BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 21/5567 21. Wahlperiode 19.08.16 Schriftliche Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Wieland Schinnenburg (FDP) vom 12.08.16 und Antwort des Senats Betr.: Studierendenwerk Hamburg – Ist die Wettbewerbslage durch Ausübung des Abgeordnetenmandats gefährdet? Das Studierendenwerk Hamburg ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts. In der Großen Anfrage Drs. 21/4416 und der Protokollerklärung vom 23.06.2016 erklärt die Behörde für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung für die Sitzung des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung, dass sich das Studierendenwerk „mit seinen Dienstleistungen im Wettbewerb mit anderen Dienstleistern befindet“. „Die Veröffentlichung wirtschaftlicher Daten würde die Möglichkeit entsprechender Rückschlüsse auf die wirtschaftliche Situation des Geschäftsbetriebes bieten und unterliegt daher dem gesetzlich geschützten Bereich der Geschäftsgeheimnisse.“ Ein berechtigtes objektives Geheimhaltungsinteresse ist erforderlich, um die willkürlichen Vorenthaltung von Informationen zu verhindern.1 Es werden nur solche Geheimnisse erfasst, die auch geeignet sind, den Wettbewerb zu gefährden.2 Die Einbeziehung genereller Interessen ist indessen grundsätzlich abzulehnen, denn sie verkennt den Grund des Geheimhaltungswillens, der primär in der Sicherung einer vorteilhaften Position im Wettbewerb liegt.3 Ein Geheimhaltungsinteresse liegt somit immer dann vor, wenn das Bekanntwerden der Tatsache geeignet ist, den Wettbewerb des Konkurrenten zu fördern oder die Stellung des eigenen Betriebes im Wettbewerb zu schmälern oder wenn es geeignet ist, dem Geheimnisträger wirtschaftlichen Schaden zuzufügen, indem etwa exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen den Marktkonkurrenten zugänglich gemacht wird.4 Maßgeblich ist somit die Wettbewerbsrelevanz der betreffenden Information.5 Der im Vordergrund stehende Schutz des Wettbewerbs führt gleichermaßen dazu, dass Daten von Monopolisten grundsätzlich nicht schutzwürdig sein können, wenn und weil dem Geheimnisträger durch die Veröffentlichung der Informationen üblicherweise auch kein Wettbewerbsnachteil entstehen kann.6 Daher können sich Monopolisten nur in Ausnahmefällen auf einen Schutz berufen. Vom Fehlen des Geheimhaltungsinteresses ist aber dann auszugehen, wenn durch die Offenbarung der Information nicht größere Marktverschiebungen zulasten des Unternehmens möglich oder zu befürch- 1 Vergleiche BVerfG, Urt. v. 24.11.2010 - 1 BvF 2/05, Absatz 205. 2 Vergleiche OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 2.10.2007 – 12 B 9.07. 3 Vergleiche BVerfGE 115, 205 (230 f.); BVerwG, NVwZ 2009, 1113 (1114); NVwZ 2009, 1114 (1116). 4 Ohly, in: Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Auflage 2010, § 17 Rn. 12. 5 Schoch, Informationsfreiheitsgesetz, 2009, § 6 Rn. 54. 6 Vergleiche Rossi, DVBl. 2010, 554 (561). Drucksache 21/5567 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode 2 ten wären.7 Wird die Marktposition des betroffenen Unternehmens durch die Einsicht in die geheim zu haltenden Unterlagen nicht spürbar geschwächt, muss der Geheimnisschutz zurücktreten.8 Fraglich ist, wie die Erteilung der Auskünfte gemäß Artikel 25 der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg die Wettbewerbslage des Studierendenwerks tatsächlich gefährdet? Vor diesem Hintergrund frage ich den Senat: Das Studierendenwerk Hamburg ist gemäß Studierendenwerksgesetz (StWG) als gemeinnütziger Dienstleister für Hamburger Studierende und Hochschulen tätig. Die Grundlage dafür bildet das Studierendenwerksgesetz (StWG), nach dem das Studierendenwerk als gemeinnützige Anstalt öffentlichen Rechts in Hamburg dafür verantwortlich ist, Einrichtungen zur sozialen und wirtschaftlichen Versorgung der Studierenden bereitzustellen. Die Erfüllung des sozialen Versorgungsauftrags erfolgt unter Wahrung der gemeinnützigkeitsrechtlichen Vorgaben, die sich auf die Preisgestaltung auswirken (§ 12 StWG). Das Studierendenwerksgesetz hat das Studierendenwerk mit dem „Recht der Selbstverwaltung “ (§ 1 StWG) ausgestattet und seinen Verantwortung tragenden Organen damit in Verbindung mit § 11 StWG (kaufmännischen Wirtschaftsführung) die unternehmerische Verantwortung zur Realisierung der in § 2 StWG benannten Aufgaben übertragen. Der zuständigen Behörde wurde die Rechtsaufsicht übertragen, das heißt die Aufsicht über die Rechtskonformität des Handelns, nicht aber über die unternehmerische Umsetzung der Aufgaben. Damit ist im StWG die Eigenverantwortung als Unternehmen verankert, die die Gründung von Unternehmen (§ 2 StWG) ebenso umschließt wie die Positionierung im „Wettbewerb mit anderen Anbietern“ (§ 1 StWG). Die betriebliche, betriebswirtschaftliche und organisatorische Umsetzung der im Studierendenwerksgesetz vorgegebenen Aufgaben, so wie das vom Gesetzgeber erwartete unternehmerische Handeln, findet grundsätzlich im Wettbewerb mit Dritten unterschiedlichster Art, Größe und Trägerschaft statt. Die Identifizierung, Bewertung und der Umgang mit konkreten Wettbewerbskonstellationen , die Beobachtung des Marktes beziehungsweise des Nachfragerverhaltens sind Bestandteil der kaufmännischen Wirtschaftsführung und liegen daher in der unternehmerischen Verantwortung des Studierendenwerkes. Sie sind ist nicht Gegenstand der Rechtsaufsicht der zuständigen Behörde. Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen teilweise auf der Grundlage von Auskünften des Studierendenwerks Hamburg (StW) wie folgt: 1. Mit welchen Unternehmen und mit welchen Waren-/Dienstleistungen steht das Studierendenwerk konkret im Wettbewerb? 2. Welche dieser (unter 1. genannten) Wettbewerber aus der Gastronomie sind in der Lage, durchschnittlich 5,2 Millionen Kunden im Jahr zu versorgen ? Hierüber liegen dem Senat keine Kenntnisse vor. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 3. Inwieweit beobachtet das Studierendenwerk die Marktentwicklung? a. Welche (der unter 1. genannten) Wettbewerber bietet seine Waren-/ Dienstleistungen günstiger an als das Studierendenwerk? b. Welche Preisentwicklungen auf dem privaten Wohnungs- und Dienstleistungssektor haben zu einer Preiserhöhung auf der Anbieterseite des Studierendenwerkes geführt? Marktbeobachtungen zu unterschiedlichsten Aspekten des Marktes wie Kundenbedarfe , Konkurrenzangebote und -anbieter, neue Trends, Kunden- und Lieferantenentwick- 7 OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 2.10.2007 – 12 B 9.07. 8 OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 2.10.2007 – 12 B 9.07. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 21. Wahlperiode Drucksache 21/5567 3 lungen und -beziehungen, Preisentwicklungen et cetera gehören zum üblichen unternehmerischen Verhalten im Wettbewerb, auch beim Studierendenwerk. Sie sind aus der Sache heraus vertraulicher Natur und begründen unternehmerische, der Öffentlichkeit nicht unmittelbar zugängliche und damit geschützte Entscheidungen. 4. Warum entscheiden sich aus Sicht des Senats viele Studierende und Universitätsmitarbeiter a. für das gastronomische Angebot des Studierendenwerks und gegen das Angebot der Anbieter auf dem freien Markt? b. für einen Wohnheimplatz aber gegen ein privates WG-Zimmer beziehungsweise eine Wohnung auf dem freien Markt? c. für eine Kindertagesstätte des Studierendenwerkes und gegen eine andere Kindertagesstätte auf dem freien Markt? Hierüber liegen dem Senat keine Kenntnisse vor. Im Übrigen siehe Vorbemerkung. 5. Der Begriff Monopol wird häufig auch für eine Marktsituation mit unvollständiger Konkurrenz angewandt, bei der es auf der Anbieterseite zwar mehrere Marktteilnehmer gibt, davon aber einer aufgrund von deutlichen Wettbewerbsvorteilen eine so marktbeherrschende Stellung einnimmt, dass er in der Preisbildung weitgehend unabhängig vom Wettbewerb ist (Quasi-Monopol).9 Ist das Studierendenwerk aus Sicht des Senats aufgrund der staatlichen Zuwendungen und der Größe der Einrichtungen ein Quasi-Monopol Anbieter? Bitte begründen. Siehe Vorbemerkung. Im Übrigen hat sich der Senat hiermit nicht befasst. 9 Vergleiche https://de.wikipedia.org/wiki/Monopol.