BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/553 21. Wahlperiode 29.05.15 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Daniel Oetzel, Jennyfer Dutschke und Michael Kruse (FDP) vom 22.05.15 und Antwort des Senats Betr.: Barrierefreiheit im öffentlich-rechtlichen Rundfunk In Deutschland leben circa 65.000 Blinde und circa 1.100.000 sehbehinderte Menschen. Ferner sind in Deutschland circa 15.000.000 Menschen von Schwerhörigkeit betroffen – davon sind circa 7,2 Prozent hochgradig schwerhörig und 1,6 Prozent an Taubheit grenzend schwerhörig. Auf der Homepage des NDR heißt es daher: „Das Thema Barrierefreiheit hat in den letzten Jahren einen immer größeren Stellenwert erhalten. Konsequenterweise hat auch der NDR seine barrierefreien Angebote in den letzten Jahren weiter ausgebaut. Im Fokus standen und stehen dabei vier Themenbereiche: der Ausbau der Untertitelung, der Einsatz von Gebärdensprachdolmetschern in den Mediatheken, ein größeres HörfilmAngebot und die Verbesserung der Barrierefreiheit der Internetangebote. Damit leistet der NDR einen umfangreichen Service für Menschen mit Hör- und/oder Sehbehinderung.“1 Hierzu fragen wir den Senat: Der Senat beantwortet die Fragen auf der Grundlage von Auskünften des Norddeutschen Rundfunks (NDR) wie folgt: 1. Wie viel Prozent des Angebotes des Norddeutschen Rundfunks sind barrierefrei ? (Bitte schlüsseln Sie auf nach untertitelt, Audiodeskription und Gebärdensprache und unterschieden Sie zwischen Informations-/Nachrichten - und Unterhaltungssendungen.) NDR Fernsehen: Untertitelung: In 2014 waren durchschnittlich 71 Prozent des Programms mit Untertiteln für gehörlose oder schwerhörige Menschen versehen, im 1. Quartal 2015 waren es durchschnittlich 76 Prozent. Im 1. Quartal 2015 hat der NDR die Quizshow, Panorama 3 und den Sport neu in das Untertitelangebot aufgenommen. Im Juni 2015 kommt „Mein Nachmittag“ neu dazu. 1 Vergleiche: http://www.ndr.de/der_ndr/daten_und_fakten/Was-heisst-barrierefrei,ndr6145.html (letzter Zugriff: 21.05.2015). Drucksache 21/553 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 Eine Aufschlüsselung der Untertitelung nach Genres liegt beim NDR nicht vor. Mit Ausnahme weniger Kurzausgaben werden alle Nachrichtensendungen, politischen Magazine , Sondersendungen und Wahlsendungen untertitelt. Audiodeskription: 2014 waren 2,9 Prozent des NDR Fernsehens mit einer Audiodeskription versehen, im 1. Quartal 2015 waren es 3,3 Prozent. Bezogen auf den Hauptabend des NDR Fernsehens waren 2014 11,8 Prozent und im 1. Quartal 2015 13 Prozent mit einer Audiodeskription versehen. Der NDR audiodeskribiert alle seine fiktionalen Erstsendungen und bietet sie im Ersten und seinem Dritten Programm in einer Hörfassung an (Tatort/Polizeiruf/Spielfilme). Auch die Tier- und Naturdokumentationen werden seit 2013 audiodeskribiert. Hinzu kommen regionale Formate für das NDR Fernsehen wie Neues aus Büttenwarder, Der Tatortreiniger, Die Blaumänner sowie die Landpartie. 2014 hat der NDR 49 Hörfilme produziert, für 2015 sind 52 Produktionen geplant. Gebärdensprache-Projekte: Der NDR produziert gemeinsam mit gehörlosen Kindern der Hamburger Elbschule die Kindernachrichten in Gebärdensprache. Sie erscheinen wöchentlich mit Ausnahme der Hamburger Schulferien. Schülerinnen und Schüler werden in die Redaktionsarbeit einbezogen , sie lernen Hintergründe und Abläufe des Medienbetriebs kennen. Außerdem hat der NDR bislang 50 Musikvideos in Gebärdensprache produziert, bei denen eine Gebärdensprachdolmetscherin nicht nur die Texte übersetzt, sondern mit ihrem ganzen Körper Gefühle, Rhythmus und Stimmung der Songs vermittelt. Ziel der Musikvideos ist es laut NDR, auch gehörlosen Jugendlichen einen Zugang zur Musikszene und zu musikalischen Trends und damit die Teilhabe am Diskurs gleichaltriger Hörender zu ermöglichen. Die Kindernachrichten und Musikvideos in Gebärdensprache werden nicht im Fernsehen ausgestrahlt. Der NDR stellt sie zum Abruf online zur Verfügung. Informationen in Leichter Sprache: Im Rahmen des Thementags Alphabetisierung hat der NDR im April 2015 ein erstes Angebot in Leichter Sprache veröffentlicht (www.ndr.de/leichtesprache). Es handelt sich um ein Informationspaket, das über den NDR, seine Programme und Services informiert. Die Texte wurden von Menschen mit Behinderung auf ihre Verständlichkeit hin geprüft. Beiträge des NDR zum Programm Das Erste: Der NDR untertitelt alle Erstsendungen, die er dem Ersten Programm zuliefert. Dies sind 17,6 Prozent des Programms. Insgesamt waren 2014 im Programm Das Erste durchschnittlich 91 Prozent untertitelt, im 1. Quartal 2015 waren es 93 Prozent. Der NDR liefert dem Ersten alle seine fiktionalen Formate und die Tier- und Naturdokumentationen mit einer Hörfassung zu. Insgesamt waren in 2014 39 Prozent des Hauptabends im Programm Das Erste mit einer Hörfassung versehen. Der NDR ist 2014 zudem als erste ARD-Landesrundfunkanstalt in die Live-Audiodeskription (Echo/ESC) und in die Audiodeskription von Shows eingestiegen, die im Ersten Programm ausgestrahlt werden. Neben der 20-Uhr-Ausgabe der Tagesschau auf Phoenix und in den Mediatheken werden die Politmagazine in Gebärdensprache angeboten. Hierzu gehört seit 2013 auch das vom NDR produzierte Magazin Panorama. Es steht in der Mediathek von ARD und Das Erste in einer Gebärdensprachausgabe zum Abruf bereit. 2. Wie hoch ist der jährliche Mittelaufwand zur Umsetzung eines barrierefreien Angebotes und wie hat sich der Mittelaufwand seit dem Jahr 2000 jährlich entwickelt? Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/553 3 Die direkten Aufwände2 des NDR für barrierefreie Angebote betragen laut Plan des NDR für 2015 2,449 Millionen Euro p.a, für 2016 sind 2,499 Millionen Euro vorgesehen. In den vorangegangenen Jahren betrug der Aufwand  2007: 233.000 Euro,  2008: 233.000 Euro,  2009: 233.000 Euro,  2010: 447.000 Euro,  2011: 688.000 Euro,  2012: 769.000 Euro,  2013: 1,255 Millionen Euro,  2014: 2,437 Millionen Euro. Eine systematische Erfassung der Kosten der barrierefreien Angebote erfolgt beim NDR erst seit 2007. Vor 2007 hat der NDR nur vereinzelt Filme untertitelt und mit einer Audiodeskription versehen. Die Kosten dafür lagen unter 100.000 Euro p.a. 3. Welcher Grad der Barrierefreiheit soll bis zum Jahr 2016 beim Angebot des NDR erreicht werden? Bitte aufschlüsseln wie in Frage 1. Ziel des NDR ist es, bis Ende 2016 durchschnittlich 75 Prozent des Programms mit Untertiteln anzubieten und diesen Wert dauerhaft zu halten. Der NDR geht davon aus, diesen Wert bereits im Laufe von 2015 zu erreichen. Der NDR plant ferner, die Zahl der Audiodeskriptionen im NDR Fernsehen sukzessive zu erhöhen. Wie sich die Quote bei der Audiodeskription entwickeln wird, kann seitens des NDR nicht konkret prognostiziert werden. Dies führt der NDR auf zwei Gründe zurück: Der NDR ist ein Sender, der viele aktuelle Magazine mit kurzfristigen Produktionszeiten ausstrahlt. Im Unterschied zu Das Erste oder ZDF hat der NDR auch insgesamt weniger beschreibbare Formate wie Filme oder Serien im Programm. Der NDR wird nach eigenen Angaben weitere Versuche mit Live-Audiodeskription unternehmen, um das Spektrum der Sendungen mit Hörfilmfassungen zu vergrößern und auch andere Formate anbieten zu können. Der NDR plant nach eigenen Angaben außerdem, zukünftig Projekte in Gebärdensprache dort zu initiieren, wo er einen besonders großen Bedarf identifiziert. Eine Ausstrahlung der Angebote in Gebärdensprache (Kindernachrichten, Musikvideos, Panorama) im Fernsehen ist nicht vorgesehen. Schließlich wird der NDR nach dem ersten Ansatz bei Leichter Sprache (siehe die Antwort zu 1.) in den kommenden Jahren versuchen, weitere Angebote in Leichter Sprache zu entwickeln. 4. Auf welche Weise wird im Internetangebot des NDR der Barrierefreiheit Rechnung getragen? Welche konkreten Verbesserungen hat es in den vergangenen vier Jahren gegeben? Welche konkreten Verbesserungen sind bis zum Jahr 2016 geplant? Der NDR trägt in seinem Online-Auftritt der Barrierefreiheit dadurch Rechnung, dass er darauf achtet, dass  die Schrift vergrößert werden kann,  die Kontraste ausreichend groß sind,  jeder Link mit einem Zielverweis gekennzeichnet ist, 2 Vollkosten, erhoben nach der Telemedienkosten-Systematik inklusive Personal, Sachkosten, allgemeinen Kosten und Abschreibungen für Technik. Drucksache 21/553 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 4  bei allen visuellen Inhalten (Bild/Grafiken) ein Alternativtext vorhanden ist, der das Abgebildete beschreibt,  Texte in einer Braille-Zeile wiedergegeben und/oder mithilfe einer speziellen Software (Screen-Reader) vorgelesen werden können. In den vergangenen Jahren hat der NDR Angebote, die er selbst als nicht optimal zugänglich eingeschätzt hat, kontinuierlich durch barriereärmere ersetzt. Ein Beispiel dafür ist die NDR Mediathek, die zunächst auf Basis der Flash-Technologie umgesetzt war. Diese ersetzte der NDR 2013 durch eine neue Mediathek. Zudem wurde in den vergangenen Jahren die Zahl der Sendungen in der NDR Mediathek erhöht, die mit Untertiteln oder als Hörfilm zum Abruf angeboten werden. Der NDR stellt seit Mai 2013 Untertitel in seine Mediathek ein. Zunächst wurden nur vereinzelte untertitelte Sendungen auf Abruf bereitgestellt. Inzwischen sind es alle Sendungen, die 1:1 vom NDR Fernsehen in die Mediathek übernommen werden und für die der NDR Onlinerechte hat. NDR Audiodeskriptionen sind seit 2014 in den Mediatheken von ARD/Das Erste und NDR abrufbar. Der NDR stellt alle seine Eigenproduktionen mit Hörfilmfassung in den Mediatheken bereit. Bis 2016 sind folgende konkrete Verbesserungen geplant:  Erhöhung der Zugänglichkeit beim Relaunch von N-JOY.de,  Verbesserungen der Barrierefreiheit bei der Einbindung von Social-Media-Inhalten,  Integration der Untertitel und Audiodeskription in den TV-Livestream,  stärkere Integration der TV-Untertitel in das On-Demand-Angebot,  Verbesserung der Zugänglichkeit über mobile Endgeräte.