegt noch nicht vor. 14. Welche Maßnahmen hat der Senat in den vergangenen Jahren (seit 2008) ergriffen, um die Situation in den Justizvollzugsanstalten für die Justizvollzugsbeamten sowie Anwärter zu verbessern? Im Jahr 2011 wurde eine Mitarbeiterbefragung in den Hamburger Justizvollzugsanstalten durchgeführt und in der Folge von 2012 bis Ende 2014 das Projekt Arbeitsbedin- Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/5520 5 gungen und Fehlzeiten in Hamburger Justizvollzugsanstalten durchgeführt. Zu den ergriffenen Maßnahmen und Verbesserungen siehe Drs. 21/1952. Im Übrigen sind auf Betreiben der zuständigen Behörde unter anderem Veränderungen bei der Konkurrenzregelung der verschiedenen Zulagen zum 1. August 2013 realisiert werden, sodass seitdem 75 Prozent der Schichtzulagen ausgezahlt werden. Damit wurde bei einer ganzen Reihe von Bediensteten eine Verbesserung der Einkommenssituation erreicht und zugleich der Schichtdienst gestärkt. Die Erhöhung der Justizvollzugszulage gemäß Hamburgischem Besoldungsgesetz auf 101,81 Euro zum 1. Januar 2015 hatte insbesondere das Ziel, die gestiegenen Anforderungen in den Justizvollzugsanstalten unter anderem aufgrund der neuen Strafvollzugsgesetze zu würdigen. Damit sollte gleichfalls ein Signal der Wertschätzung für die im Justizvollzug geleistete Arbeit gegeben werden. Ebenfalls zum 1. Januar 2015 sind insgesamt 70 Stellenhebungen im Bereich des Allgemeinen Vollzugsdienstes in Bes.Gr. A 9 HmbBesG erfolgt, was die Beförderungssituation in der Folge deutlich verbessert hat. Siehe im Übrigen Drs. 21/1952. 15. Welche Maßnahmen plant der Senat in Zukunft, um die Personalsituation zu verbessern? Siehe Vorbemerkung.