BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/5556 21. Wahlperiode 16.08.16 Schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Bernd Baumann und Dr. Joachim Körner (AfD) vom 10.08.16 und Antwort des Senats Betr.: Anwendung des Hamburgischen Gesetzes zur Gleichstellung von Frauen und Männern im öffentlichen Dienst Das Hamburgische Gleichstellungsgesetz verfolgt das grundrechtlich vorgegebene Ziel, eine gleiche Teilhabe von Männern und Frauen in allen Bereichen des öffentlichen Dienstes zu verwirklichen. Damit ist es Teil der modernen Gleichstellungspolitik, die sich in der Verpflichtung sieht, beide Geschlechter in den Blick zu nehmen. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes im Jahre 1992 wurde aufgrund der Realität bei den besetzten Stellen im öffentlichen Dienst noch ausschließlich die bevorzugte Berücksichtigung von Frauen normiert. So sollte die deutliche Unterrepräsentation von Frauen im öffentlichen Dienst beseitigt werden. Die Tatsache, dass Ende 2012 der Anteil der Frauen in der Hamburgischen Verwaltung 53,6 Prozent betrug1 sowie die weltweite Veränderung der Politik hin zu einer solchen der Gleichstellung der Geschlechter gaben Anlass dazu, das Gleichstellungsgesetz hieran anzupassen. Mithin legt § 5 Absatz 1 HmbGleiG nunmehr fest, dass bei gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorrangig Personen des Geschlechtes zu berücksichtigen sind, das in dem Bereich, in den eingestellt werden soll, bislang unterrepräsentiert ist. Korrekterweise sieht das HmbGleiG jedoch zur Herstellung der Einzelfallgerechtigkeit Ausnahmen von diesem Grundsatz vor, wenn auch in restriktiver Weise. So normiert § 6 Absatz 1 HmbGleiG, dass Ausnahmen dann zulässig sind, wenn im Einzelfall soziale Gründe, die schwerer wiegen als der Ausgleich der Unterrepräsentanz , für die vorrangige Berücksichtigung einer Person des überrepräsentierten Geschlechts sprechen. Vor diesem Hintergrund fragen wir den Senat: 1. In wie vielen Fällen wurde seit Inkrafttreten der geänderten Fassung des HmbGleiG im Jahre 2015 eine Ausnahme vom Grundsatz der Einstellung , Beförderung et cetera des unterrepräsentierten Geschlechtes im Sinne des 6 Absatz 1 HmbGleiG aus sozialen Gründen gemacht? (Angabe bitte in absoluten und in Prozentzahlen!) Die Ausnahmeregelung des § 6 Absatz 1 HmbGleiG wurde seit Inkrafttreten des Gesetzes in keinem bekannten Fall angewendet. In der Behörde für Schule und Berufsbildung werden die angefragten Ausnahmen nicht zentral erfasst. Sollte im Rahmen eines Auswahlverfahrens eine Ausnahmeregelung aus sozialen Gründen getroffen werden, würde dies in der Regel im entsprechenden Auswahlvermerk dokumentiert und dezentral von der beziehungsweise dem 1 Drs. 20/12157, S. 1. Drucksache 21/5556 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 zuständigen Vorgesetzten abgelegt. Eine Sichtung aller Auswahlvermerke der für Bildung zuständigen Behörde für den angefragten Zeitraum ist im Rahmen der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich (in der Regel über 1.000 Einstellungen p.a.). Aufgrund der Theaterferien beim Landesbetrieb Philharmonisches Staatsorchester ist dort zur Zeit keine Ansprechperson für diese Frage zu erreichen, sodass insoweit die Frage im Rahmen der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht beantwortet werden kann. 2. In wie vielen dieser Fälle wurde aus sozialen Gründen trotz Unterrepräsentation von Frauen ein Mann eingestellt, befördert et cetera? (Angabe bitte in absoluten Zahlen!) 3. In wie vielen dieser Fälle wurde aus sozialen Gründen trotz Unterrepräsentation von Männern eine Frau eingestellt, befördert et cetera? (Angabe bitte in absoluten Zahlen!) Entfällt. 4. Welche Gründe sind grundsätzlich geeignet, als soziale Gründe im Sinne des § 6 Absatz 1 HmbGleiG angeführt zu werden? (Bitte alle in Betracht kommenden Gründe, die Berücksichtigung finden könnten, auflisten !) § 6 Absatz 1 des Hamburgischen Gleichstellungsgesetzes enthält eine europarechtlich erforderliche Öffnung der Vorrangregelung für besondere Ausnahmen im Einzelfall (vergleiche Gesetzesbegründung, Drs. 20/12157). Eine vollständige Auflistung sozialer Gründe, die grundsätzlich – das heißt ohne Rücksicht auf den Einzelfall – geeignet sind, den gesetzlichen Vorrang des unterrepräsentierten Geschlechts bei gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu verdrängen, ist nicht möglich. 5. Welche sozialen Gründe führten zu den seit 2015 gemachten Ausnahmen aufgrund § 6 Absatz 1 HmbGleiG (vergleiche Frage 1.)? (Gründe bitte schlagwortartig benennen und nach absoluten Zahlen auflisten!) Entfällt. 6. Sofern mehrere Personen des unterrepräsentierten Geschlechts in gleicher Weise geeignet sind, die zu besetzende Stelle auszufüllen, welche Kriterien entscheiden dann für die Vergabe an die konkrete Person? Werden hier soziale Kriterien berücksichtigt und wenn ja, welche? Fließt bei der Entscheidungsfindung die Tatsache der Elterneigenschaft ein? Entscheidungen über die Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit beziehungsweise Übertragung eines Beförderungsdienstpostens oder eine Beförderung sind gemäß Artikel 33 Absatz 2 GG nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu treffen. Bei mehreren Bewerbungen hat der notwendige Leistungsvergleich vor allem anhand dienstlicher Beurteilungen zu erfolgen. Ergibt sich danach im Ergebnis ein Gleichstand , sind abgestuft weitere leistungsbezogene Kriterien und Instrumente zur Differenzierung heranzuziehen (Vorbeurteilungen, eignungsdiagnostische Instrumente wie übungsgestützte Auswahlverfahren, Assessment Center et cetera). Nur wenn nach deren Auswertung noch immer ein Gleichstand festgestellt wird, dürfen nicht leistungsbezogene Kriterien – wie zum Beispiel gemäß § 5 Absatz 1 HmbGleiG oder § 122 SGB IX (Vorrang schwerbehinderter Menschen) – herangezogen werden. 7. Gibt es verwaltungsinterne Vorschriften zur Handhabung der Ausnahmen nach § 6 Absatz 1 HmbGleiG? Wenn ja, welche? Nein, es gibt keine verwaltungsinternen Vorschriften zur Handhabung der Ausnahmen nach § 6 Absatz 1 HmbGleiG. In der Gesetzesbegründung (Drs. 20/12157) und in den im Internet abrufbaren Informationsmaterialien zum Gesetz (http://www.hamburg.de/ personalamt/gleichstellung) wird die Ausnahmeregelung erläutert.